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insbesondere über seine dort angeknüpften Beziehungen zu Charlotte von Kalb ein helleres Licht verbreitet hat, unterliegt es feinem Zweifel mehr, daß unser Gedicht aus den Gemüths; kämpfen dieser Liebe entsprungen ist (vgl. oben die Vorbemerkungen zu den Gedichten der zweiten Periode). Schiller hat von den zweiundzwanzig Strophen, woraus es ursprünglich bestand, nur sechs mit wenigen Veränderungen in die Gedichtiammlung aufgenommen und dadurch dem Leser keinen Dienst geleistet. Er hätte es entweder ganz ausscheiden oder unverkürzt geben sollen. "In der jezigen Fassung", sagt Hettner, ist es völlig farblos und unverständlich, in der ursprünglichen wild und trozig, ganz im Sinne der Sturm- und Drangperiode nur das Recht der Leidenschaft gegen alle beschränkende Sahung behauptend." Der Dichter und seine Geliebte durchlebten zur Zeit, wo diese leidenschaftliche Production entstand, eine ähnliche Situation, wie sein Don Carlos, dessen Liebe schon in ihrer leisesten Acußerung als ein Verbrechen erschien, weil sie mit einem unwiderruflichen Religionsgesetz stritt, und wie die Fürstin, deren ganze weibliche Glückseligkeit einer traurigen Staatsmarime hingeschlachtet worden." Wir schließen, um die in die Sammlung aufgenom= menen sechs Strophen in helleres Licht zu sehen, unsere Erläuterung an das unverkürzte Gedicht an.

Str. 1. Nein

länger, länger werd' ich diesen Kampf nicht kämpfen, Den Riesenkampf der Pflicht!

Kannst du des Herzens Flammentrieb nicht dämpfen,
So fodre, Tugend, dieses Opfer nicht.

Die kräftig einsehende Strophe läßt das ganze Gedicht als den
Ausklang eines vorhergehenden langen Kampfes erscheinen. Der
Dichter hat der Tugend geschworen, ihr durch Bezwingung seiner
Liebe zur Gattin eines Andern ein Opfer zu bringen. Jezt
ruft er ihr, des Kampfes müde, zu: Kannst du nicht dem Kämpfen-

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den Kraft einflößen, bist du zu schwach, die feurigen Wünsche meines Herzens zu mäßigen, so laß mich meiner Leidenschaft folgen! In V. 1 tilgte der Dichter später das eine länger". That er dies, um dem Verse einen angemessenern Umfang zu geben, so war damit nicht viel gewonnen, da er in den aufgenommenen sechs Strophen unter den zwölf weiblich schließenden Versen noch acht überzählige jambische Sechsfüßler stehen ließ.

Str. 2. Geschworen hab' ich's, ja, ich hab's geschworen,
Mich selbst zu bändigen.

"

Hier ist dein Kranz! Er sei auf ewig mir verloren!
Nimm ihn zurück, und laß mich fündigen.

Dein Kranz“ (V. 3), der Kranz, den ihm die Tugend, bei der Ablegung seines Schwurs, für den Entschluß, die Leidenschaft der Pflicht zu opfern, gereicht hatte. Angemessener freilich er= scheint, wenn der Kranz bis nach völlig errungenem Siege aufgehoben worden wäre.

Str. 3. Sich, Göttin, mich zu deines Thrones Stufen,

Wo ich noch jüngst, ein frecher Beter, lag;

Mein übereilter Eid sei widerrufen,

Vernichtet sei der schreckliche Vertrag, —

Diese und die beiden folgenden Strophen fehlen in der Gedichtsammlung. Die angeredete „Göttin“ ist die Tugend, die Selbstbeherrschung. „Ein frecher Beter", frech gegen die Rechte des Herzens, oder verwegen, indem er allzuviel auf seine moralische Kraft baute.

Str. 4. Den du im süßen Taumel einer warmen Stunde
Vom Träumenden erzwangst,

Mit meinem heißen Blut in unerlaubtem Bunde
Betrügerisch aus meinem Busen rangst.

Mit der Sophisterei der Leidenschaft schildert der Dichter hier das Verhalten der Tugend zum Menschen so, als ob diese selbst nur eine Art Leidenschaft wäre, die den Sinnenrausch einer aufgeregten Stunde benut, um dem Menschen betrügerisch einen gegen die Rechte des Herzens frevelnden Entschluß abzulocken.

Str. 5. Wo find die Feuer, die elektrisch mich durchwallten,
Und wo der starke, kühne Talisman?

In jenem Wahnwig will ich meinen Schwur dir halten,
Worin ich unbesonnen ihn gethan.

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„Die Feuer", jene glühende tugendhafte Begeisterung, in der er Entsagung gelobt hatte. Der starke, kühne Talisman", eben der sittliche Enthusiasmus, der ihn wie ein Zaubermittel gegen die Gewalt der Leidenschaft bewahrte. Jene Begeisterungsgluth, jener „Wahnwit", d. h. jenes wahnsinnige Vertrauen auf seine Kraft, ist dahin; und so kann er seinen Schwur nicht halten.

Sie liebt mich

Str. 6. Zerrissen sei, was du und ich bedungen haben,
deine Krone sei verscherzt!
Glückselig, wer, in Wonnetrunkenheit begraben,

So leicht, wie ich, den tiefen Fall verschmerzt!

Diese Strophe hebt den Punkt hervor, der ihn zum Verzichtleisten auf den Tugendkranz bestimmt hat: das Geständniß ihrer Gegenliebe. Durch den Ausdruck der „Wonnetrunkenheit", in welche dies Geständniß ihn versenkt hat, klingt der Schmerz über den tiefen Fall" (von dem Gipfel seines hohen sittlichen Entschlusses), wie auch durch spätere Strophen, vernehmlich genug hindurch. Die Abkürzung des ersten Verses (,,was wir bedungen haben") ging wohl aus dem Gefühl hervor, daß der jambische Sechsfüßler kein empfehlenswerther Vers sei; Schiller hatte auch wohl ursprünglich den Fünffüßler als herr

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schenden Vers beabsichtigt, wurde aber durch den Schwung seiner pathetischen Rhetorik vielfach über die Schranken des intentionirten Metrums weggeriffen..

Str. 7. Sie sieht den Wurm an meiner Jugend Blume nagen
Und meinen Lenz entflohn,

Bewundert still mein held enmüthiges Entsagen,

Und großmuthsvoll beschließt sie meinen Lohn.

Die Strophe führt die kurze Andeutung der vorigen „Sie liebt mich" weiter aus und motivirt ihre Gegenliebe.

Str. 8. Mißtraue, schöne Seele, dieser Engelgute!

Dein Mitleid waffnet zum Verbrecher mich.
Gibt's in des Lebens unermeßlichem Gebiete,
Gibt's einen andern, schönern Lohn, als dich?

Str. 9. Als das Verbrechen, das ich fliehen wollte?
Entsetzliches Geschick!

Der einz'ge Lohn, der meine Tugend krönen sollte,
Ist meiner Tugend letter Augenblick.

Der innere Gedankenzusammenhang ist: Du irrst, Geliebte, wenn du glaubst, daß das Geständniß deiner Gegenliebe mir als Lohn der Entsagung genüge; es weckt in mir den verbrecherischen Wunsch, dich, dich selbst, die Gattin eines Andern, zu besißen. So gibt der Lohn, den du meiner Tugend (meinem tugendhaften Entsagen) zugedacht, meiner Tugend den Todesstoß. - Die spätere Aenderung von Str. 9, V. 2 in Tyrannisches Geschick" ist nicht gerade eine Verbesserung zu nennen. Indem der Dichter in der Sammlung mit dieser Strophe das Gedicht abschloß, ge= wann es allerdings eine gewisse Abrundung des Gedankeninhalts; aber die Situation des Dichters (namentlich der Umstand, daß er die Gattin eines Andern liebt) und der troßige Geist der Opposition gegen beschränkende Religions- und Sittengeseze,

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der das Gedicht durchweht, kommen erst in den noch weiter folgenden dreizehn ältern Strophen zum vollen Ausdruck.

Str. 10. Des wolluftreichen Giftes voll

Vor wem ich zittern muß,

vergessen,

Wag' ich es stumm, an meinen Busen sie zu pressen,
Auf ihren Lippen brennt mein erster Kuß.

Die Strophe, an den Schlußvers der vorigen anknüpfend, schildert, wie er auf das Geständniß ihrer Gegenliebe, von sträflicher Luft ergriffen (V. 1), uneingedenk des an dem Gatten seiner Geliebten verübten Unrechts (V. 2) fie in seine Arme schließt.

Str. 11. Wie schnell auf fein allmächtig glühendes Berühren,
Wie schnell, o Laura, floß

Das dünne Siegel ab von übereilten Schwüren,

Sprang deiner Pflicht Tyrannenkette los!

Aber auch die Geliebte vergißt, von seinem ersten Kuß durchglüht, ihres Gatten und der ihm geschwornen Treue. Die „übereilten Schwüre“ find als untersiegelte Vertragsbriefe gedacht, von denen durch die Gluth des Kusses das Siegel wegschmilzt, wodurch sie ihre Geltung einbüßen, die Pflicht, welche sie an ihren Gatten fesselt, als eine schwere Kette, die bei dem Kuß wie durch Zauber von ihr abfällt. „Allmächtig glühendes“ ist eine Art, zwei beigeordnete Adjective näher zu verbinden, die in Schiller's spätern Dichtungen sehr oft wiederkehrt, z. B. in der Jungfrau von Orleans: „himmelstürmend hunderthänd❜ge ein stolz verdrießlich schwerer Narr" (1, 2), „ein finster furchtbares Verhängniß" (1, 5), unglückselig jammervoller Tag" (III, 6), unfreiwillig schwerer Abschied“ (III, 7) u. f. w.

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Str. 12. Jeht schlug sie laut, die heißerflehte Schäferstunde,

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