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Zwecke dienen. Der Mensch hingegen zerstört oft, ohne daß ihm irgend ein bedeutendes Ziel vor Augen liegt, sondern nur weil er Freude am Zerstören hat und ihn die Uebung seiner Kräfte ergözt. Die Gefahr hat für ihn oft mehr Reiz, als die Beute. Dabei sezt er nicht nur sein eigenes Dasein auf's Spiel, sondern befeindet geradezu die Natur. Tausendfach hat ihn diese ge= segnet, so daß er friedlich leben könnte - darauf deuten die ersten Strophen so schön hin - aber er will ihr auch noch das rauben, was sie durchaus für sich aufgespart zu haben scheint. Allein dann tritt sie ihm in ihrer ganzen Furchtbarkeit entgegen, und beschüßt ihre Kinder vor dem verwegenen Gegner." Mir scheint diese Auffassung, wenn auch nicht unrichtig, doch nicht ganz erschöpfend. Sollte es nicht zugleich die erhabene Poesie der einsamen Hochgebirgsscenen sein, was Schiller zu diesem Stoffe hingezogen, dieselbe Gebirgsromantik, von deren Hauch auch das Berglied, ja der ganze Tell durchweht ist? Ging doch auch die Erfindung dieser Sage, wie unzähliger andern, wahrscheinlich nur aus einem starken Naturgefühl hervor, das man in ein sinnliches Bild zu kleiden strebte; und zwar möchte ich im vorliegenden Falle für den Erfinder der Sage gerade einen Jägersmann von lebendiger Phantasie halten, der in rastloser Verfolgung einer Gemse bis zu den höchsten, verlassensten Gebirgen empordrang. Hier in den einsamen Regionen, zu denen kein Laut des Menschenlebens aus den tief versunkenen Thälern heraufsteigt, unter den Riesengestalten der erhabensten Natur, mochte den mordlustigen Jäger mit Einem Male ein wundersames, mächtiges Gefühl von der Heiligkeit des Ortes ergreifen, ein Gefühl, wie es auch in jenen Worten in der Braut von Messina anklingt, die Welt sei vollkommen überall, wo der Mensch nicht hinkomme mit seiner Qual. Der lebhaften, aufgeregten Einbildungskraft fleiden sich solche Gefühle leicht in Bilder. Aus einer Felsenspalte tritt nun plöglich der Geist,

der Bergesalte, um den Frieden des Ortes gegen den Menschen zu schützen.

Die Mutter, die hier so dringend das anmuthig schöne Thalleben dem nach erhabnen Eindrücken dürstenden Jüngling empfiehlt, erinnert an Tell's Gattin. Der Knabe ist ein junger Tell, und könnte ebenfalls von sich sagen:

Zum Hirten hat Natur mich nicht gebildet,
Rastlos muß ich ein flüchtig Ziel verfolgen;
Dann erst genieß' ich meines Lebens recht,

Wenn ich mir's jeden Tag auf's Neu' erbeute.

Str. 1-3. Ein Gespräch zwischen Mutter und Sohn leitet die Erzählung ein. Es ist dabei hauptsächlich auf die Charkteristik des Alpenjägers abgesehen, wenn er gleich am wenigsten spricht; die Mutter hebt ihn und seine Sinnesweise durch Contrast hervor. Da wir unter dem „Knaben" (Str. 4), wie aus dem Ganzen erhellt (vgl. besonders Str. 7, V. 2 „dem harten Mann"), einen dem Jünglingsalter nicht mehr fern stehenden zu denken haben, so möchte die Sprache der Mutter wohl zum Theil etwas zu tändelnd erscheinen. In den Antworten des Sohns ist eine gewisse Gradation zn erkennen. Bei der ersten heißt es noch: Jagen nach des Berges Höhen;" bei der zweiten hat sich seine Phantasie die Berge schon vergegenwärtigt, er schweift in Gedanken schon „auf den wilden Höhen;" die dritte spricht seine wachsende Ungeduld über die wiederholten Bitten der Mutter aus.

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Str. 4. Des Berges finstern Ort" ist eine ähnliche Umschreibung, wie „Des Waldes nächtlichem Ort" in der Bürgschaft (Str. 10, V. 4). Will man unter dem „Alpenjäger" einen Jäger in den Schweizeralpen verstehen, so ist die „Gazelle“ (V. 6) ein Verstoß gegen die zoologische Geographie. Indeß bezeichnet man ja durch Alpen auch andere Hochgebirge.

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Str. 5-8. Verwogen" in Str. 5 steht alterthümlich für verwegen. Durch dieses Wort hat hier die Sprache zugleich an sinnlicher Kraft gewonnen; die Wiederholung des o (verwogen, folgt, Todesbogen), das durch den Reim noch stärker hervortritt, bezeichnet ausdrucksvoll das drohende Nachsezen des Jägers. Ueberhaupt ist das ganze Gedicht reich an onomatopoetischen Stellen. Str. 1 hat, dem Inhalt angemessen, viele weichlautende Sprachelemente, wozu besonders die häufigen 1 zu rechnen sind, die auch zum Wohltlang der zweiten Strophe nicht wenig beitragen (Willst locken, Klang, lieblich, Schall, Gloden, Waldes, Luftgesang). Ebenso malerisch sind die beiden Schlußverse der vierten Strophe; der J-Laut sowohl als der E-Laut malt das Fliehende, Verschwindende, Schnelle, Bewegliche. Wie bezeichnend stellen gleich darauf in Str. 5 die harten Consonanten (nackte Rippen, flettert, Riß geborstner Klippen) die wilde Gebirgsscene, die schroffen Klippen und Felsen dar! Vgl. auch die zwei ersten Verse der sechsten Strophe. Sehr ausdrucksvoll ist ferner in Str. 7 der Vokal a in den Reimen der Schlußverse; denn er bezeichnet das Erhabene, Bedeutsame, Großartige. Das ernste, feste Metrum paßt besonders zum Charakter der leztern Strophen, die den Kern des Stücks enthalten.

Ueber den Schluß bemerkt Hoffmeister, der im Ganzen mit Gözinger in der Auffassung der Grundidee übereinstimmt: „Offenbar war es dem Dichter bei dieser Romanze nur um die darzustellende Idee zu thun, in welche die Erzählung gleichsam aufgeht, und deren vollständiger Ausdruck zugleich der Schluß des Gedichtes ist. Die Begebenheit selbst ist (wie auch im Ring des Polykrates) zu feinem epischen Ausgange fortgeführt; über das Schicksal des Jägers erfahren wir nichts. Diese unbeendigte Handlung für sich hat auch so wenig Interesse und Verwickelung, daß das Stück von einer Romanze (Gözinger nennt es eine Ballade) nur die äußere Einkleidung besigt, aber

durch seinen überwiegend lyrisch-philosophischen Gehalt eine Art Parabel ist.

In dem Manuscript einer Prachtausgabe der Gedichte, die Schiller in der lezten Zeit seines Lebens zu veranstalten beabsichtigte, schrieb er eigenhändig in Str. 5:

Durch den Riß gespaltner*) (statt geborstner) Klippen,

und in Str. 6:

Hängt fie, auf dem steilen (statt höchsten) Grat.

Die lettere Aenderung ist bedenklich, weil einige Verse nachher das Wort steile wiederkehrt.

Becker's Taschenbuch, worin das Gedicht zuerst erschien, enthält folgende Varianten:

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Da seht ein schüchtern Gems, beflügelt durch den Schreden,
Durch den entfernten Raum gespaltner Felsen fort.

46. Dithyrambe.

1796.

Das Gedicht entstand wahrscheinlich um die Mitte des Jahrs 1796 und erschien zuerst im Musenalmanach für das folgende Jahr unter der Ueberschrift „Der Besuch".*) Der dortige Text stimmt mit dem jezigen überein bis auf den Vers in Str. 2:

Leihet (statt Schenket) mir euer unsterbliches Leben.

Die Strophe bestand damals, wie auch noch lange in den Ge= dichtausgaben, aus 10 in folgender Weise abgetheilten Versen:

Nimmer, das glaubt mir,

Erscheinen die Götter,

Nimmer allein.

Kaum daß ich Bacchus, den Luftigen, habe,
Kommt auch schon Amor, der lächelnde Knabe,
Phöbus, der Herrliche, findet sich ein.

Sie nahen, sie kommen,

Die Himmlischen alle;
Mit Göttern erfüllt sich

Die irdische Halle.

Erst im Manuscript der beim vorhergehenden Gedicht erwähnten Prachtausgabe zog der Dichter jede Strophe auf folgende Art in 7 Verse zusammen:

Nimmer, das glaubt mir, erscheinen die Götter,

Nimmer allein.

*) Dieser Titel wurde abgeändert, weil nicht der Besuch, den die Götter dem Dichter abstatten, sondern die Erhebung desselben in den Olymp das hervorstechendste Moment ist.

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