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89 ff.) von dem goldnen Zeitalter erzählt haben, so zeigt sich, daß diese mehr den äußern Frieden, der damals in der Natur geherrscht, hervorheben, während unser Dichter den Hauptnachdruck auf den Seelenfrieden, auf die Einheit des Innern legt, worin sich Verstand und Herz, Sinn und Gedanken" noch nicht entzweit haben. Doch deutet auch schon Ovid diesen Gemüthsfrieden an:

Erst entsproß das goldne Geschlecht, das, von Keinem gezüchtigt, Ohne Gesetz, freiwillig der Treu und Gerechtigkeit wahrnahm.

Der schöne Gegensah in V. 19 f. erinnert an den ähnlichen im Lied An die Freude: „Blumen lockt sie aus den Keimen, Sonnen aus dem Firmament". Der „hüpfende Punkt", punctum saliens im Ei, ist das Centrum für die Bildung des neuen Organismus. Profane heißen die in eine Geheimlehre nicht Eingeweihten. Zu bei Todten" (V. 26) vergl. oben (V. 12) bei den Mumien."

V. 29-36. Aber die goldene Zeit ist verschwunden, so lautet die Antwort weiter, der Mensch hat, seine Freiheit vermessen mißbrauchend, den Seelenfrieden zerstört, dessen er genoß, so lange er der Natur als einer treuen Führerin folgte (V. 29 f.). Das von Leidenschaften entweihte Gefühl sagt ihm nicht mehr, was recht und gut ist, regelt seine Aussprüche nicht mehr nach dem göttlichen Moralgebot; die Stimme der Gottheit („das Orakel") in seiner Brust verstummt unter dem Lärm der wilden Begierden (V. 31 f.). Um sie zu vernehmen, muß jezt der Mensch in „sein stilleres Selbst" oder, wie es ursprünglich hieß, in den Schacht des reinen Verstandes" hinabsteigen, muß wissenschaftliche Studien machen, und kleidet dann, was er erforscht, in mystisches Wort", d. h. in eine schwerverständliche, philosophische Sprache (V. 33 f.). Wer bei solchem Forschen reines Herzens", d. h. redlichen Strebens nach Wahr

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heit ist, dem gelingt es wohl, in der Weisheit eine neue Führerin an Stelle der verlorenen Natur zu gewinnen (V. 35 f.).

V. 37-54. Wenn aber ausnahmsweise in dir, so schließt der Dichter seine Antwort, die goldene Zeit noch fortlebt; wenn noch der fromme (d. h. mit dem Sittengeset in Einklang stehende) Instinkt dein schüßender Führer ist (V. 37 f.); wenn Sinn und Herz (Auge" und „Brust") bei dir noch rein und unverdorben („keusch“ und „kindlich“) genug geblieben sind, um für die Wahrheit empfänglich zu sein (V. 89 f.); wenn keine beängsti= genden Zweifel deine Zufriedenheit stören und du die Gewißheit hast, daß sie auch für die Zukunft nicht deinen Seelenfrieden bedrohen (V. 41 f.); wenn du sicher bist, daß deine Empfindungen nie in Streit gerathen werden, dein Herz nie tückischer Weise den Verstand zu Trugschlüssen verleite (V. 43 ): o dann brauchst du dich nicht an die Schulweisheit zu wenden; sie kann dich nichts lehren, soll vielmehr von dir lernen (V. 45 f.). Mit der nun folgenden Schilderung einer Seele, worin der Instinkt noch mit der Vernunft in Eintracht ist, vergleiche man die Schilderung einer schönen Seele in dem Aufsatz über Anmuth und Würde, und die Charakteristik des Genius in der Abhandlung über naive und sentimentalische Dichtung. Die Wissenschaft kann ein solches Gemüth nichts lehren, weil ihre Aufgabe ja nur ist, den Zugang zu dem verschütteten reinen Quell des göttlichen Gesetzes zu öffnen, dessen Strom in einem solchen Herzen noch offen und hell fließt, des Gesezes strenge Fessel", wie es im Ideal und Leben heißt, gilt nicht einem solchen Herzen (V. 47 f.); denn „ohne Scheu darf es dem Affect die Leitung des Willens überlassen" (Ueber Anmuth und Würde). „Seine Geseze sind Geseze für alle Zeiten und Geschlechter“, heißt es übereinstimmend in der Abhandlung über naive und sentimentalische Dichtung. Eben so kehrt der Hauptgedanke der Schlußverse („Du nur merkst nicht u. s. w.") in dem Auffaß über

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Anmuth und Würde wieder: „Die schöne Seele weiß niemals um die Schönheit ihres Handelns, und es fällt ihr nicht ein, daß man anders handeln und empfinden könnte; dagegen ein schulgerechter Zögling der Sittenregel, so wie das Wort des Meisters ihn fordert, jeden Augenblick bereit sein wird, vom Verhältniß seiner Handlungen zum Gesetz die strengste Rechenschaft abzulegen."

Das Gedicht schloß in dem an Humboldt eingesandten Manuscript mit dem V. 48 ab. *) Indem Schiller vor dem Druck noch die folgenden Distichen hinzufügte, worin die Wirkungen einer schönen Seele auf die Welt, wie sie uns in genialen Künstlern entgegentreten, geschildert werden, war es ihm ohne Zweifel darum zu thun, dem Gedicht einen schwungvollern Abschluß zu geben.

An Varianten und zufäßlichen Distichen bieten die Horen folgende:

V. 1 f. Ist es denn wahr,“ sprichst du,,,was der Weisheit Meister mich lehren,

B. 16 ff.

V. 21.
V. 23.

Was der Lehrlinge Schaar u. s. w.

Manche Sage von ihr rührend und einfach erzählt,
Jene Zeit, da das Heilige noch in der Menschheit gewandelt,
Da jungfräulich und keusch noch der Instinkt sich bewahrt,
Der Nothwendigkeit stilles Gesetz u. f. w.

Da ein sichres Gefühl noch treu, wie am Uhrwerk der Zeiger, Statt der jetzigen Verse 29-34 haben die Horen folgende:

Aber die glückliche Zeit ist nicht mehr! Vermessene Willkür
Hat der getreuen Natur göttlichen Einklang entweiht.
Woltig fließt der himmlische Strom in schuldigen Herzen,
Lauter wird er und rein nur an dem Quell noch geschöpft.

*) V. 49 ist (wie in der ersten Ausg. der Gedichte) zu interpungiren:
Und an alle Geschlechter ergeht ein göttliches Machtwort:

Dieser Quell, tief unten im Schacht des reinen Verstandes,
Fern von der Leidenschaft Spur, rieselt er silbern und kühl.
Aus der Sinne wildem Geräusch verschwand das Orakel,

Nur in dem stilleren Selbst hört es der horchende Geist.
Aber die Wissenschaft nur vermag den Zugang zu öffnen,
Und den heiligen Sinn hütet das mystische Wort.

V. 40. Tönt ihre Stimme dir noch hell in der kindlichen Brust,

Nach V. 44:

Nie der verschlag'ne Wig des Gewissens Einfalt bestriden,

Niemals, weißt du's gewiß, wanken das ewige Steu'r

V. 47-51. Jenes Gesetz, das mit eisernem Stab die Sträubenden

lenket,

Dir gilt es nicht. Was du thuft, was dir gefällt,

ist Gesetz.

Herrschen wird durch die ewige Zeit, wie Polyklet's Regel, Was du mit heiliger Hand bildest, mit heiligem Mund Redest, wird die Herzen der Menschen allmächtig bewegen. Nach V. 54:

Aber blind erringst du, was wir im Lichte verfehlten,

Und dem spielenden Kind glückt, was dem Weisen mißlingt.

99. Der philosophische Egoift.

1795.

Die Entstehung dieses Gedichtes fällt spätestens in die leßten Tage des Augusts 1795. Am Schluß des Monats sandte Schiller es an Humboldt, am 11. September an Körner. In ihm, wie in den Epigrammen Das Kind in der Wiege, Der spielende Knabe und Der Vater, klingt das Vaterglück unseres Dichters an, der seit dem 14. September 1793 feinen erst

geborenen Sohn Karl hoffnungsreich heranblühen sah. „Es war ein erhebender Anblick," erzählt sein Jugendfreund Conz, „den hohen Mann in den einfach wahren Ausdrücken väterlicher Lust und Liebe an seinem Goldsohn, seinem Herzenskarl, wie er ihn nannte, zu beobachten." Aber wie alle seine individuellen Empfindungen, so knüpfte er auch diese an allgemeine, hohe Ideen an. In Beziehung auf unser Gedicht ist zu bemerken, daß Kant's Philosophie durch die schroffe Entgegenseßung der beiden Principien, die auf den Menschen wirken, einen Egoismus eigener Art hervorgerufen hatte. Indem sie lehrte, daß der finnliche Trieb, die Neigung, die Forderungen der Natur die ewigen innern Feinde der Moralität und unaufhörlich geschäftig seien, den Willen in ihr Interesse zu ziehen, der doch unter sittlichen Gesezen stehe: verdächtigte sie selbst Empfindungen und Affecte, die der edelste Mensch ohne Erröthen sich gestehen darf, und verleitete Viele, statt nach einer Aussöhnung der beiden streitenden Principien zu streben, den Triumph des göttlichen Theils im Menschen auf die Unterdrückung des sinnlichen zu gründen, und die Bande, die sie an die Natur knüpften, möglichst zu verringern oder aufzulösen. Solche Folgen der kritischen Moralphilosophie bekämpfte Schiller sowohl in seinen philosophischen Auffäßen, als in Gedichten. „Nimmer", heißt es in der Abhandlung über Anmuth und Würde, „kann die Vernunft Affecte als ihrer unwerth verwerfen, die das Herz mit Freudigkeit bekennt. Wäre die sinnliche Natur im Sittlichen immer nur die unterdrückte, nie die mitwirkende Partei, wie könnte sie das ganze Feuer ihrer Gefühle zu einem Triumph hergeben, der über sie selbst gefeiert wird?" Statt solcher Gründe hält er in unserm Gedicht einem Egoisten jener Art das in rührenden Zügen entworfene heilige Bild der für ihren Säugling sich aufopfernden Mutter vor, und geht nur ganz am Schlusse zur dialektischen Bekämpfung des Gegners über.

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