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bietet eine Fülle von Einzelangaben von höchster Wichtigkeit; von weiter tragender Bedeutung ist aber die Tatsache, daß der Babylonierkönig, von dem man wußte, daß er die getrennten und sich befehdenden Organisationen im Süden und Norden Babyloniens dauernd geeinigt hat, dem neugeschaffenen Reich, das er mit einem Netz von trefflich funktionierenden Verwaltungsbezirken überspannt hat, auch ein einheitliches bürgerliches Gesetzbuch als stärkstes Bindeglied verliehen hat.

Das Gesetz Hammurabis ist selbstverständlich keine Neuschöpfung in dem Sinn, als ob Satz für Satz erst von Hammurabi und seinen Ratgebern erdacht worden wäre; es ist zweifellos eine systematisierende Zusammenfassung und Ergänzung der damals schon durch ihr Alter ehrwürdigen Volksgesetze. Eine Probe aus diesen Volksgesetzen haben wir in den oben besprochenen sumerischen Familiengesetzen. Ihr Verhältnis zum Hammurabigesetz ist charakteristisch für die reformatorische Tätigkeit Hammurabis auf gesetzgeberischem Gebiet in der Richtung auf eine Milderung der Strafbestimmungen, auf eine Erweiterung des Rechtsschutzes für die Schwächeren; in technischer Hinsicht zeigt der K. H. eine viel kompliziertere Differenzierung der Fälle. Was aber den K. H. über alle früheren und späteren Rechtsbücher des Orients und teilweise auch des Abendlandes emporhebt, ist die Loslösung des Gesetzes von der theokratischen Grundlage, die Ausscheidung aller religiösen und moralisierenden Momente, die Entwicklung der Rechtssatzungen aus den Lebensbedingungen des Individuums und des Volksganzen.

Das Gesetz Hammurabis bricht endgültig mit der rechtlichen Gewalt des Familien- und Stammesverbandes; es proklamiert auch für das Rechtsleben die ausschließliche Zuständigkeit der königlichen Gewalt; an die Stelle der Blutrache ist der Strafvollzug durch das allgemeine königliche Gericht getreten. Materiell steht freilich das Strafrecht noch im Banne der alten Vergeltungslehre. Das weit über die Grenzen des Stammvolkes hinausgewachsene Reich mußte notwendigerweise auch den rechtlichen Unterschied zwischen Volksgenossen und Fremdling beseitigen. In dem Reich Hammurabis gab es keine nationalen Privilegien vor dem Richterstuhl. Am interessantesten ist die Ausbildung des Familienrechts durch Hammurabi, das durchaus semitischen Typus aufweist. Die Überlegenheit des Mannes ist in weitestgehendem Maße festgestellt. Die Frau wird erkauft, kann jederzeit, allerdings unter gewissen, der Frivo

lität unbequemen Rechtsverbindlichkeiten für den Mann, verstoßen werden. Doch genießt auch die Frau den Schutz des Rechts: bei ehelichen Versäumnissen auf seiten des Mannes kann die Frau wieder in den Verband ihrer Familie zurücktreten. Die monogamische ist die regelmäßige Form der Ehe, die natürlich die Beiwohnung der Sklavin in keiner Weise ausschließt. Wie in allen orientalischen Rechtssatzungen, so ist auch im K. H. das Recht der adoptierten Kinder aufs eingehendste geregelt. Die vom Standpunkt der Rechtsgeschichte aus bemerkenswerteste Ausbildung hat das Vermögensrecht bei Hammurabi erfahren. Für alles Nähere sei auf die glänzende,,Darstellung des Hammurabirechts" bei Kohler und Peiser S. 106 ff. verwiesen.

Der Inhalt des Gesetzes ist in der Hauptsache folgender: Die ausführliche Einleitung berichtet über die göttliche Sendung des Gesetzgebers:

Nachdem Marduk die Weltherrschaft angetreten, haben die Götter den Hammurabi berufen, „daß er das Recht im Lande zur Geltung bringe, Schlechte und Böse vernichte, damit der Starke dem Schwachen nicht schade." Dann folgen in endloser Reihe Hammurabis Ruhmestaten, seine Kämpfe, seine Bauten, seine organisatorischen Maßnahmen.

Das nun folgende Gesetzbuch enthält etwa 280 Paragraphen. Nach § 65 fehlen etwa 35 Paragraphen, die von dem Elamiterkönig, der sie als Beute gewonnen, weggekratzt worden waren, um Platz für seine Siegesinschrift zu schaffen. Die Lücken können aber zum Teil durch Bruchstücke aus Assurbanipals Bibliothek ausgefüllt werden.

Das Gesetzbuch ist nach Kohler in folgende Hauptteile gegliedert: 1) Prozeßrecht § 1-5; 2) Schutz des Eigentums § 6-25; 3) Amtslehen und Amtspflicht § 26-41; 4) Feldbau und Viehzucht § 42 bis ca. 88; 5) Handel und Schuldwesen § 100-126; 6) Ehe, Recht der Frau, Recht des ehelichen und unehelichen Kindes § 127-177; 7) Tempelfrauen und Nebenfrauen § 178-184; 8) Annahme an Kindesstatt § 185-193; 9) Strafrecht § 194-233; 10) Schiffahrt § 234-240; 11) Mietund Dienstverhältnisse § 241-277; 12) Knechtschaft § 278-282.

Den Beschluß bildet ein langer Epilog, in dem Hammurabi zunächst wiederholt ausführt, wie er für sein Land allzeit besorgt ist, daß Recht und Gerechtigkeit in ihm wohne. Er wendet sich

dann an das Volk, daß sich aus seinem Gesetz Recht schaffe, wer immer sich unterdrückt fühle. Die Könige, die nach ihm im Lande herrschen, sollen an diesem Gesetz nicht rütteln, sondern von ihm sich führen und leiten lassen, daß sie wie er gut regieren, in Gerechtigkeit richten und Entscheidungen abgeben, Schlechte und Böse ausrotten, die Wohlfahrt ihrer Untertanen fördern. Wer darnach handelt, den soll Samas segnen. Wer aber dem zuwider handelt und das Gesetz austilgt, den sollen, ob er ein König, ein Herr, ein Statthalter oder sonst jemand sei, die gräßlichsten Flüche treffen; alle Götter sollen zusammenwirken, ihn zu verderben.

Formell ist das Gesetzbuch im allgemeinen „,klar gegliedert, wenn auch nicht nach den Grundsätzen des wissenschaftlichen Systems, wohl aber nach den Bedürfnissen des Mannes aus dem Volke, der sich aus dem Gesetz belehren will 1." „Der Kodex ist kein System der Rechtsverhältnisse, sondern vorwiegend der Lebensverhältnisse, ein wirtschaftliches System, welches unter den Gesichtspunkten der Hemmung und Förderung die großen Erscheinungen des Lebens behandelt. Demgemäß sind die zivilund strafrechtlichen Sätze nicht scharf geschieden; an einigen bedeutenden Stellen, wie im Depositenrecht, greifen sie ineinander 2." Die Formulierung der einzelnen Bestimmungen ist durchsichtig. Die Rechtsentscheidung wird an einen durch ,,wenn" eingeleiteten „Fall" geknüpft, z. B.:

§ 141. Wenn die Ehefrau eines Mannes, die im Hause des Mannes wohnt, ihren Sinn darauf richtet, sich umherzutreiben und ihr Haus vergeudet, ihren Ehemann vernachlässigt: wenn ihr Ehemann ihre Entlassung ausspricht, so kann er sie ihres Weges entlassen; als Entlassungsgabe soll ihr nichts gegeben werden. Wenn ihr Ehemann ihre Entlassung nicht ausspricht, so darf er ein anderes Weib nehmen, und es soll jene als Magd im Hause ihres Gatten sein.

§ 142. Wenn ein Weib mit ihrem Gatten streitet und spricht: ,,Du sollst mich nicht berühren“, so sollen ihre Beweise für ihre Benachteiligung geprüft werden: wenn sie recht hat, ein Fehler (auf ihrer Seite) nicht besteht, anderseits aber ihr Gatte sich herumtreibt, sie sehr vernachlässigt, dann hat dieses Weib keine Schuld. Sie soll ihre Mitgift nehmen und in das Haus ihres Vaters gehen.

1 Kohler-Peiser, S. 138.

2 J. Jeremias, Moses u. Hammurabi 2 S. 6.

§ 63. Bruchstücke von Gesetzestafeln.

1. Von späteren Abschriften des Hammurabigesetzes sind einige Fragmente in Assurbanipals Bibliothek erhalten und jetzt zum Teil im Berliner, zum Teil im Britischen Museum verwahrt (veröffentlicht von Meißner in BA III, 493 ff., CT XIII, pl. 46/47). Sie ergänzen wenigstens teilweise die Lücke, die im Kodex nach § 65 klafft. Sie weisen, soweit sie mit dem Kodex parallel laufen, im einzelnen Abweichungen auf, die sicher schon die Vorlage enthielt. Wie es scheint, sind sie im Zusammenhang einer Serie ,,Dinâni (= Bild?) Hammurabi" überliefert. Eine der Berliner Tafeln hat jedoch mitten im Text den Vermerk,,Tafel 7 (des Werkes),,Als der hohe Gott", der genau den Eingangsworten des K. H. entspricht. Beide Seriennamen sind offenbar lediglich redaktionelle Varianten der Bezeichnung desselben Archetypus, des K. H. Vgl. Winckler, Gesetze Hammurabis, XIIIff., 73 f.

2. Das Bruchstück einer Sammlung von Gesetzesbestimmungen aus späterer babylonischer Zeit 1, Br. Mus. 82-7-14, 988.

Text bei Pinches, PSBA VIII, 273; Peiser, Sitzgsber. Berl. Akad. 1889, S. 823. Transkr. u. Übers., Winckler, Gesetze Hammurabis S. 86 ff., vgl. ib. pl. XXI f.

Die ersten beiden der sechs Kolumnen dieser Tafel sind nur fragmentarisch erhalten. Sie behandeln in noch unklarem Zusammenhang das Eigentumsrecht an Grundstücken und Sklaven. Kol. 3-5 behandeln das Eherecht; von der sechsten Kolumne sind nur einige Zeichen der Tafelunterschrift erhalten. Es bleibt ungewiß, ob es sich hier um Kodifikation eines geltenden Rechts handelt, oder ob die Tafel ein zu Lehr- oder praktischen Zwecken gefertigter Auszug ist.

II. Sonstige Texte privatrechtlichen Inhalts.

Textausgaben: CT II, IV, VI, VIII, wo zusammen über 300 altbabylonische, aus Sippar stammende Tafeln publiziert sind. Straßmaier, Verhandlungen des Berliner (V.) Orientalistenkongresses, Sem. Section S. 315 ff. publiziert 109 altbabylonische Tafeln aus Tel-Sifr. Meissner, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht (AB XI) 111 Tafeln, Friedrich, BA V, 4, 413 ff., Altbabylonische Urkunden aus Sippar, 70 Tafeln. Aus der Kassitenzeit: Peiser, Urkunden aus der dritten babylonischen Dynastie, ca. 50 Tafeln, und Clay, The Bab. Exped. of the Univ. of Pennsylvania vol. XIV und XV ca. 380 Tafeln. Johns, Assyrian Deeds and Documents, veröffentlicht 1141 Tafeln aus dem Archiv

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1 [Nabû]-kîn(?)-apli? ca. 970; vgl. Winckler, 1. c.

zu Ninive. Strassmaier, Bab. Texte, gibt über 3000 Texte aus der Zeit von Nabunaid (555) bis Darius (485). Hilprecht und Clay, The Bab. Exped. of the Univ. of Pennsylvania, vol. IX und X enthält Urkunden aus dem Geschäftsarchiv des Hauses Muraschû-Söhne in Nippur aus persischer Zeit.

Bearbeitungen: Meißner, Friedrich, Peiser, Clay, Johns, Hilprecht-Clay ll. cc. Peiser, KB IV gibt eine große Auswahl aus Texten von der ältesten Zeit (ca. 2400) bis herab zur Arsacidenzeit. Neben diesen Standwerken sind zu nennen Demuth, Ziemer, Kotalla, je 50 Rechts- und Verwaltungsurkunden aus der Zeit des Cyrus, Kambyses, Artaxerxes I. in BA III, 393-444, 445-492, IV, 551-74. Desgl. aus der Zeit von Nebukadnezar bis Darius, soweit sie auf die Stellung der Frau Bezug haben: Marx in BA IV, 1—77. Peiser, Keilinschriftliche Aktenstücke (1889); Ders., Babylonische Verträge des Berliner Museums (1890); Kohler-Peiser, Aus dem babylonischen Rechtsleben I-IV; Daiches, Altbabylonische Rechtsurkunden aus der Zeit der Hammurabidynastie (1903).

Als Ergänzung der im folgenden zu gebenden Textproben wolle man die reichhaltige, systematisch geordnete Beispielsammlung von Meißner, Skizzen aus dem altbabylonischen Recht, AO VII, 1, heranziehen.

$ 64. Die privatrechtlichen Urkunden, die aus mehr als 2000 Jahren in ungeheurer Menge auf uns gekommen sind, bieten ein für die Kultur- und Rechtsgeschichte kaum zu erschöpfendes Anschauungsmaterial. Kaum eine Sphäre des Rechtslebens, des Handels- und Verkehrswesens bleibt in ihnen unberührt. Die festen Normen des babylonischen Rechtslebens setzten schon für die altbabylonische Zeit die schriftliche Abfassung aller Vertragsschlüsse als Regel fest, und das ist bis in die späteste Zeit so geblieben. Eine Ausnahme scheinen nur die Verkaufsabschlüsse über bewegliche Sachen gebildet zu haben, wenigstens sind nur wenige solche Verträge erhalten. Dagegen war es beim Verkauf von Sklaven - auch diese gelten als bewegliche Sache offenbar die Regel, stets einen schriftlichen Vertrag aufzusetzen. Weitaus überwiegend sind die Verträge über den Verkauf von Häusern und Grundstücken. Neben Verkaufsurkunden treten solche über alle anderen Rechtsgeschäfte, wie Tausch, Miete von Immobilien, Mobilien (z. B. Wagen) und von Sklaven Darlehen, Depositum, Schenkung, Haftung, Verpfändung, Afterverpfändung in großer Zahl auf. Wie dem Familienrecht schon in den,,sumerischen Familiengesetzen" und im Kodex Hammurabis eine besondere Fürsorge gewidmet ist, so hat es auch im praktischen Rechtsleben besonders oft Veranlassung zu Vertragsschlüssen und zu richterlichen Entscheidungen gegeben. HeiratsWeber, Literatur.

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