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allzu bald wird auch eine japanische Wissenschaft in japanischer Sprache erstehen. Dann sehen wir aber auch am alten persischen Hofe bald ägyptische Ärzte, bald griechische Ärzte thätig, während heute schon die gezählten Semester strenge von der Landesgrenze eingeschlossen sein müssen. Und wer nicht von der ersten lateinischen Deklination an im engen Rahmen des Vaterlandes seine Studien durchgeführt hat, hat in diesem Lande heute kein Recht, auch nur ein Rezept zu verschreiben.

Die freiwillige Verlegung der Ausübung ärztlicher Praxis von einem Lande in ein anderes gehört heute fast zu den Unmöglichfeiten. In den Zeiten der Keilschriftmedizin und beinahe so lange als die altorientalische Weltanschauung die Medizin beherrschte, konnte eine solche internationale Verlegung der Praxis sehr leicht sogar gegen den Willen des Arztes durch die Einrichtungen der Verbannung und der Sklaverei erfolgen. Bei der Schwierigkeit des Verkehrs im Altertume sind diese häufigen unfreiwilligen Verschleppungen sehr wichtig für die Verbreitung neuer Errungenschaften medizinischer Empirie wie der Schlußfolgerungen des internationalen Systems. Bei Herodot ergiebt die Erzählung vom Arzt Demokedes solche Verschleppungen ägyptischer und griechischer Ärzte nach dem Gebiete der Keilschriftkultur.

Ein vorderasiatischer Mittelpunkt solchen medizinischen Austausches kann gegenwärtig in Einzelheiten noch nicht gewürdigt wer= den. Ich meine Sardes. Wenn wir in Herodot, in der Menonia und anderen griechischen Schriften nach den Wegen des Importes ägyptischer oder babylonischer Medizin suchen wollen, so stößt uns immer wieder Sardes auf und zwar in einer Rolle, welche weit diejenige überragt, welche wir von der Hauptstadt einer persischen Satrapie also einer Stadt zweiten Ranges erwarten sollten. Hier ist eine Stadt, welche aus der alten Herrlichkeit des Phrygerreiches und Lyderreiches ihren Ruf als medizinische Zentrale gerettet hatte und die benachbarten Provinzstädte griechischer Nationalität Kos und Knidos durch Ableger ihrer medizinischen Wissenschaft zu unsterblichem Ruhme führte. Was wir von der Medizin von Sardes wissen können, stammt aus zweiter Hand. Ein phrygisch- lydisches Altertum in dem Sinne, wie das ägyptische oder babylonische Altertum können wir bei dem Mangel lesbarer nationaler Litteratur wenigstens heute nicht neu vor unseren Augen erstehen lassen. Troydem darf bei den Auslandsbeziehungen der Keilschriftmedizin Sardes nicht ganz vergessen werden. Noch weniger sind einstweilen die medizinischen

Beziehungen der babylonischen Kultur nach dem Osten und Nordosten klar liegend.

Ein vielgenanntes Volk ist anzufügen. Es sind die Phöniker. Wenn die Übersetzungen medizinisch- ägyptischer Terte durch Ebers und die entsprechende keilschriftlicher Terte durch Sayce gültig sind, so würden die Phöniker in beiden Fällen erwähnt. Bei griechischer und römischer Medizin ist es sicherlich der Fall. Und doch möchte ich nicht von dem internationalen Einflusse phönikischer Medizin sprechen. Die übrigen Völker vermitteln sich gegenseitig medizinische Kenntnisse und treten damit wechselweise in der Rolle von Lehrer und Schüler auf. Die Phöniker sind aber einzig und allein Kaufleute. Nicht medizinische Kenntnisse vervollkommnen oder ver= mitteln sie, sondern nur die Arzneidrogen vermitteln sie von Land zu Land, überall wo sich Berichte über dieselben in Verbindung mit der Geschichte der Medizin bringen lassen. Der Vermutung ist allerdings Raum zu geben, daß den Phönikern die Verschleppung in Sklaverei geratener Ärzte in möglichst ferne Länder als lohnendes Geschäft sehr nahe lag. Wir müssen nur im Auge behalten, daß sich der Kranke immer und überall an jeden Strohhalm flammert und daß er hofft, ein Arzt aus möglichster Ferne möge ihn endlich zu heilen vermögen. Glückte dies wirklich, so war der Profit für den Phöniker außer dem hohen Preise des Menschen= handel ein zweiter. Der fremde Arzt kannte die Arzneipflanzen seiner neuen Heimat nicht und blieb stets auf seine erlernten Kennt= nisse der Arzneipflanzen seines Geburtslandes angewiesen und damit auf den ferneren lohnenden Arzneiimport durch die Phöniker.

Im Mittelalter finden wir einmal ganz ähnliche Verhältnisse, als ursprüngliche Sklaven von der Nordküste Afrikas, nachherige christliche Convertiten, z. B. Constantinus Africanus, arabische Medizin und arabische Drogen dem christlichen Norden vermittelten.

Bei diesen Verschleppungen und den fortwährenden Änderungen der Krankheitslehre, aber immer strenge im Rahmen des Systems der alten Weltanschauung, ist besonders der Hang der Vertreter praktischer Medizin zu beachten, auf nebensächliche Äußerlichkeiten entscheidendes Gewicht zu legen und solche Äußerlichkeiten, welche wohl im System eine Stüße finden konnten, aber nach heutiger wissenschaftlicher Überzeugung lächerlich nebensächlich sind, von Jahrtausenden zu Jahrtausenden und von Land zu Land zu ver= schleppen.

Wo stände die heutige Chirurgie ohne die vielen Instrumente

aus Stahl und Eisen. Eine alte Tradition hat aber der Volksglaube erhalten. Eisenrost soll das gefährlichste Gift für eine Wunde sein. Wird irgend eine Wunde mit den gefährlichen Organismen der Tetanuskeime infiziert, so weiß sicherlich der Laie in altabergläubischer Tradition dem Arzte von dem Roste an einer Schneide oder an einem Nagel zu erzählen, welcher diese Wendung der Verlegung veranlaßt hat. Ja, dem Arzt auf dem Lande, der die Fühlung mit der fortschreitenden Wissenschaft verliert, wird diese altväterische Ansicht so oft wiederholt von seiner Umgebung entgegen gebracht, daß er zulezt nach wenig Jahren unter der Wirkung dieser fortgesezten Suggestion die Lehre von der Rostinfektion der Wunden dem Bestande seines medizinischen Glaubensbekenntnisses einverleibt. Allerdings bis auf die ursprüngliche Form des längst widerlegten Glaubenssages, daß schon Eisen und Stahl an und für sich durch ihre Berührung jede Wunde vergiften, kann der moderne Äskulapsjünger nicht mehr zurückfallen, da er auch bei spärlicher Ausstattung seines Instrumentariums doch immerhin einige Instrumente aus Stahl sein eigen nennen muß, deren Bestimmung das Sezen oder Berühren von Wunden ist. Und auch die Erinnerung an seinen Lehrer der Chirurgie kann ihm nie ganz verloren gehen, der mit Stahl und Eisen in früher unzugängliche Körperhöhlen eindringt. Aber er sagt doch unbewußt in alter Anschauung, daß er jeine Instrumente reinige, um sie blank und rostfrei zu halten, während doch richtiger nur von keimfreien Instrumenten als Zweck der Reinigung gesprochen werden müßte.

Die Zeit der römischen Kaiser war hier konsequenter. An den verschiedensten Orten Italiens, der Schweiz, der Rheinlande u. s. w. sind sehr viele chirurgische Instrumente der römischen Kaiserzeit gefunden worden. Sie sind alle aus Bronze. Irgend welche Anhaltspunkte auch nur für vereinzelte chirurgische Instrumente aus Stahl oder Eisen haben sich nicht ergeben, weil natürlich auch keine solchen Instrumente vorhanden sein konnten bei der angeblichen Gefahr einer Wundvergiftung. Etwas anderes war es, wenn verhältnismäßig früh und in verhältnismäßig rascher Verallgemeinerung eiserne Kriegswaffen in Gebrauch kamen. Im Geiste jener Zeiten war das giftigste Metall das geeignetste, um dem Feinde Wunden zu schlagen. Für die Technik des Altertums blieb die Gewinnung des Eisens stets weit schwieriger, als die der anderen bekannten Metalle. Aber man wußte Mittel und Wege, selbst diese Schwierig= keiten für den Massenbedarf zu beseitigen, um sich das gefährlichste

Waffenmetall zu verschaffen. Da im Interesse der Schärfe der Waffe die Schneide blank gehalten werden mußte, brachte man gegen den Rücken der Klinge die heute noch traditionelle nicht blanke Längsfurche als Blutrinne an, welche in der heutigen Technik als durch die davor liegende Verstärkungsrippe entstanden erscheint. Alles dies nur, um die Kriegswunden möglichst gefährlich werden zu lassen! Im Alltagsleben hatte das Bronzezeitalter dem Eisenalter weichen müssen noch als Babylon den Anspruch erhob, die Hauptstadt der Welt zu sein. In der Chirurgie dauerte aber die Bronzezeit bis in die Herrschaft der römischen Kaiser herein.

Dieser Hang am Alten läßt uns manche neue Beleuchtung der Chirurgie der klassischen Völker erhoffen, wenn erst einmal die Einblicke in die Medizin der Keilschriftkultur ein zusammenhängendes Bild gestatten. Daß die Bronzezeit in der Chirurgie soweit in die Eisenzeit des Alltagslebens hereingreift, verlängert die Bronzezeit der Chirurgie feineswegs gegenüber der Bronzezeit des Alltags= lebens. Es finden sich Anhaltspunkte, daß auch in die Bronzezeit des Alltagslebens ebenso starr traditionell die Steinzeit der Chirurgie übergriff. Die Chirurgie oder vielmehr die ganze Medizin erscheint somit stets um ein Jahrtausend gegen die Entwicklung des Alltagslebens rückständig. So kann umgekehrt ein Mann, der einzig das Verdienst hat, auch in seiner Wissenschaft voll und 'ganz konsequent moderner Weltanschauung anzugehören, wie Virchow, die Medizin um Jahrhunderte vorwärts fördern und teilweise seinen Berufsgenossen, nur halb verstanden, vorauseilen, weil die übrigen Standesgenossen, soweit sie der Durchschnittskultur angehören, um 1000 Jahre zurückstehen.

Da medizinische Anschauungen aller Zeitalter vielfach nur der Ausfluß von allgemeinerer Weltanschauung abgelaufener Zeitperioden sind, werden wir zum richtigen Verständnis der klassischen Medizin die Keilschrift und Hieroglyphenmedizin heranzuziehen gezwungen, wie auch der Bearbeiter von medizinischen Keilschriftterten stets in Fühlung mit der Medizin der klassischen Völker bleiben muß.

Wie dies Verhältnis zu verstehen ist, erläutert das Beispiel am besten. Aradnana, ein Hofchirurg, schreibt an den König gelegentlich einer anderen geschäftlichen Mitteilung (K 519): Betreffs des Patienten mit den Blutungen aus der Nase sagte der Rabmugi zu mir, daß gestern gegen Abend eine Blutung auftrat. Der Verband des Patienten ist nämlich ein chirurgischer Kunstfehler. Denn auf die Nasennüstern ist er befestigt, so daß sie die Atmung be=

hindern und die Blutung dennoch durch den Mund nach hinten erfolgen kann. Lasse doch die Nase tamponieren, so wird der Luftdurchtritt ganz gehemmt und die Blutung wird abgeschlossen. Wenn es vor dem König, meinem Herrn, angenehm ist, so will ich morgen entsprechende Anweisungen geben. Nun möchte ich Antwort, was darauf hin beschlossen wird".

Zum Verständnis dieses assyrischen Briefes muß verglichen werden, was ein griechischer Schriftsteller im hippokratischen Buche de articulis von den Nasenverbänden sagt. „Es giebt mehr als eine Bruchart, wenn die Nase gebrochen wird. Diejenigen, welche unklug genug sind, an zierlichen Verbänden Gefallen zu finden, täuschen sich zwar auch oft in andern Fällen, am meisten aber beim Bruche der Nasenknochen. Dieser Verband nämlich ist der komplizierteste unter allen, ähnelt an den meisten Stellen der Hobelspanbinde und läßt die mannigfaltigsten rautenförmigen Zwischenräume auf der Haut ganz unbedeckt. Diejenigen nun, welche, wie gesagt, Freunde eines solchen sinnlosen wundärztlichen Verfahrens sind, sind gleich bereit, jede gebrochene Nase zu verbinden. Einen oder zwei Tage hat der Wundarzt Freude an seinem Verbande, und auch der verbundene Patient freut sich damit; dann aber wird er desselben schnell überdrüssig, weil er ihm eine lästige Bürde ist. Dem Wundarzte genügt es, wenn er dargethan hat, daß er eine Nase auf differente Art zu verbinden wisse. Diese Verbandweise aber bewirkt gerade das Gegenteil von allem, was sie leisten soll. Denn offenbar werden entweder diejenigen, welche infolge des Bruches eine breite, oben eingedrückte Nase bekommen, noch breitnäsiger, oder der oberwärts fest angelegte Verband gewährt offenbar denen, welchen die Nase nach dieser oder jener Seite entweder am Knorpel oder am oberen Teile schief gebogen wird, nicht nur keinen Nußen, sondern schadet gewöhnlich vielmehr. Die von der einen Nasenseite solchergestalt angelegten Kompressen entsprechen dem Erfordernisse, das nach der anderen Seite hinstehende zu unterstüßen, nicht, wiewohl die den Verband Anlegenden dies nicht einmal thun. Am Vorteilhaftesten scheint mir noch der Verband zu sein, wenn das Fleisch über dem Knochen auf dem Nasenrücken längs der Kuppe von beiden Seiten zusammengequetscht wird, oder, wenn das Nasenbein bisweilen nur wenig beschädigt worden ist. In diesen Fällen nämlich bekommt die Nase eine Knochennarbe und eine längliche runde Unebenheit. Diese Fälle bedürfen auch keines komplizierten Verbandes, wenn durchaus ein Verband erforderlich ist. Es genügt

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