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trachtet gleichsam dieses Entstürmen der Geister als eine Art von Sterben, wie er denn auch in Str. 1. V. 4 Sterbend zu versinken" sagt.

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In der dritten Strophe wurden die drei Schlußverse umgeformt, die in der Anthologie lauten:

Oder küssen die getrennten Brüder,

Losgerafft vom Kettenband der Glieder,
Dort bei Dir sich wieder?

Diese Verse deuten schon auf die weiterhin gegebene Lösung des Problems, auf die Enträthselung seines Gluthverlangens nach Laura voraus. Der Gegensatz von „Meister" und „Geister" in V. 1 und 2 zeigt, daß das leztere Wort hier nicht identisch mit dem Singular Geist ist; es bezeichnet vorzugsweise die empfindenden und begehrenden Seelenkräfte, während die besonnene, klarbewußte, regierende Denkkraft im Meister personificirt ist.

Dann folgt in der Anthologie die nachstehende Strophe, welche der Dichter wahrscheinlich des ungebräuchlichen Comparativs „funder" und des consonantisch falschen Reims herunter" wegen ausgeschieden hat:

Laura! träum ich? ras' ich? die Gedanken
Ueberwirbeln des Verstandes Schranken

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Sieh! der Wahnsinn ist des Räthsels kunder;
Staune, Weisheit, auf des Wahnsinns Wunder
Neidisch bleich herunter!

Diese Strophe schildert die Begeisterung, worin sich dem Dichter das Räthsel seiner Liebe aufhellt. Der „Wahnsinn" in V. 3 ist eben dieser Enthusiasmus, die Gottbegeisterung der Seher und Dichter, ein übernatürlicher, gesteigerter Zustand, worin der Geist die Schranken des gewöhnlichen Verstandes überfliegt und sich näher zu den großen Räthseln der Menschheit

und der Natur emporschwingt, als es die nüchtern besonnene Weisheit vermag. Die Strophe bildet ein so bedeutendes Uebers gangsglied des Ganzen, daß zu wünschen wäre, der Dichter hätte, statt sie auszuscheiden, ihre Flecken getilgt und sie beibehalten.

Hierauf wird in der jezigen vierten Strophe die Lösung des Räthsels angedeutet, aber zuleht nur in fragender Form: Bildeten wir in unendlich ferner Vergangenheit nur ein einziges Wejen? Und erklärt dieses die wechselseitige Anziehung unsrer Herzen? Im Strahl erloschner Sonnen" (V. 3) heißt vor undenklichen Zeiten, in Aeonen, wo jest erloschene Sonnen noch strahlten. V. 4 lautet in der Anthologie:

In den Tagen lang begrabner Wonnen.

Die jezige fünfte Strophe bejaht alsdann auf's bestimmteste die Frage der vorhergehenden: Ja, wir waren einst ein einziges Wesen! Dieses Wesen aber, welches sich später in den Dichter und Laura sonderte, war so mächtig, daß es Welten zu zernichten, Planeten aus den Angeln zu drehen vermochte. Der lettere Gedanke spricht sich schon in den beiden ersten Versen dieser Strophe in der Anthologie aus:

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Ja, wir waren's! Eins mit deinem Dichter
Warst du, Laura warst ein Weltzernichter!

und noch bestimmter in der zweiten, der weiterhin aus der Anthologie mitgetheilten Strophen. Schiller erkannte später wohl, daß es nicht zu billigen war, wenn er, um die Macht jenes Wesens zu veranschaulichen, es als ein furchtbar zerstörendes darstellte; und so tilgte er diesen Zug aus seinem Gemälde durch Veränderung der beiden ersten Verse. Die Tafel der Vergangenheit" heißt „trübe", nebelhaft, weil die Erinnerung an jene ferne Zeit dunkel und verworren ist. Der Schlußvers: Eins warst du mit deinem Geliebten ist wieder einer der in Schiller's Jugendgedichten so häufigen ellyptischen Säße.

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Schiller unterdrückte später diese beiden Strophen und schob dafür die jetzige sechste Strophe ein. Aber wie viel kräftiger individualisirt die hier zuletzt mitgetheilte das mächtige Weben des Einen Wesens durch das ihm freigegebene Weltall! Freilich fehlt es in beiden alten Strophen nicht an mancherlei Anstößigem. Die Erinnerung an die ehemalige Größe und Glückseligkeit wird in störender Weise durch den Ausdruck des jezigen Schmerzes um ihren Verlust unterbrochen, wobei der Dichter überkühn „die sel'gen Augenblicke“ über die Trennung von ihm und Laura weinen läßt, statt umgekehrt den Dichter um den Verlust jenes seligen Zustandes trauern zu lassen. Die Versuchung, den Welterinnert an die dem Ring

monarchen des Neides zu zeihen, des Polykrates zu Grunde liegende Idee, daß die Himmelsmächte vollendetes Glück als ein Privilegium für sich in Anspruch nehmen. „Der Silbergürtel unsrer Hüfte“ ist als ein die Hüfte umgürtendes Silbergewand, mit dem die Maienlüfte spielen, zu denken.

In dem Anfangsverse der jezigen sechsten Strophe haben. die ältern Cotta'schen Ausgaben ewig festverbundnem Wesen"

statt „innig f. W.“ Diese Lesart ist verwerflich, weil die nunmehrige Trennung jenes Wesens in Laura und den Dichter dem ewig widerspricht. Allerdings hat auch die Lesart „innig festverbunden" ihr Mißliches, da sich in der nächstvorigen Strophe im ersten V. gleichfalls „innig verbunden“ findet; allein solchen Uebelständen entgeht ein nachbessernder Dichter nicht leicht ganz. Die jetzige siebente Strophe beginnt in der Anthologie: Uns entgegen gossen Nektarquellen Tausendröhrig ihre Wollustwellen,

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Unserm Winke sprangen Chaosriegel, . . .

„Tausendröhrig“ ersezte der Dichter bei der Umarbeitung durch Ewig strömend" und verwandelte dadurch das etwas gesuchte Bild der Nektarspringquellen in das einfachere und natürlichere der Nektarbäche. Der Gedanke in V. 3. mochte ihm nicht klar genug ausgedruckt scheinen, und deßhalb schrieb er: Mächtig lösten wir der Dinge Siegel

Die Anthologie hat sodann die beiden folgenden Strophen, die der Dichter nachher ganz wegließ:

Unsern Augen riß der Dinge Schleier,
Unsre Blicke, flammender und freier,
Sahen in der Schöpfung Labyrinthen,
Wo die Augen Lyonet's verblinden,
Sich noch Räder winden.

Tief, o Laura, unter jener Wonne
Wälzte sich des Glückes Nietentonne ;

Schweifend durch der Wollust weite Lande,

Warfen wir der Sätt'gung Ankerbande
Ewig nie am Strande.

Die beiden Strophen durften wegfallen, da sie nur die beiden Hauptgedanken der jezigen siebenten Strophe weiter aus

führen. Der hier erwähnte Pierre Lyonet (gest. 1789 im Haag) war ein besonders in der Insektenkunde ausgezeichneter Naturforscher. Der Dichter sagt: Wo Lyonet's bewaffneter Forscherblick keine Geschöpfe mehr wahrgenommen hätte, da entdeckten wir damals mit unsrem Flammenblick noch Wesen. „Räder" nennt er diese in den Sinne, wie er in der Phantasie an Laura Str. 5, V. 1 die Schöpfung das Uhr= werk der Naturen: eunt. Mit „des Glückes Nietentonne" be= zeichnet er das trüge.ische wechselnde Erdenglück, mit Anspielung auf die Lotterie. Warum er sie Nietentonne nennt, erläutert die Stelle in den Räubern (III, 2), wo Karl Moor sagt: „Ich kenne dieses bunte Lotto des Lebens, worin so Mancher seine Unschuld und seinen Himmel seßt, einen Treffer zu haschen, und Nullen sind der Auszug - am Ende war kein Treffer darin." Der ziemlich geschraubte Tropus: Wir warfen nie den Anker der Sättigung am Strande (wir wurden nie jener Seeligkeit satt) ließe statt der Wollust weite Lande einen entsprechendern Ausdruck, etwa der Wollust weites Meer er= warten. Ewig nie" im legten Verse war damals eine dem Dichter geläufige Verbindung; vgl. z. B. im Gedicht die Kindsmörderin Str. 2, V. 8 „Ewig nimmer an das Licht zu blühn“, und im Briefe an Dalberg vom 4. Juni 1782: „In diesem Norden des Geschmackes werde ich ewig niemals gedeihen.“

Die jezige achte Strophe entnahm der Dichter aus der Anthologie unverändert, nur daß er den vocalisch falschen Reim „Drängen“ (V. 3) in „Dringen“ verbesserte. Diese Stelle zeigt recht, daß Schiller in seiner Jugend für den Gleichklang ein sehr ungebildetes Ohr gehabt haben muß; sonst hätte er schon damals das nahe liegende Dringen nicht vernachlässigt. „Nimmer" in V. 1 steht, wie oft in Schiller's Jugendgedichten und bei ältern Schriftstellern überhaupt, in dem etymologisch richtigen Sinne nicht mehr.

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