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zelnheiten. Vielleicht sind sie nicht ganz ohne Einfluß auf den Ton der Darstellung in unserer Ballade geblieben. Ohne Zweifel kannte Schiller aber auch das aus dem vierten oder fünften Jahrhundert n. Chr. stammende ausführliche griechische Gedicht des Musäos über Hero und Leander, von dem damals schon ein paar deutsche Ueberseßungen erschienen waren. Musäos beginnt, wie unser Dichter, mit der Schilderung des Schauplazes der Handlung, mit dem Unterschiede jedoch, daß Jener überhaupt die Reize der Gegend von Sestos und Abydos malt, während Schiller gleich das besonders hervorhebt, was nahen Bezug auf die Grundidee des Stücks, den Gegensaß der Elementarkräfte und der Macht der Liebe hat. Weiterhin erzählt Musãos, wie Hero, eine Priesterin der Aphrodite, und Leander bei der Feier des Festes der Aphrodite und des Adonis einen Liebesbund geschloffen, und der Jüngling der Geliebten versprochen habe, von seiner Geburtsstadt Abydos her Nachts durch den Hellespontos zu ihrem Felsenthurm an der Küste von Sestos zu schwimmen; nur möge fie, ihm als Leitstern in der dunkeln Nacht, eine Leuchte auf den Thurm stecken. Hero versprach, seinen Wunsch zu erfüllen. So schwamm denn Leander oft hinüber, während Hero die Leuchte hielt. Aber ihr Liebesglüď sollte nicht lange dauern. Der Winter kam, die Stürme brausten, daß selbst die Schiffe sich nicht aus dem schüßenden Hafen herauswagten. Leander vertraute sich dennoch der stürmenden Fluth an. Vergebens flehte er zu Aphrodite, Poseidon und Boreas; die Moiren waren stärker als Eros. Ein Windstoß löschte die Leuchte, und Leander versank im Meere. Als Hero ihren Geliebten von den Wellen an den Fuß ihres Thurms gespielt und von den Klippen zerrissen sah, schwang fie sich zu ihm in die Tiefe hinab und starb.*)

*) Die ganze Erzählung schlägt so sehr in den Lon der Liebesromane und den Geschmack des Mittelalters und der Neuzeit hinein, daß es wohl begreiflich ist, warum

Obgleich Schiller in dem Gange der Erzählung nichts Wesent= liches änderte, ist doch seine Darstellung des Gegenstandes eine ganz eigenthümliche geworden, indem er durchweg den Stoff mit der hineingelegten Grundidee imprägnirte. Der Grundgedanke ist auch in dieser Ballade tief aus des Dichters Bruft geschöpft. Es begegnet uns hier wieder eine besondere Erscheinungsart des großen Gegensages, der zwischen den unbegränzten Forderungen des Menschengeistes und Menschenherzens und der schrankenlosen Gewalt der Naturnothwendigkeit besteht. Hier bringt Schiller speciell die Macht der Liebe mit der Macht der blinden Elemente in Contrast, und zeigt die Abhängigkeit und auch wieder die Unabhängigkeit jener von dieser. Die Liebe, wie große Kräfte sie auch dem Menschen leiht, erliegt physisch doch den Elementen; aber in demselben Augenblick, wo Hero sich dieses rettungslosen Erliegens bewußt wird, wo sie „kalt, verzweifelnd in die öde Tiefe starrt" (Str. 24), gewahrt sie auch den Weg, auf welchem sie der Unterwürfigkeit unter jene rauhen, gefühllosen Mächte entfliehen kann: „Und ein edles Feuer röthet ihr erbleichtes Angesicht." Es ist das Feuer, womit sie das stolze und freudige Gefühl ihrer geistigen Unabhängigkeit durchströmt. Auf die Pflichtverlegung, welche Hero als Priesterin beging, hat Schiller fein Gewicht gelegt, und noch weniger auf ihre von Hinrich's betonte Verschuldung gegen die Pietät durch die Anklagé des Vaters in Strophe 11. Wenn in unserm Stücke von Bewußtsein der Schuld, des Unrechts bei Hero die Rede sein kann

der Stoff seitdem so vielfach behandelt worden. In England würde er burch Mars low's und Chapman's Bearbeitung populär; in's Spanische übertrug kha Boskan; in zahlreichen altfranzösischen, spanischen, italienischen, niederländischen, slandinavischen und deutschen Volksliedern kehrt er mit mancherlet Móbificationen wieder. Eine mittelhochdeutsche Bearbeitung der Sage f. in v. b. Hagen Gesammtabenteuer Nr. XV, 1, 6. 313 ff. Hans Sachs dichtete „Die unglüchafft Lieb Leandri mit Frau Chron." Alringer's Gedicht „Hero und Leander“ ist in epischer Manier gehalten. Dramatisch wurde der Stoff von Love de Vega und von Grillparzer behandelt.

Biehoff, Schiller's Gedichte. II.

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so ist es höchstens der Gedanke, daß sie und Leander zu vertrauensvoll auf die Elemente gerechnet, daß sie ihre physische Abhängigkeit von denselben nicht genug anerkannt haben.

Die Naturgewalten aber stellt der Dichter in einem schauerlichen Lichte dar. Sie sind nicht etwa bloß rücksichtslos und blind, sondern sogar verrätherisch und schadenfroh. Der Gott des Meeres ist mit seinem Raub zufrieden (Str. 26), er zieht freudig fort, und wenn es dann weiter heißt, daß er aus seiner unerschöpften Urne den ewig fließenden Strom gieße, so ist damit auf das ewig dauernde Naturleben, dem schnellverblühten Dasein des einzelnen Menschen gegenüber, hingedeutet.

Fassen wir so die Grundidee auf, so erklärt sich auch die Behandlung des Einzelnen. Wir begreifen dann sogleich, warum Schiller sich nicht, wie Musäos, auf eine detaillirte Schilderung des Entstehens des Liebesverhältnisses eingelassen, und warum er dagegen so ausführlich in der Schilderung der Macht der Liebe, so wie des Verhaltens der Meerfluth ist, warum er uns ferner die Idee so lebendig zu erhalten sucht, daß der Liebenden Glück eine Frucht war, die sie am Rande des Verderbens brachen. Aus der Verkennung der Grundidee ist gewiß größtentheils der Tadel hervorgegangen, den die Kritik über dieses Stück im Uebermaß hat ergehen lassen. Manches ist für Breite und Ueberfülle erklärt worden, was wesentlich zur Sache gehört. Wenn sich hier und da eine Schwäche findet, so ist sie vielleicht auf pathologische Einflüsse zurückzuführen, wie die im Eingange mitgetheilte Briefstelle (Brief vom 28. Juni) nicht unwahrscheinlich macht. Im Ganzen aber bekundet auch diese Ballade, wie die frühern, den tiefen Geist und die vorzügliche Darstellungskraft unsers Dichters.

Str. 1 beginnt, wie im Kampf mit dem Drachen, mit einer Fragewendung, die uns dort gleich mitten in die Handlung versett, hier den Schauplag der Handlung lebhaft vergegen

wärtigt. Bier feste Schlösser" (V. 2) beherrschen die Dardanellenstraße. Die am Südeingange einander gegenüberliegenden zwei neuen wurden unter Muhamed IV. gegen die Venetianer gebaut. Dann folgen an einem schmalern Theile der Meerenge die beiden alten Schlösser, die Muhamed II. gleich nach der Eroberung Konstantinopels anlegte. Im Dardanellenkanal gehen starke Strömungen von N. nach S.; daher: „Wo der Hellespont die Wellen brausend u. s. w.“ (V. 4-7). In V. 9 ist angenommen, daß Asien einst auch an dieser Stelle mit Europa zusammengehangen habe und durch die Fluthen des ägeischen Meers von ihm losgerissen worden sei. Der Gegensay in V. 9 f. führt geschickt und rasch zum Gegenstand der nächsten Strophen über.

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Str. 2. Rührte“ (V. 2), ein mildernder Ausdruck für traf, verlegte; vgl. Str. 13, V. 2 und die Klage der Ceres, Str. 2, V. 10, wo „gerührt“ für ergriffen, bezwungen steht. Die Nominative Hero und Er in V. 4 f. können sich nicht an den vorigen Satz anschließen, wo Hero und Leander im Genitiv stehen; die Säße in V. 4 ff. find daher als elliptische aufzufaffen. „Hebe“ (V. 4), Tochter des Zeus und der Here, Göttin der Jugend und Mundschenkin im Olymp vor Ganymed's Raub, später Gattin des Herakles, wurde als höchst liebreizendes, blumenbekränztes Mädchen in rosengeschmücktem Kleide dargestellt. Wie in V. 5 f., erscheint auch in Ovid's Heroide 19 Leander als Jäger. Das Verhältniß der Liebenden in V. 7 f. erinnert an Romeo und Julie, die auch die süße Frucht am Abgrund der Gefahr brachen. Warum Schiller nicht das Hinderniß benußen konnte, welches in Hero's priesterlichem Stande lag, folgt aus dem in der Einleitung Gesagten. Er mußte, um die Grundidee rein zu halten, die Erinnerung an ein Vergehen. gegen Aphrodite vermeiden, weil sonst der Untergang der Liebenden als eine Strafe für dieses Vergehen hätte erscheinen können.

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Str. 3. Sestos“ und „Abydos" (V. 1 und 5), einander gegenüberliegende Oerter an der Dardanellenstraße, jenes in Europa, dieses in Asien. Mit ew'gem Wogensturme" heißt es in V. 2, weil die erwähnte Strömung auch bei Meeresstille an der europäischen Küste Brandung verursacht. Zu V. 1-4 vgl. bei Musäos die Stelle:

Aber mein Haus ist ein Thurm, ein umftürmter, ein himmelhoher,
Wo ich entlegen, allein mit Einer Dienerin wohnend,
Außer der festischen Stadt, am tiefumwogten Geftade,

Nach dem Gebot der Eltern die Fluth nur habe zum Nachbar.
Nicht umringen mich dort Gespielinnen, nimmer umherstehn
Blühender Jünglinge Reihn; vielmehr in der Nacht und am Morgen
Schallt mir in's Ohr das Gebrüll der wildaufbrausenden Salzfluth.

Die schmalste Stelle des Kanals (V. 7—9), die Leander zum Uebersezen wählte, dieselbe, die Xerres überbrüden ließ, ist nach Herodot 7 Stadien, nach neuern Messungen 375 Toisen breit. Auch Byron schwamm hinüber und herüber.

Str. 4. V. 1 f. spielen auf Theseus und Ariadne an. Theseus fand nach Erlegung des Minotaurus zu Kreta den Ausweg aus dem Labyrinth mit Hülfe eines langen Fadens, den ihm die liebende Ariadne zu diesem Zweck gegeben hatte. V. 5 f. deuten auf Jason und Medea. Dem Argonautenführer Jason wurde vom Könige von Kolchis die Aufgabe gestellt, ein Paar wilder, ehernfüßiger, feuersprühender Stiere an einen diamantnen Pflug zu spannen und damit ein Stück Aders umzupflügen. Die den Jason liebende zauberkundige Tochter des Königs, Medea, gab ihm eine gegen die Flamme schüßende Salbe, und so gelang ihm die Lösung der Aufgabe. Die Schlußverse beziehen sich vorzugsweise auf Orpheus, der den Schattenbeherrscher bewog, ihm seine geliebte Gattin wiederzugeben. Zu V. 7 vgl. Virgil's Aen. VI, 438 (. . novies

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