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verflachen. Oder die Sprache der Gasse wird hineingezogen in die gebildete Unterhaltung, das Höhere und Edlere wird mit niederen Ausdrücken bezeichnet (der Student futtert statt zu essen, er bewohnt eine Bude statt eines Zimmers), wodurch denn allmählich zahlreiche Worte in die Umgangssprache emporgehoben und veredelt werden.

Indes es bedarf nicht weiterer Einzelheiten; worauf es hier ankommt, ist dies: das Sprechen ist wie das Wahrnehmen jederzeit eine Angelegenheit der ganzen Seele. Die Entstehung wie die Erhaltung und weitere Fortbildung der Sprache ist das naturgemäße Ergebnis der Gesamtkräfte des Seelenlebens. Hinsichtlich der bloßen Form der gebrauchten Worte und ihrer äußeren Verknüpfung wie hinsichtlich ihrer Wahl zum Ausdruck seiner Gedanken und ihrer Häufung zu wechselseitiger Bestimmung ihrer Bedeutung wird der Sprechende jederzeit bestimmt von der Art, wie er sich früher ausgedrückt hat oder in ähnlichen Fällen ausdrücken würde, von den Anschauungen über die Dinge, die er erworben hat und die vorwiegend für ihn in Betracht kommen, sowie namentlich von den Zwecken, die er im allgemeinen und in dem jeweiligen besonderen Falle verfolgt. Nicht natürlich in bewußter Berücksichtigung aller dieser Momente, sondern so, daß sie ohne sein Wissen gleichsam in ihm arbeiten, weil es die Natur seiner Seele ist, in allen ihren Betätigungen so bestimmt zu werden. Der große Hauptzweck der Verständigung, dem die Sprache dient, wirkt dabei begreiflicherweise mit besonderer Kraft in der Richtung auf eine Ausgleichung der ursprünglichen Verschiedenheiten des individuellen Sprechens und auf beständige Festhaltung des einmal Gewonnenen innerhalb des Wechsels der Generationen. Allein beides wird bei der sich selbst überlassenen Sprache nie völlig erreicht. Die Eigenart der Einzelseelen und die Verschiedenheit der Umstände, unter denen sie stehen, wie der Zwecke, die sie verfolgen, macht sich dauernd geltend in individuellen Besonderheiten der Handhabung der Sprache, und der Wechsel der Individuen wie der Umstände und Zwecke bedingt unvermeidlich bald langsame, bald plötzliche Verschiebungen. Das Bestehen einer Schriftsprache verlangsamt den Prozeß sehr bedeutend; man kann auch künstlich abzuhelfen suchen durch Einführung einer reinen Begriffssprache oder durch Aufzwängung einer Normalsprache mit unabänderlich festen Regeln und sprachlichen Formen. Aber damit werden andere wertvolle Eigenschaften der Sprache geopfert oder doch geschädigt. Eine durch Zwang konstant erhaltene Sprache wird sehr bald, wenn sie es nicht von vornherein ist, eine tote Sprache, und das Tote ist ein schlechter Ausdruck des Lebendigen. Kraft, Schönheit und vor allem Wahrheit der Sprache in der Wiedergabe der Gedanken sind ohne Verkümmerung nur zu haben um den Preis jener, durch das Seelenleben nun einmal bedingten und vom Standpunkte des bloßen Verständigungszweckes freilich nachteilig zu nennenden Eigentümlichkeiten.

4. Bedeutung der Sprache. Doch mit diesen Erörterungen über das Leben der Sprache sind wir von dem Wege abgekommen, der uns

überhaupt zu ihr geführt hat, und lenken nun dahin zurück. Welche Bedeutung hat die Sprache, ganz abgesehen von der ungeheuren Wichtigkeit, die sie als Verständigungsmittel für das menschliche Gemeinschaftsleben besitzt, für das individuelle Seelenleben rein als solches und für seine Entwicklung? In der Hauptsache wurde es oben schon gesagt: sie ermöglicht eine Steigerung des abstrahierenden Denkens bis zu den äußersten erreichbaren Höhen, die vollständigste Auflösung des in der Anschauungs-, Gedanken- und Gefühlswelt Gegebenen bis in seine letzten Elemente und deren Umordnung zu neuen, zunächst nach ihrer Ähnlichkeit gegliederten und dann nach mancherlei Zwecken zusammengefügten Verbänden. Was wären Vorstellungen wie Beschleunigung, Tonhöhe, Irrationalzahl, Atomwärme, Gerechtigkeit, Seligkeit ohne die Sprache? sie sind schlechthin undenkbar ohne sie. Diese Steigerung der Abstraktion bedeutet aber zugleich Steigerung der Macht unseres Denkens über die Dinge in den beiden oben (S. 107) berührten Hinsichten. Einmal in der Auffindung der die Dinge beherrschenden Gesetzmäßigkeiten. Wie die Körper fallen, wenn man sie wirft oder losläßt, ist zunächst schwer zu sagen: die einen schnell, die anderen langsam, wieder andere gar nicht, sie fliegen in die Höhe. Aber wenn man sich die Luft wegdenkt und den Begriff der Beschleunigung bildet, ist die Sache überaus einfach, gültig für irdische und himmlische Körper: sie fallen mit konstanter Beschleunigung. Und so in unzähligen Fällen. Physikalische Gesetze, chemische Gesetze, sprachliche, psychologische u. a. Gesetze hängen überwiegend an der Bildung hoher Abstraktionen: Sinus oder Tangente von Winkeln, elektromotorische Kraft, Molekulargewicht, Lautwandel, Empfindungsstärke. Ohne die Sprache

aber ist keine Rede von solchen Abstraktionen und damit auch keine Rede von der Erkenntnis der an sie geknüpften Gesetzmäßigkeiten. Sodann ist höhere Abstraktheit gleichbedeutend mit einem größeren Umfang der Vorstellungen, mit einer größeren Fülle von Dingen, an denen die gedanklich herausgegriffenen wenigen Züge sich finden, und das heißt dann weiter: sie ist gleichbedeutend mit einem größeren Reichtum des stellvertretenden Denkens. Man nehme einen beliebigen allgemeinen Satz, etwa ein Wort Friedrichs des Großen:,,Jesus hat keinerlei Dogmen aufgestellt, aber die Konzilien haben gut dafür gesorgt,“ oder einen Vers eines Gedichtes:,,Füllest wieder Busch und Tal still mit Nebelglanz," oder einen allgemeinen Hinweis auf kollektivisch zusammengefaßte Dinge: ,,Die Ereignisse der letzten 30 Jahre." Welche Fülle von Anschauungen, Gedanken, Zusammenhängen, Beziehungen, Stimmungen wird dadurch angeschlagen! Direkt bewußt wird davon äußerst wenig; nur gerade so viel klingt mit, wie zum Verständnis der Worte erforderlich ist. Aber der ganze übrige Reichtum wird dem Bewußtsein nahe gebracht, unmittelbar bereitgestellt zur Verfügung der Seele und zum Dienst an ihren Zwecken, falls besondere Umstände ein näheres Eingehen nötig machen, ohne sie doch nennenswert in Anspruch zu nehmen, solange solche Umstände fehlen.

Unendlich viel eindringendere und zugleich umfassendere Beherrschung

der Dinge durch unser Denken, als sonst möglich sein würde, das ist mithin, ganz abgesehen von ihrer Bedeutung für das Gemeinschaftsleben der Menschen, die große Wirkung der Sprache. Zugleich aber leistet sie noch einen weiteren, überaus wichtigen Dienst. Die von den gleichen äußeren Eindrücken hervorgerufenen und so auch die mit den gleichen Worten verbundenen Vorstellungen sind, wie wir sahen, mannigfach verschieden von Individuum zu Individuum, verschieden auch für dasselbe Individuum zu verschiedenen Zeiten, ja sogar zu ein und derselben Zeit von einer eigentümlichen Unstetigkeit und Flüchtigkeit. Das ist alles nicht ohne Wert, insofern das Denken sich auf solche Weise den besonderen Umständen der einzelnen Individuen und des einzelnen Falles zweckmäßig anpaẞt und zugleich trotz der ihm anhaftenden Beschränktheit dem Reichtum der Dinge bis zu einem gewissen Grade durch schnellen Wechsel gerecht wird. Indes es ist auch nicht ohne erhebliche Nachteile: die Beachtung zufälliger und vielleicht untergeordneter Eigentümlichkeiten der Dinge tritt vielfach an die Stelle der großen und allgemein wichtigen Grundzüge ihres Seins und Verhaltens; Mitteilung und richtiges Verständnis der Gedanken werden erschwert. Die Sprache ermöglicht, wenn auch nicht eine Beseitigung, so doch eine wesentliche Einschränkung dieser Mängel. Sie legt die Bedeutung der die Dinge bezeichnenden Worte fest durch Beigabe einer Anzahl von näher erläuternden und bestimmenden Worten, durch eine Definition, und erhebt dadurch das unbestimmte und schwankende Vorstellen zum begrifflichen Denken. Was heißt im täglichen Leben nicht alles Kreis, Energie, Freiheit, im eigentlichen Sinne und seinen immer weiter greifenden Übertragungen (wie Freundeskreis, Portofreiheit)? Aber der Physiker definiert: Energie ist für mich die Fähigkeit, mechanische Arbeit zu leisten, weiter nichts, der Philosoph: frei ist ein Wesen, das unbehindert durch äußeren Zwang allein aus der Gesetzmäßigkeit seiner Natur handelt, und indem nun die definierten Worte durch das Anklingen der definierenden gedacht werden, haben sie eben in diesen eine für alle übereinstimmende und konstante Bedeutung. Freilich, genau genommen gilt von den definierenden Worten. wieder dasselbe wie für alle Worte: auch ihr Sinn ist nicht völlig bestimmt und fest begrenzt; um es zu werden, müßten auch sie erst wieder definiert werden usf. Der Begriff ist also, sofern er eine vollkommen bestimmte und für alle jederzeit identische Vorstellung sein soll, nie zu Ende zu denken; er ist ein Ideal, eine Forderung, zu deren Erfüllung, zumal beim flüchtigen Denken, ein paar Schritte geschehen oder ein kurzer Anlauf genommen wird, um dann abzubrechen. Gleichwohl ist auch so schon der Gewinn gegenüber dem nicht begrifflichen Denken ein ungeheurer; alles umfassendere und zusammenhängende Wissen beruht darauf.

Literatur.

Gesamtdarstellung: W. WUNDT, Völkerpsychologie. Bd. 1 in 2 Tln.: Die Sprache. 2. Aufl. (1904).

Eingehendste Darstellung der Kindersprache: CL. und W. STERN, Die Kindersprache (1907. Mit vollständigem Literaturverzeichnis). Sonst besonders hervorzuheben: E. MEUMANN, Die Entstehung der ersten Wortbedeutungen beim Kinde (1902).

Beziehung zum Gehirn: H. SACHS, Gehirn und Sprache (1905).

§ 18. Denken und Erkennen.

1. Denken. In dem Wahrnehmen und zum Teil auch in dem Erinnern bleibt unsere Vorstellungstätigkeit in enger Beziehung zu dem sinnlich Gegebenen, in der Abstraktion verselbständigt sie sich und entfernt sich von ihm in einer Richtung, sozusagen in die Höhe. Sie vermag aber, indem sie es tut, sich zugleich auch in einer anderen Richtung von ihm zu entfernen, in die Breite und Weite. Ich erhalte den Brief eines Freundes. Ich lese die Worte und verstehe ihren Sinn; allgemeine Erinnerungen werden wach von der Person des Freundes und meinem Zusammensein mit ihm. Aber dabei bleibt es nicht; mein Vorstellen wird weitergeführt. Wie mag es ihm jetzt wohl gehen? Ähnlich wie mir, der ich seit unserer Trennung vereinsamt bin? Oder hat er bei seiner größeren Beweglichkeit neuen Anschluß gefunden? usw. Aus dem Wahrnehmen entwickelt sich, wie nach der einen Seite das abstrakte Vorstellen, so nach der anderen, nicht getrennt von diesem, sondern sich seiner bedienend, das Denken und Nachdenken.

Was ist das: Denken? d. h. geordnetes und zusammenhängendes Denken? Vielleicht wird verständlicher, was es ist, wenn zuvor gesagt wird, was es nicht ist, wozu es im Gegensatz steht. Dessen ist ein Zwiefaches.

Einmal ist Denken nicht Träumen. Die Teile eines Traumes hängen zumeist zwar zusammen; das folgende Glied ist durch irgendeine Ähnlichkeit oder die Gemeinschaft eines gleichzeitigen Erlebtseins mit dem vorangehenden verbunden. Aber sie hängen überwiegend zusammen wie die Glieder einer Kette, je eines mit seinen beiden Nachbarn. Etwas, was mit ihnen allen verbunden ist und nicht nur verbunden ist, sondern sie auch sämtlich zu einer Einheit zusammenschließt, fehlt. Die höchsten Grade dieses bloß kettenhaften Zusammenhängens zeigt bisweilen das ideenflüchtige Vorstellen der Irren. Kennen Sie Goethe?,,Ach, Goethe und Schiller; Schillerstraße, Schillerplatz; Schauspielhaus und Opernhaus; durch die Wälder, durch die Auen." Sprachliche Anklänge, geläufige Wortverbindungen, räumliches Zusammensein von Dingen, alles mögliche führt weiter in buntem Wechsel, vom Hundertsten ins Tausendste, bis durch einen dazwischenfahrenden neuen Sinneseindruck oder durch eine ganz abrupt auftretende Vorstellung, einen sogenannten Einfall, die eine Reihe abgebrochen wird und eine neue beginnt. Bei dem Überwiegen solcher abrupten neuen Anfänge spricht man von Zerfahrenheit.

Sodann ist Denken nicht Grübeln, nicht dauerndes Verharren oder immer wiederholtes Zurückkehren einer einzigen, in stets gleicher Weise sich darbietenden Vorstellung, wie wenn man fortwährend von einer bangen

Erwartung gequält wird, eine Melodie oder Redensart zu seinem eigenen Ärger nicht wieder loswerden kann, oder von dem hartnäckigen Zweifel, ob man das Haus auch richtig abgeschlossen habe, am Einschlafen gehindert wird. Auch dieser Gegensatz zeigt seine höchsten Grade in Zuständen geistiger Erkrankung: in den Zwangsvorstellungen der Irren, z. B. in einem unablässig empfundenen Drange, andere zu töten, oder in der das ganze Dasein beherrschenden Vorstellung, sündhaft und schlecht zu sein. Geordnetes Denken, kann man sagen, ist ein Mittleres zwischen Ideenflucht und Zwangsvorstellungen. Es besteht in einer Abfolge von Vorstellungen, die nicht bloß obschon dies auch als Glieder einer Reihe assoziativ zusammenhängen, sondern zugleich einer anderen, sie beherrschenden Vorstellung untergeordnet und eingeordnet sind, die zu einer Obervorstellung sämtlich dadurch Beziehungen haben, daß sie in ihr als Teile eines Ganzen zusammengehören. Eine einheitliche Anschauung, wie die einer Landschaft, eines Wettkampfs, eines Kunstwerks, oder ein einheitlicher Gedanke, wie der an meinen Beruf, meine Bestrebungen, die Zukunft des Deutschen Reichs, entfalten in dem Denken in geordneter und selbst wieder assoziativ bestimmter Folge den Reichtum ihres Inhalts, sie gehen in die Teilanschauungen und Teilgedanken auseinander, die in ihnen enthalten sind, die aber in einem einzelnen Vorstellungsakt nicht zu vollem Bewußtsein gelangen, sondern höchstens stellvertretend gedacht werden können. Ist eine solche Darlegung erfolgt, so macht die jeweilig herrschende Vorstellung einer anderen Platz; das Denken schreitet fort zu der Entfaltung eines anderen einheitlichen Ganzen. Dabei können die verschiedenen herrschenden oder Obervorstellungen, die so einander ablösen, selbst bloß reihenweise zusammenhängen, auch durch neue Wahrnehmungen ganz außer Zusammenhang mit dem Bisherigen hervorgerufen werden so geschieht es in der zwanglosen Unterhaltung, beim Briefschreiben, beim Ausruhen von der Arbeit. Oder sie können wieder gruppenweise höheren Obervorstellungen untergeordnet sein, diese abermals höheren usw., so daß das Ganze unter Umständen ein höchst umfassendes und reichgegliedertes System von herrschenden und dienenden Vorstellungen verschiedenen Grades bildet. Bei allem absichtlichen Denken, z. B. im Dienste eines Zwecks, sind alle übrigen, wenn auch selbst schon höheren Vorstellungen immer der höchsten Obervorstellung des Zieles untergeordnet. So verhält es sich ferner mit einem wohlgeordneten Vortrag, so auch mit den Sätzen, Abschnitten, Kapiteln und schließlich dem Gesamtinhalt eines Buches oder gar einer ganzen Reihe von Büchern.

Das Denken ist zum Teil eine Leistung des Gedächtnisses. Der Inhalt der herrschenden Vorstellungen sowohl wie der Gesamtheit ihrer Teilvorstellungen, namentlich auch die besondere Art, wie diese mit dem sie einigenden Hauptgedanken verbunden sind, beruht allein auf Erfahrungen, wenn auch oft auf sehr verschlungenen Erfahrungen. Zudem ist auch das Auftauchen der herrschenden Vorstellungen und ihre Aufeinanderfolge, sehr vielfach wenigstens, assoziativ bedingt. Zugleich aber

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