ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

zu Kalksburg 1913) gibt eine kurze Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der mittelalterlichen Gebetsliteratur und bespricht sodann zwei noch ungedruckte deutsche Gebetbücher des späten Mittelalters. Einen Einblick in die spätmittelalterliche Laienfrömmigkeit gewährt Klapper (Das deutsche Privatgebet im ausgehenden Mittelalter, Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsfreunde 62, 1914, 216 ff.) Über die spätmittelalterlichen Gebetbücher und das Verhältnis des Lutherschen Betbüchleins' zu ihnen orientieren auch F. Cohors und A. Götze in ihrer Vorrede zu letzterem in der Weimarer Ausgabe der Werke Luthers (10 II, 331 ff.). Luther gehört zu den gewaltigsten Betern der Religionsgeschichte; um so verwunderlicher ist es, daß in der Riesenliteratur über seine Persönlichkeit und Lehre seine Gebetsfrömmigkeit nahezu unbeachtet blieb. Es ist das hohe Verdienst eines praktischen Theologen, diese vergessene Seite im Bilde des deutschen Reformators hervorgekehrt zu haben. Superintendent Dietrich Vorwerk hat im ersten Abschnitt seines umfangreichen Werkes über,,Gebet und Gebetserziehung" (Schwerin 1913, Band I: Gebetstatsachen und Gebetsforschung S. 1–335) eingehend, wenn auch nicht erschöpfend,,,Luther als Beter und Gebetserzieher" dargestellt. (Das Werk wurde mir leider erst nach dem Erscheinen der ersten Auflage meines Buches bekannt. Um so erfreulicher war mir die Feststellung, daß meine Auffassung von Luthers Gebetsfrömmigkeit im wesentlichen mit der Auffassung Vorwerks übereinstimmt.) Die kleine Schrift desselben Verfassers (Luthers Gebetsleben als Wegweiser für das Gebetsleben unserer Zeit, Schwerin 1917) ist ein volkstümlicher Auszug aus dem großen Werk; sie ist die einzige Schrift über Luthers Beten in der zahlreichen Lutherliteratur, die anläßlich des Reformationsjubiläums erschien! Nicht hoch genug kann die sorgfältige Quellenuntersuchung von Paul Althaus (Zur Charakteristik der evangelischen Gebetsliteratur im Reformationsjahrhundert, Leipzig 1914) eingeschätzt werden. Einmal eröffnet sie einen genauen Einblick in die Entstehung und Bedeutung des literarischen Gebetes. Sodann hat sie eine bisher unbeachtete Tatsache, die für die Geschichte der christlichen Frömmigkeit von großer Bedeutung ist, ins Licht gerückt. Bei Beginn der Reformation verschwindet in den evangelischen Kirchen mit einem Schlage die im Mittelalter herrschende mystisch-augustinische Gebetsweise und an ihre Stelle tritt eine exklusiv an der Bibel orientierte Gebetsfrömmigkeit. Nach der Gegenreformation aber sickert die mystisch-mittelalterliche Gebetsart allmählich aus der katholischen Erbauungsliteratur in die evangelische ein und bereits am Ende des 16. Jahrhunderts dominiert sie in der ganzen evangelischen Welt. Schleiermachers Gebetstheologie, welche den Übergang von der rationalistisch-moralistischen Umdeutung des Gebets zu einer tieferen psychologischen Auffassung bildet und eine Annäherung an das biblische Gebetsideal bringt, ist mit feinem geschichtlichen Verständnis und treffender sachlicher Kritik von Fernand Mén é goz behandelt worden (Das Gebetsproblem im Anschluß an Schleiermachers Predigten und Glaubenslehre neu gestellt und untersucht, Leipzig 1911).

Eine Gesamtgeschichte des christlichen Gebets ist ein ,pium desiderium', dessen Verwirklichung noch in weiter Ferne liegt. Die Schrift von C. E. Tauberth, Die christliche Lehre vom Gebet historisch-exegetisch bearbeitet, Wurzen 1855) ist eine kommentierte Zitatensammlung aus dem Alten und Neuen Testament wie aus den Schriften der alten Kirchenväter und der Reformatoren. Die schwachen Umrisse einer Geschichte des christlichen Gebets sind erkennbar bei Chr. E. Luthardt, Kompendium der theologischen Ethik, Leipzig 1896, 241 ff. E. von der Goltz versucht in großen Zügen die Entwicklung des Privatgebets wie des liturgischen und klösterlichen Gebets vom Urchristentum bis in das Aufklärungszeitalter zu zeichnen (Gebet, geschichtlich in RGG II 1141 ff.). Daß diese Überblicke erhebliche Lücken und Ungenauigkeiten aufweisen, ist bei dem Mangel eindringender Spezialuntersuchungen nicht anders möglich. f) Als erster Versuch einer allgemeinen religionsgeschichtlichen Darstellung des Gebets hat das Büchlein von C. F. Stäudlin, Geschichte der Vorstellungen und Lehren von dem Gebete, Göttingen 1824, noch heute eine gewisse Bedeutung. Stäudlin behandelt das Gebet in der griechischen, römischen und besonders in der israelitischen Religion und verfolgt das Gebet

im Christentum von Jesus bis Kant. Er zeichnet freilich keine inneren geschichtlichen Entwicklungslinien, was er bietet ist vielmehr eine lose Aneinanderreihung von Gebeten und normativen Äußerungen über das Gebet. Noch umfassenderes, freilich vielfach geringwertiges Material bringt O. Gruber bei (Gebet in ErschGruber, Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste I 55, Leipzig, 1852, 203-246). Er untersucht zunächst das Gebet in den polytheistischen, sodann in den monotheistischen Religionen (Islam, Judentum und Christentum). Die imponierende Fülle an Stoff ist nur ungenügend gegliedert; es fehlen alle tieferen religionswissenschaftlichen Gesichtspunkte.

2. Stäudlins und Grubers Versuch einer Universalgeschichte des Gebets ist nicht wieder aufgenommen worden. Die neueren Religionshistoriker haben mehr und mehr erkannt, daß,,eine Geschichte des Gebets im strengen Sinn des Wortes sich nicht schreiben läßt" (Dibelius) "1. Stäudlin war sich dessen irgendwie bewußt, wenn er seinem Buche den Titel,,Geschichte der Vorstellungen und Lehren von dem Gebete" gab. Was dem Historiker faßbar ist, sind die Objektivierungen des Gebets, die Gebetsformeln, Gebetskompositionen, die das Gebet begleitenden Riten wie die theoretischen Äußerungen über das Gebet. Ihre geschichtliche Entwicklung läßt sich ebenso leicht aufzeigen wie die Entwicklung einer Form der Wirtschaft oder des sozialen Lebens. Aber auch das Gebet selbst, als ursprüngliche seelische Äußerung, zeigt in der Geschichte der Religion einen ideellen Entwicklungsgang, eine fortschreitende Bereicherung, Vertiefung und Verfeinerung des religiösen Erlebens. Diese ideelle Entwicklung des Gebets ist in ihrer Totalität niemals an einer Einzelreligion erkennbar, sie kann deshalb nicht restlos von dem Historiker erfaßt werden. Sie herauszustellen, müht sich die vergleichende Religionswissenschaft. Sie will vor allem die Urform des Gebets

und die Gesetzmäßigkeit seiner Entwicklung erfassen.

a) Die ersten Ansätze zu einer Darstellung des Gebets unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Religionswissenschaft finden sich bei Tobias Pfanner (Systema theologiae gentilis purioris, Basel 1689), der freilich über einen Vergleich des Gebets bei den antiken Völkern und im Christentum nicht hinauskommt. Nicht viel weiter führt Simons.,Historisch-kritischer Versuch über das Gebet, besonders über das Tischgebet alter und neuer kultivierter und unkultivierter Völker" (Nürnberg 1799). Einen bedeutsamen Fortschritt zeigt die,, Geschichte der Gebete, Anbetungen und Eide", die C. Meiners dem 2. Bande seiner ,,Allgemeinen kritischen Geschichte der Religionen" (Hannover 1806/07) eingefügt hat, einem großzügigen und reichhaltigen Werke, das der Vergessenheit entrissen zu werden verdient. Meiners hat als erster mit Geschick die Methode des generellen Vergleichs gehandhabt. Die Religion der Naturvölker wird ebenso herangezogen wie die Religion der antiken Kulturvölker und die europäische Volksreligion. Leider wird die Frömmigkeit der religiösen Genien völlig außer acht gelassen. Auch bietet Meiners nur einen Vergleich und eine Deutung der verschiedenen Daten, ohne zur Aufzeigung einer inneren Entwicklung des Betens wie der Religion überhaupt fortzuschreiten. Jak. Grimm, Über das Gebet, Kleine Schriften II Berlin 1865, 439 ff. bietet hauptsächlich eine Zusammenstellung der mit mimetischen Zauberriten verbundenen volkstümlichen Regengebete wie eine sprachwissenschaftliche Untersuchung des Gebrauchs des Aoristes beim Gebet. b) Wie Meiners, so beschränkt auch die neuere vergleichende Religionswissenschaft ihre Untersuchung vorwiegend auf die Anfänge der Religion und ihre älteren Entwicklungsphasen. Das Gebetsleben der großen schöpferischen Persönlichkeiten wird fast völlig außer acht gelassen. E. B. Tylor gibt im 2. Teil seines berühmten Werkes über die primitive Kultur (Die Anfänge der Kultur, übers. von Sprengel und Poske 1873 II, 365 ff.) eine durch Beispiele illustrierte Darstellung des Betens der Naturvölker und zieht einen Vergleich mit der Gebetsweise der antiken Nationen. Frisch und gedankentief sind die kurzen Ausführungen über das Gebet bei C. P. Tiele (Einleitung in die Religionswissenschaft, übers. von G. Gehrich II, 1901, 110 ff.), die auch die individuelle Gebetsfrömmigkeit berücksichtigen. Anregend sind die auf hübsche Beispiele gestützten Gedanken bei D. Brinton, Religion of Primitive Peoples 1897, 107 ff. Auch E. Westermarck (Ursprung und Entwicklung der Moralbegriffe II, 1908, 517 ff.) widmet dem primitiven Gebete seine Aufmerksamkeit.

c) Während die ältere Religionswissenschaft im naiven Bittgebet die Urform des Gebets erblickt hatte, sucht eine große Zahl neuerer Religionshistoriker in der Beschwörung und im Zauberspruch das Protoplasma des Gebets. L. Marillier, Evolution du sacrifice et de la prière (Art. Religion, in La grande Encyclopédie 28, 351 ff.), Vierkandt, Die Anfänge der Religion und Zauberei (G 92, 61 ff.), M. P. Nilsson, Primitive Religion (RgVb 1911, 80 ff.) und E. Lehmann, Inledning till Religionsvetenskapen (Stockholm 1914, 135 ff.; vgl. RGG II, 538) haben die Ableitung des Gebets aus dem Zauberwesen vertreten. R. R. Marett, From spell to prayer (F 1904, 132 ff. = The Treshold of Religion London 1914, 29 ff.; vgl. Art. Prayer in EB 22, 216 ff.) sucht in psychologisch interessanten Ausführungen darzutun, wie die Gebetsanrufung an die Gottheit aus der bloßen Wunschäußerung und der Beschwörung herauswächst. An einem reichen Material aus den primitiven und antiken Religionen sucht in ahnlicher Weise L. R. Farnell (The Evolution of Prayer in,The Evolution of Religion', London 1905, 164 ff.) das Hervorgehen des Gebets aus dem Zauberspruch zu beleuchten. Er schenkt auch den geläuterten Formen des Gebets Beachtung. F. B. Jevons, The Idea of God in Prayer (in The Idea of God in Early Religion, Cambridge, 1911, 108-151) will zeigen, daß mit der fortschreitenden Differenzierung des Gottesglaubens Gebet und Zauberspruch, die ursprünglich in einem gemeinsamen Komplex verbunden waren, auseinandertreten. d) Alle erwähnten Untersuchungen beschränken sich fast ausschließlich auf die Anfänge und die älteren Entwicklungsstadien des Gebets. Das Verdienst, alle Typen oder Entwicklungsformen des Gebets zuerst überblickt zu haben, kommt M. Müller zu, einem der Begründer der vergleichenden Religionswissenschaft (On Ancient Prayer, Extracts from Lectures delivered at Oxford in Semitic Studies in Memory of Alex. Kohut, Berlin 1897, 1 ff.). An der Hand ausgewählter Beispiele unterscheidet er das Gebet in der ,,ethnischen", in der ,,nationalen“ und in der „,individuellen“ Religion.

3. Die verschiedenen religionspsychologischen Untersuchungen des Gebets zeigen deutlich die verwirrende Mannig altigkeit der Methoden, nach denen diese junge Wissenschaft arbeitet.

a) Wundts völkerpsychologische Religionspsychologie bietet eine psychologische Vertiefung der religionswissenschaftlichen Theorien der vergleichenden Anthropologie und Ethnologie. Der genetischen Ableitung des Gottesglaubens aus dem Dämonenglauben entspricht die Zurückführung des Gebets auf die Beschwörung (Völkerpsychologie II: Mythus und Religion 1905-1909, 1917, s. Index daselbst; Elemente der Völkerpsychologie, Leipzig 1912). Das Wundtsche Evolutionsschema: Beschwörung Bitt- und Dankgebet Bußgebet Lobpreisung ist eine glänzende Konstruktion, die aber weder dem tatsachlichen Entwicklungsgang völlig entspricht, no h alle Entwicklungsformen des Gebets umfaßt. Das Gebet als individuelle Frömmigkeitsäußerung des religiosen Genius bleibt, dem völkerpsychologischen Prinzip entsprechend, unberücksichtigt.

b) Auch die individualpsychologischen Untersuchungen des Gebets zeigen hinsichtlich des Gegenstandes wie der Methode die größtmögliche Verschiedenheit. Frank Orman Beck (Prayer, A Study in its History and Psychology, AJRP II 1906, 107 ff.) wendet das Fragebogenverfahren an, schickt aber eine gedrängte geschichtliche Übersicht über die verschiedenen Typen des Gebets voraus. J.B. Pratt (The Psychology of Religious Belief, New York 1907, 271 ff.) beleuchtet auf Grund einer Umfrage Motiv und Wirkung des Betens. Die beste und ergiebigste Untersuchung nach der Fragebogenmethode hat Robert Ostermann angestellt (Contribution à l'étude expérimentale de la prière chrétienne, Thèse, Genf 1907). Einen sorgfältig detaillierten Fragebogen hat H. Lehmann ausgearbeitet (,,Über die Disposition zum Gebet und zur Andacht, Vorschläge und Materialien zu einer religionspsychologischen Untersuchung nach der Erhebungsmethode", Zeitschr. f. angew. Psych. X und Sonderdruck). Der Neurologe S. W. Ranson (Studies in the Psychology of Prayer AJRP I, 1906/07, 129 ff.) beschränkt seine Untersuchung auf die Analyse von mystisch-kontemplativen Gebeten. Da Costa Guimaraens (Le besoin de prier, R Ph 54, 1902, 390 ff.) untersucht, in den Bahnen Ribots und Murisiers

wandelnd, das Motiv des Gebets rein gefühlspsychologisch, mit einer Vorliebe für pathologische Phänomene.,,Beten heißt ein bestimmtes Bedürfnis befriedigen“ lautet seine sehr seichte Definition. Die Unzulänglichkeit der auf jede Phänomenologie verzichtenden generellen Gesetzespsychologie für die religionswissenschaftliche Forschung ritt in dieser an Geschmacklosigkeiten nicht freien Arbeit besonders deutlich hervor. Man wird dieser Methode, die sich lediglich auf Grenzprobleme zwischen der allgemeinen Psychologie und der eigentlichen Religionspsychologie einstellt, gewiß nicht die psychologische, wohl aber die religionswissenschaftliche Bedeutung absprechen müssen. Mit Recht kämpft Wobbermin gegen diese die französische und amerikanische Religionspsychologie beherrschende Methode an. E. Dürr (in Ebbinghaus-Dürr, Grundzüge der Psychologie II, 557 ff.) wendet seine Aufmerksamkeit den psychischen Wirkungen des Gebets zu, überschreitet jedoch die der Psychologie gesteckten empirischen Grenzen und schließt wertphilosophische Betrachtungen vom psychobiologischen bzw. psychohygienischen Gesichtspunkt an. Eine gründliche, auf ein reiches Tatsachenmaterial gestützte Untersuchung ist das Werk des französischen Psychologen J. Segond: La prière, Etude de psychologie religieuse, Paris 1911. Es bietet eine psychologische Analyse der verschiedenen Momente des Gebets (Sammlung, Aspiration, Hingabe, Monolog, Dialog, Bitte und Fürbitte) sowie einen geschichtlichen Überblick über das Gebet in den verschiedenen Religionen. Das Fehlen einer umfassenden Klassifikation der verschiedenen Formen bzw. Entwicklungsstufen des Gebets, sowie die einseitige Heranziehung mystischer Gebetsdokumente im psychologischen Teil bedingen notwendig einen unzureichenden Einblik in die Typik, das Wesen und die Psychogenesis des Gebets. Ungleich ärmer an Material, aber in methodischer Hinsicht wertvoller ist die Dissertation einer amerikanischen Dame, A. L. Strong, A Consideration of Prayer from the Standpoint of Social Psychology, Chicago 1908. Mit Hilfe eines völlig ungenügenden Materials, ohne Kenntnis der eigentlich charakteristischen Quellen und unter Ignorierung des Gebets der schöpferischen religiösen Genien, gewinnt Strong mit einem sicheren psychologischen Instinkt eine annähernd richtige Typik des Gebets. Das Beten des naiven Menschen wird als ,,undiscriminating form" der,,discriminating form" des Betens in der persönlichen Frömmigkeit gegenübergestellt. Die beiden Haupttypen des individuellen Betens werden als ,,contemplative or aesthetic typ" und als ,,practical or ethical typ" auseinandergehalten; das liturgisci e Gemeindegebet wird mit einem gewissen Recht als eine Mischung dieser beiden Typen charakterisiert. Reiches religionspsychologisches Material enthält der erste Band des schon erwähnten großen Werkes von Dietrich Vorwerk (Gebet und Gebetserziehung, Schwerin 1913 I: Gebetstatsachen und Gebetsforschungen); die organische Gliederung und psychologische Durchdringung der Stoffülle ist jedoch dem verdienst vollen Verfasser nicht voll geglückt. Dankenswert ist auch die psychologische Darstellung des Gebetslebens der Kinder, welche im zweiten Band dieses Werkes (,,Gebetserziehung") enthalten ist und eine Ergänzung in einer kleinen Schrift desselben Autors findet (Kindergebet und Kinderpsychologie mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindergottesdienstes, Schwerin 1913). Die preisgekrönte Schrift von H. Wirz, Die Psychologie des Gebets unter der Lebensgestaltung der Gegenwart, Haarlem 1914, bietet manch wertvolle Gedanken über das Wesen und die Psychogenesis des Gebets. Sie gleitet jedoch ständig in wertphilosophische Erörterungen hinüber. Ihr eigentlicher Zweck ist auch nicht eine empirische Untersuchung des Gebets, sondern die Verkündigung eines dem modernen Geistesleben angepaßten Gebetsideals bzw. Gebetssurrogats. Die fesselnde Schrift von Emil Lucka, Grenzen der Seele, Berlin 19173, II: Stufen der Genialität, enthält ein geistvolles Essay über die seelischen Wurzeln des Gebets (Kap. 5 S. 149 ff.: das Gebet).

c) Die Psychologie des liturgischen Gebets der katholischen Kirche wird in feiner Weise von R. Quardini behandelt (Vom Geist der Liturgie, ,Ecclesia orans' Bd. 1, Freiburg 1918, 1 ff.); das Gemeindegebet des evangelischen Gottesdienstes wird von Karl Anton (in seiner vortrefflichen Schrift,,Angewandte Liturgik", Praktisch-theologische Handbibliothek 23, Göttingen 1919, 117 ff.) in psychologische Beleuchtung gerückt.

4. Die religions philosophische Untersuchung des Gebets erfolgte in dreifacher Richtung.

a) E. v. Hartmann (Die Religion des Geistes, Berlin 1882, 319 ff.), O. Pfleiderer (Religionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage, Berlin 1896 3. A. 657 ff.), A. Sabatier (Religionsphilosophie auf psychologischer und historischer Grundlage, übers. v. Baur, Freiburg 1898, 100 ff.) und A. Dorner, Grundriß der Religionsphilosophie, Leipzig 1903, 306 ff.) suchen unter Verwertung von spärlichen empirischen Daten im Hinblick auf ein Gebetsideal die stufenweise Entwicklung des Gebets herauszuarbeiten. Die drei letzteren erblicken die Idealform des Gebets in dem christlichen,,Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!", während E. v. Hartmann sie entsprechend seinem Ideal einer monistischen Immanenzreligion in der mystisch-quietistischen Versenkung in das eigene Ich, im reinen Monolog sucht. Es handelt sich hier überall um eine geschichtsphilosophische Konstruktion, der weniger eine historische oder psychologische als eine axiologische Bedeutung zukommt.

b) Die zweite Aufgabe, welche die Religions philosophie sich stellt, ist die phänomenologische Erfassung des Wesens des Gebets. Sie wurde am glücklichsten von Rauwenhoff (Religionsphilosophie, übers. v. Hanne, Braunschweig 1889, 583 ff.), E. Guiton (Pourquoi prier, Genf 1908) und F. Ménégoz (Das Gebetsproblem im Anschluß an Schleiermachers Predigten neu gestellt und untersucht, Leipzig 1911) durchgeführt, die alle modernen Wertgesichtspunkte ausschließen. Andere Religionsphilosophen hingegen, wie Sa ba tier (a. a. O. 100 ff.) und R. Seydel (Religions philosophie im Umriß, FreiburgLeipzig 1893, 371 ff.) verbinden mit der Wesensbestimmung des Gebets eine Wertbestimmung. Wie die meisten philosophischen Definitionen des Wesens der Religion nichts anderes sind als eine Formulierung des Ideals der Religion, das sich in der Geschichte immer mehr verwirklicht (Schleiermacher, Sɛ batier, Herrmann), so haben auch die erwähnten religions philosophischen Wesensbestimmungen des Gebets axiologisch-normativen Charakter.

c) Das metaphysische Problem einer realen Einwirkung des Menschen auf Gott im Gebet wurde schon in der Antike empfunden (Seneca, nat. quaest. II, 37) und in der christlichen Theologie seit Origines (De oratione, Mi P Gr 11, 137 ff.) immer wieder zu lösen unternommen. Es handelt sich um ein Grenzproblem der Religions philosophie und der theologischen Dogmatik. An neueren Spezialarbeiten zu dieser Frage seien genannt: A. Bolliger, Die theoretischen Voraussetzungen des Gebets und deren Vernünftigkeit 1891; Ernest Simyan, De l'exaucement de la prière au point de vue philosophique (Thèse) Genf 1894; A. Sujol, De l'exaucement de la prière au point de vue philosophique (Thèse) Genf 1895; Franz Schmidt, Die Wirksamkeit des Bittgebets, Brixen 1895; A. Philippot, Essai philosophique sur l'efficacité de la prière (Thèse) Paris 1898; Jaques Monsabré, La prière, philosophie et théologie de la prière, Paris 1906; Martin Kähler, Berechtigung und Zuversichtlichkeit des Bittgebets (Angewandte Dogmen, Leipzig 1908, 234 ff.); W. Walther, Die Gebetserhörung. Wie ist sie zu denken, Leipzig 1911; F. Thom in, Weltordnung und Bittgebet, Mainz 1912; W. Veit, Hat Beten Sinn? (Die Religion, Frankfurter Vorträge VII. Reihe, Frankfurt 1914, 72 ff.); K. Weinrich, Gebetserhörung, Zeitschrift für Theologie und Kirche 1916, 23 ff.; Arnold Gilg, Das Problem des Gebets, Internationale kirchliche Zeitschrift 1916, 262 ff. Eine besondere Bedeutung kommt der kleinen oben erwähnten Schrift von Fernand Mé négoz zu, welche die alte intellektualistische Problemstellung a limine abweist und dem irrationalen Charakter des Gebets vollauf gerecht wird. Sie,,läßt dem Leben den Vortritt vor dem abstrakten Denken" und ,,findet den Mut, diese Urtatsache des religiösen Lebens in ihrer ganzen Irrationalität und mit all ihren Härten zu erkennen und darzustellen" (S. 62. 64).

Die bisherige wissenschaftliche Untersuchung des Gebets offenbart eine verwirrende Mannigfaltigkeit von Ausgangspunkten und Methoden. Ethnologen und Kulturforscher, Orientalisten und klassische Philologen, Bibelexegeten und Kirchenhistoriker, Religionshistoriker und Dogmati

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »