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bloß Folgsamkeit gegen das Vernunftgebot, sondern noch mehr Wohlwollen, Liebe, Selbstverläugnung, und unter Größe nicht nur eine hervorragende, hochentwickelte Intelligenz, sondern auch geniale Phantasie und energische Willens- und Thatkraft, eminente Anlagen und Fähigkeiten überhaupt verstanden zu haben. Beiderlei Vorzüge vereinigen sich schwer; denn die tiefen und starken Leidenschaften und Begierden, wie sie sich mit Geistesgröße zu paaren pflegen, beugen sich schwerer unter das Sittengejek, und das Gefühl eines geistigen Uebergewichts über Andere bringt leicht in Versuchung, deren Gleichberechtigung nicht immer gelten zu lassen.

188. Die Triebfedern.

1796.

Für gemeine Naturen ist Furcht das Hauptmotiv bei ihrem Thun und Lassen; der Dichter wählt sich dagegen die Triebfeder, die, wie er im Lied an die Freude singt, die Räder der großen Weltenuhr treibt, Blumen aus den Keimen, Sonnen aus dem Firmamente lockt, und von welcher er sagt, daß der Mensch erst ganz zum Menschen werde, wenn er ihr folgen dürfe. Das Distichon gehörte ursprünglich zu den Votivtafeln des Musenalmanachs.

189. Naturforscher und Transcendentalphilosophen.

1796.

Das Distichon ist aus den Xenien entnommen, wo sich ihm unter der Ueberschrift An die voreiligen Verbindungsstifter noch folgendes anreiht:

Jeder wandle für sich und wisse nichts von dem Andern;

Wandeln nur Beide gerad', finden sich Beide gewiß.

Beide Xenien zielen wahrscheinlich auf Schelling's Ideen zu einer Philosophie der Natur, worin dieser für die Naturforschung und die Transcendentalphilosophie einen höhern Vereinigungspunkt zu bezeichnen suchte.

190. Deutscher Genins.

1796.

Dieses Distichon wurde erst von Körner in die Gedichtsammlung aufgenommen. Schiller's Gattin schrieb es Göthe zu; doch deutet die epigrammatische Kraft des Ausdrucks auf unsern Dichter hin. Wenn er hier die Römer und Griechen den Deutschen als Vorbilder hinstellt, so sagt er im Gedicht An Göthe bom deutschen Genius:

Und auf der Spur des Griechen und des Briten
Ist er dem bessern Ruhme nachgeschritten.

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Gegen die Nachahmung französischer Dichtungen spricht er sich auch dort aus, wenn er sie gleich als Gegenmittel gegen eine zügellos naturalistische Poesie gelten läßt. Der gallische Sprung" deutet wohl auf französischen Wiz, esprit, Leichtigkeit, die er dem Ernst des deutschen Genius für unangemessen hält. - Ursprünglich bildete das Distichon die vorlegte Votivtafel des Musenalmanachs.

Kleinigkeiten.

1796 unb 1797.

Die unter dieser Ueberschrift zusammengruppirten Diftichen gehören den Jahren 1796 und 1797 an. Die drei ersten

(191-193), auf Versarten bezüglich, erschienen im Musenalmanach für 1797, die fünf andern (194-198), durch Gespräche mit Göthe über architektonische Gegenstände hervorgerufen, im Musenalmanach für 1798. Nr. 198, Die Peterskirche, ist im Musenalmanach mit E. unterzeichnet, wurde aber von Schiller durch Aufnahme in die Gedichtsammlung als sein Eigenthum anerkannt. Körner sprach sich über beide Gruppen rühmend aus; über Nr. 194-198 schrieb er: „Die vier Distichen über Gegenstände der Baukunst erinnern mich an die im vorjährigen Almanach über den Herameter und die Stanze. Schade, daß Ihr (Schiller und Göthe) nicht die Idee ausgeführt habt, das ganze Gebiet der Aesthetik auf eben diese Art zu bearbeiten." Hoffmeister nennt sie mit Recht allerliebste classische Kleinigkeiten, die durch ihren vollendeten Ausdruck und ihren beziehungsreichen Sinn dennoch wieder Größe haben."

191. Der epische Hexameter.

Aehnlich sagt A. W. Schlegel in seinem Gedicht Der Herameter:

Gleichwie sich dem, der die See durchschifft, auf offener Meerhöh Rings Horizont ausdehnt, und der Ausblick nirgend umschränkt ist, . . . So auch trägt das Gemüth der Hexameter u. s. w.

192. Das Distichon.

...

Der periodisch wiederkehrende Wellenschlag des Rhythmus im elegischen Versmaß wird durch das Steigen und Fallen eines Springquells malerisch dargestellt. V. 1 schloß ursprünglich mit silberne Säule"; Schiller änderte es in „flüssige Säule“, obwohl die Alliteration dadurch abgeschwächt wurde, weil Fluß und Bewegung hier ein bedeutenderer Begriff ist, als Licht und Farbenspiel.

193. Die achtzeilige Stanze.

Wie sehr die Strophe des Tasso, Ariosto, Boccaccio, Camoens, mit ihrem dreimal hin- und herwogenden Rhythmus der sechs ersten Verse, auch im Deutschen sich zum Ausdruck der Liebe und Sehnsucht eignet, zeigen z. B. die Erwartung und die Begegnung von unserm Dichter. In seinem Vorwort zu den Uebersehungen aus der Aeneide nennt er sie „die einzige unter allen deutschen Versarten, bei welcher unsre Sprache noch zuweilen ihrer angestammten Härte vergißt."

194. Der Obelist.

Wie alle diese Distichen den vorherrschenden ästhetischen Eindruck, den ein Kunstgebilde macht, zu charakterisiren suchen, so wird hier der Eindruck der Sicherheit hervorgehoben, womit das Pyramidion eines Obelisken auf seinem breiten Gestell steht.

195. Der Triumphbogen.

Im Gegensatz zu dem sicher stehenden Obelisken scheint der Triumphbogen sich bis zu des Himmels Bogen hinaufschwingen zu wollen, weßhalb ihm der Meister ein Fürchte nicht" zuruft.

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196. Die schöne Brüde.

Gleichfalls im Gegensatz zum festen Stand des Obelisken ahmt der leichtgeschwungene Brückenbogen täuschend die Bewegung der unter ihr rennenden Wellen, der über ihr rollenden Wagen nach. Der metrische Fluß in Verbindung mit Alliteration schließt sich dem Gedanken ausdrucksvoll an.

197. Das Thor.

An das Thor knüpft sich ein culturhistorischer Gedanke. In V. 1 steht es als Symbol der heiligen Ordnung“ (Lied

von der Glocke), die herein von den Gefilden rief den ungesell'gen Wilden". In gleichem Sinne heißt es im Spaziergang das gastliche Thor". Im Eleusischen Fest ist das Einsehen der Thore durch Cybele das Zeichen der Vollendung des bürgerlichen Vereins; unter Führung des Götterchors ziehen die neuen Bürger „in das gastlich offne Thor“. Umgekehrt soll aber auch (wie unser V. 2 sagt), das Thor den „Bürger“, d. h. den civilisirten Menschen mit der freien Natur in Verbindung erhalten, d. h. ihn davor bewahren, der Natur ganz entfremdet und untreu zu werden; in solchem Sinne heißt es im Spaziergang:

so öffnet euch, Mauern, und gebt den Gefangenen ledig;
Zu der verlassenen Flur kehr' er gerettet zurück!

198. Die Peterskirche.

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Das Epigramm enthält einen Hauptgedanken aus Schiller's Lehre vom Erhabenen: Derjenige Gegenstand, der mich mir selbst zu einer unendlichen Größe macht, ist erhaben. Das Erhabene der Größe ist keine objective Eigenschaft des Gegenstandes, dem es beigelegt wird; es ist bloß die Wirkung unsres eigenen Subjects auf Veranlassung jenes Gegenstandes." (3erstreute Betrachtungen über verschiedene ästhetische Gegenstände).

199. Deutschland und seine Fürßten.

1795.

Dieses Doppeldistichon, zuerst im Musenalmanach für 1796 erschienen, wurde von Schiller aus der Gedichtsammlung ausgeschlossen, und erst von Joachim Meyer (1855) aufgenommen. Ein Volt macht es seinen Fürsten schwerer, als Fürsten groß, und leichter, nur Menschen zu sein, wenn es in Folge seiner

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