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Vorwort.

Der vorliegende Commentar, der nunmehr seine vierte Wanderung zu den Freunden der Schiller'schen Gedichte antritt, erscheint in einer abermals gänzlich veränderten Gestalt. Derselbe Grund, der mich bestimmte, in der jüngst erschienenen neuen Ausgabe meines Commentars zu Goethe's Gedichten die biographische Anordnung aufzugeben und den Gang der Erläuterung an die herkömmliche Reihenfolge der Gedichte anzuschließen, war auch für die Umformung dieser neuen Ausgabe des Schiller-Commen= tars maßgebend. Er kommt in seiner jezigen Gestalt den Wünschen und Bedürfnissen jenes weitaus größern Leserkreises entgegen, dem es nicht sowohl darum zu thun ist, des Dichters Entwicklungsgang an seinen sämmtlichen lyrischen Productionen im Zusammenhange zu verfolgen, als vielmehr darum, zu jedem einzelnen nach Belieben aus der Sammlung herausgegriffenen Gedichte in dem Commentar über die Entstehungszeit des Stückes, über die innern und äußern Anlässse, über die Muster, die etwa dem Dichter vorgeschwebt, über die Quellen, woraus er den Stoff geschöpft, über die ursprüngliche Gestalt der einzelnen Gedichte, über ihren Zusammenhang miteinander und mit den dramati=

schen, historischen und philosophischen Werken des Verfassers, über Sprachliches, Metrisches, Sachliches u. s. w. die wünschenswerthen Aufklärungen und Erörterungen schnell und bequem zu finden. Eben dieses strengern Anschlusses an die Gedichtsammlung wegen sind denn auch hier, wie in der neuen Ausgabe meines Goethe-Commentars, diejenigen Stücke, denen der Dichter selbst die Aufnahme in die Sammlung versagt hat, unberücksichtigt geblieben; hiedurch aber, so wie durch compactere Fassung, der Raum für die Mittheilung mancher seit dem Erscheinen der vorigen Ausgabe ermittelten interessanten Data gewonnen worden. Und so schließe ich denn das Vorwort der hier dargebotenen Ausgabe mit dem nämlichen Wunsche, wie das der vorigen: es möge das Werk in seinem neuen Gewande bei den Freunden des großen Dichters die alte freundliche Aufnahme finden!

Trier, im Juni 1870.

H. Viehoff.

Gedichte der ersten Feriode.

1780-1784.

Wie Goethe's frühere Dichtungen, so werden auch die Jugendgedichte Schiller's bisweilen als Naturpoesie charakterisirt. So nennt z. B. Hofmeister die Zeit bis zur Vollendung des Don Carlos „die Periode der jugendlichen Naturpoesie“. Wenn es aber schon bei Goethe's frühern Productionen nöthig war, den Sinn dieses Ausdrucks zu beschränken, so ist dies bei Schiller's Jugendgedichten noch weit unerläßlicher. Die leztern können nur im Gegensatz zu der auf klarbewußten Principien aufgebauten klassischen Kunstpoesie der dritten Periode als Naturpoesie aufgefaßt werden; in allen andern Beziehungen sind sie derselben wenig oder gar nicht verwandt. Der Naturpoesie ist unter Anderm die Unwillkürlichkeit der Production, das freie, mühelose Hervorbrechen eigen, wodurch sich auch Goethe's erste Dichtungsperiode charakterisirt. Als freie Blüthen seines Lebensbaumes erzeugten sich damals Goethe's Poesien mit derselben Naturnothwendigkeit und Leichtigkeit, womit die Pflanze im Frühling den Schmuck der Blumen und Blätter hervortreibt. Wie ganz anders bei Schiller! Sein Jugendfreund Petersen sagt, man solle nicht wähnen, daß Schiller's erste Dichtungen leichte Ergüsse seiner poetischen Ader gewesen seien; nicht selten hätten seine Anstrengungen einem wahren „Pressen und Herauspumpen" geglichen.

Ferner schöpft die Naturpoesie in der Regel ihren Stoff aus dem Born der wirklichen Welt. Der Naturpoet behandelt nicht ersonnene Verhältnisse und Situationen, sondern besingt eigene Erlebnisse und stellt die nächste Umgebung dar, wie sie in seinem. Innern sich abspiegelt. Mit Schiller verhielt es sich nicht so. „Seine klösterliche Abgeschiedenheit," sagt Hofmeister, „reichte ihm keine poetischen Stoffe dar, sondern trieb seine Phantasie in's Unbegrenzte hinaus. Hätte er sich an wirkliche Vorfälle, an Selbsterlebtes halten können, so würde schon durch den mächtigen Einfluß des Lebens seine Phantasie geregelt und geläutert, und ihre Erzeugnisse würden anschaulicher und bestimmter geworden sein. Da nicht Erfahrung und Anschauung seine Einbildungskraft mit Bildern erfüllte, so mußte er sich den poetischen Stoff aus Büchern gleichsam künstlich und oft mühsam zubereiten, welchen das Leben andern Dichtern freigebig zuspielt." Nachdem er dem Gefängniß der Militär-Akademie entronnen war, und besonders nachdem er durch die Flucht aus Stuttgart die Brücke zur Heimath hinter sich abgebrochen hatte, wurden allerdings seine Lebensverhältnisse mannigfaltiger und bedeutender; aber jetzt war die Neigung, den dichterischen Stoff entweder seiner inneren Geistes- oder der Bücherwelt zu entnehmen, theils durch Angewöhnung, theils freilich auch durch ursprünglichen Zug seines Innern schon zu mächtig; und dann bot ihm auch jezt noch, bei den höchst drückenden Verhältnissen, die auf ihm lasteten, die Wirklichkeit so wenig, daß er sich gern daraus in sein inneres Geistesasyl zurückzog und nur ausnahmsweise einmal seine Lebenserfahrungen in der Dichtung sich bestimmter abspiegeln ließ.

Das Eigenthümliche von Schiller's Jugendpoesien tritt in ein helleres Licht, wenn wir die oben angeregte Vergleichung mit Goethe's frühern Dichtungen etwas weiter verfolgen. Goethe's Auge ruhte von jeher mit liebevollem Anschaun auf den äußern Dingen, und so sammelte er bei Zeiten in seinem Innern eine

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