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wie vorhin gezeigt, Symptome des der Seele und dem Organismus Förderlichen und Schädlichen. Die Bedeutung dieser Gesetzmäßigkeit besteht also darin, daß von den auf die Seele einwirkenden und sie über die Außenwelt unterrichtenden Eindrücken vorwiegend diejenigen für sie wirksam werden, die für sie selbst, für ihr Wohl und Wehe von besonderer Wichtigkeit sind. Unter der ungeheuren Fülle der jederzeit vorhandenen Einwirkungen heben sich eben diese, die hervorragend wichtigen, gesetzmäßig besonders heraus und drängen die übrigen zurück. Mit einer gewissen Bevorzugung allerdings des Lustvollen, also Förderlichen.,,Auf die warnenden Symptome", sagt etwas übertreibend Goethe,,,achtet kein Mensch, auf die schmeichelnden und versprechenden allein ist die Aufmerksamkeit gerichtet." Bekannt ist die vorwiegende Beachtung zustimmender Urteile bei dem Vertreter einer bestimmten Meinung, günstiger Instanzen bei dem Anhänger eines bestimmten Glaubens oder Aberglaubens, dagegen das nicht etwa nur absichtliche, sondern auch durchaus unabsichtliche Ignorieren und Übersehen des Widerstreitenden, Unbequemen, Unangenehmen.

Eine zweite gesetzmäßige Ursache des Aufmerkens ist die Verwandtschaft der an die Seele herantretenden Eindrücke mit dem zurzeit gerade in ihr Vorhandenen. Wenn bestimmte Vorstellungen das Bewußtsein erfüllen, so erzwingen sich besonders leicht solche Empfindungen Beachtung, deren Abbilder diese Vorstellungen sind, die das in ihnen Gedachte in sinnlicher Wirklichkeit enthalten, sowie solche Vorstellungen, die jene vorhandenen näher ausführen oder mit ihnen verwandt sind. Außer der Rücksicht auf das Wohl und Wehe der Seele ist es die Beziehung zu dem jeweilig in ihr herrschenden Gedankenlauf, die die Auswahl unter den jederzeit allzu zahlreich auf sie andringenden Einwirkungen bestimmt. Das bereits zum Bewußtsein Gelangte, das offenbar im allgemeinen sich deshalb dieses Vorzugs erfreuen wird, weil es gerade von Wichtigkeit war, bahnt ähnlichen oder ergänzenden Inhalten gleichsam den Weg und verschafft sich so eine erweiterte Wirksamkeit. Das Ticken einer Uhr im Zimmer wird in der Regel überhört; die Ohren nehmen die Schallwellen natürlich dauernd auf, aber für die Seele gelangen sie nicht zur Geltung. Sowie man aber an die Uhr denkt oder an die Zeit denkt, springt sogleich auch das Ticken ins Bewußtsein. Um einen schwachen Ton aus einer Mehrheit stärkerer Töne oder um eine Melodie aus dem Gefüge eines mehrstimmigen Satzes herauszuhören, muß man sie vorher isoliert angeben und dann versuchen, sie in der Vorstellung festzuhalten. Geringe Ausschläge des Zeigers eines Meẞapparates, geringe Färbungsunterschiede benachbarter Felder bleiben unbemerkt, wenn sie inmitten anderer Eindrücke die nicht weiter vorbereitete Seele treffen. Wenn man aber vorher schon an sie denkt, d. h. wenn man sie beobachtet, werden sie sogleich wahrgenommen. Sehr deutlich ist die Sache bei den sog. Vexierbildern. Zuerst vermag man die in ihnen enthaltene, aber versteckt gezeichnete Figur nicht zu finden; ist ihre Auffassung aber einmal ge

lungen, so ist es fast unmöglich, sie nicht zu sehen, weil man stets mit der Vorstellung von ihr an die Zeichnung herantritt. Man betrachte Figur 14 und frage sich, was sie darstellt. Man wird sagen, einen nach links blickenden Vogel. Aber man denke sich, es sei ein nach rechts blickendes Kaninchen, und sogleich wird man sagen wie Polonius: wahrhaftig, es ist ein Kaninchen, und je nach der Vorstellung, die man sich macht, sieht man beliebig oft das eine oder das andere. Die gleiche bahnende Kraft haben aber Vorstellungen auch für rein gedankliche Dinge. Die Auffassung eines Vortrags wird erleichtert durch die Kenntnis seiner Disposition, d. h. das Bewußtwerden der in dem Vortrag enthaltenen Gedanken wird begünstigt durch das Vorhandensein anderer, sie gleichsam abbildender und vorwegnehmender Gedanken.

Besonders charakteristisch für das Aufmerken ist noch, daß es durchweg von mannigfachen unwillkürlichen Bewegungen begleitet ist, die überwiegend eine enge Zweckbeziehung zu der jeweiligen näheren Gestaltung des Vorgangs haben: sie erleichtern das Bestehen bleiben des gerade in der Seele hervortretenden Eindrucks oder bewirken noch eine weitere

Fig. 14. Doppelseitiges Tierbild (nach Thorndicke).

Steigerung seiner Energie. Bei Sinneseindrücken werden so die vermittelnden Organe besser auf den objektiven Reiz eingestellt durch Fixationsbewegungen, Hinwenden des Kopfes u. dgl. Bei dem rein gedanklichen Aufmerken werden wohl die Augen auf Gleichgültiges gerichtet oder geschlossen, die Lippen zusammengekniffen, Bewegungen der Extremitäten gehemmt, was alles die Fernhaltung zerstreuender Einwirkungen begünstigt. Diese Bewegungen aber finden natürlich nicht nur statt, sondern sie werden auch selbst wieder empfunden; indem sie geschehen, kommen sie der Seele als mannigfache Spannungen und Betätigungen zum Bewußtsein und verleihen dadurch dem Gesamterlebnis eine eigenartige Färbung. Sie ist es eben, die im Verein mit der populären Seelenvorstellung die vorhin erwähnte irrige Auffassung des Aufmerkens als einer gegen ihren eigenen Inhalt gerichteten Tätigkeit der Seele hervorbringt. Unter bestimmten Umständen liegt diese Auffassung besonders nahe. Wenn nämlich Vorstellungen im Bewußtsein sind, die nicht nur objektiv andere, später kommende vorwegnehmen, sondern zugleich als solche Vorwegnahmen, d. h. als Abbilder anderer, sie alsbald vollständiger oder sinnlich lebhafter verwirklichen der Erlebnisse gedacht werden, so sind alle Momente beisammen, die nach früher Gesagtem (S. 73) das Wollen charakterisieren. Der Gesamtvorgang bildet dann das, was man als will

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kürliche Aufmerksamkeit bezeichnet, und was in der Tat leicht als das Ergebnis des Eingreifens einer selbständigen Seele in ihr eigenes Innenleben erscheint. Aber es liegt nichts vor als eine Bereicherung des unwillkürlichen Aufmerkens durch vorwegnehmende Vorstellungen. Die beiden Vorgänge verhalten sich zueinander ganz wie Wille und Trieb: die willkürliche Aufmerksamkeit ist die vorausschauend gewordene unwillkürliche. In der Regel folgen auch beide unmittelbar aufeinander. Ein zunächst ohne vorbereitende Vorstellungen ins Bewußtsein tretender Eindruck weckt sofort Vorstellungen von dem, was voraussichtlich folgen wird, und mit deren Hinzutreten vervollständigt sich der Gesamtzustand zu einem willkürlichen Aufmerken. Man sieht z. B. einen Blitz und denkt nun lebhaft und gespannt, d. h. unter Kontraktion zahlreicher Muskeln, an den als kommend vorgestellten Donner.

Längere Dauer ist übrigens dem lebhaften Hervortreten eines bestimmten Bewußtseinsinhalts oder auch einer gleichartigen Klasse von solchen nicht beschieden. Auch wenn die das Hervortreten begünstigenden Ursachen andauern, verlieren sie doch bald von ihrer Kraft; andere Eindrücke nehmen die erste Stelle ein, und die von ihnen verdrängten Vorstellungen vermögen bestenfalls nach kurzer Zeit aufs neue zur Geltung zu gelangen. Besonders bei Kindern tritt dieses rasche Erlahmen der Aufmerksamkeit für jede bestimmte Art der Inanspruchnahme charakteristisch hervor; es bildet eine große Erschwerung des Unterrichts. Wiederholte Aufforderungen, sich zusammenzunehmen und bei der Sache zu bleiben, vermögen dagegen wohl etwas zu helfen sie rufen allgemeine Vorstellungen von dem Gegenstand hervor, um den es sich handelt, und wirken also für diesen begünstigend aber doch immer nur vorübergehend; denn eben die Vorstellung des Bei-der-Sache-bleibens selbst vermag sich auch nicht lange zu halten. Zweckmäßiger ist es daher, dieser Eigenart des Aufmerkens nach Möglichkeit Rechnung zu tragen, also für einen gewissen Wechsel der hervorgerufenen Vorstellungen zu sorgen und namentlich das Interesse an ihnen rege zu erhalten.

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Die Erscheinung der Aufmerksamkeit hat auf dem ganzen Gebiet des außerorganischen Geschehens nicht ihresgleichen, wie oben gesagt wurde. Wenn anders aber nun unsere allgemeinen Anschauungen über das Verhältnis von Leib und Seele richtig sind, so muß sich Ähnliches innerhalb der nervösen Vorgänge nachweisen lassen. Das ist in der Tat der Fall. Wenn mehrere Reize gleichzeitig auf die subkortikalen Zentren einwirken, so rufen auch sie nicht einfach die Summe der reflektorischen Bewegungen hervor, die jeder für sich auslösen würde, sondern entweder weniger oder mehr, je nach Umständen. Entweder die beiden Reize stören einander und beeinträchtigen ihre Wirkung wechselseitig (Reflexhemmung): während der eine für sich z. B. einen Schrei hervorbringen würde und der andere eine Beinbewegung, geschieht auf beide zusammen garnichts. Oder sie unterstützen und fördern einander (Reflexbahnung): jeder für sich bleibt z. B. wegen zu geringer Intensität wirkungslos, aber beide zusammen bewirken eine Muskelkontraktion. Beide Erscheinungen haben eine unverkennbare Ähnlichkeit mit zwei charakteristischen Zügen des Aufmerkens: die eine mit der wechselseitigen Störung mehrerer gleichzeitig einwirkender Empfindungs- und Vorstellungsursachen, die andere mit

der Unterstützung des Auftretens von Eindrücken durch vorwegnehmende oder sonstwie dazugehörige Vorstellungen. Vielleicht also erleben wir in dem seelischen Vorgang der Aufmerksamkeit unmittelbar die geistige Korrelaterscheinung zu ebensolchen Prozessen der Hemmung und Bahnung innerhalb der Großhirnrinde, wie wir sie in den subkortikalen Zentren vermittelst unserer sinnlichen Organe äußerlich beobachten können.

§ 10. Das Gedächtnis.

Die Aufmerksamkeit ist eine Erscheinung der Auswahl und Einschränkung. Die Seele entzieht sich der übergroßen Fülle der jeweilig auf sie eindringenden Anforderungen zugunsten einiger weniger, die zu ihren Zwecken in besonderen Beziehungen stehen. Aber in glücklicher Ergänzung dieser ersten Gesetzmäßigkeit wird sie nun von einer zweiten beherrscht: sie geht gleichzeitig auch über das durch äußere Ursachen von ihr Geforderte hinaus und leistet unter Umständen weit mehr, als direkt von ihr verlangt wird. Wenn nämlich das, was sich in ihr durchsetzt und zum Bewußtsein gelangt, in gleicher oder ähnlicher Gestalt früher schon einmal von ihr erlebt wurde, so ergänzt und bereichert sie es jetzt durch Vorstellungen von dem, was früher damit verbunden war oder darauf folgte, ohne daß doch die ursprünglichen Ursachen des Verbundenen vorhanden zu sein brauchen. Höre ich die Anfangsworte eines Gedichtes, das ich häufiger gelesen habe, so fahre ich in Gedanken fort, auch wenn ich das Folgende nicht höre. Sehe ich den Himmel sich verdunkeln und die Bäume sich biegen unter der Gewalt des Sturmwindes, so weiß ich, es folgt ein Gewitter. Riecht es nach Karbol oder Jodoform, so sehe ich mich um nach jemand mit einem Verbande. Überall erweitert und vervollständigt sich mir das unmittelbar Gegebene auf Grund früherer Erfahrungen. Die Seele stellt wenigstens durch Vorstellungen die umfassenderen Verbände und größeren Einheiten wieder her, in denen sie das gegenwärtig lückenhaft und fragmentarisch in ihr Hervorgerufene früher erlebt hat.

Ihre allgemeine Fähigkeit zu diesem Verhalten bezeichnet man als Gedächtnis, seine Äußerung als Reproduktion oder Assoziation. Die ungeheure Wichtigkeit dieser Leistung liegt auf der Hand. Die Natur wiederholt sich. Was sie in Begleitung oder als Folgeerscheinung gewisser Umstände früher gebracht hat, bringt sie bei der Wiederkehr gleicher oder ähnlicher Umstände auch wieder; nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend häufig. Indem nun die Seele das früher Dagewesene in Gedanken reproduziert, besitzt sie zumeist eine Kenntnis des objektiv Vorhandenen, noch ehe es direkt auf sie eingewirkt hat. Sie wird unabhängig von dem Hier und Jetzt. Das Verborgene überschaut sie, ehe es noch sichtbar oder greifbar geworden ist, und das Zukünftige, ehe es Wirklichkeit gewonnen hat, und so vermag sie sich auch in ihren Gegenwirkungen dem räumlich und zeitlich Entlegenen anzupassen und im Kampf mit den Dingen Umsicht und Voraussicht zu betätigen.

Ein häufig verwirklichter Sonderfall des Reproduzierens möge noch erwähnt werden. Wie die äußeren Dinge in ihrer Aufeinanderfolge nicht völlig voneinander verschieden sind, sondern sich wiederholen, so auch nicht in ihrem Zugleichsein, sie haben mannigfache Ähnlichkeiten miteinander. Solche Ähnlichkeit aber besteht vielfach darin, daß zwei Dinge gewisse Bestandteile gemeinsam haben, in gewissen anderen völlig voneinander abweichen. So z. B. die Ähnlichkeit zweier Reimworte oder die Ähnlichkeit einer Photographie mit einem Ölbilde oder beider mit ihrem Original. Wenn die Seele sich nun eines Dinges etwa mit den Eigenschaften a b c d bewußt wird, zugleich aber in früheren Erfahrungen ein ähnliches Ding c d e f kennen gelernt hat, so kann es sehr wohl sein, daß sie durch Vermittlung der gemeinsamen Züge c d von den Besonderheiten a b des ersten Dinges zu denen des zweiten ef hinübergeleitet wird und also dieses vorstellt. Vermöge derselben Gesetzmäßigkeit, die die Reproduktion des zeitlich verbunden Gewesenen und also vielfach rein äußerlich Zusammengeratenen bewirkt, werden mithin die Gedanken unter Umständen auch zu dem Ähnlichen, d. h. zu dem sachlich Verwandten, weitergeführt.

Natürlich besteht nun für eine Seele von einigermaßen ausgedehnten Erfahrungen für jedes Erlebnis, das sie gerade erfüllt, eine große Vielheit von Reproduktionsmöglichkeiten. Bücher, wie sie zum Nachschlagen gerade neben mir liegen, ein halb hinter Bäumen verstecktes Landhaus, wie ich es beim Hinausschauen aus dem Fenster drüben auf dem Hügel erblicke, überhaupt nahezu alles, was ich gerade wahrnehme, ist mir zahlreiche Male schon früher vorgekommen, aber in zeitlicher Verknüpfung mit sehr verschiedenen Dingen; alles hat auch Beziehungen der Ähnlichkeit nach verschiedenen Seiten hin. An und für sich könnten also unübersehbar zahlreiche Vorstellungen jetzt ergänzend und erweiternd in mein Bewußtsein treten. Daß es nicht geschieht, bedarf keiner Erörterung; es ist die Folge der Gesetzmäßigkeit, die uns eben beschäftigt hat, der Enge des Bewußtseins. Auch was die Auswahl der wirklich eintretenden Vorstellungen unter der Fülle der möglichen gesetzmäßig bestimmt, haben wir zum Teil schon kennen gelernt.

Einmal sind es die Erlebnisse von starkem Gefühlswert, deren Reproduktion besonders begünstigt ist. Ein glänzender Erfolg, aber ebenso eine schwere Kränkung vergessen sich so leicht nicht; das Bewußtsein von ihnen liegt sozusagen immer auf der Lauer, um bei der geringfügigsten Veranlassung lebendig zu werden. Dabei aber überwiegt, noch mehr als es für das Aufmerken schon der Fall ist, der Lustwert der Vorstellungen. Soweit die Gedanken die Wahl haben, bevorzugen sie bei der Reproduktion früherer Erfahrungen entschieden die lustvollen; die unlustvollen werden zurückgedrängt. Die Seele vernachlässigt das Unlustvolle nicht, solange es gegenwärtig ist; es ist für sie nicht notwendig mit ihrem Wissen, aber objektiv das Anzeichen einer Gefährdung. Aber wenn es überwunden und vergangen ist, so hat sie die Tendenz, es von sich fernzuEbbinghaus, Abriß

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