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Emmerich 1838) folgendes Bedenken geäußert: „Nach meinem Gefühl hätte das Gedicht nicht da abgebrochen werden sollen, wo der Dichter es geschlossen hat. Durch das ganze Stück zieht sich der Ausdrud einer auf starker Erregung der Phantasie beruhenden Selbsttäuschung hindurch. Beim Anblick des ganzen unveränderten Locals, der Straßen, des Portikus, des Theaters, des Forums u. s. w. glaubt der Dichter jeden Augenblick auch die Bewohner, die Spaziergänger, das Theaterpublicum, die Richter, die Prozeßführenden erscheinen zu sehn. Noch lebhafter, dringender werden seine Erwartungen, als er in ein Haus tritt, und dort noch durch Alles an Leben und Lebensgenuß erinnert wird. Dennoch bleibt es einsam und grauenvoll stille um ihn her. Muß sich da nicht jene Illusion ausleben? Muß sie nicht in eine elegische Stimmung umschlagen und in dieser ihr Ende finden? Schiller hat uns ein sich fortwährend steigerndes Gefühl dargestellt, das in dem Stücke weder einen Wende-, noch einen Beruhigungspunkt findet. Hindeutungen auf ein beginnendes Sichausleben dieser Empfindungsart hat der Dichter allerdings gegen das Ende hin eingestreut, z. B. die sehnsuchtsvolle Frage: „Warum bleiben die Priester nur aus?" und den dringenden Zuruf: kommet, o zündet u. s. w.!" Aber bis zur völligen Enttäuschung, bis zu einer Auflösung der, wenngleich aus freudiger Aufregung entsprungenen, doch mit etwas peinlichem Staunen gemischten Illusion in ein flarbewußtes Gefühl der Trauer um das längstversunkene große römische Leben hätte nach meiner Ansicht das Gedicht fortgeführt werden sollen." Darauf entgegnete Hoffmeister: In den Göttern Griechenlands hatte Schiller seine Sehnsucht nach der Hellenenwelt rührend und erschütternd ausgegoffen; in milderer Klage hatte er in den Sängern der Vorwelt den entschwundenen Volkssinn für Schönheit und Kunst zurückgewünscht. Hier, in Pompeji und Herkulanum, bewillkommnet er freudig das Geschlecht und die

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Zeit als neuerstanden, deren Verlust er früher beweinte. Das ist die Bedeutung des Gedichtes. Und darum ist das Entzücken ganz rein durchgehalten von Anfang bis zu Ende, und die Illusion der Phantasie nicht am Schluß des Gedichtes der Wirklich teit zur Beute gegeben. Die Composition wäre durch einen elegischen Ausgang abgeschwächt worden; die Macht dieses Phantasiegebildes besteht eben darin, daß sie den Schein zu etwas Wirklichem macht." Ich aber fann, auch nach wiederholter Betrachtung des Gedichtes, mich meines ersten Gefühls nicht erwehren. Daß der Dichter „das Geschlecht“ freudig bewillfommne, muß ich durchaus bestreiten; er vermißt vielmehr überall die Menschen. Schon gleich V. 5 zeigt, daß er sie nicht vor sich sieht. In V. 8 wiederholt er dringender die Einladung an sie, zu erscheinen. Er erblickt das Theater und wünscht, daß sich die Menge hineinstürze. Auch die Mimen (V. 11) bleiben aus; nur die Gestalten auf dem kurulischen Stuhl“ (V. 14) könnten für Hoffmeister zu sprechen scheinen; aber der Wunschsaß „den Sessel besteige der Prätor" zeigt, daß der Dichter seine Selbsttäuschung schon erkannt hat. So fäumen auch die Knaben (V. 35); die Männer, die Alten (V. 47), die Priester (V. 52) bleiben aus. Vermißt aber der Dichter die Menschenwelt, so kann sein Entzücken auch nicht rein sein, und die Illusion müßte nach meinem Gefühl zuletzt in einer klarbewußten, elegischen Stimmung ihr Ziel finden, die, energisch ausgesprochen, dem Stüd eher einen kräftigen, als einen abschwächenden Abschluß gegeben hätte.

An Varianten aus dem Musenalmanach für 1797 haben wir folgende zu bemerken:

V. 5. Griechen! Römer! O kommet und sehet, das alte Pompeji
V. 7. Giebel an Giebel richtet sich auf, der Portikus öffnet
V. 12. Agamemnon, umher site das horchende Volk,

V. 13. Wohin führet der prächtige Bogen? Erkennt u. j. w.

V. 25-28. Heitere Farben beleben die Wand, mit blumigter Kette
Fasset der muntere Feston reizende Bildungen ein.

V. 37. Steht nicht hier noch der Dreifuß auf schön u. s. w.
V. 47. Griffel zum Schreiben findet ihr hier und wächserne u. s. w.

85. Ilias.

1795.

Schiller übersandte dieses Epigramm den 22. August 1795 an Humboldt, der ihm am 31. August darüber schrieb: „In der Ilias ist ein großer, und sogar historisch wahrer Gedanke ausgedrückt." Dies Gedichtchen ist schon in metrischer Hinsicht bemerkenswerth, insofern darin nach Klopstocks Vorgang statt der gewöhnlichen Distichen eine Verbindung des Herameters mit dem abgekürzten daktylischen Tetrameter angewandt worden, was bei Schiller außer hier nur noch in der schönen Erscheinung der Fall ist. Es erschien zuerst im neunten Stück der Horen 1795, und zwar in der jeßigen Gestalt.

Schon im Alterthum schrieben einige Gelehrten die Ilias und Odyssee verschiedenen Verfassern zu und wurden daher Chorizonten, d. h die Trennenden genannt. Mit sehr triftigen Gründen hatte jezt eben Fr. A. Wolf in seinen Prolegomena ad Homerum die Behauptung belegt, daß weder die ganze Ilias, noch die ganze Odyssee Einen Verfasser habe, sondern jede aus der Zusammenseßung mehrerer sich einander fortseßenden Gedichte entstanden sei, die sich durch Rhapsoden erhielten, bis die Pifistratiden das Ganze sammeln und ordnen ließen. Trok des Gewichts jener Gründe scheint sich Schiller's Gefühl gegen Wolf's Ansicht gefträubt zu haben, wie denn jenes Zerpflücken und Vertheilen des ewigstrahlenden Homerischen Dichterkranzes

Viehoff, Schillers Gedichte. III.

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überhaupt dem Dichter- und Jugendgefühl zuwider sein mußte. Wenigstens blickt keine freundliche Stimmung gegen Wolf aus Schiller's Brief an Göthe vom 24. October 1795, worin er über einen Ausfall Wolf's gegen Herder schrieb: „Sie werden finden, daß nicht wohl etwas Anderes geschehen kann, als den Philister zu perfifliren." Und so wurde denn auch Wolf mit dem Xenion bedacht:

Der Wolf'sche Homer.

Sieben Städte zankten sich drum, ihn geboren zu haben.
Nun, da der Wolf ihn zerriß, nehme sich jede ihr Stück.

Im vorliegenden Gedicht beruhigt er sich mit dem Gedanken, den Humboldt als „historisch wahr" bezeichnet: Die Ilias hat wenigstens doch Eine Mutter nur, die Natur. Denn, gleich unsern Nibelungen zur Volkspoesie gehörend, ist sie Naturpoesie, die sich als köstliche Naturgabe aus dem dichterischen Vermögen eines ganzen Volkes unbewußt und mit innerer Nothwendigkeit entwickelt, während die Kunstpoesie die Frucht der Betrachtung, des Sinnens, der Arbeit des einzelnen Dichters ist, nicht das Leben selbst, sondern der Widerschein des Lebens in dem Seelenspiegel des Individuums.

86. Bens zu Herkules.

1795.

Das Distichon gehört spätestens dem Anfange August 1795 an; den 7. August schickte der Dichter es an Humboldt. Es wurde zuerst im Musenalmanach 1796 veröffentlicht. Wenn Schiller später (1798) in dem Gedicht Das Glück die Göttergünstlinge selig preist, welche die Charis erlangen, ehe sie die

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Mühe bestanden, so erkennt dagegen dieses Epigramm den Werth des Mannes an, der durch der Tugend Gewalt" sich zu Götterhöhen emporschwingt. Das Edelste und Höchste, das Göttliche im Menschen, sittlichen Werth und das aus ihm entspringende beglückende Bewußtsein, kann uns kein Gott verleihen; wir müssen es durch eigene Kraft erringen.

87. Die Antike an den nordischen Wanderer.

1795.

Das Gedicht gehört seiner Entstehung nach mit dem nächstvorhergehenden derselben Zeit an. Humboldt gedenkt seiner in dem Briefe an Schiller vom 18. August 1795 mit den Worten: Die Antite ist ein prächtiges Stüd; ihr ernster, scheltender Ton macht eine große Wirkung, und sie erregt eine Menge von Betrachtungen über die Gegenwart und die Vergangenheit und die unwiderruflichen Wirkungen der Zeit, die sich in eine Art von Wehmuth auflösen." Sie spricht den Gedanken aus, daß das Verständniß der Antiken uns minder durch die Entfernung von den classischen Ländern, als durch die von der Weltansicht der classischen Zeit ganz verschiedene Denk- und Sinnesweise unserer Zeit („die Alpenwand des Jahrhunderts") erschwert werde. Dieser Gedanke tritt in der jegigen Gestalt des Gedichtes nicht so klar und vollständig hervor, als in seiner ursprünglichen Gestalt in den Horen, wo die Ueberschrift lautet: Die Antike an einen Wanderer aus Norden, und sich an den gegenwärtigen Schluß noch folgende vier Distichen reihen:

Hinter dir liegt zwar dein nebligter Pol und dein eiserner Himmel, Deine arkturische *) Nacht flieht vor Ausoniens **) Tag;

*) „Arktarisch“, nördlich (vom Stern Arkturus).

**),Ausonien", Italien.

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