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Die

reinen Gefühlslebens oder Vorwiegen der Tätigkeit und andrerseits Erregbarkeit oder Abspannung der Lebenskraft und kreuzt diese Gegensätze; Wundt verbindet den Unterschied starken und schwachen Fühlens mit dem eines schnellen oder langsamen Wechsels der Gefühle, wobei denn in beiden Fällen der sicherlich doch vor allem charakteristische Unterschied vorwiegenden Lust- und Unlustfühlens unberücksichtigt bleibt. Die folgende Systematisierung würde, wie ich glaube, besser passen. Menschen sind im ganzen entweder mehr optimistisch oder mehr pessimistisch veranlagt; sie sind von Hause aus eher dazu geneigt, an den Dingen die guten und erfreulichen oder eher die unangenehmen und nachteiligen Seiten herauszufinden. So bei den Sanguinikern und Phlegmatikern auf der einen, den Cholerikern und Melancholikern auf der anderen Seite. In anderer Hinsicht äußert sich das Ge. fühlsleben sowohl innerseelisch wie in seinen nach außen tretenden Begleiterscheinungen entweder mehr stürmisch und lebhaft oder mehr verhalten und nachhaltig, also mehr affektartig oder mehr stimmungsartig. Das macht den Unterschied der Sanguiniker und Choleriker dort und der Phlegmatiker und Melancholiker hier. Der Sanguiniker wäre also als ein optimistischer Affektmensch zu bezeichnen usw.

Leidenschaften sind erworbene und starke, d. h. alles Handeln in weitem Umfange mitbestimmende, Dispositionen zur Hervorrufung bestimmter Lustaffekte. Sie sind gleichsam der vorausgewollte Affekt, beruhend auf vielen Erfahrungen über seinen gewaltigen Lustwert sowie die Mittel zu seiner Verwirklichung und sozusagen allezeit auf der Lauer liegend, diese Verwirklichung aufs neue herbeizuführen. So die Leidenschaft des Spielers, des Rauchers, des Sammlers, des Verliebten. Sie sind auch gleichsam der dauernd gewordene Affekt; nicht übel vergleicht Kant den Affekt einem Rausch, die Leidenschaft einer Krankheit. Wegen der starken Herrschaft, die die Leidenschaft über das ganze Verhalten des Menschen ausübt, bezeichnet man dann in übertragenem Sinne auch die Äußerungen des Affektes selbst, wenn alles andere durch sie zurückgedrängt wird, als leidenschaftlich, und ebenso die Menschen, die zu solchen Äußerungen neigen. Auch das Tier kennt Affekte: Freude, Furcht, Wut; zu Leidenschaften ist es anscheinend nicht voraussehend genug.

Literatur.

W. JAMES, Principles of Psychology Vol. II Ch. 25 (1890). C. LANGE, Über Gemütsbewegungen. Deutsch von Kurella (1887). C. STUMPF, Über den Begriff der Gemütsbewegung. Zeitschrift für Psychologie Bd. 21 (1899).

§ 22. Verwicklungen des Handelns.

Wie aus angeborenen Reflexen, den bei ihrem Ablauf hervorgerufenen Empfindungen und deren Assoziation mit anderen Eindrücken gewollte und vorausschauende Handlungen entstehen, wurde oben (§ 14) gezeigt. Solche Vorgänge schließen sich nun kettenartig zu anhaltenderem Tun aneinander. Das durch die Ausführung einer ersten Bewegung hervorgebrachte Resultat ruft sogleich die Vorstellung einer weiteren Bewegung hervor, deren Ausführung die einer dritten usf.; es entstehen Reihen eng miteinander verbundener Elementarhandlungen gleicher oder verschiedener Art, oft von sehr bedeutender Länge: so z. B. gehen, essen, sich ankleiden, hantieren mit den verschiedensten Dingen, schreiben, nähen, rudern usw. Mit zunehmenden Erfahrungen über den Zusammenhang der objektiven Dinge und mit zunehmender Übung in der Ausführung der Bewegungen werden solche Handlungen in verschiedenen Hinsichten immer vollkommener. Sie werden in immer weitergehender Vor

aussicht entfernteren, oft erst nach Tagen oder Wochen eintretenden Folgen angepaßt. Sie erfolgen in immer umfassenderer und umsichtigerer Anschmiegung an gleichzeitig vorhandene, aber von den ursprünglichen Reflexen nicht berücksichtigten Begleitumständen, mit immer feinerer Regulierung der Bewegungen nach Richtung, Geschwindigkeit und Kraftaufwand. Und sie werden endlich immer schneller und ökonomischer ausgeführt, mit Vermeidung von Fehlschlägen und mit Unterdrückung von reflektorisch hervorgerufenen, aber für den jeweiligen Zweck überflüssigen und daher kraftverschwendenden Mitbewegungen.

Daß die bewußten Mittelglieder eingeübter Bewegungsfolgen immer mehr zurücktreten, die ursprünglich durch sie hervorgerufenen oder doch wenigstens auf sie Glied für Glied folgenden Einzelbewegungen aber dadurch nicht geschädigt werden, sondern sich nun unmittelbar aneinander schließen und automatisch aufeinanderfolgen, wurde gleichfalls schon berührt (S. 86), wie es ja auch allbekannt ist. Dabei aber ist noch ein Umstand von besonderem Interesse, der auf die eigentliche und innere Verursachung der Bewegungen ein deutliches Licht wirft. Auch wo ein bewußtes Vorstellen oder Empfinden der Mittelglieder für den Ablauf einer vielgeübten Bewegungsfolge nicht mehr erforderlich ist, können doch für ihr geordnetes Vonstattengehen die zentripetalen Erregungen, die ursprünglich mit bewußten Empfindungen verknüpft waren, nicht entbehrt werden. Das bloße Vorhandensein einer vorwegnehmenden Vorstellung kann eine Bewegung bei normalem Funktionieren der beteiligten Muskeln zwar einleiten, aber ohne fortwährende zentralwärts verlaufende Erregungen von dem Ablauf der einzelnen Bewegungsphasen bringt es sie nicht zur Vollendung. Die Bewegung stockt oder sie verfehlt doch das in der Vorstellung vorweggenommene Resultat und wird zu einem zwecklosen Herumfahren..

Durchschneidet man einem Tier alle sensibeln Nerven einer Extremität, der Lippen, des Rumpfes, ohne die motorischen Nerven oder die Muskulatur irgendwie zu schädigen, so wird der betreffende Körperteil gleichwohl gelähmt. Einen belehrenden Fall dieser Art beim Menschen hat v. Strümpell beobachtet und beschrieben. Ein Arbeiter hatte bei einem Streit mehrere Messerstiche erhalten, u. a. einen Stich in das obere Rückenmark. Nach Verheilung der Wunden und Rückbildung einiger anderer Krankheitserscheinungen hinterblieb als einzige dauernde Störung eine vollständige Unempfindlichkeit des rechten Unterarms und der rechten Hand: alle Arten der Hautempfindungen sowie der kinästhetischen Empfindungen (Lage und Bewegung der Glieder, Schwere) fehlten hier, die Kraft und Funktion der Muskeln dagegen war, wenn auch etwas geschwächt, doch erhalten. Infolge dieses Ausfalls waren nun alle auch nur mäßig verwickelten Bewegungen und Haltungen der rechten Unterextremität, wie z. B. Gestreckthalten der Finger, Zielbewegungen der Fingerspitze nach

einem gedachten Punkte, Erheben der Finger in Schwurstellung usw., in charakteristischer Weise gestört. Der Verletzte vermochte sie annähernd normal auszuführen, solange er hinsah und den Verlauf der Bewegung

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und ihr Resultat oder das Bestehen bleiben der Haltung mit den Augen kontrollierte. Sobald er dagegen die Augen schloß, war er zu ihnen völlig unfähig. Die Figuren 16 und 17 zeigen sein Verhalten bei der Aufforderung

Daumen und Zeigefinger zu einem Ringe zusammenschließen, im ersten Falle mit Ansehen der Hand, im zweiten mit geschlossenen Augen. Trotz des vorhandenen Willens zu einer Bewegung und der gleichfalls vorhandenen Fähigkeit der Muskeln zu ihrer Ausführung versagen also die Zentralorgane ihre Mitwirkung, wenn sie nicht zur Auslösung der einzelnen Bewegungsphasen irgendwelche der gewohnten peripheren Anstöße erhalten, einerlei, ob diese, wie beim ursprünglichen Lernen der Bewegung, sich als bewußte Empfindungen auch der Seele kundtun, oder ob sie, wie bei der durch Wiederholung automatisch gewordenen Bewegung, unbewußt bleiben.

Bei einer über das unmittelbar Gegenwärtige hinausgreifenden Vorstellungsvorwegnahme eines durch Bewegungen zu erlangenden Resultates ereignet es sich naturgemäß häufig, daß eine Bewegung, die in dem realen Zusammenhang der Dinge das Schlußglied einer Reihe von anderen bildet, aus irgendwelchen Gründen noch gar nicht möglich ist. Falls dann nur die Vorstellung jenes Resultates genügend stark ist oder genügenden Gefühlswert besitzt, ergibt sich eine eigentümliche Umkehrung der Vorstellungsfolge gegen die ursprünglich erlebte. Die wegen ihrer besonderen Bedeutung festgehaltene oder immer wieder hervorgetriebene Vorstellung des begehrten Zieles rollt die Reihe der ihr ursprünglich vorangegangenen und mit ihr assoziierten Sach- und Bewegungsvorstellungen Glied für Glied von hinten auf bis zu der Vorstellung einer gegenwärtig ausführbaren Bewegung, und indem nun zunächst deren Verwirklichung erfolgt, wird auch der Ablauf der weiteren Zwischenglieder ermöglicht. D. h. die Vorstellung eines begehrenswerten, aber direkt nicht erreichbaren Zieles reproduziert die Vorstellungen der zu seiner Verwirklichung nach früheren Erfahrungen geeigneten Mittel und führt durch diese eben zu jener Verwirklichung. Ein Unerfahrener sehe, daß eine Flasche entkorkt und von ihrem Inhalt in ein Glas gegossen wird; dann bekomme er von dem wohlschmeckenden Getränk zu kosten. Bei erneutem Anblick der Flasche wird die Vorstellung dieses Genusses und des Trinkens, das ihn zunächst vermittelte, lebhaft geweckt; er will abermals trinken. Indes die Flasche ist wieder fest verkorkt, auch ist kein Glas zur Hand; das Gewollte ist unmöglich. Aber wenn nun die Erinnerung des angenehmen Geschmackes rechte Kraft hat, so reproduziert sie die Vorstellung des bei dem Entkorken gebrauchten Pfropfenziehers, des Ortes, von wo er genommen wurde, der Bewegungen, die ihn herbeischafften, der anderen, die zu seiner Handhabung nötig sind, und alles das ebenso in bezug auf das Glas und nachdem nun die direkt ausführbaren Bewegungen die Lage verändert haben, vermögen endlich auch die über alledem festgehaltenen Vorstellungen des Einschenkens und Trinkens die ihnen entsprechende Wirklichkeit hervorzurufen.

§ 23. Das freie Handeln.

Bei Ausbreitung der Erfahrungen über die Zusammenhänge, Verwicklungen, Folgen der Dinge müssen offenbar die durch einen beliebigen Aus

druck wachgerufenen Vorstellungen über die angemessenste Art ihm zu begegnen sich in immer reicherer Fülle herzudrängen. Vorstellungen naher und entfernter, wahrscheinlicher und unwahrscheinlicher, erwünschter und unerwünschter Folgen, Vorstellungen von tauglichen und untauglichen, direkten und indirekten Mitteln, jene Folgen herbeizuführen oder abzuwehren, Vorstellungen endlich von Schwierigkeiten und Widerständen, Begünstigungen und Unterstützungen, alles wird sich bei gesteigerter Voraussicht in der Seele geltend zu machen suchen, sich in raschem Wechsel bewußt in ihr kreuzen oder auch in bloßer Bewußtseinsnähe den Verlauf des Geschehens mitbestimmen. Je nach dem Verhältnis der einzelnen Vorstellungen zueiander ergeben sich daraus die mannigfachen Zustände des Erwägens, Überlegens, Wählens, des Geneigt- oder Abgeneigtseins, Beabsichtigens, Entschlossenseins usw. Was für eine Handlung in jedem Falle schließlich eintritt, hängt ab von der größeren Stärke der gerade zu ihrer Hervorrufung zusammenwirkenden Momente. Dem äußeren Eindruck wird dabei in der Regel nur eine bescheidene Rolle zufallen. Er entfesselt das Spiel der freilich aus früheren Eindrücken stammenden, aber doch jetzt zum Eigentum der Seele gewordenen, zu ihrem Bestande gehörigen Vorstellungen; aber was diese dann hervorbringen, ist meist etwas völlig anderes als die dem Eindruck ursprünglich zugeordnete Reflexaktion. Handlungen, die in solcher Weise hervorgehen aus dem Eigenleben der Seele, deren entscheidende Ursachen in der Seele nicht außer ihr liegen, heißen freie Handlungen. Sie heißen so, weil sie frei sind nicht etwa von zureichender und sie völlig eindeutig bestimmender Verursachung, sondern weil frei von dem Zwang der unmittelbar gegenwärtigen äußeren Eindrücke, wie er die ursprünglichen Reflexbewegungen, überwiegend auch das Handeln des Kindes und dest

Tieres charakterisiert.

Die scholastische Psychologie und, wesentlich unter ihrem Einfluß, das volkstümliche Denken kennt freilich noch eine andere Freiheit. Danach besäße eine Seele von ganz bestimmten Anlagen und Erfahrungen, unter der Einwirkung bestimmter äußerer Umstände und bei der Regung bestimmter innerer Motive die Fähigkeit, sich in ihren Handlungen stets auch anders zu entscheiden, als sie wirklich tut. Sie käme mit einem völlig grundlosen Wollen zu allen sonst angebbaren äußeren und inneren Ursachen für das Zustandekommen einer Handlung noch als eine besondere freie Macht hinzu, die die Handlung sowohl vollziehen wie unterlassen könnte. Daß auf dem Boden unserer Grundanschauungen nach denen die Seele nicht ein besonderes Wesen neben allen ihren Erlebnissen, sondern deren Inbegriff ist, und nach denen in dem geistigen Dasein sich unmittelbar eben das bekundet, was durch Vermittlung der Sinne angeschaut Gehirn und Nervensystem heißt, daß auf diesem Boden von einer solchen Freiheit nicht die Rede sein kann, bedarf keiner Worte. Indes es wird nützlich sein, auch noch einige der wichtigsten Scheingründe kurz zu betrachten, die für die Willkürfreiheit und damit gegen die hier vertretene Deter

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