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gewöhnt, mit dem „Literatenthum“ geringschäßige Urtheile zu verbinden; es ist Gefahr, daß auch fernerhin, je mehr das eigentliche Literatenthum bei uns anwächst, die Literatur von ihrer sittlichen wie ästhetischen Höhe herabfinke, und nicht blos dem Dilettantenthum ungebührlichen Raum geben, sondern eine Verflachung der literarischen Leistungen überhaupt herbeiführen werde; die Folge davon wird sein, daß die besten Kräfte, anstatt sich zu concentriren, sich zerstreuen und zersplittern, daß das angesammelte Bildungskapital sich verflüchtigt, daß ernste wissenschaftliche Studien dem Niedergang entgegengehen.

Es liegt uns ferne, bloße Klagen zu erheben oder gar unverdiente Vorwürfe auf einen Stand zu häufen, der in seiner Gesammtheit vielmehr Ehre und Anerkennung und Aufmunterung verdient, und dessen Angehörige zum großen Theil ihre beste Kraft einsehen um jenen kargen Lohn, den die materiell gerichtete Welt auf geistige Mühen und Thaten seßt. Und wir dürfen davon keine Gattung der Literatur ganz ausnehmen; es scheint Manches, von einem höheren Standpunkt aus, gering und fast verächtlich zu sein, und es ist doch nicht zu entbehren und hat im Plane des Weltganzen seine berechtigte Stelle. Wir können daraus, daß uns die Zeiten der Kirchenväter fast keine weltliche Belletristik hinterlassen haben, keine Verdammung der sog. schönen Wissenschaften entnehmen, und daraus, daß es im Blüthenalter der scholastischen Wissenschaften keine Zerstreuung durch die Zeitungen gegeben, keine Gründe gegen das Bedürfniß einer Tagespreffe entnehmen; dieß wäre nicht weniger ungerecht, als wenn man aus den erzürnten Ausfällen

der Auctoren gegen die Recensenten auf die Verwerflichkeit der literarischen Kritik schließen wollte.

Vielmehr weil das Interesse an allen Zweigen der Literatur ein so allgemeines ist, liegt es uns nahe, über den Stand unserer Literatur zu reflektieren und dieselbe unter den Gesichtspunkt der ethischen Betrachtung zu stellen; und wenn die oben angedeuteten ethischen Gebrechen von jedem ernster Denkenden nicht geleugnet werden können, so muß es ein Recht geben, dieselben namhaft zu machen und nach den Ursachen derselben zu fragen. Würde es uns gelingen, ein Uebel in seinen Ursachen aufzudecken, so wäre dieß vielleicht schon ein schwacher Anfang, demselben zu begegnen, und es würden vielleicht manche besseren und gewiegteren Kräfte, als die unsrigen sind, etwas zu seiner Heilung beitragen.

Es wird sich für uns aber hauptsächlich darum handeln, ob sich sittliche Gesichtspunkte gewinnen oder sittliche Verpflichtungen formuliren lassen, von denen aus auf die Literatur Einfluß genommen werden könnte. Als ein solcher sittlicher Gesichtspunkt erscheint uns die Frage des Berufs eines Schriftstellers.

II. Ist Schriftstellerei Sache des Berufs?

Es dürfte schwer sein, dem Schriftsteller als solchem seinen rechten Plaß unter den in der Welt als vollgiltig anerkannten Berufsständen anzuweisen; am ehesten noch etwa den Gelehrten von Profession, obgleich man auch von ihnen gerne sagt, daß sie nicht für diese Welt taugen. Von den übrigen Schriftstellern zählen die einen

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zu jenen bewunderten geistigen Größen, die über den gewöhnlichen Kategorien der Sterblichen stehen, für die es keine Norm und Regel gibt, von denen man meinen möchte, daß sie den Boden einer alltäglichen Pflichterfüllung nur zuweilen wie im Fluge berühren; das Genie ist ja an keinen bestimmten Stand im gewöhnlichen Sinne des Wortes gebannt. Das sind diejenigen, deren Ehre und Ruhm ihnen eine bevorzugte Stellung nicht so fast unter als vielmehr über den übrigen Menschen sichert. Einem anderen Theile aber wird gerade eine Stellung innerhalb der Berufsstände verweigert, weil man ihnen die Ehren eines solchen Standes nicht einräumen will. Aus dem Munde des gemeinen Mannes kann man es hören: Nur keine Schriftstellerei, es ist kein rechter Beruf und kein Segen darin". Den Literaten denkt man sich als einen Berufslosen, näherhin als einen Mann, der seinen Broderwerb mit Schriftstellerei sucht, weil es ihm nicht gelungen ist, einen rechten ehrenwerthen bürgerlichen Lebensberuf zu finden, sich in die gewöhnlichen Sphären einer nüßlichen menschlichen Thätigkeit einzuordnen und auf dem geordneten Wege der Wettbewerbung in Amt und Brod zu kommen; im besten Falle eine prekäre Existenz! Je mehr man auch in einem solchen Manne die Ueberlegenheit der geistigen Begabung respektirt, um so mehr ist man geneigt, den Mangel einer reellen Existenz ihm zum fittlichen Vorwurf zu machen; man erblickt an ihm die mangelnde Energie für ernste und der Menschheit nüßliche Thätigkeit, Extravaganz des Genies, das sich den Bedingungen des bürgerlichen Lebens nicht fügen mag, Unbeständigkeit und leichtsinnige Auffassung der ernsten

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Pflichten des Lebens. Und da, wie man weiter schließt, bei einer solchen moralischen Anlage und Haltung sich kein Charakter bilden kann, so sieht man die Feder nach Brod gehen und den Schriftsteller dessen Lied fingen, deß Brod er ißt. Man erkennt in seinen Leistungen nicht den Ausdruck der Ueberzeugung, höchstens den Aufschrei der Noth, weil der Genius hienieden doch meist zum Darben an irdischen Gütern verurtheilt ist. Wer keinen Beruf hat, vertritt auch keine Sache um ihrer selbst, sondern nur um des Effekts willen, den er hervorbringen kann; er wird zum Wortfechter und Phrasendreher, zum Zweifler, Spötter und Sophisten, und nach all dem zum Egoisten, der weder wahre Begeiste= rung kennt noch sein Publikum achtet, der weder eine Sache noch einen Menschen wahrhaft liebt, der vielleicht in einem Zustand immerwährender Unzufriedenheit und des geistigen und moralischen Druckes eine Lust darin findet, die höhern Güter der Menschen in den Staub zu ziehen, Anderen wehe zu thun und sie zu verlegen, mit dem schwächeren Gegner muthwillig zu spielen, das Gute an den Menschen zu bemängeln, über ihre Fehler lieblos zu Gericht zu sißen, und das eigene Interesse oder das der Coterie, der man sich verkauft hat, über alle Wahrheit und Gerechtigkeit zu seßen. Wenn man fich in unserer Zeit eine Vorstellung von dem machen will, was die Alten Parasiten nannten, so denkt man nicht mehr an jene Charakterfiguren, wie sie ein Plautus schildert, sondern an einen berufslosen Literaten.

Das Schlimmste an dieser Auffassung ist nun aber in der That dieses, daß man einem ganzen Stande damit Unrecht thut. Nur daß einzelne Schriftsteller sich Theol. Quartalschrift. 1883. Heft I.

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für berufslos halten, d. h. daß sie sich keines eigent= lichen Berufes und keiner Verantwortlichkeit für denselben bewußt sind, das macht die Unehre aus, die dann unbilliger Weise auf einen ganzen Stand fällt. Die Schriftsteller müssen lernen einen Beruf zu haben, und dann werden ihnen auch die Berufsehren zu Theil werden.

Wir statuiren die These, daß Schriftstellerei Sache des Berufs sei. Den Beweis dafür zu erbringen ex parte rei, d. h. in Anbetracht der hohen Sache, die auf dem Spiel steht, scheint nicht schwer. Gibt es einen Herrscherberuf, einen Lehr- und Künstlerberuf, so muß es auch Sache des Berufes sein, an einer Arbeit Theil zu nehmen, welche sich mit den höchsten Interessen der Menschheit befaßt. Wo die edelsten Kräfte des menschlichen Geistes aufgerufen werden, um im Dienste der Aufklärung und Bildung und geistigen und sittlichen Veredlung der Mitmenschen thätig zu sein, und wo es gilt, mit der ganzen Persönlichkeit einzustehen für Wahrheit und Recht im harten Kampfe mit der Lüge und der Gewalt, da sollte man nur von innerem Berufe bewegt und überzeugt auf den Plaz treten. Es ist keine Gattung von schriftstellerischer Production so harmlos und so unbedeutend, daß man mit ihr ein bloßes Spiel treiben dürfte.

Anders wohl gestaltet sich die Erwägung ex parte personæ, die es uns nicht ganz leicht macht, von einem besonderen Berufe zur Schriftstellerei zu reden. Zwar daß die „Berufslosen“, die weder eine feste Lebensstellung haben erringen, noch einen rechten sittlichen Halt und Charakter haben gewinnen können, sich eindrängen,

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