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fein Schwert, teine Nadel ist so scharf, als das Gebiß dieser Seeungeheuer, mit dem sie Alles zermalmen. Als er dies alles erzählt hatte, fragte man ihn, wie er denn die Schale hätte auffinden können. Er antwortete, der mächtigen Strömungen und Gegenströmungen wegen sei die Schale nicht senkrecht hinabgesunken, sondern wie er selbst durch die Gewalt der Wogen seitwärts verschlagen worden, wo er sie in einer Felsenhöhlung gefunden habe. Wäre sie bis auf den Grund gesunken, so hätte er bei dem Sieden der Gewässer und dem Toben der Wirbel feine Hoffnung gehabt sie wiederzufinden; denn die Strudel, welche die unterirdischen Fluthen jezt einschlürften und jezt wieder ausspieen, hätten so gewaltig getobt, daß keine Kraft ihnen zu widerstehen vermochte. Zudem sei das Meer so tief, daß es für die Augen eine fast cimmerische Finsterniß darbiete. Auf die Frage, ob er Muth genug habe, den Grund der Charybdis noch einmal zu untersuchen erwiederte er: Nein. Dennoch überwältigte ihn auch diesmal wieder ein Beutel voll Gold nebst einer in den Strudel geworfenen kostbaren Schale. Von Habgier verlodt, stürzte er sich abermals hinein, kam aber nicht mehr zum Vorschein."

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Wer sollte nicht auf den ersten Blick in dieser Erzählung die Quelle des Schiller'schen Tauchers vermuthen? Und doch zeigt eine Stelle im Göthe-Schiller'schen Briefwechsel, daß der Dichter von der Existenz dieser Erzählung nichts gewußt, ja nicht einmal in seiner Quelle den Helden unter dem Namen Nikolas gefunden hat. Aus Herder's Briefe," schreibt Schiller an Göthe den 7. August 1797, „erfahre ich, daß ich in dem Taucher einen gewissen Nikolaus Pesce, der dieselbe Geschichte entweder erzählt oder besungen haben muß, veredelnd umgearbeitet habe. Kennen Sie etwa den Nikolaus Pesce, mit dem ich da so unvermuthet in Concurrenz gesezt werde?" Sehr wenig hat die Vermuthung für sich, daß Schiller den Stoff einer Mit

theilung Göthe's verdanke, der, nachdem er Kircher's Werk bei seinen naturwissenschaftlichen Studien kennen gelernt, die Sage im Gedächtniß behalten und ohne Nennung der Quelle das Wesentliche des Inhalts später dem Freunde erzählt habe. Mehr Wahrscheinliches hat Gößinger's Gedanke, der Dichter habe den Stoff einer Novelle entnommen, worin er jedoch bereits veredelt, wenn gleich in den meisten Hauptzügen mit Kircher's Darstellung übereinstimmend, behandelt gewesen sei.

In jeder der Schiller'schen Balladen läßt sich eine allge= meine Idee nachweisen, worauf das ganze Gedicht beruht, mit alleiniger Ausnahme etwa des Handschuhs, dem vielleicht eben, weil er diese Ausnahme bildet, der Dichter den Namen. Ballade versagt hat. Die Grundidée des vorliegenden Stückes spricht der Taucher selbst in den Versen auz:

Und der Mensch versuche die Götter nicht,
Und begehre nimmer und nimmer zu schauen,
Was fie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen.

Wir sollen nicht vermessen, über die von der Gottheit uns ge= stellten Schranken hinausstreben; sonst gerathen wir unvermeidlich in's Verderben. Wie im Alpenjäger der Geist, „der) Bergesalte", als Wächter über die Heiligkeit der höchsten Gebirgsregionen, den eindringenden Jägersmann auf die Erde, die für Alle Raum habe, zurückweist: so lehrt unsere Ballade, daß auch die schrecklichen Meeresabgründe mit ihren Ungethümen dem Menschen verschlossen bleiben sollen, was aber wieder

nur ein specieller Ausdruck des allgemeinern Gedankens ist, daß jedes Ueberschreiten des dem Menschen angewiesenen Kreises für ihn verderbenbringend werde. Dabei ist nun bemerkenswerth, wie der Dichter weder in diesem noch in jenem Stücke ein sehr nahe liegendes Motiv, die Wißbegierde, für seinen Helden gewählt hat. In dem Alpenjäger reißt die Jagdleidenschaft zu

den verbotenen Höhen fort, den Taucher zieht die Ehre, und zum zweiten Male die Liebe (keineswegs, wie in den obigen Darstellungen der Sage die Habgier) in den Abgrund. Vielleicht würde der Kampf jener unersättlichen Gier zu wissen und zu schauen mit der ahnungsvollen Scheu vor der Macht der Natur sich zu einem nicht minder ergreifenden Bilde gestalten lassen.

Es enthält aber der Stoff der vorliegenden Ballade schon an und für sich ein sehr poetisches Element. Wie die dichtende Volksphantasie überhaupt gern mit solchen Regionen sich beschäftigt, deren genaue Erforschung dem Menschen verwehrt ist, wie sie sich gedrungen fühlt, den geheimnißvollen Schooß dunkler Waldungen, die tiefen, düstern Thäler, die höchsten, einsamen Gipfel der Gebirge, die unterirdischen, weitverzweigten Gänge derselben mit ihren Gebilden zu bevölkern und zu beleben: so gehören auch Erzählungen über das Innere der Meeresklüfte und insbesondere über die innere Beschaffenheit der so gefürch teten Meeresstrudel in den Kreis der Volkssagen und somit zu den nothwendigen poetischen Stoffen. Hat sich hiebei nun die Phantasie williger der Führung der Wissenschaft und Erfahrung hingegeben, als dies bei manchen andern Stoffen der Fall ist: so liegt der Grund darin, daß hier das Wirkliche, wenn es lebhaft veranschaulicht wird, schon ergreifend genug ist, um keiner so großen Zuthaten zu bedürfen. Doch hat der Dichter darum den ächt poetischen Standpunkt in diesem Stücke feineswegs aufgegeben; denn, wenn er auch den Taucher in der Beschreibung dessen, was er um sich sah, den Darstellungen der Wissenschaft sich etwas näher anschließen läßt, so weiß er doch einerseits durch die Kunst der Behandlung das Ganze in cin schauerliches, der Thätigkeit der Phantasie günstiges Zwielicht zu stellen; anderntheils eröffnet er noch eine Perspective in eine absehliche Tiefe durch die Verse:

Sonst wär' er in's Bodenlose gefallen.

Denn unter mir lag's noch bergetief u. j. w.

Fassen wir die Kunst der Behandlung des Stoffes mehr im Einzelnen in's Auge, so zeigt sich vor Allem eine bewunderungswürdige Kraft der poetischen Malerei. Die Ballade eröffnet sich mit einem reichen, flaren Gemälde: Der König auf der schroffen, in die See vortretenden Klippe bis an den steilen Abhang vorgetreten, hinter ihm ein dichter Kreis von Rittern, Knappen und Frauen, vor ihm die siedende, donnernde Charybde. Ehe wir indeß noch einen schildernden Zug vernehmen, prädisponirt der Aufruf des Königs unsre Phantasie zu frischerer Auffassung der folgenden heschreibenden Stellen. Dieser Aufruf wiederholt sich am Schluß der zweiten und dritten Strophe. Abgesehen von dem hieraus entspringenden Vortheil, daß gleich im Beginne des Stücks sich die strophische Gliederung dem Ohre sehr scharf einprägt, stellt die jedesmal folgende Pause zwischen zwei Strophen zugleich das erwartungsvolle Schweigen des umgebenden Kreises nachahmend dar. In Str. 4 tritt dann das Bild des Haupthelden in ganz besonderer Klarheit vor unsern innern Sinn. Fragt man nach den Kunstmitteln, wodurch der Dichter dies erreicht hat, so ist auf Mehreres zu achten. Erstens prägt das Hervortreten des Jünglings auf einen freien Raum uns seine Erscheinung lebhaft ein; ferner trägt dazu fein rasches entschiedenes Handeln bei, noch mehr sein Entfleiden, dann die Schilderung der Wirkung, die sein Erscheinen auf die Zuschauer hervorbringt, endlich (in Str. 5) sein Vortreten auf die Höhe, in die freieste Umgebung - lauter Kunstmittel, die zu den kräftigsten gehören, welche die Dichter, bewußt oder unbewußt, zur lebhaften Veranschaulichung menschlicher Gestalten zu benußen pflegen. Die fünfte Strophe leitet dann im zweiten Verse auf eine schöne Weise zur Schilderung der Charybdis über, die wir nun mit erhöhtem Interesse

betrachten, weil wir mit den Augen des Jünglings schauen. Die Darstellung dieses Naturphänomens in den Strophen 5 bis 7 ist mit einer staunenswerthen Kunst ausgeführt. Wie Schiller in seinem Tell das lebendigste Bild der Schweiz zu entwerfen wußte, ohne je die Schweiz gesehen zu haben, wie er die neuerstandenen Städte Herkulanum und Pompeji, die er gleichfalls nie gesehn, im Gedichte so treu und wahr schilderte, daß ein Reisender aus Pompeji selbst an den Dichter die Verse richtete: Und was dem Pilger selbst im Lande schweigt,

Du hast es unserm trunknen Aug' gezeigt:

so gab er uns in jenen Strophen ein meisterhaftes Gemälde der Charybdis, obwohl er nie einen Meeresstrudel sah, sondern, wie er in einem Briefe gestand, das Phänomen nur bei einer Mühle hatte studiren können. Außerdem hatte er Homer's Beschreibung der Charybdis zu seinem Zwecke genauer betrachtet (Odyssee, XII, 234 ff.):

-

Jego steiterten wir angstvoll in den engenden Meerschlund;
Denn hier drohete Scylla, und dort die graufe Charybdis,
Fürchterlich jetzt einschlürfend die falzige Woge des Meeres.
Wann fie die Wog' ausbrach, wie ein Kessel auf flammendem Feuer
Tobte fie, ganz aufbrausend mit trübem Gemisch, und empor flog
Weißlicher Schaum, die Gipfel der beiden Felsen besprigend.
Wann sie darauf einschlürfte die salzige Woge des Meeres,
Senkte fich ganz inwendig ihr trübes Gemisch, und umher scholl
Furchtbar der Fels vom Getös, und tiefher blickte der Abgrund
Schwarz von Schlamm und Morast, und es faßte sie bleiches Entsetzen.

Auch ließ er wohl Virgil's Nachahmung dieser Stelle (Aen. III, 420 ff.) nicht ungelesen; wenigstens erinnert Str. 6, V. 3 an den Schlußvers folgender Schilderung:

Rechts droht Scylla und links die unversöhnte Charybdis.
Diese verschluckt dreimal in des Abgrunds untersten Strudel

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