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send" in V. 2 im Sinne von kreißend (parturiens, gebären wollend) genommen, und Heinrich Kurz ließ auch so in seiner kritischen Ausgabe drucken. Es läßt sich dagegen sagen, daß nicht sowohl das All, als vielmehr die Dichterbrust kreißend ist, und man ganz füglich von einem kreisenden All reden kann, welches durch den stürmischen, trüben Schöpfungsdrang der jugendlichen Brust noch in ungeregelten Bahnen umgetrieben wird. Dennoch möchte ich glauben, daß Schiller hier das Wort im Sinne von parturire, dem Leben und Licht entgegenstreben gebraucht habe, wie er anderswo sagt: „In des Jünglings Kopf arbeiten dunkle Ideen, wie eine werdende Welt." Ganz unhaltbar ist die Behauptung eines neuern Interpreten, es könne hier kreisen in der Bedeutung parturire des sich anschließenden Infinitivs herauszutreten“ wegen nicht gebraucht sein. Dieser Infinitiv schließt sich ja an „dehnte": Das zum Licht strebende All dehnte die enge Brust, um in das Leben hinauszutreten. In V. 4 könnte man in „Wort“ die redenden Künste, in „Bild“ die bildenden, in „Schall" die Tonkunst angedeutet finden. Doch scheint mir das Gedankenverhältniß ein anderes zu sein, "In That und Wort“ fasse ich als Bezeichnung einer kräftigen, einflußreichen Wirksamkeit im Leben durch Handlungen und Worte durch Schaffen und Lehren; die lettere Vershälfte allein beziehe ich auf die künstlerische Productivität und sehe in „Bild“ eine Andeutung der bildenden, in „Schall" eine Andeutung der redenden Künste und der Musit. Die zweite Strophenhälfte erinnert an das Distichon Erwartung und Erfüllung:

"

In den Ocean schifft mit tausend Masten der Jüngling;
Still auf gerettetem Boot treibt in den Hafen der Greis,

und an die Stelle in den Fragmenten des Demetrius: „Mit vollen Segeln lief ich in das Meer des Lebens; unermeßlich lag's vor mir... Und also schmählich muß ich untergehn!"

Auf die jeßige Str. 5 folgte ursprünglich folgende später ausgeschiedene Strophe:

Wie aus des Berges stillen Quellen
Ein Strom die Urne langsam füllt,
Und jetzt mit königlichen Wellen
Die hohen Ufer überschwillt,
Es werfen Steine, Felsenlasten
Und Wälder sich in seine Bahn,
Er aber stürzt mit stolzen Masten
Sich rauschend in den Ocean:

So sprang, von kühnem Muth beflügelt u. s. w.

Wie bedauerlich der Wegfall dieser Strophe auf den ersten Anblick scheinen mag, so zeigt sie sich doch bei näherer Prüfung als unhaltbar. Die Vergleichung ist, nach Jean Paul's richtiger Bemerkung, unpassend, indem das ungeschwächte Fortströmen des Flusses bis zu seiner Mündung dem frühen Verschwinden der Jugend-Ideale widerspricht.

Str. 6 begann im Musen-Almanach:

So sprang, von kühnem Muth beflügelt
Ein reißend bergab rollend Rad,
Von keiner Sorge noch gezügelt,

Der Jüngling in des Lebens Pfad.

Zur Aenderung dieser Strophenhälfte gab wohl der Vers „Ein reißend bergab rollend Rad“ Veranlassung, den Humboldt schon bei der Lecture im Manuscript etwas hart fand. In V. 6 stand ursprünglich „Erhub“ (statt Erhob).

Str. 7 wurde von Humboldt als eine besonders wohlge= lungene hervorgehoben. V. 5 lautete in dem ihm vorliegenden Manuscript „Die Minne mit dem füßen Lohne“. Humboldt bemerkte dagegen: Statt Minne hätte ich Liebe gewählt;

das erstere scheint mir mehr spielend als ernst, und dem Geiste dieses Stückes weniger angemessen." Durch die Aenderung gewann der Dichter eine ausdrucksvolle Alliteration (Lebens, luftige, Liebe, Lohn). Ueberall, wo es die Darstellung von Leichtem, Lieblichem, Anmuthigem galt, liebte Schiller die Anwendung der L-Alliteration (vgl. z. B. die beiden ersten Strophen des Alpenjägers).

Str. 8 und 9. Die erste Hälfte der achten Strophe hatte Humboldt wohl mit im Auge, wenn er diesem Stücke Mangel an der sonst bei Schiller herrschenden Gedrängtheit vorwarf. Der Vers „Des Wissens Durst blieb ungestillt" zeigt, wie der Schlußvers der vorhergehenden Strophe gemeint ist: Er hatte nicht etwa die Wahrheit in vollem Glanze geschaut, er hatte nur fest gehofft, fie in Sonnenklarheit zu erblicken. Die erste Hälfte der neunten Strophe hieß im Musen-Almanach : Des Ruhmes Dunstgestalt berührte

Die Weisheit, da verschwand der Trug.
Der Liebe süßen Traum entführte
Ach! allzuschnell der Hore Flug.

Man kann zweifeln, ob die Strophe durch die Aenderung gewonnen hat. Daß die Hoffnung, wie der Strophenschluß andeutet, eine der treuern Begleiterinnen des Menschen auf dem Lebenswege sei, hebt Schiller stärker in dem Gedicht Hoffnung hervor:

Die Hoffnung führt ihn in's Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben;
Den Jüngling begeistert ihr Zauberschein,

Sie wird mit dem Greis nicht begraben.

Im vorliegenden Gedicht stellt der Dichter den Trost, den sie in spätern Jahren bietet, absichtlich geringer dar, um den Werth

der in den beiden nächsten Strophen vorgeführten zwei treuesten Lebensgefährtinnen desto stärker hervorzulichten.

Str. 10 und 11. Bei Str. 10 dachte Schiller gewiß nicht bloß an die zur edelsten Freundschaft verklärte Liebe, die er bei seiner Gattin fand, sondern auch an die treue und warme Zuneigung, die ihm Männer wie Körner, Göthe und Humboldt zollten. Zum dritten Verse der Schlußstrophe bemerkt Humboldt: "Für Beschäftigung hätte ich ein anderes Wort ge= wünscht. Ist es nicht zu prosaisch, und schon Thätigkeit lebendiger und mehr poetisch?" Er nimmt aber felbst sein Bedenken halb zurück, indem er hinzuseßt: „Freilich drückt das erstere Ihren Gedanken passender aus." Ueber den ganzen Schluß urtheilt er: „Die beiden l:zten Strophen, und besonders die lezte, schildern auf eine überaus eigenthümliche Weise Ihr Leben und Ihre Individualität, diese fortwährende Geistesthätigfeit, die feiner Schwierigkeit erliegt, nie ermüdet, wie langsam auch der Fortschritt sei, und endlich immer zum Ziele gelangt." Einstimmend sagt Göthe über unsern Dichter:

Es glühte seine Wange roth und röther
Von jener Jugend, die uns nie verfliegt,
Von jenem Muth, der früher oder später
Den Widerstand der stumpfen Welt besiegt,
Von jenem Glauben, der sich stets erhöhter
Bald kühn hervordrängt, bald geduldig schmiegt,
Damit das Gute wirke, wachse, fromme,

Damit der Tag des Edlen endlich komme.

Schiller selbst spricht sich über die stille Geschäftigkeit des wahrhaft gereiften Kunstgenies im Gegensatz zu dem stürmischen Treiben eines jugendlichen Diletantismus so aus (Abhandl. über die nothwendigen Gränzen beim Gebrauch schöner Formen): "In des Jünglings Kopf arbeiten dunkle Ideen wie eine werdende

Welt. Er nimmt das Dunkle für das Tiefe, das Wilde für das Kräftige, das Unbestimmte für das Unendliche und wie gefällt er sich nicht in seinen Geburten! Aber des Renners Urtheil will dieses Zeugniß der warmen Selbstliebe nicht bestätigen. Mit ungefälliger Kritif zerstört er das Gaufelwerk der schwärmenden Bildungskraft, und leuchtet ihm in den tiefen Schacht der Wissenschaft und Erfahrung hinunter, wo, jedem Ungeweihten verborgen, der Quell aller wahren Schönheit entspringt. Schlummert nun ächte Geniuskraft in dem Jünglinge, so wird zwar anfangs seine Bescheidenheit stußen, aber der Muth des wahren Talents wird ihn bald zu neuen Versuchen ermuntern. Er behorcht, wenn er zum Dichter geboren ist, die Menschheit in seiner eigenen Brust, um ihr unendlich wechselndes Spiel auf der weiten Bühne der Welt zu verstehen, unterwirft die üppige Phantasie der Disciplin des Geschmacks, und läßt den nüchternen Verstand die Ufer ausmessen, zwischen welchen der Strom der Begeisterung brausen soll. Ihm ist es wohl bekannt, daß nur aus dem unscheinbar Kleinen das Große erwächst, und Sandtorn für Sandkorn trägt er das Wundergebäude zusammen, das uns in einem einzigen Eindruck jezt fchwindelnd faßt." Wenn in diesen leßten Worten von einem Sandkorn für Sandkorn zusammengetragenen Kunstgebäude eines Dichters die Rede ist, so kann der in der. Schlußstrophe unsers Gedichtes erwähnte Bau der Ewigkeiten", wozu unermüdliche Beschäftigung Sandkorn für Sandkorn reicht, entweder als ein Bau für ewige Zeiten, oder als ein Bau, woran sich alle Zeiten betheiligen, aufgefaßt werden. Für die leztere Auffassung spricht folgender Schluß der Abhandlung über das Studium der Universalgeschichte: „Unser menschliches Jahrhundert herbeizuführen, haben sich, ohne es zu wissen oder zu erzielen, alle vorhergehenden Zeitalter angestrengt. Unser find alle Schäße, welche Fleiß und Genie, Vernunft und Erfahrung im langen

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