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dass mit dem Ackerbau, also mit der Bearbeitung der Natur, die Cultur der Menschheit ihren Anfang nimmt. ,,Nicht das mythische Paradies oder goldene Zeitalter, sondern die Arbeit ist der Anfang der Culturgeschichte." In der Arbeit selbst liegt daher ein Fortschreiten, denn wenn der rohe Mensch arbeitet, weil ihn die Noth zwingt, weil er muss, so arbeitet der Gebildete aus eigener freier Bestimmung, weil er will. Durch die Arbeit drückt der Mensch dem Gegenstande, den er bearbeitet, das Gepräge seines eigenen geistigen Wesens auf, er stempelt ihn mit seinem Willen und erklärt ihn hiermit für sein Eigenthum. Jäger- und Nomadenstämme bilden sich nicht, weil sie nicht zur Umbildung der Natur, zur Arbeit kommen, und obschon sie nicht gänzlich im reinen Naturzustande leben gleich dem Thiere, da es überhaupt gar keinen Menschenstamm gibt, bei dem nicht z. B. der Gebrauch des Feuers sich vorfände 2, oder der Brauch sich zu schmücken, wenn auch in roher Weise, angetroffen würde, so bringen sie es doch nicht zur ständigen Arbeit, zu keinen festen Sitzen und daher auch nicht zur Totalität eines Volks und Staats.

Da mit der Arbeit die Gesittung und Bildung ihren Anfang nimmt, ist jene die Bedingung der Geschichte. Sprache und Arbeit als Aeusserungen des selbstbewussten Geistes sind nothwendige Voraussetzungen der Geschichte. Es gibt keinen wilden Stamm, der keine Sprache hätte, der seine innern Zustände blos durch unartikulirte Laute oder durch blosse Muskelbewegung als Geberden zu erkennen gäbe; aber ebenso hat kein Volksstamm eine Geschichte, in dessen Leben die Arbeit mit der erforderlichen Sesshaftigkeit fehlte. Der Beduinenaraber steht deshalb auf derselben Stufe, die er zu Abraham's Zeit eingenommen, er hat keine Geschichte, weil sein Leben der bildenden Arbeit ermangelt. Man kann sagen: die Arbeit ist das Bildungsmittel des Menschen und die Sprache

Leistungen eines natürlichen Steins oder Steinsplitters erhebt, zeigt eine Fähigkeit, von den unmittelbaren Bedürfnissen und Genüssen des Lebens zu abstrahiren und die Aufmerksamkeit um des Zweckes willen ganz auf das Mittel zu wenden, welche wir bei Thieren nicht leicht finden werden." 1 Wachsmuth, Allgemeine Culturgeschichte, I, 7.

2 Wie Linck, Urwelt, I, 341, die widersprechenden Angaben vollständig widerlegt hat.

das Fortpflanzungsmittel der Bildung. Beide Factoren sind. unentbehrlich in der Geschichte der Menschheit, und diese ist undenkbar ohne jene. Was die mündliche Tradition in der Vorhalle der Geschichte durch die Fortpflanzung der Mythenund Sagenkreise bewerkstelligt, das vollzieht mit dem Beginn der wirklichen Geschichte die durch die Schrift oder andere Denkmäler fixirte Sprache. Der einzelne bringt durch das Wort sein inneres Leben zum Ausdruck und zur Mittheilung für den andern, und die Schätze der Bildung eines Volks kommen dem andern mittels der Sprache zugute; die Cultur längstvergangener Reiche, durch die Sprache aufgespeichert, wird von der Gegenwart aufgenommen und die Sprache dient der Zukunft als Hebel, der sie auf die Schultern der Vergangenheit und Gegenwart heben wird. Die Sprache ist das Gebinde, worin die mittels Arbeit erzielten Früchte der Cultur von einem Geschlechte dem andern, von einem Volke dem andern, von einer geschichtlichen Periode der andern überreicht werden. Sprache und Arbeit haben aber ihren Grund im Menschen als bewusstem und selbstbewusstem Wesen, d. h. im menschlichen Geiste, und hierin ist also auch der Grund, dass das Menschengeschlecht eine Geschichte hat. Die Natur und ihre Producte haben diese nicht in dem Sinne, dass ein und dasselbe Geschöpf, wie der Mensch, durch Entwickelung seiner Anlage sich ändert. Der Fliederstrauch treibt dieselben Blüten und bringt dieselben schwarzen Beeren wie vor 3000 Jahren, und die Ameise ist heute noch ebenso geschäftig wie ehedem, der Orang-Utang sieht dem Menschen zwar ähnlich, ist ihm aber noch immer nicht gleich geworden, weil er seiner ursprünglichen Anlage nach verschieden ist; aber der sprechende und arbeitende Mensch von heute fühlt und weiss sich anders, hat andere Bedürfnisse und andere Anschauungen als der vor 3000 Jahren, und obschon das Gesetz, nach dem er sich entwickelt, ein unwandelbares ist, so sind ihm die Culturen längstvergangener Zeiten zugefallen, die er kraft dieses unwandelbaren Gesetzes sich eigen gemacht und in sich verarbeitet hat.

Im Selbstbewusstsein des Menschen liegt aber der Grund nicht nur, dass der Mensch eine Sprache hat, dass er durch Arbeit seiner Bestimmung sich nähert, was schon in der biblischen Schöpfungsgeschichte tiefsinnig angedeutet wird,

dass er ferner eine Geschichte hat, in der er sein Wesen als ein sich entwickelndes darlegt; im selbstbewussten Geiste liegt auch der Grund, dass der Mensch Religion hat. Der Consensus populorum hat zwar als Beweis für das Dasein Gottes nicht mit Unrecht seine Kraft verloren und ist bei den meisten Theologen und Philosophen ausser Geltung gesetzt; er birgt aber dennoch in gewisser Beziehung ein Körnchen Wahrheit in sich: dass es keinen noch so rohen Völkerstamm gibt, bei dem nicht Spuren von religiösen Vorstellungen anzutreffen wären. „,An Götter im Sinne civilisirter Völker, an höhere Wesen, die, mit übermenschlicher Macht und Einsicht begabt, die Dinge dieser Welt nach ihrem Willen lenken, glauben allerdings durchaus nicht alle Völker; versteht man aber unter religiösem Glauben nur die Ueberzeugung von dem Dasein meist unsichtbarer geheimnissvoller Mächte, deren Wille überall und auf die mannichfachste Weise in den Lauf der Natur einzugreifen vermag, sodass der Mensch und sein Schicksal von ihrer Gunst äusserst abhängig ist, so dürfen wir behaupten, dass jedes Volk eine gewisse Religion besitze. Es ist nicht zu leugnen, dass bei den Völkern der niedrigsten Bildungsstufe diese Religion im Grunde nichts ist als ein meist sehr ausgedehnter Gespensterglaube, aber man wird sich hüten müssen, das religiöse Element, welches unzweifelhaft darin enthalten ist, zu verkennen." 1,,Der Mensch sieht in den natürlichen sinnlichen Dingen durchgängig mehr und etwas anderes als blos sinnliche Eigenschaften und materielle Kräfte, er sieht in ihnen übernatürliche Mächte und einen übernatürlichen Zusammenhang, er vergeistert die Natur."2 Diese Erscheinung findet ihre Erklärung darin, dass der Mensch selbst auf der niedersten Culturstufe zum Bewusst- und Selbstbewusstsein gelangt, dass er es zu Vorstellungen bringt, dass er Schlüsse zieht, dass er überhaupt als geistiges Wesen eine ideale Seite, religiösen Sinn und Trieb hat, die im religiösen Glauben zum Ausdruck kommen. Man mag Religion als schlechthiniges Abhängigkeitsgefühl von einem höchsten Wesen bezeichnen, als Beziehung des Endlichen zum Unendlichen, als Glaube des Menschen an Gott ansprechen,

1 Waitz, Anthropologie, I, 324.

2 Ders., a. a. O., S. 328.

oder nach der anthropologischen Anschauung den Satz der Theologen:,,Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde", umkehren und sagen: ,,Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"; das Wesentliche an der Sache bleibt, dass Religion auf einem Zuge im Menschen nach einem höhern vollkommnern Wesen und in der Anerkennung einer höhern Macht, als die des Menschen ist, beruht.

Der Anthropologe hat hierin recht, dass jede Vorstellung von Gott Spuren des menschlichen Bewusstseins an sich trägt, wie schon Luther bemerkt, wenn er sagt:,,Wie das Herz, so der Gott", was wol so viel sagen will als: nach der mehr oder minder entwickelten Bildungsstufe wird auch die menschliche Vorstellung vom höchsten Wesen eine mehr oder weniger sinnliche oder geläuterte sein. Die schlagendsten Beweise bieten die religiösen Vorstellungen der Naturvölker, welche eigentlich in der Personificirung derjenigen Dinge in der Natur bestehen, von denen der Mensch seine Existenz und sein Schicksal abhängig glaubt, und dessen günstige oder ungünstige Wendung der Wirkung selbständiger Geister zugeschrieben wird. Auf diesem Standpunkte fällt die Naturansicht mit der religiösen Ansicht der Dinge zusammen, und diese Geister sind ganz nach der Analogie der menschlichen Individualität gedacht.

Aber auch die Vertreter des absoluten Abhängigkeitsgefühls von Gott haben die Wahrheit für sich, dass das Gefühl ein Wesensbestandtheil des religiösen Glaubens ist, ohne welches Religion weder unter dem Gesichtspunkte des Glaubens noch des Handelns lebendig oder wirksam sein kann. Ausserhalb des Zusammenhangs der geschichtlichen sowol als der begrifflichen Entwickelung steht nur diejenige Ansicht, welche eine Religion ungeahnt und historisch unvorbereitet urplötzlich einem Meteorsteine gleich über die Menschen herabfallen lässt. Dem Denker ist die Entstehung dieser Ansicht wol erklärlich, obschon diejenigen selbst, die sie hegen, dieselbe für unbegreiflich halten.

Bei erweiterter Fassung des Begriffs Religion wird deren Element überall erkannt werden, wo ein Streben nach Idealem sich kundgibt, ob dieses in einer Naturkraft besteht oder im Schönheitsideal, ob im Patriotismus oder in der Wissenschaft, es bleibt immer eine Beziehung zu etwas, das über dem End

lichen und Alltäglichen liegt und deshalb stets in irgendeiner Hinsicht etwas Erhebendes in sich trägt. Weil jeder Religionsform der Zug nach Idealem zu Grunde liegt, hat auch jede ein bildendes Moment in sich, und weil es keinen Menschenstamm gibt, bei dem nicht Spuren von Religion vorhanden wären, lebt auch keiner ein reines Thierleben, sowie kein Stamm der Sprache entbehrt, weil jeder zum vorstellenden Bewusstsein sich erhebt.

2. Die Gegensätzlichkeit in der religiösen Anschauung der Naturvölker.

Das alte Sprichwort: ,,Noth lehrt beten" enthält zwar, wie alle Sprichwörter, nicht die ganze Wahrheit, ist aber auch nicht aller Wahrheit bar. Ob der Satz dahin erklärt wird: die Noth sei als Mutter der Religiosität zu betrachten 1 oder ob man dabei an die Worte des Goethe'schen Harfners erinnert:,,Wer nie sein Brot in Thränen ass, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte"; soviel ist gewiss, das religiös-gläubige Gemüth fühlt in Augenblicken der Bedrängniss am meisten das Bedürfniss, seinem Gott sich zu nahen und ihm sich zuzuwenden. In der Noth überkommt den Menschen das Gefühl seiner Schwäche, hervorgerufen durch einen Gegensatz, der unüberwindlich zu sein droht und daher mit Furcht erfüllt.

Allerdings wird die Religiosität, durch Noth und Bedrängniss veranlasst, eine unfreie sein und die daraus entspringenden Handlungen auch das Merkmal der Unfreiheit an sich tragen, indem sie als Opfer zur Sühnung oder zur freundlichen Stimmung des göttlich verehrten Wesens dargebracht werden; ungeachtet dessen muss doch das religiöse Moment dabei anerkannt werden und die unfreie Religionsform wird dem geistig entwickeltern Religionsbegriffe gegenüber eben als niedrigere Stufe erscheinen.

1 Kraft, Die Religionsgeschichte in philosophischer Darstellung, S. 19.

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