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hervor, und es weht uns eine Gluth entgegen, daß wir nunmehr deutlich den Anfang jener stürmischen Gährung wahrnehmen, aus welcher sich Schiller's Geist allmälig zur schönsten Selbstständigkeit, zur edelsten Kraft und Würde läuterte. Bei der Beurtheilung des Ungestüms und der Maßlosigkeit, welche dieses Gedicht in der That zur Karrikatur einer Klopstock'schen Ode machen, darf Schiller's damalige Lebenslage, der gewaltige Geistesdrud, unter dem er in der Militär-Akademie seufzte, nicht außer Acht gelassen werden. Zürnend sträubte sich sein Freiheitstrieb gegen diesen Druck, und sein Zorn machte sich in grimmigen poetischen Ausbrüchen Luft. Und hierin bestärkte ihn noch der Geschmack des Publikums, für das er zunächst dichtete, die Sinnesweise seiner Schulgenossen, die, jung und feurig wie er, und wie er in Banden gehalten, gerade die ungestümsten Kraftergüsse seines Genius am lautesten bejubelten und beklatschten. So steigerte sich an den Empfindungen seines Hörerkreises die affectvolle Gluth, womit er zu dichten pflegte. Wie groß diese Gluth war, erfahren wir aus dem Berichte seines Jugendfreundes Petersen. „In ihrer äußern Wirkung betrachtet," erzählt er, „war die Begeisterung bei Schiller in der That korybantischer Art. Wenn er dichtete, brachte er seine Gedanken unter Stampfen, Schnauben und Brausen zu Papier, eine Gefühlsaufwallung, die man oft auch an Michel Angelo bemerkt hat." Wir sehen also, was er in der obigen Strophe sang: - fahr' ich da wüthend auf, stampfe gegen die Erd' u. s. w.“ war treu aus seiner Praxis entnommen. Und so saß auch Schiller noch im spätern Mannesalter, wie sein Sohn Ernst erzählte, beim Dichten. nicht ruhig am Schreibtische, sondern stand, unbequem über denselben hingebeugt, und ging abwechselnd bewegt im Zimmer auf und ab.

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Neben dem „Eroberer" entsprangen aus seiner Freundschaft mit dem Elsaßer G. Fr. Scharffenstein noch einige verloren ge=

gangene feurige Oden, von denen er eine, die des Freundes Festigkeit gegen den Akademie-Intendanten Seeger besang, selbst für sein Meisterstück hielt. Ein anderes Gedicht „Triumphgefang der Hölle", worin er den Satan alle seine zum Verderben der Menschheit gemachten Erfindungen aufzählen ließ, soll ein unförmliches Produkt, aber von grauenhafter Schönheit gewesen sein. Von einem Gruft der Könige" betitelt, hat sich nur der erste Vers erhalten:

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Jüngsthin ging ich mit dem Geist der Grüfte.

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Sahen wir im Eroberer“, um mit Scharffenstein zu reden, „den ungestümen Vulkan rohe, unförmliche Schlacken auswerfen“, so finden wir den jungen Dichter in zwei dem Jahr 1778 oder spätestens dem folgenden Jahre angehörigen Gedichten zu unserer Verwunderung als schmeichelnden Hofpoeten wieder, der im Namen der akademischen Jugend der gefeierten Günstlingin des Herzogs, der Reichsgräfin Franziska von Hohenheim (geb. Fräulein von Bernardin, geschiedenen Baronesse von Leutrum) zu ihrem Namensfeste den Tribut der allgemeinen Verehrung und zugleich der persönlichen Zuneigung bringt. Es sind zwei von Schiller eigenhändig in Folio geschriebene Gedichte, von denen das erste die Ueberschrift „Von der Akademie", das andere Von der Ecole des Demoiselles" betitelt ist. Gelegen= heitsgedichte waren niemals Schiller's Stärke, und so darf es uns nicht wundern, wenn in diesen beiden Stücken sich keineswegs ein Fortschritt kund gibt.

Dann hat sich weiter noch eine metrische Uebersetzung aus Virgil's Aeneide I., V. 34 bis V. 156 Der Sturm auf dem Tyrrhener Meere erhalten, welche Schiller 1780 in Haug's schwäbisches Magazin einrücken ließ. Der Herausgeber fügte die Anmerkung bei: Probe von einem Jünglinge, die nicht übel gerathen ist. Kühn, viel, viel dichterisches Feuer."

Die Arbeit ist freilich in jedem Betracht ein Jünglingswerk, zeugt aber von einer freien, originellen Behandlung der Sprache. Schon die Vergleichung der sechs ersten Verse:

Kaum entschwangen sie sich der Schau an Siciliens Küsten,
Freudejauchzend, empor in die Höhe mit rollenden Segeln,
Und durchschnitten mit ehernen Stacheln die schäumende Salzfluth,
So begann auf's Neue Saturnia's ewige Wunde

Frisch zu bluten, und dachte sie so im innersten Herzen:
Uebermachtet soll ich dem Unternehmen entsagen?"

mit dem vierzeiligen Original zeigt, daß Schiller nicht die Kürze des lateinischen Dichters, wie später Voß, zu erreichen vermochte, oder auch vielleicht nicht erstrebte. Wie er in späterer Zeit als lebersezer mehr den Geist als das Wort berücksichtigte, so auch schon hier. In der Wahl des Gegenstandes zeigt sich die damals eingetretene Geistesrichtung des Jünglings auf das Große und Erhabene.

Mit diesem Stücke sind wir bis zu der Zeit gelangt, wo eine Anzahl von Gedichten zu entstehen begann, die Schiller der Aufnahme in seine Sammlung für werth erachtete, und die wir daher näher im Einzelnen zu betrachten haben.

1. Hektor's Abschied.

1780.

Lesen wir das Gedicht in der Form, wie es jezt die Gedichtjammlung eröffnet, und erwägen wir, daß es spätestens dem Jahr 1780 angehört, wo Schiller seine Räuber, diese Dichtung voll ungestümen Feuers und zügelloser Kraft, beendigte: so muß uns sogleich eine gewisse ruhige Haltung, eine Mäßigung der Kraft, ein gereifterer Geschmack und eine Vollendung der Form auffallen, die den Gedichten der ersten Periode überhaupt gar

nicht eigen sind. Die Sache erklärt sich aber daraus, daß an diesem Stücke des Dichters nachbessernde Hand besonders thätig gewesen ist. Es wurde zuerst in den Räubern mitgetheilt, wo es der zweiten Scene des zweiten Aktes einverwebt ist; und in seiner dortigen Gestalt trägt es auch bei weitem mehr die charakteristischen Züge jener Periode. Amalia singt es dem alten Moor zum Klavier in folgender Form:

Willst dich, Hektor, ewig mir entreißen,
Wo des Aeaciden mordend Eisen
Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
Speere werfen und die Götter ehren,
W.nn hinunter dich der Xanthus schlingt?

Theures Weib, geh, hol die Todeslanze,
Laß mich fort zum wilden Kriegestanze!
Meine Schultern tragen Ilium.
Ueber Astyanar unsre Götter!
Hektor fällt, ein Vaterlandserretter,

Und wir sehn uns wieder in Elysium.

Nimmer lausch' ich deiner Waffen Schalle,
Einsam liegt dein Eisen in der Halle,
Priam's großer Heldenstamm verdirbt!
Du wirst hingehn, wo fein Tag mehr scheinet,
Der Cochtus durch die Wüsten weinet,
Deine Liebe in dem Lethe stirbt.

All mein Sehnen, all mein Denken

Soll der schwarze Lethefluß ertränken,

Aber meine Liebe nicht!

Horch! der Wilde rast schon an den Mauern
Gürte mir das Schwert um, laß das Trauern!
Hektor's Liebe stirbt im Lethe nicht.

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Gleich im ersten Verse milderte der Dichter später den Ausdruck. Statt dich mir entreißen“ seßte er: „sich von mir wenden“.*) „Willst dich“ (ohne Pronomen) mochte ihm eine kleine Härte dünken, die er durch Anwendung der dritten Person beseitigte. Der Aeacide wurde wohl nicht deßhalb ausgemerzt, weil das Wort zunächst der Name für Peleus, des Aeakus Sohn war; Schiller durfte, wenn Virgil sogar Pyrrhus, den Urenkel des Aeakus, so nennt, dem Achill, als dem Enkel des Aeakus, diesen Namen wohl geben. Er wollte wahrscheinlich, indem er schon des konsonantisch unechten Reimes (entreißen, Eisen) wegen den Vers umbaute, für einen Homerischen Ausdruck („unnahbarn Händen“ xεīọεs äалтоi) Plaz gewinnen. Daß der Xanthus (ein Fluß bei Troja) Hektor's Leiche verschlingen werde, fonnte Andromache nicht so bestimmt voraussehen; daher wurde statt dessen der hier besser passende Orkus eingeführt. Aber auch in der neuen Form der Strophe ist der sprachliche Ausdruck nicht überall ganz präcis. In V. 1 muß „ewig“ für auf ewig genommen werden; und der Gedanke der Andromache: „Willst du auf ewig von mir scheiden und dich dahin wenden, wo u. s. w." ist nicht scharf genug ausgesprochen. - „Patroflus", Achill's Vetter und Liebling, war einer der hervorragendften griechischen Helden vor Troja. Seinen Tod von Hektor's Hand schildert Homer Jl. XVI. gegen den Schluß. Deinen Kleinen", Astyanar. „Speere werfen und die Götter ehren" bezeichnet recht passend einen Hauptpunkt aus der körperlichen und den wichtigsten aus der geistigen Erziehung.

Die zweite Strophe hat der Dichter ganz umgebaut. Er mochte sich später wohl an dem Auftrage, die Lanze zu holen, so wie an dem etwas starken Ausdruck des Selbstgefühls in

*) Borberger hat den Ausdruck „dich ewig mir entreißen“ als eine Reminisceng aus Klopstock's Meffias II. V. 763 nachgewiesen:

Abdiel, mein Bruder, du willst dich mir ewig entreißen!

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