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beweist noch nichts gegen unsere These. Schwerer fällt ins Gewicht die Wahrnehmung, daß man nach gemeinem Urtheile nicht weniger Bedenken hat gegen diejenigen, welche aus der Schriftstellerei sich einen Beruf machen, als gegen die Berufslosen. Die rechte Schriftstellerei, so denkt man sich die Sache, ist doch eigentlich mehr nur eine Zugabe zu einer bestimmten Berufsstellung, z. B. des Gelehrten, des Schulmannes, des Staatsmannes und Politikers, als daß sie für sich allein das Leben und Wirken eines Mannes ausfüllen sollte. Der Schriftsteller selbst fühlt in sich wohl einen Drang, im einzelnen Falle mit seinem Können an die Oeffentlichkeit zu treten, aber er anerkennt keine Verpflichtung hiezu; man will ein Uebriges freiwillig thun und will seine Leistung auch darnach beurtheilt sehen; man läßt sich von Keinem vorschreiben, was man eigentlich hätte leisten sollen, man bietet eine ungezwungene Gabe, die das Publicum als Geschenk annehmen soll, ohne unzart sie zu bemängeln. Außerdem, wie mögen alle die Beweggründe heißen, aus denen der Drang zum schriftstellerischen Versuche hervorgeht! Beim Einen ist es die Noth und der Gedanke an Gelderwerb, beim Andern die Lust am geistigen Schaffen; hier die Absicht auf Ansehen und Ehrenstellen, dort überquellende Laune und Künstlerluft; manchmal ist es auch der Jammer der Zeit und die Noth des Vaterlandes, welche einem Manne die Feder in die Hand drückt, und wieder ein andermal wird Einer Schriftsteller, weil es ihm zu wohl ergangen und weil er auch solche Lorbeeren noch zu andern hin pflücken möchte. Geschieht dieß nun Alles aus Beruf? Und wenn nicht, wer scheidet unter den Tausenden diejenigen

aus, welche berufen sind? Und doch muß es für eine folche Ausscheidung Kriterien geben, wenn es wirklich einen Beruf gibt!

Daß es diesen Erwägungen gegenüber schwer sei, von einem Berufe zur Schriftstellerei zu reden, haben wir zum Voraus zugegeben. Aber vielleicht ist es nur um so anziehender und lohnender, einem schwierigen Problem ins Angesicht zu sehen.

Gestatte man uns, unsre Leser auf einen Augen= blick bei einer Vorausseßung festzuhalten, als ob sie nicht erst zu beweisen wäre; nehmen wir einmal als zugestanden an, daß Schriftstellerei Sache des Berufes sei; vielleicht wird uns die Vorausseßung annehmbar durch die Folgerungen, welche sich aus dem proponirten Verhältnisse ergeben.

Der Beruf, dem ein Mann angehört, zieht um ihn einen Pflichtenkreis, den er ausfüllen und über den er im Wesentlichen nicht hinausgreifen soll. Der Beruf bringt ein bestimmtes Arbeitsgebiet mit sich und übt einen Zwang, indem er Pflichten auferlegt. Das Bewußtsein der Pflichterfüllung, welches jede Mühe erleichtert, wird nur dem zu Gewinn, welcher in den Schranken seiner Berufspflicht bleibt; ein Hinausschreiten über diese Schranken sezt meistens allen Erfolg der Bemühung in Frage. Der Beruf legt jene Beschränkung auf, in welcher sich ja gerade der Meister zeigen soll. Und darin läge ganz sicher auch ein sittlicher Gewinn für den Schriftsteller, eine gewisse Sicherheit für ein geordnetes und gediegenes Arbeiten und ein Schuß vor den wildesten Ausschreitungen publicistischer Laune.

Wäre Schriftstellerei Sache des Berufs, so würden

diejenigen nicht länger Recht behalten, welche darüber spötteln, daß Jeder am liebsten von dem rede, was er am wenigsten versteht. Es wäre das Dilettantenthum in engere Grenzen zurückgetrieben; es würde zwar immer noch, neben den gereiften Arbeiten, auch schüchterne Versuche und schwache Anfänge geben müssen; man muß zuvor den Flügelschlag probiren, ehe man kühne Flüge wagen kann; man muß zuerst durch muthige Anläufe fich ausweisen, ob man berechtigt sei, nach der Meisterschaft zu streben. Aber es könnte sich doch nicht so zu= dringlich die unberufene Stümperei zu Tische seßen, wo die ehrliche Arbeit in den Aschenwinkel gestoßen wird. Es würden hohe Aufgaben und Ziele den Einzelnen nach ihren geistigen Anlagen zugetheilt, es würde über den Reichthum an geistiger Kraft, der in manchem Volksthum schlummert oder todt liegt, nach hohen Gesichtspunkten disponirt, und über den bösen Zufällen, welche jegt so oft über Versuche und Erfolge literarischer Thätigkeit entscheiden, würde eine Art von höherer Vorsehung walten.

Wäre Schriftstellerei Sache eines bestimmten Berufes, so wäre daraus die weitere Folgerung zu ziehen, daß der Schriftsteller einem großen Ganzen, einer Corporation oder einem Stande sich eingliedert und in die Verantwortlichkeit eintritt, welche Jeder für die Gesammtheit, der er angehört, auf sich nimmt. Der Angehörige eines Standes trägt auf seiner Person etwas von den gemeinsamen Lasten und Pflichten, und muß sich dessen bewußt bleiben, daß von seinem Thun Ehre oder Unehre auf seinen Stand fällt. Das Standesbewußtsein und die Standesverantwortlichkeit hat eine

nicht geringe sittliche Bedeutung. Der Standesgenoffe darf nicht wie der, welcher keinem Stande angehört und ,,vogelfrei" ist, gleichgiltig und unbekümmert sein um das Urtheil der Welt und um seine Reputation; er darf auch nicht den augenblicklichen, aber weniger edlen Vortheil einem dauernden und soliden Erfolge vorziehen. Wer einem größeren Ganzen als vollberechtigtes Mitglied angehören will, der muß wissen, daß man seine Stimme als Manifestation aus dem Ganzen heraus aufnimmt; und schon der Gedanke an die Gegenseitigkeit, die man verlangt und leistet, zieht der Willkür und Laune, der selbstwilligen und selbstgefälligen Individualität eine werthvolle Schranke. Es wird vielleicht in der Beurtheilung der gelehrten und publicistischen Thätigkeit unsrer Zeit viel zu wenig beachtet, welch ein Unterschied ist zwischen denjenigen unter den Schriftstellern, welche das ganze Gefühl der Verantwortlichkeit für die Doktrin, die wissenschaftliche Stellung und die literarische Ehre der Corporation, der sie angehören, in sich tragen und davon sich beherrschen lassen, und zwischen den Andern, die alle Rücksichten auf eine öffentliche Stellung, auf collegiale Verbindlichkeit und corporativen Beruf bei Seite sehen, welche deßhalb Alles wagen zu dürfen glauben, und welche mit ihren besondern Ansprüchen auf die Privilegien der Genialität sich über jenes Wetterkreuz stellen, wo es für sie keine Sünde mehr gibt.

Auf Grund seines Berufes aber, wenn es einen solchen gibt, nimmt der Schriftsteller auch Theil an den Standesrechten und Ehren und an dem geistigen und sittlichen Kapital, das sich in einer zu hohen Aufgaben

verbundenen Genossenschaft ansammelt; gleich wie er von der geistigen Atmosphäre des Standes getragen wird und in ihm die Wurzeln seiner Kraft nährt, und aus seinen Brunnquellen sein eigenes Wissen und Vermögen befruchtet, so dient ihm der Stand wieder zur Schußwehr gegen Verwilderung in Manieren, in Styl und Sitte. Es erfordert schon eine sittliche Erfahrung, um zu erkennen, daß nicht Alles, was an sich zulässig ist, sich auch wirklich schickt. Vgl. I. Kor. 10, 22. 23.

Wir haben hypothetisch gesprochen. Es läßt sich aber wenigstens dieß nicht verkennen, daß es mancherlei Vortheile darbieten würde, wenn man Schriftstellerei als Sache des Berufes behandeln dürfte, wenn die Schriftsteller von den Verbindlichkeiten, die ein Beruf auferlegt, ein recht ernstes Bewußtsein hätten, und wenn man das Literatenthum ohne Beruf und sociale Stellung in die engsten Grenzen zurückweisen könnte.

Bleiben wir noch einen Augenblick, selbst auf die Gefahr hin, daß es eine schöne Illusion wäre, bei der Vorstellung von der Schriftstellerei als Berufssache stehen, so muß uns ein solcher Beruf als ein überaus hoher und edler erscheinen. Ja vielleicht fällt es uns nur darum schwer, an unsrer Illusion, wie wir es oben ge= nannt, festzuhalten, weil die Wirklichkeit, oder die alltägliche Erscheinung unsrer hohen Vorstellung in so mancher Richtung widerspricht. Der Schriftsteller müßte 77 nach unsern Idealen von dem Gedanken erfüllt sein, im Dienste der höchsten Güter zu stehen, die es für die Menschheit gibt. Seine Stelle wäre neben dem Apostel und dem Priester, und er würde Anspruch haben an die Ehrenrechte der Lehrer, welche sich mit den Mar

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