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I.

Abhandlungen.

1.

Schriftstellerthum und literarische Kritik im Lichte der sittlichen Verantwortlichkeit.

Von Prof. Dr. Linsenmann.

Zweiter Artikel.

III. Gibt es entscheidende Kennzeichen des Berufes zur Schriftstellerei?

Mag man es noch so nachdrücklich für eine gewagte Behauptung erklären, daß zur Schriftstellerei ein besonderer Beruf gehöre, wir können uns immerhin auf jene unbewußte Logik des gemeinen Menschenverstandes berufen, welche das große Weltprinzip der Ordnung auch für dieses Gebiet menschlicher Thätigkeit geltend macht und sich nicht scheut, gegen einen lästigen und aufdringlichen, aber geist- und formlosen Schreiber den Vorwurf unberufener Arbeit zu schleudern. Eine Thätigkeit, welche in das Menschenleben mit seinem Ernst und Scherz, mit seinem Schmerz und seiner Freude, denn auch die

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rechte Freude ist eine gar ernste Sache 1), so tief eingreift, wie die Gabe des Wortes und der Schrift, dürfen wir unmöglich dem blosen Spiele menschlicher Willkür und Laune überlassen;/gerade weil wir sie so hoch schäßen, nennen wir sie Sache des Berufes, selbst auf die Gefahr hin, daß uns die Kritik, die wir herausfordern und die unsere Beweisgründe vielleicht für unannehmbar erklärt, unsern eigenen Beruf, in dieser Sache mitzureden, abspreche. Verfasser dieser Abhandlung kämpft nicht für seinen eigenen persönlichen Beruf; er hat von Erfolgen der Schriftstellerei nicht viel zu hoffen, und wenn er schließlich auch zu denen gezählt würde, welche nach Wolle ausgehen und selbst geschoren nach Hause kommen, so hätte er auch davon nicht viel zu fürchten. Aber er möchte eintreten für die Ehre und Würde der Literatur, welche von den unberufenen Eindringlingen am schwersten geschädigt wird.

Man hat der Reihe nach gegen jeden Stand, wenn er allmälig innerhalb der Gesellschaft eine gebieterische und bevorrechtete Stellung errungen, das Erkenne dich selbst! ausgerufen, ist seinen Ansprüchen entgegengetreten, hat seine Anmaßungen der öffentlichen Meinung denuncirt und für die Rechte der anderen Stände Raum und Achtung verlangt. Man hat darauf aufmerksam gemacht, daß ein Stand innerhalb einer bestimmten Entwicklungsperiode der menschlichen Gesellschaft eine providentielle Aufgabe hatte, daß dieser Aufgabe ein gewisses Maß von Auktorität und Herrschaft, von Auszeichnungen und Begünstigungen billigerweise entsprach, weil von dieser

1) Res severa est magnum gaudium.

moralischen Zulage der Erfolg des Wirkens bis auf einen gewissen Grad mitbedingt war, daß aber dann allmälig ein Mißverhältniß zwischen der angenommenen Superiorität und der wirklichen Bedeutung, zwischen den beanspruchten Ehren und Vorrechten und den wirklichen Leistungen sich ergeben, daß man mit der fortschreitenden Entwicklung der Dinge das wirkliche Schwergewicht des öffentlichen Lebens nicht mehr in den früher dominirenden Ständen finden könne, daß vielmehr der Leuchter von den alten Ständen hinweggerückt werde, neue Kräfte in Funktion treten, und daß diesen nun, wie sie die Herrschaft angetreten, so auch die Insignien der Herrschaft, Freiheit und Spielraum, Ehre und Ansehen und Glanz, zukommen müssen. Es lösen sich in der Herrschaft ab der Adel und das bezahlte Beamtenthum oder die Bureaukratie; die Herren vom Schwerte und die von der Feder; unter den legteren selbst wieder der Lehrstand oder das Professorenthum mit seiner in Zunft und Zopf eingezwängten Gelehrsamkeit, mit seinen pedantischen Allüren und dem Formenzwang seiner Akademien, und andererseits die freie Wissenschaft und Presse, die ungebundene Demokratie der Literaten und der Künstler. Es ist nahe daran, daß die Herrschaft der freien Presse über alle anderen Mächte im Staate proklamirt werde. Welche Gebiete hat die Presse sich nicht erobert! Wie viele Mittel der Publicität, der Belehrung und Aufklärung, der Communication zwischen den Organen der Staatsmaschine werden nicht heute durch die Presse ersezt und außer Dienst gestellt! Selbst das Gotteswort, welches an eine kirchliche Ordnung gebunden ist und in bischöflichen Hirtenbriefen, auf der Kanzel und in der

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Katechese sich vernehmen läßt, soll allmälig sich der Herrschaft und den Gewohnheiten der Tagesliteratur unterwerfen; an die Stelle der Christenlehre tritt die Zeitung!

Das ist nun nicht aufzuhalten; wir haben nur die Folgen aus den Prämissen zu ziehen. Rückt die Presse ein als Macht neben den andern öffentlichen Mächten oder gar über ihnen, so entsteht damit ein neuer Stand neben oder über den anderen Ständen. Der Kampf gegen die alten Stände ist doch nur möglich und hat nur dann eine verhältnißmäßige Berechtigung, wenn diejenigen, welche die alte Herrschaft stürzen, selbst wieder zu einem Stande erstarken, um mit den Ansprüchen eines Standes auftreten zu können. Gewöhnlich schließen sich diejenigen, welche doch die Aristokratie eines in sich geschlossenen Standes als eine Anmaßung abweisen, so bald als möglich zu einer engeren Körperschaft zusammen. Während man das mit Amt und Rang ausge= stattete Gelehrten- und Professorenthum zerpflückt und sich an den Präceptoren für den Zwang und die Plage der Schulstube mit literarischen Nadelstichen rächt, for= dert man in literarischen Verbänden, Schriftstellervereinen, auf Journalistentagen u. s. w., die Anerkennung und Rechte eines eigenen schriftstellerischen Standes und richtet Schranken der Ausschließung auf. Ja gerade diejenigen Zweige der literarischen Produktion, welche sich am wenigsten einer Berufsstellung unterordnen und irgendwelche Schranken anerkennen möchten, die „freien Künste“, pflanzen sich jezt als Stände auf. Die „freie Wissenschaft“ und die freie Presse“ ist jezt schon daran, zwischen Berechtigten und Unberechtigten unter ihnen selbst zu unterscheiden; es bildet sich von selbst die Zunft;

nur eben mit der Folge, daß überall da, wo man nicht die höheren ethischen Kriterien für das Vorhandensein der Berechtigung und des Berufes anlegt, die Ausscheidung nach niedrigeren egoistischen Motiven, nach Rückfichten auf Partei und Tendenz, oft genug auf dem Wege des Terrorismus, sich vollzieht. Vielleicht gibt es jezt schon ein höheres Interesse der menschlichen Gesellschaft, sich gegen eine Herrschaft des zunftmäßigen Literatenthums oder Journalismus vorzusehen und zu schüßen, und die Rechte und das Ansehen der übrigen Stände nicht preiszugeben.

Mit dem Begriff des Standes kommen wir aber zu dem des Berufes zurück. Im tiefsten Seelengrunde will der Schriftsteller selbst und will der Stand der Schriftsteller den „Beruf" nicht verleugnen. Wenn wir nun nicht bei der in sich widerspruchsvollen Annahme stehen bleiben wollen, daß es zwar einen Beruf gebe, derselbe aber an keine wahrnehmbaren oder berechenbaren Bedingungen geknüpft sei, so werden wir mit logischer Nothwendigkeit dazu geführt, daß es, so schwer durchdringlich uns diesės Gebiet ist, dennoch Kennzeichen des wirklichen Berufes geben müsse, und daß es schließlich auch eine über dem subjektiven Ermessen des Einzelnen stehende Auktorität geben müsse, welcher ein Urtheil über den Beruf zusteht. Man braucht aber bei dieser Auktorität nicht sogleich an Censuren, seien es nun Schulcensuren oder bureaukratische Inquisitionsprocesse mit Einfuhrverbot oder Bücherverbrennung, zu denken.

1) Unter den Anzeichen des Berufes, nach denen wir nun forschen möchten, lassen wir uns gerne an erster

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