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23. An einen Moralisten.

1781.

Bei der Aufnahme in die Sammlung hat Schiller dieses Gedicht bedeutend verändert, gemildert und abgekürzt; und in der That war es in der ursprünglichen Form viel zu petulant, um schicklich vor die Augen des Publikums, zumal in Gesellschaft so edel und ernst gehaltener Productionen, wie die meisten übrigen Gedichte sind, gebracht werden zu können. An rücksichtsloser Derbheit und Lascivität wird es nur noch von der „Männerwürde" in ihrer anfänglichen Gestalt übertroffen. Da wir voraussehen dürfen, daß, wer den vorliegenden Commentar benutt, bei Schiller's Gedichten ein so ernstes Interesse an der Kunstform nehme, daß er von dem Stoff nichts zu leiden haben werde, so tragen wir kein Bedenken, das Gedicht in seiner ersten Fassung hieherzusehen und daran unsere Erläuterungen zu reihen, welche denn auch zum Verständniß desselben in seiner jezigen Gestalt hinreichen werden. Der Ueberschrift ist in der Anthologie der Zusah Fragment beigefügt.

1. Betagter Renegat der lächelnden Dione!
Du lehrst, daß Lieben Tändeln sei,
Blickft von des Alters Winterwolkenthrone
Und schmählest auf den goldnen Mai.

Str. 1. Renegat", ein Abgefallener, ein Apostat. Dione", Mutter der Venus, bisweilen (wie hier) für Venus selbst stehend. „Lächelnd" heißt sie auch bei den Alten, z. B. ridens bei Horaz (Carm. I, 2, 33), giλoueidi's bei Hesiod (Th. 989) und Homer (Hymn. IV, 17). Viel milder klingt jetzt V. 1 dieser Strophe:

Was zürnst du unsrer frohen Jugendweise,

aber paßt er noch wohl zum Ton des Ganzen? „Winterwolkenthron

2. Erkennt Natur auch Schreibepultgefeße?

Für eine warme Welt taugt ein erfrorner Sinn?
Die Armuth ist, nach dem Aesop, der Schätze
Verdächtige Verächterin.

3. Einst, als du noch das Nymphenvolk bekriegtest,
Ein Fürst des Karnevals den teutschen Wirbel flogst,
Ein Himmelreich in beiden Armen wiegtest,
Und Nektarduft von Mädchenlippen zogst

4. Ha, Seladon! wenn damals aus den Achsen
Gewichen wär' so Erd' als Sonnenball,
Im Wirbelschwung mit Julien verwachsen,
Du hättest überhört den Fall!

(ein Thron aus Winterwolken gebaut) däuchte dem Dichter später wohl hier ein zu stattliches Wort und gab auch ein zu großartiges Bild für den grämlichen Alten; daher wohl die Aenderung.

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Str. 2. Schreibepultgesete“, Geseze, die ein Philosoph vor seinem Schreibepult der Natur aufbürden möchte. Zur Ausscheidung dieser Strophe mochte den Dichter die unpassende Form des zweiten Fragesages, die Kakophonie „Schätze verdächtige Verrätherin" und die Undeutlichkeit in der Anspielung auf Aesop bestimmen. Er meinte wohl die Fabel vom Fuchs und den Trauben.

Str. 3. den teutschen Wirbel", den Walzer (wie in der Entzückung an Laura, Str. 3, V. 5). Fürst" ift in Held, 30gft" in sogst verwandelt worden.

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Str. 4. „Seladon", ein Verliebter (Céladon heißt der Held des Romans L'Astrée von Honoré d'Urfé). „So Erd' als Sonnenball" in der Erde schwerer Ball zu verändern würde ich nicht für nöthig gehalten haben; die Hyperbel ist so stark, daß es hier auf etwas mehr oder weniger nicht ankommt. Ebensowenig scheint mir die Veränderung bon Wirbelschwung" in Liebesknäuel eine Verbesserung. „Julie" heißt die Geliebte nach Rousseau's Julie ou la nouvelle Héloise.

5. Und wenn nach manchen fehlgesprungnen Minen
Ihr eignes Blut, von wilder Lust geglüht,
Die stolze Tugend deiner Schönen

Zuletzt an deine Brust verrieth?

6. Wie? oder wenn romantisch im Gehölze
Ein leiser Laut zu deinen Ohren drang,
Und in der Wellen filbernem Gewälze

Ein Mädchen Sammetglieder schwang?

7. Wie schlug dein Herz! wie stürmete, wie kochte
Aufrührerisch das scharfgejagte Blut!

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8. Wenn dann, gewahr des Diebs, der sie belauschte,
Purpurisch angehaucht von jüngferlicher Scham,
Jns blaue Bett die Schöne niederrauschte,

Und hintennach mein strenger Zeno schwamm,

Str. 5. nach manchen fehlgesprengten Minen“, nach vielen mißlungenen Versuchen deinerseits, die Gunst deiner Schönen zu gewinnen. In ihr eignes Blut" geht das Fürwort nicht auf Julien" in der vorhergehenden Strophe, sondern, wie so oft in Schiller's Gedichten, auf ein nachfolgendes Substantiv („deiner Schönen“). „An deine Brust verrieth" eine freie Zusammenstellung für: verrätherisch an deine Bruft trieb (vgl. unten Str. 7; „Jeder Muskel pochte in die Fluth" statt: strebte pochend nach der Fluth). Str. 5-9 find aus der Gedichtsammlung weggelassen.

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Str. 7, V. 3. 3uct'" für: Es zuckte. Mustel" wird von Grimm als weiblich angesehen und als Beispiel des Uebertritts aus dem Mascul. ins Femin. angeführt; aber Adelung, Campe, Heinsius laffen nur das Mascul. gelten; auch Göthe schrieb: „ein kümmerlicher Mustel".

Str. 8. 3eno", Stifter der stoischen Schule, die sich durch strenge Tugendlehren auszeichnete (362-291 v. Chr.).

9. Ja hintennach

und sei's auch nur zu baden!
Mit Rock und Kamisol und Strumpf
Leis flöteten die lüsternen Najaden
Der Grazien Triumph.

10. O denk zurück nach deinen Rosentagen
Und lerne: die Philosophie

Schlägt um, wie unsre Pulse anders schlagen,
Zu Göttern schaffst du Menschen nie.

11. Wohl, wenn ins Eis des flügelnden Verstandes
Das warme Blut ein Bißchen muntrer springt!
Laß den Bewohnern eines bessern Landes,
Was ewig nie dem Erdensohn gelingt,

Str. 9. Die Indecenz der Bilder hat sich hier am Dichter im Ausdruck gerächt; die Darstellung finkt im zweiten Verje zu völli ger Geschmacklosigkeit hinab. Nach V. 2 folgen in der Anthologie zwei Zeilen Gedankenstriche. „Der Grazien Triumph" zeigt, daß der Dichter damals den Begriff der Grazien weniger streng nahm, als in spätern Jahren.

Str. 10. O denk zurück nach u. s. w.", versetze dich in Gedanken zurück in deine schönen Jugendjahre. „Die Philosophie schlägt um u. f. w.", unsre philosophischen Ansichten richten sich nach den wechselnden Neigungen und Leidenschaften. Hier und in den beiden Schlußstrophen tritt, wie in so manchen Jugendgedichten Schiller's, namentlich auch in den Räubern, der Einfluß seiner medicinischen Studien hervor. In der Abhandlung „über den Zusammenhang der thierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen" hatte er sich „den merkwürdigen Beitrag des Körpers zu den Actionen der Seele, den großen und reellen Einfluß des thierischen Empfindungssystems auf das Geistige" klar zu machen gesucht. Die Ergebnisse seiner Forschung sehen wir hier, und noch viel stärker im Gedicht „Männerwürde“ hervor= treien, wo er, wie Hoffmeister treffend sagt, Frauenliebe, Frauenachtung, Dichterkraft, Freiheitsli be, Muth, furz alle Güter, die den Mann am höchften beglücken, auf die physischen Bedingungen des Geschlechts zurüdführt.

Str. 11, V. 1 f. Wohl dem Menschen, wenn die Kälte des flügelnden Verstandes durch die Wärme seiner Empfindungen etwas

12. 3wingt doch der thierische Gefährte

Den gottgebornen Geist in Sklavenmauern ein
Er wehrt mir, daß ich Engel werde,

Ich will ihm folgen, Mensch zu sein.

24. Graf Eberhard der Greiner von Wirtemberg.

Kriegslied.

1781.

Dieses Kriegslied, aus einem poetischen Wettkampf mit Haug hervorgegangen, ist unverändert aus der Anthologie in die Gedichtsammlung aufgenommen worden. An frischer Volksthümlichkeit und Lebendigkeit übertrifft es einige der spätern Balladen unsers Dichters; doch vereinigt es mit diesen Vorzügen auch manche der gemeinsamen Fehler von Schiller's Jugendgedichten. Hoffmeister nennt es ein sehr wacker und kräftig durchgeführtes Lied, in welchem Keiner den Dichter der Laura-Oden ahnen würde; so rein objectiv ist es gehalten.“ Nach dem Titel und den einleitenden Strophen sollte man ein stärkeres Hervor

gemildert wird. „Erdensohn" in V. 4 hätte füglich beibehalten werden können. Zu ewig nie" (jezt bloß „nie“) vgl. die Kindsmörderin" Str. 2, V. 8 und das Geheimniß der Reminiscenz in der ersten Form Str. 11, V. 5.

Str. 12. Die Aenderung von „Sklavenmauern" (V. 2) in „Kerkermauern" ist zu billigen. In der bei Str. 10 angeführten Abhandlung heißt es: „Schon mehrere Philosophen haben behauptet, daß der Körper gleichsam der Kerker des Geistes sei" und in einer spätern Stelle: Den Philosophen kehrt ein kalter Nordwind, der durch seine baufällige Hütte streicht, zu sich selbst zurück, und lehrt ihn, daß er das unselige Mittelding von Vich und Engel ist." Statt der thierische Gefährte" heißt die neuere Lesart „der irdische Gefährte“.

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