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Chirurgie die Folgen von Gesundheitsschädigungen zu beseitigen, und sich gegen die immer wiederkehrenden Angriffe von Parasiten als ursprünglichste medizinische Behandlung zu wenden. Bei manchen Vögeln finden wir sogar eine Unterweisung im Parasitenfang und zwar der Kinder durch die Eltern. Der Urmensch lag nach seinen Lebensbedingungen in einem ständigen Kampfe mit dem Ungeziefer und der Urmensch im Krankheitsfalle war in seinem Bestreben der Unterdrückung seiner Parasiten weniger erfolgreich, als die Affen unserer Menagerien, welche sich fortwährend den Pelz absuchen. Beim franken Urmenschen nahm stets das Ungeziefer naturnotwendig erschreckend überhand.

Die modernste Medizin sucht wieder jede Krankheit auf einen Parasiten allerdings in Europa auf pflanzliche Parasiten zurückzuführen. Wenn nun die Brüsseler Museen schon aus der Steinzeit die Werkzeuge eines Perlfabrikanten in einem Funde vereint besizen, so ist die Differenzierung von Berufen mit hohen Sammelkenntnissen, wozu auch die Ärzte gehören, eine uralte. Der berufsmäßige Bekämpfer von Ungeziefer ergiebt sich aus der primitiven Eigenmedizin der Tiere als erster Arzt der Urmenschen und die höchste Stufe moderner wissenschaftlicher Medizin ist die Bekämpfung der Parasiten. Das würde eine geradlinige Entwicklung der Medizin in dieser engbegrenzten Bahn als das wahrscheinlichste ergeben.

Doch die ältesten Belege der Medizin in Keilschrift- und Hieroglyphenkultur lassen den Stand der Medizin weit ab von dieser Bahn erscheinen. Es tritt uns ein System entgegen, das den Körper aus verschiedenen Grundstoffen (sowohl fester, als flüssiger, als gasförmiger Beschaffenheit) zusammengesezt sein läßt. Alle Krankheit beruht auf Gleichgewichtsstörungen dieser Grundstoffe und diese Störungen sind wieder abhängig von Jahreszeiten und damit von Sternstellungen. Es werden dafür parallele Vorgänge im Makrokosmos und Mikrokosmos zur Erklärung herangezogen u. s. w., u. s. w. Es zeigt sich hier in griechischer Zeit und Mittelalter die Medizin in das gleiche System eingezwängt, wie in der Keilschriftkultur.

Es fragt sich nun, ob wir einen Anhaltspunkt für die Zeit dieser Einzwängung besigen. Wir finden erweislich das Schwarzschlangenfett 1600 v. Chr. und 1000 n. Chr., den Bilsensamenmilchauszug 1600 v. Chr. und 1300 n. Chr. und die Geschlechtsprüfung des Ungeborenen mit ähnlichen Zeitdifferenzen neben vielen anderen Punkten belegt; es haben sich hier durch verschiedene Länder und verschiedene Sprachen über 3000 Jahre medizinische Angaben

mit kleinlichsten Details verschleppt. Es ist also kein blinder Köhlerglaube, wenn wir Terten mit der Niederschrift um 1500 v. Chr. glauben, welche noch dazu eine ganz altertümliche Sprache besigen, daß sie nochmals 2 Jahrtausende älter abgefaßt sind. Dies ist in Ägypten der Fall, wo sich Teile des Papyrus Ebers, des Papyrus Brugsch und des Londoner Papyrus ein Alter bis auf die Pyramidenzeit zurück zuschreiben.

Ziemlich dasselbe Alter, wenigstens nach der vielbezweifelten Datierung Nabunaid's schreiben sich medizinisch-prognostische Texte der Kouyunjik-Sammlung zu, wenn sie unter Naramsin abgefaßt sein wollen. Winckler verlegt nach der Präzession des Frühjahrsäquinoktium die Entstehung der altorientalischen Weltanschauung, welche auch dem mehr erwähnten medizinischen Systeme zu Grunde liegt, auf die Zeit zwischen 6000 und 3500 v. Chr. nach dem genauen Wortlaute allerdings 5000 und 2500. Jedenfalls wurde ein so sehr einheitliches System nicht erst im Laufe der Jahrtausende auf andere Gebiete z. B. die Medizin übertragen, sondern sofort in den ersten Jahrhunderten. Wir sehen ja in gleicher Weise die Descendenztheorie mit Zuchtwahl 2c. im Laufe weniger Jahrzehnte mit einigen kleinen Schwankungen alle Naturwissenschaften und die Medizin in ihr Schema zwingen. Und ohne Beherrschung dieser neuen Theorie ist es heute gar nicht mehr möglich, auch nur in den gröbsten Umrissen den Formenreichtum heutiger und vorweltlicher Lebewesen zu überblicken. Ebenso rasch oder nur wenig langsamer ist wohl auch die altorientalische Weltanschauung zur Systematiesierung teilweise damals schon uralter medizinischer Erfahrungen benügt worden. Wollen wir darum die ägyptischen und assyrischbabylonischen medizinischen Datierungen in der Weise auffassen, daß die älteste Zeit des Systems als die klassische Zeit des Systems betrachtet wird und daß von da ab die schon im Papyrus Ebers (um 1600 v. Chr.) erkennbar weit vorgeschrittene Verknöcherung alles medizinischen Wissens langsam ihren Anfang genommen hat, so würde man für die Medizin in Ägypten die Zeit von Kenkenes, Sethenes und Cheops, für die Medizin in Babylonien die von Nabunaid angenommene Zeit Naramsins als Beginn des Systems erhalten. Damit würde man noch in die Ansehung von Winckler hineinkommen, aber ziemlich an das Ende (also rund 3500 v. Chr.).

Ob ein anderes System schon vorher die medizinische Empirie in gewisse Fesseln geschlagen hatte oder ob die bis dahin systemlose

Empirie nur möglichst großen Sammelbesig eigener und vererbter Einzelerfahrungen als Eigenschaft des Arztes anerkannte, ist einstweilen nicht mit Sicherheit zu entscheiden.

Winckler verlegt die Entstehung der altorientalischen Weltan= schauung aus bestimmten Gründen nach Babylonien. Nach der Wahrscheinlichkeit würde hier, wenn wir dem späten Griechen Herodot mit allem Vorbehalt glauben wollen, noch eine Erinnerung an die Zeit ohne System bewahrt geblieben sein, indem er Babylon ohne Ärzte schildert und die Kranken auf zufällige Erfahrungen von Neben= menschen angewiesen sein läßt.

Bis ungefähr 1500 n. Chr. herrscht die altorientalische Weltanschauung in der Medizin fast unbeschränkt. In der Neuzeit ist diese Weltanschauung in kleinen Abänderungen noch die Überzeugung der Volksmedizin. Und da und dort erheben sich bei Vertretern der medizinischen Wissenschaft der neuesten Zeit Ansichten, welche neuerdings humoralpathologische, vitalistische 2c. Lehren zu allge= meiner Geltung zu bringen versuchen, was einer Rehabilitierung der alten Medizin gleichfäme. Wenn also die Medizin in altorien= talischer Weltanschauung und ihren Ausläufern wirklich endgültig aus der Wissenschaft beseitigt wäre, so hätte sie ziemlich genau fünf Jahrtausende geherrscht. In dieser Zeit war diese systematisierte Medizin mit geringen Abweichungen bei allen Kulturvölkern vom Osten Asiens bis zum Westen Afrikas giltig, obwohl allerdings die Chinesen die Abfassung ihres ältesten medizinischen Buches des NeiKing erst auf 2698 bis 2599 v. Chr. verlegen.

Wenigstens innerhalb 4000 Jahre hatte jedes heute noch le= bende Naturvolk ein oder das andere Mal Gelegenheit, mit dieser alten systematisierten Medizin in Berührung zu kommen. So besteht durchaus kein zwingender Grund für gleichartige medizinische Ansichten oder Behandlungen bei weit entlegenen Völkern den Völkergedanken Bastians in Anspruch zu nehmen. Wir dürfen aber darnach auch nicht aus Beobachtungen bei sogenannten Naturvölkern das bunte Mosaik der angeblichen Urmedizin des Menschen rekonstruieren, da diese Naturvölker nur treue Wahrer von Resten alter Wissenschaft sind.

Wenn wir nun um 3500 v. Chr. eine Systematisierung der Medizin in altorientalischer Weltanschauung annehmen müssen, so bietet von da ab die chronologische Entwicklung der Medizin viele

Schwierigkeiten. Die Nachweise sind noch recht lückenhaft und für die Keilschriftmedizin fast nur auf die Regierungszeit Assurbanipals (668-626) beschränkt. Und doch zeigt sich schon hier das sprunghafte Verhalten, das auch die Medizin bis zum Beginn der Neuzeit erkennen läßt. Die Medizin, welche ein bestimmtes System nicht verlassen darf, macht doch ihre Entwicklung durch, meist allerdings in der Bahn einer Sackgasse. Dann wird plöglich diese Entwicklung unterbrochen und auf altorthodore Texte zurückgegriffen. Aus solch später Wiedergeburt sind uns die ältesten Terte erhalten. Dürfen wir aber auch überall diesen Texten trauen? Kann uns nicht vielleicht die Zeit der Wiedergeburt mit Falsifikaten betrügen? Oder kann die Wiedergeburt nicht selbst durch solche Falsifikate betrogen sein? Für Kenner der Geschichte der Medizin sei nur an das mittelalterliche Falsifikat des Macer Floridus und an die innige Vermengung echter hippokratischer Schriften mit pseudippokratischen Schriften erinnert.

Im Ganzen haben wir aber keinen Grund, die Rückdatierung der Keilschriftterte zu bezweifeln und ist darum schon oben von diesen Datierungen Gebrauch gemacht worden. Der Konstantinopler medizinische Keilschrifttert enthält einerseits eine wörtliche Parallele mit einem ägyptischen Texte, der sich auf das 16. Jahrhundert v. Chr. datieren läßt und außerdem enthält dieser Text ein gleichlautendes Rezept mit einem Terte der Assurbanipalbibliothek. Wenn also diese ganz zufällige, uns noch zugängliche Stichprobe bei einem Abstande von 1000 Jahren das gleiche Rezept ergiebt, so ist eine Ansehung aus anderen Gründen, welche 3000 Jahre eine Überlieferung von unveränderten medizinischen Texten erfordert, nicht unglaubwürdig.

Bei einer Betrachtung in dieser Weise werden die assyrischen medizinischen Texte zu Belegen der babylonischen Medizin. Aber diese babylonische Medizin ist fast ausschließlich in assyrischer Überlieferung zugänglich. Aber auch die ägyptische Medizin wäre dann wenigstens zum Teil babylonische Entlehnung. Das Gleiche kann von der chinesischen Medizin vermutet werden. Dieselbe ist in ihren theoretischen Ansichten enge mit der um 3500 systematisierten Medizin verwandt und zwar so sehr, daß von babylonischer und chinesischer Medizin gesagt werden kann, sie stünden im Verhältnis von Mutter und Tochter. Die Chinesen, welche sonst eine Vorliebe für alte Datierungen haben, datieren aber den Beginn ihrer Medizin 500 bis 1000 Jahre jünger, als wir für Babylonien

und Ägypten fanden. Schon dies würde darauf hinweisen, die chinesische Medizin als Tochter der babylonischen Medizin zu betrachten.

Der Geologe Lepsius sezt nun die lezte Eiszeit der nördlichen Halbkugel vor das Jahr 3000. In diese Zeit sehen chinesische Datierungen auch die Sintflut, wohl als Endpunkt der Eiszeit. In der Eiszeit waren unsere Kulturländer von heute größtenteils unwirtlich kalt, mit Gletschern bedeckt, welche nur ganz allmählich abschmolzen, allerdings mit der Möglichkeit, stellenweise einmal hier, das andere Mal dort, ganze Tiefländer unter Wasser zu sehen. In dieser Zeit muß der Gürtel von 20 - 30o n. Br. ohne er= schlaffend warme Sommer der Träger eines gemäßigten Kulturklimas gewesen sein, während die heutigen Kulturländer erst Völkern mit eskimoartiger Lebensweise Wohnsize boten. Es ist damit die Möglichkeit sehr leicht verständlich, daß in Babylonien zugleich mit oder kurz nach der altorientalischen Weltanschauung die gleicherweise syste matisierte Medizin entstand und nun im Laufe der Jahrtausende in der Weise nach Norden wanderte, wie neue Gebiete und neue Länder von den eskimoartigen Lebensbedingungen zu Kulturländern sich umgestalteten und die eskimoartigen Lebensbedingungen mehr nach Norden rückten. Der Begriff der Sintflut würde, nebenbei bemerkt, damit für die verschiedenen Länder kein gleichzeitiger und für das einzelne Land eine Periode von Überschwemmungen und keine zusammenhängende Zeit der Überschwemmung. Es sind die Perioden der gewaltigen jährlichen Überschwemmungen im Tief land zur Zeit des rapidesten Gletscherrückganges in den Vorbergen.

Die Zusammengehörigkeit der systematisierten Medizin aller Kulturländer der alten Welt zeigt sich in manchen gemeinsamen Folgeerscheinungen. Als Beispiel sei das Gefäßsystem gewählt. Überall finden wir Arterien, Venen, Nerven, Sehnen, Bänder, Luftröhre, Speiseröhre, Uretheren und Penis unter einem einheitlichen Worte zusammengefaßt oder es gehen Bezeichnungen für einen dieser Körperteile gelegentlich auf die anderen über. Kein Mezger, welcher seiner fünf Sinne mächtig ist, würde bei nüchterner Beobachtung ohne vorherige theoretische Eingenommenheit auf solch gezwungene Konfusion verfallen. Nur der Schüler, welcher vom Lehrer blind geleitet wird, kann immer wieder urteilslos so etwas nachsprechen, weil er im System befangen ist. Der Franzose läßt heute noch im sprachlichen Ausdruck die Brechneigung im Herzen entstehen. Es ist dies eine Vermengung der Bezeichnungen von Magen und Herz. Auch diese Konfusion von Herz und Magen ist international,

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