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einen Lohn, eine Vergeltung zu finden erwarten; eine jenseitige Vergeltung gibt es nicht. Dieser Gedanke tritt aber erst in der Schlußstrophe flarer hervor. In Str. 16, V. 3 ist die Apostrophe hört es, Menschenkinder!" im Munde des Genius, der hier doch nur einem Einzelnen antwortet, auffällig; ich glaube daher, daß die angeführten Worte als Zwischenruf des Dichters, der die empfangene Lehre weiter der ganzen Menschenwelt verkündet, aufzufassen sind und demgemäß die Interpunction zu ändern ist.

Hettner nennt die Resignation „eine Verwerfung der Entfagungslehre, einen Aufruf zu Glück und Genuß.“ Von anderer Seite hat man dem Gedichte neben großer Verworrenheit und Unklarheit die Gehalt- und Trostlosigkeit der darin ausgesprochenen Weltansicht zum Vorwurf gemacht. Beides mit Unrecht. Schiller verwirft nicht das Entsagen, ruft nicht die ganze Menschenwelt zum Genuß auf, ja stellt nicht einmal Genießen und Glauben, wenn gleich beide als Blumen für den weisen Finder bezeichnet sind, auf Eine Reihe. Er läßt den Genius nicht sagen: Genieße, wer nicht glauben kann, und glaube, wer nicht genießen kann (d. h. wer entbehren muß)", sondern das Genießen wird nur für den Fall, daß der Glaube unmöglich ist, empfohlen; wer aber glauben kann, dem empfiehlt der Genius Entbehren. Man kann einwenden: Was wird eine solche Empfehlung fruchten? Wie darf den Menschenkindern zugemuthet werden, in Zukunft noch zu hoffen und zu glauben, wenn ihnen die Grundlosigkeit ihrer Hoffnung aufgedeckt wird? Darauf ist zu erwidern, daß Schiller die Hoffnung, von der er später sang:

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Es ist kein leerer schmeichelnder Wahn,

Erzeugt im Gehirne des Thoren;

Im Herzen kündet es laut sich an:

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Zu was Besserem sind wir geboren u. s. w.

auch hier nicht als ein Truggebilde darstellen will, sondern nur die Lehre aufstellt: Hoffnung und Glaube tragen ihren Lohn in fich; für die mit ihnen verknüpften Entbehrungen darf der Mensch keinen jenseitigen Lohn erwarten; sie bieten selbst schon hier dafür einen Ersatz. Darin liegt nichts Untröstliches, nichts Irreligiöses. Stimmen doch auch die christlichen Ethiker in den Sat ein, daß das keine ächte Tugend sei, die nur an Lohn und Strafe denkt, die nur deßhalb diesseits Opfer bringt, um jenseits dafür reichlich entschädigt zu werden. Noch heller tritt aber der bedeutsame Gehalt des Gedichtes hervor, wenn wir mit Hoffmeister den Gegensatz zwischen Genuß und Hoffnung als identisch auffaffen mit dem Gegensaß zwischen Glück und Tugend, zwischen einem egoistischen Ausbeuten des Augenblicks und einem idealen, auf's Ewige und Ganze gerichteten Streben. Schiller war von der Natur mit der regsten Empfänglichkeit für Lebensgenuß, aber zugleich mit einem hohen idealen Sinne ausgestattet; mitten im Genuß des Augenblicks kündete es im Herzen ihm laut sich an:

Zu was Befferem find wir geboren.

In den schweren Herzenskämpfen jener Tage, in denen das Gedicht entstand, war es ihm klar geworden, daß nicht Beides, ein Aufgehen in die Genüsse der Gegenwart und ein auf Fernes und Ewiges gerichtetes Streben sich vereinigen lasse; und obwohl sich ihm zugleich die Ueberzeugung bildete, daß leßteres, nicht deßhalb weil es Entbehrungen fordere, auch Anspruch auf jenseitigen Lohn gewähre, ward er ihm dennoch nicht untreu; viel= mehr stellt das Gedicht für den unbefangenen und aufmerksamen Leser deutlich genug die Hoffnung über den Genuß. Und so erscheint denn Hoffmeister eben so berechtigt zu dem Urtheil, daß hier ein Ueberzeugungsgefühl durchbreche, worauf Schiller's ganze spätere Lebensansicht hervorwuchs, als Humboldt zu der Be=

hauptung, daß in dem Gedicht sich eine große und tiefe Wahrheit ausspreche. Auch die an ihm gerügte Unflarheit verschwindet, wenn man es vorurtheilsfrei und ohne die Sucht überall zu meistern in's Auge faßt. Daß es in einzelnen nicht lobenswerthen Zügen den nur um ein paar Jahre ältern Gedichten der Anthologie noch ähnelt, darf uns nicht wundern; aber wahrhaft staunenswerth sind die in der kurzen Zwischenzeit gemachten Fortschritte in klarer und geschmackvoller Darstellung, die das Gedicht im Vergleich mit denen der Anthologie sofort ertennen läßt.

29. Die Götter Griechenlands.

Frühjahr 1788.

Als das vorliegende Gedicht entstand, lebte Schiller schon über ein halbes Jahr in Weimar und war eben in eine historische Arbeit, die Geschichte des Abfalls der Niederlande, vertieft. Die lyrische Poesie hatte er in der lezten Zeit wenig gepflegt, und nach dem Hymnus an die Freude nichts Bedeutendes auf diesem Felde geschaffen; denn die beiden zulezt besprochenen Gedichte gehören ihrer Entstehung nach einer frühern Zeit an, und „die unüberwindliche Flotte" ist kein Originalgedicht. Um so mehr überrascht der bedeutende Fortschritt, der sich in den Göttern Griechenlands kund gibt, und den der Dichter auch sogleich selbst fühlte. In seinem Briefwechsel mit Körner gedenkt er des Gedichtes zuerst am 17. März 1788. Angenehm wird dir's zu hören sein“, schreibt er, „daß ich mich aus dem Schulstaub meines Geschichtswerks auf etliche Tage losgerüttelt und mich in's Gebiet der Dichtkunst wieder hineingeschwungen habe. Bei dieser Gelegenheit habe ich die Entdeckung gemacht, daß ungeachtet der bisherigen Vernachlässigung meine Muse noch nicht

mit mir schmollt. Wieland rechnete auf mich bei dem neuern Merkurstücke, und da machte ich in der Angst ein Gedicht. Du wirst es im März des Merkurs finden und Vergnügen daran haben; denn es ist ziemlich das Beste, das ich neuerdings hervorgebracht habe, und die Horazische Correktheit, welche Wieland ganz betroffen hat, wird dir neu daran sein. Ich schreibe dir von dem Gegenstande nichts. Was wir sonst, wenn du dich gern darauf besinnen magst, miteinander getrieben haben, die Wortfeile, treibe ich jest mit Wieland, und einem Epitheton zu Gefallen werden manche Billets hin und wieder gewechselt; am Ende aber bleibt immer das erste stehen." Körner antwortete, den Anstoß, den der Gegenstand erregen werde, vorausfühlend, am 25. April: „Dein Gedicht habe ich endlich gelesen. Ich wünschte mir dein Talent, um ein Gegenstück (d. h. eine Apologie des christlichen Monotheismus) zu machen. An Stoff sollte es mir nicht fehlen Einige Ausfälle wünschte ich weg, die nur die plumpe Dogmatik, nicht das verfeinerte Christenthum treffen. Sie tragen zum Werth des Gedichtes nicht bei, und geben ihm ein Ansehen von Bravour, dessen du nicht bedarfst, um deine Arbeiten zu würzen."

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Zu welcher Gattung wir das Gedicht zu rechnen haben, möge uns Schiller selbst durch eine Stelle seiner Abhandlung über naive und sentimentale Dichtkunst verdeutlichen: „Sezt der Dichter das Ideal der Wirklichkeit so entgegen, daß die Darstellung des erstern überwiegt, und das Wohlgefallen an demselben herrschende Empfindung wird, so nenne ich ihn elegisch. Auch diese Gattung (wie die Satyre) hat zwei Klassen. Entweder ist das Ideal ein Gegenstand der Trauer, wenn es als unerreicht dargestellt wird; oder es ist ein Gegenstand der Freude, wenn es als wirklich vorgestellt wird. Das erstere gibt die Elegie in engerer, das andere die Idylle in weitester

Bedeutung." Unser Gedicht wäre demnach eine Elegie im engern Sinne. Indeß fehlt ihm noch der sanfte elegische Charakter, der nach Hoffmeister's treffender Bemerkung erst nach dem Don Carlos und den Künstlern für immer an die Stelle jenes polemischen, strafend-satyrischen Tons der ersten Periode trat; es trägt noch nicht das Gepräge einer ruhigen Contemplation, wie sie nur aus einem friedlich gestimmten Gemüth emporsteigen kann. Doch gilt Lezteres in geringerm Grade von der neuern. Bearbeitung, wodurch der Dichter das Stück den mildern spätern Productionen anzunähern gesucht hat.

Was die mächtige poetische Wirkung der Götter Griechenlands etwas abschwächt, ist der Umstand, daß das Ideal, worauf hier die Wirklichkeit bezogen wird, selbst wieder eine Wirklichkeit ist, zwar eine vom Dichter veredelte, von ihren schönsten Seiten dargestellte, durch räumliche und zeitliche Entfernung gehobene Wirklichkeit, aber doch immer eine Wirklichkeit. Mag die dichterische Darstellung eines solchen Pseudo-Ideals noch so hinreißend sein, die Erinnerung an die ihm, wie allem Jrdischen und Wirklichen, anhaftenden Mängel und Gebrechen wird sich dennoch dem Leser aufdrängen, und vielleicht um so stärker, je lebendiger und glänzender jene Darstellung ist. Dann trägt auch für einen großen Leserkreis zur Trübung des poetischen Effects unsers Gedichtes noch dieses bei, daß es die heiligsten Ideen unserer Zeit verlegend berührt. Schiller sagt zwar in einem spätern Briefe an Körner: „Der Gott, den ich in den Göttern Griechenlands in Schatten stelle, ist nicht der Gott der Philosophen oder auch nur das wohlthätige Traumbild des großen Haufens, sondern eine aus vielen gebrechlichen, schiefen Vorstellungsarten zusammengeflossene Mißgeburt, so wie die Götter Griechenlands, die ich in's Licht stelle, nur die lieblichen Eigenschaften der griechischen Mythologie, in eine Vorstellungsart zusammengefaßt, sind." Aber die Mehrzahl der Leser sieht in

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