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Zweite Beilage.

J. G. Fichte:

Weber die

einzig mögliche Störung

der

akademischen Freiheit.

Eine Rede,

gehalten beim Antritte feines Rektorats an der Universität zu Berlin den 19. Oktober 1811.

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Höchstzuverehrende Anwesende!

Und zuförderst Sie verehrungswürdige Herren

Amtsbrüder!

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s würde ohne Zweifel eine große Unmaßung feyn, wenn ich vorauszuseßen schiene, daß meine Rede Ihnen irgend etwas, entweder an Belehrung, oder Erhebung und Bes geisterung, geben könne, das Sie nicht eben sowohl aus fich selbst burch eigene Betrachtung zu erzeugen vermöchten. Ich folge drum ohne Bedenken dem mächtigen Zuge meines Herzens in dieser Stunde, der mich zu Ihnen treibt, herj lichgeehrte inniggeliebte Jünglinge, die Sie bei uns fich den Wissenschaften widmen; der mich treibt, Sie zu bes grüßen, und Sie willkommen zu heißen in dieser der Wiss senschaft gewidmeten Wohnung. Diese meine Herren Amtsbrüder, Ihre Lehrer, Ihre väterlichen Freunde, so wie ich, werden sehr gern sich zu Zeugen machen, deffen was ich Ihnen fage, und zu Theilnehmern der Gesinnungen, welche in qller Namen ich vor Ihnen ausspreche.

Sie find im Begriffe ein neues Jahr Ihrer Arbeiten ju beginnen. Was wir alle bei diesem Beginnen Ihnen am innigsten wünschen, ist volle Freiheit und Unbefangen

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heit des Geistes, die mit Aufgebung alles andern rein und gang in die Wissenschaft sich verfenke, fröhlicher Muth, freudige Zuversicht auf sich selbst, und auf die Umgebun gen, in denen Sie sich befinden. Indem mir der Auftrag ertheilt ist, Sie in die neu eröffnete Laufbahn gleichsam einzuführen, und Ihren ersten Schritt mit segnendem Worte zu weihen, glaube ich diesem Auftrage, auf keine zweɗmás Bigere Weise genügen zu können, als indem ich suche, die: sen Muth und diefe Zuversicht in Ihnen zu beleben, und alles das, was etwa die Freiheit Ihres Geistes befangen könnte, vor Ihren Augen in sein Nichts verschwinden ju Laffen.

Der eigentlich belebende Odem der Universität, M. H. die himmlische Luft, in welcher alle Früchte derfelben aufs fröhlichste sich entwickeln und gedeihen, ist ohne Zweifel die akademische Freiheit. Diese ist eben drum allen Studieren: den mit Recht über alles theuer, und nichts kann ihre Liebe, Lust und Freudigkeit so niederfchlagen, als wenn Sie glauben, für diese befürchten zu müssen. Ich werde drum die heitere und freudige Stimmung, mit der ich Sie für Ihre Laufbahn ausrüsten möchte, am sichersten dadurch in Ihnen erzeugen und beleben, wenn ich Ihnen zeige und fichtbarlich darthue, daß auf keiner Universität in der Welt biese akademische Freiheit mehr gefiz chert, und fester begründet seyn könne, als ges rabe hier, auf dieser unferer Universität. Es wird Ihnen dies vollkommen einleuchten, wenn Sie zuvor mit mir bedenken, und in Ihre Erinnerung zurückrufen, was eine Universität eigentlich sey, fodann, welches die durch das Wesen derfelben gefoderte akademische Freiheit fey.

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Was also ist die Universität? Die Einsicht in das Wesen derselben gründet sich auf folgende Säge. Die ges fammte Welt ist lediglich dazu da, damit in ihr dargestellt werbe das Ueberweltliche, die Gottheir; und zwar, damit

es bargestellt werde vermittelst besonnener Freiheit. Dieses Ueberweltliche zwar offenbart sich selbst durch fich selbst, und stellt sich dar, wie es ist, dem Vermögen der Freiheit, dem menschlichen Verstande; aber so wie dieser Verstand in sich selbst zu immer höherer Klarheit sich ausbildet, ers scheint in ihm fortdauernd jenes Bild des Göttlichen gleichs falls in höherer Klarheit und Reinheit. Der ununterbros chene und stetige Fortschritt der Verstandesbildung unsers Geschlechts ist drum die ausschließende Bedingung, unter welcher das Ueberweltliche, als Muster der Weltbildung, immer fort in neuer und frischer Verklärung heraus treten kann in der Menschheit, und von dieser dargestellt werden kann in der Außenwelt; biefe Fortbildung des Verstandes ist das Einzige, durch welches das Menschengeschlecht seine Bestimmung erfüllt, und wodurch jedes Zeitalter feinen Plas sich verdient in der Reihe der Zeitalter. Die Univers fität aber ist die ausdrücklich von Menschen für Sicherung der Ununterbrochenheit und Stätigkeit dieses Fortganges getroffene Anstalt, indem sie berjenige Punkt ist, in wels chem mit Besonnenheit und nach einer Regel, jedes Zeite alter seine höchste Verstandesbildung übergiebt dem folgens ben Zeitalter, damit auch dieses dieselbe vermehre, und in dieser Vermehrung sie übergebe feinem folgenden, und so fort bis an das Ende der Tage. Ulles dieses aber lediglich in der Absicht, damit das Göttliche immerfort in frischer Klarheit heraustrete im Menschlichen, und der Zusammenhang beider, und der lebendige Einfluß des erstern in das Lestere, erhalten werde; denn ohne diefen Zweck ist sogar die Verstandesbildung, obwohl sie das höchste ist unter dem Nichtigen, und der unmittelbare Vereinigungspunkt des Nichtigen mit dem wahrhaft Seyenden, dennoch in der That auch nur leer und nichtig. - If a die Universität dies, so ist klar, daß fie die wichtigste Unstalt und das Heiligste ist, was das Menschengeschlecht besikt, Ine

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