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$75. Tierfabeln.

Literatur: 1) „Der Fuchs". Text: CT XV, 31-33; 4 Fragmente, davon 3 aus Assurbanipals Bibliothek, 1 aus neubabylonischer Zeit. Übers.: Smith-Delitzsch, Chaldäische Genesis, S. 136ff., wo z. T. andere Fragmente hierhergezogen sind (völlig veraltet).

2),,Pferd und Ochs". Text: CT XV, 34—37, 1 großes und eine ganze Reihe zum Teil sehr kleiner Fragmente, sämtlich aus Assurbanipals Bibliothek. Übers.: Smith-Delitzsch, 1. c. S. 139 ff. (völlig veraltet). 3) „Der Hund". Text: CT XV, 38.

4) „Das Kalb". Text: CT XV, 38.

Unter den Tierfabeln verstehen wir hier solche Erzählungen, in denen ausschließlich Tiere handelnd und mit einander redend auftreten. Redende Tiere spielen ja auch in anderen Stücken der babylonischen Literatur eine Rolle, so vor allem im Etanamythus, wo der Adler, das Adlerjunge und die Nachtschlange handelnd auftreten (vgl. § 22) und in der Legende vom göttlichen Sturmvogel Zû (§ 21), wo der Vogel in gleicher Weise eingeführt wird. Zu den redenden Tieren muß auch der Zahnschmerzwurm in der gleichnamigen Legende (§ 17) gerechnet werden. In allen diesen Texten sind aber die redenden Tiere nicht unter sich, sondern treten neben anderen Personen, Göttern oder Menschen, auf. Ob dasselbe auch bei den von uns als Tierfabeln angesprochenen Texten der Fall ist, läßt sich allerdings wegen ihrer Lückenhaftigkeit nicht mit Sicherheit behaupten.

In den keilschriftlichen „Katalogen" zu Assurbanipals Bibliothek sind folgende Titel von Tierfabeln erhalten: „Der Fuchs" (K 9717),,,Das Kalb, als es dies vernahm“, „Ochs und Pferd“, „Der gewaltige Ochse" (Rm 618). Von diesen Fabeln haben wir wenigstens in Bruchstücken die Erzählung vom Fuchs, vom Kalb und von Ochs und Pferd, letztere allerdings in Auszügen, die unter dem Namen „,Als die erhabene Istar" vereinigt waren (vgl. S. 304 Anm. 2).

Die Lückenhaftigkeit der erhaltenen Tierfabeltexte ist leider so groß, daß wir keinen einzigen seinem Zusammenhang nach völlig überblicken können.

Weitaus am meisten ist uns von der Fabel von Pferd und Ochs erhalten, aber auch hier nicht genug, um Inhalt uud Tendenz mit wünschenswerter Sicherheit bestimmen zu können.

Die technische Anlage dieser wie auch der anderen Tierfabeln scheint auf die durch eine bestimmte, immer wieder

kehrende Formel eingeleitete Wechselrede aufgebaut zu sein. Diese Einleitung1 lautet:

Der Ochs (bzw. das Pferd) tat seinen Mund auf, redete und sprach zum Pferd (bzw. zum Ochsen).

Alle durch diese Worte eingeleiteten Abschnitte sind auch im Text durch Trennungsstriche als besondere Teile der Fabel hervorgehoben.

Der babylonische Name der uns erhaltenen Reste der Fabel von Pferd und Ochs scheint gewesen zu sein „Als die erhabene Istar" 2, welche Worte offenbar die Eingangsworte des ganzen Textes bildeten und entsprechend der epischen Erzählungsweise der Babylonier eine Art Kosmologie oder bis zur Urzeit zurückreichende Genealogie eingeleitet haben mögen. Diese ursprünglich etwa 35 Zeilen umfassende Einleitung ist zum kleinen Teil erhalten und an einigen Stellen aus der unmittelbar folgenden Rede des Ochsen wieder herzustellen. Deutlich ist hier eine Anspielung auf eine Überschwemmung, wohl auf die große Flut. Am Schlusse der Einleitung wird hervorgehoben, wie gut es die Tiere nunmehr bei reichlichem Futter haben, und endlich von dem Freundschaftsbündnis zwischen dem Pferd und dem Ochsen kurz berichtet. Die erste Rede tut der Ochs an das Pferd, „erhaben im Kampf". Wie oft Rede und Gegenrede wechseln, ist nicht festzustellen, nach den erhaltenen Fragmenten aber mindestens 12 mal. Eine wichtige Rolle scheint in den Wechselreden das Los der beiden Tiere zu spielen. Jedes sucht seine eigene Stellung in der Welt, seine Anlagen, seine Bestimmung auf Kosten der des Gegenspielers ins vorteilhafteste Licht zu stellen. Über den Gedankengang im einzelnen wie auch über „Fabula docet", die lehrhafte Pointe des Ganzen, wage ich bei der Lückenhaftigkeit des Textes keine Vermutung.

1 Sie gehörte überhaupt zu dem Sprachgebrauch des epischen Stiles und wird in allen epischen Dichtungen mehr oder weniger häufig angewendet, am konsequentesten im Etanamythus, sehr häufig, namentlich in den Gesprächen zwischen dem Freundespaar, im Gilgameschepos und sonst. Aus einer Untersuchung dieser Eingangsformeln lassen sich vielleicht wertvolle textkritische Beobachtungen ableiten.

Nach K 3456+D T43, Rev. Z. 33: Nishu machrû înum iluistar schurbûtum, d. i. „1. Auszug von »Als die erhabne Istar«". Z. 31-32 sind der Folgeweiser für den nächsten nishu. Durch diese Erklärung der Stelle wird auch die bisher geltende Meinung, als hätte man es bei den babylonischen Tierfabeln mit Rahmenerzählungen zu tun, hinfällig.

Für die Frage nach der Entstehungszeit dieser Fabel ist von Wichtigkeit, daß das Vorkommen des Pferdes in Babylonien erst für die Kassitenzeit sicher nachgewiesen werden kann.

Die Fabel vom Fuchs gleichfalls nur fragmentarisch erhalten ist jedenfalls nicht zu den eigentlichen Tierfabeln zu rechnen, da in ihr auch Götter in Aktion treten. Bemerkenswert ist, daß wir von ihr auch ein Fragment aus neubabylonischer Zeit besitzen, während alle anderen Fabeltexte aus Assurbanipals Bibliothek stammen. Von dem vorhergehenden unterscheidet er sich schon äußerlich dadurch, daß die Einführungsformel1 für eine neue Rede stets lautet:

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Dieser Text ist aber vor allem interessant, weil sich in ihm eine deutliche Spur einer Dublette des „Zwiegesprächs zwischen Marduk und Ea“ findet, nämlich ein solches zwischen Samas und Ea, das auch in der Zahnschmerzwurmlegende und in Istars Höllenfahrt, Rev. Z. 3-4, vorkommt.

Da, wo der Text einsetzt, ist offenbar ein Tier (der Löwe [?] vgl. K 3641, Rev. 11) dabei, sich vor Samas über den Fuchs zu beklagen. Der Fuchs steht daneben und beeilt sich, sich zu verteidigen. Es ist zweifellos, daß wir hier ein Schiedsgericht des Samas über die verschiedenen Tiere vor uns haben, das an die Thingszene erinnert, die König Nobel im Eingang zum Reinecke Fuchs mit seinen Tieren abhält. Die letzten Zeilen der Rede des Anklägers lauten:

Samas! aus deinem Gericht möge der Nachsteller (?) nicht entwischen!

Der Zauberer (?), der Hexenmeister mögen töten den Fuchs! ,,Als nun der Fuchs dieses hörte, erhob er sein Haupt, vor Samas weint er, vor dem Glanze des Samas fließen seine Tränen“ und er fleht:

Mit diesem Richterspruch, o Samas, wollest du mich nicht

bannen!

Leider ist der Text zu lückenhaft erhalten, um weitere Vermutungen über seinen Inhalt zu rechtfertigen.

Erwähnt mag noch werden, daß wie die Fabel von Ochs und Pferd, so auch die vom Fuchs einen speziellen Namen nach den Anfangsworten des Ganzen geführt zu haben scheint; die

1 Dieselbe Formel findet sich nach dem oben erwähnten literarischen Keilschriftkatalog auch in der Fabel vom Kalb.

Weber, Literatur.

20

neubabylonische Tafel (CT XV, 31) trägt nämlich die Unterschrift:

[Tafel X1?] Als Bêl im Lande ein Regiment eingesetzt hatte. Aus diesem Textanfang läßt sich entnehmen, daß auch diese Fabel eine kosmologische oder genealogische Einleitung gehabt haben muß.

Noch viel weniger als von den beiden bisher besprochenen Fabeln ist von den beiden noch übrigen erhalten. Weder der Text vom Kalb noch der vom Hund - je ein kleines Fragment — läßt irgendwelche Schlüsse auf den Inhalt zu.

§ 76. Sprichwörter.

Texte: 2R 16 und Sm. 61; Delitzsch, AL 118 ff. (im Auszug). Bearbeitet von Jäger im BA II, S. 274 ff. Dessen Übersetzungen der ungemein schwierigen Texte sind dem Folgenden meist zugrunde gelegt. Vgl. auch Hommel, Geschichte, S. 249 u. 388, Sum. Lesestücke S. 118f. und Teloni, Letteratura § 87.

Eine Sammlung von Sprichwörtern ist uns durch Assurbanipals Bibliothek überliefert. Sie diente als Übungsmaterial zur Erlernung der sumerischen Sprache und ist zweisprachig erhalten. Textproben:

,,(Wer da sagt:) »O, daß ich doch Vergeltung üben könnte und
noch hinzufügen könnte!«< - der schöpft aus einem Brunnen, in
welchem kein Wasser ist, und reibt die Haut, ohne sie zu
salben.".
Seitdem ihr Gott sich hinausgewendet hat, ist eingezogen in die
Niederlassung der Frevel, ist seẞhaft geworden die Bosheit,
nicht wird alt der Fromme; der Verständige, Weise, auf dessen
Weisheit sein Herr nicht achtete, und der Edle, den sein Herr
vergaß, sein Mangel tritt ein, nicht erhebt sich wieder sein
Haupt.

Bei unheilbarer Krankheit und unstillbarem Hunger sind (auch)
eine Truhe voll Silber und ein Schrein voll Goldes, die Ge-
sundheit wiederzugeben, den Hunger zu stillen unvermögend.
Wenn das Saatkorn nicht gut ist, wird kein Keim hervorkommen,
Same nicht wachsen.

Das Leben von gestern alltäglich fürwahr!

andere.)

Ein Tag wie der

Du gingst und nahmst das Feld des Feindes, da kam und nahm
dein Feld der Feind, d. i. Wie du mir, so ich dir.

Die Freigebigkeit des Königs hat die Freigebigkeit des obersten
Beamten zur Folge.

1 Nach der folgenden Zeile ist die erhaltene Tafel die letzte der Serie.

In einem Briefe der Sargonidenzeit (Harper 652) lesen wir die offenbar ein geläufiges Sprichwort zitierenden Zeilen 1:

2

Der Mann ist der Schatten Gottes; der Sklave ist der Schatten des Mannes, aber der König ist gleich Gott. Eine besondere Form des Sprichwortes ist die der Einkleidung in das Gewand der rhetorischen Frage: Wer wird schwanger, ohne zu empfangen?

oder:

Wer wird dick, ohne zu essen?

In beiden Fällen handelt es sich lediglich um drastische Beispiele für die ein wenig alltägliche Wahrheit, daß alles auf der Welt einen Grund haben muß.

Endlich sei noch auf eine interessante Verwendung einer sprichwörtlichen Redensart hingewiesen, die D. H. Müller 3. in den Amarnabriefen aufgezeigt hat. Wenn auch das Sprichwort selbst in Syrien und nicht in Babylonien entstanden zu sein scheint, so berechtigt doch seine Verwendung in der keilschriftlichen Korrespondenz dazu, es auch hier zu erwähnen. Rib-Addi, der Fürst von Byblos, klagt, daß er sein Feld nicht habe bestellen können wegen feindlicher Überfälle und rechtfertigt sich damit, offenbar wegen unterlassener Tributsendungen, vor dem Pharao:

Mein Feld ist gleich einer Frau, die keinen Mann hat, wegen Mangels an Bestellung (Winckler, 55 u. 79 - Knudtzon 74 und 75).

Offenbar liegt hier ein Sprichwort etwa folgenden Wortlautes zugrunde:

Ein unbestelltes Feld ist wie ein Weib, das keinen Mann hat, oder vielleicht besser umgekehrt:

Ein Weib, das keinen Mann hat, ist gleich einem Feld, das nicht bestellt wird.

Es ist zweifellos, daß auch innerhalb der eigentlichen babylonisch-assyrischen Literatur sich aus mancher stehenden Redensart ein ursprüngliches Sprichwort wird ermitteln lassen.

$ 77. Texte zur Sittenlehre.

Zeugnisse für die sittlichen Anschauungen der Babylonier und Assyrer, für die Forderungen, die einerseits die ethische Er

1 Vgl. Delitzsch, Babel-Bibel III S. 38.

2 Ich glaube nicht, daß man diese Fragesätze, wie es bisher immer geschehen ist, als Rätselfragen auffassen darf. Inhaltlich wenigstens decken sie sich jedenfalls durchaus mit der übrigen Spruchliteratur. 3 Semitica I, 30 ff

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