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Aber gerade das muß dazu führen, sie unter dem Aspekt der Ewigkeit und im Zusammenhang der Weltordnung zu beurteilen und führt weniger zu direkten Bitten als zu einer Betrachtung, die die Wünsche auf das gerechte Maß zurückführt, und zu dem Bewußtsein, daß, was wir ernstlich zu wünschen das Recht haben, wir auch mit allen Kräften selbst erreichen müssen in dem Vertrauen, daß Gott am Ende doch der guten Sache zum Siege verhelfe." Ähnlich erblickt er das wahre Dankgebet in einer ,,mit Kontemplation verbundenen dankbaren Stimmung." Auch Guyau preist in seiner,Irreligion der Zukunft' die Betrachtung als das wahre Gebet.,,Für die wirklicher Erhebung fähigen Geister werden jene Stunden der Bildung und inneren Belebung ihres Ideals fruchtbar bleiben, jene Stunden der Sammlung und Betrachtung alles dessen, was das Wissen umfaßt oder umfassen möchte, aller Hoffnungen, aller Entwürfe der Idee, die durch sie zum Leben drängt und vielleicht ihr Herzblut kosten wird. Die höchste Formdes Gebetsist das Denken.“*8* Mit noch entschiedeneren Worten verkündet Eduard v. Hartmann als Gebetsideal den Monolog, die Versenkung in das eigene Ich, da nur ein solches Beten mit dem monistischen Immanenzgedanken vereinbar ist.,,Die dialogische Form (des Gebets) steht und fällt mit der Zweiheit der Personen im religiösen Verhältnis; sobald das allein wahre Heilsprinzip als Gnadenprinzip, als Gnadenimmanenz oder reale Einheit mit dem wahrhaft absoluten, dafür auch unpersönlichen Gott erkannt ist, wird die dialogische Verarbeitung (des Heilprozesses) zur monologischen, d. h. das Gebet zur Einkehr in sich selbst und zur Beratung mit sich selbst Mit der Erhebung auf die Stufe des konkreten Monismus verschwindet mit dem bewußten Besitz der realen Einheit jedes Bedürfnis nach einer dieselbe ersetzenden Wechselbeziehung in dialogischer Form. Wie die Wahrheit des Opfers in der Selbstopferung oder Selbstverleugnung des Eigenwillens, so liegt die Wahrheit des Gebets in der Versenkung des religiösen Bewußtseins in sich selbst, wo man Gott weder als Du noch als Ich, sondern als absolut geistigen Grund, immanenten Zweck und heiligende Kraft des eigenen persönlichen Geisteslebens besitzt." 83

e) Während so die monologische Betrachtung als Gebetsideal verkündet wird, wird das eigentliche Gebet, die Gebetsrede und Gebetshinwendung zu Gott, als pädagogisches Hilfsmittel gewertet, das zwar entbehrlich, aber doch nützlich ist für die Pflege der ,Religion des Geistes'. Kant bemerkt:,,Es ist nötig, selbst bei der frühesten, von Kindern, die des Buchstabens noch bedürfen, angestellten Gebetsübung sorgfältig einzuschärfen, daß die Rede (selbst innerlich ausgesprochen, ja sogar die Versuche, das Gemüt zur Fassung der Idee von Gott, die sich einer Anschauung nähern soll, zu stimmen) hier nicht an sich etwas gelte, sondern es nur um die Belebung der Gesinnung zu einem Gott wohlgefälligen Lebenswandel zu tun sei, wozu jede Rede nur ein Mittel für die Einbildungskraft ist." 84,,In den öffentlichen Vorträgen an das Volk kann und muß das Gebet beibehalten werden, weil es wirklich rhetorisch von großer Wirkung sein und einen großen Eindruck machen kann." 85 Dorner hält die Gebetsanrede an Gott für ,,die phantasiemäßige Form der Darstellung des Inhalts." 86 Eduard v. Hartmann erblickt in der ,,Fiktion eines persönlichen Adressaten“, an welchen die Gebetsanrufung sich richtet,,,einen Not behelf auf theistischer Basis", der,,dem Beter für die mangelnde reale Einheit Ersatz leisten soll." 87

f) Die theistisch gerichtete oder theologisch interessierte Philosophie befaßt sich nicht mit einer schalen Umdeutung und Entleerung des Gebets, sondern versucht eine rationale Rechtfertigung der metaphysischen Voraussetzungen des Gebets und des Glaubens an die Gebets

erhörung. Seneca sprach einmal den Gedanken aus: Die Götter haben etliches in suspenso gelassen, so daß es nur auf die Gebete der Menschen hin eintritt. 88 Der erste, der eine tiefere Apologie des Gebets versuchte, ist Origenes. Er formuliert in aller Schärfe das Problem:,,Wenn alles nach Gottes Willen geschieht und seine Ratschlüsse feststehen und nichts von dem, was er will, umgestoßen werden kann, dann ist das Gebet töricht." Seine Lösung will einerseits die Unveränderlichkeit Gottes unangetastet lassen, andererseits den dem naiven Beten zugrundeliegenden Glauben an eine reale Einwirkung auf Gott festhalten. Gott sieht von Ewigkeit voraus, was der einzelne Mensch frei wählen wird, und faßt dann im Hinblick auf den freien Willensentschluß und die freigewollten Handlungen des Menschen insbesondere mit Rücksicht auf dessen Gebet-seine nunmehr una bänderlichen Ratschlüsse. Gott denkt:,Diesen, der inständig beten wird, will ich um des Gebetes willen, das er beten wird, erhören; jenen aber werde ich nicht erhören, weil er nicht würdig sein wird, erhört zu werden." 89 Dieser spekulative Versuch, die metaphysische Möglichkeit der Gebetserhörung zu erweisen, kehrt in ähnlicher Form in der christlichen Theologie immer wieder. In einer hübschen Fassung findet er sich bei Meister Eckhart:

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,,In seinem ersten ewigen Anblicke sah Gott alle Dinge an, wie sie geschehen sollten Er sah auch das mindeste Gebet und gute Werk, das jemand sollte tun, und sah an, welches Gebet und welche Andacht er hören sollte; er sah, daß du ihn morgen willst mit Fleiß anrufen und mit Ernst bitten; und das Anrufen und Gebet wird Gott nicht morgen erhören; denn er hat es gehört in seiner Ewigkeit, ehe du Mensch wurdest. Ist aber dein Gebet nicht redlich und ohne Ernst, so wird es dir Gott nicht jetzt versagen, denn er hat es dir in seiner Ewigkeit versagt. Also hat Gott in seinem ersten ewigen Anblicke alle Dinge angesehen und wirket nichts auf Veranlassung (von warumbe); denn es ist alles ein vorgewirket Ding." "

Alle derartigen Hypothesen sind nur nachträgliche Versuche, einen Ausgleich zu schaffen zwischen den Forderungen des rationalen Denkens und den wesentlichen Voraussetzungen des echten Gebets. Dem naiven Frommen dem primitiven Menschen ebenso wie dem religiösen Genius ist diese,,die Urtatsache des religiösen Lebens nivellierende intellektualistisch-mystische Dialektik" (Ménégoz) 91 unverständlich und entbehrlich. Seine Gewißheit, mit Gott in unmittelbarem Verkehr zu stehen, kann durch keine philosophische Kritik zerstört werden, sie bedarf auch keiner philosophischen Stütze und Rechtfertigung. Selbst die großen Theologen, welche als Denker mit dem philosophischen Gebetsproblem rangen und nur zu oft (man denke an Schleiermacher) vor der intellektualistisch-antisupranaturalen Metaphysik kapitulierten 92, als Beter waren sie darüber erhaben, sie fragten nicht und grübelten nicht, sondern erhoben sich zu Gott und schütteten vor ihm ihre Not und ihr Glück aus.

Das rationale philosophische Denken bedeutet die Zersetzung und Auflösung des Gebets. Das Gebet, der spontane und unmittelbare Ausdruck des religiösen Erlebens, wird einer Fremdgesetzlichkeit unterworfen, wird unter die Normen der philosophischen Ethik, Erkenntnistheorie und Metaphysik gezwängt. Wo diese Normen wirksam sind,

hört das Gebet auf, ein ‚Ausschütten des Herzens', eine unmittelbare Äußerung der religiösen Gefühle, Stimmungen und Affekte zu sein. Der Beter darf nicht aus tiefstem Herzen zu Gott reden, er darf ihm nicht seinen Jammer und seine Not enthüllen, sein innerstes Sehnen und Verlangen, sein Hoffen und Vertrauen muß stumm bleiben; die zur Gebetsaussprache drängenden Affekte und Wünsche müssen unterdrückt werden. Nur die Bitte um das,Gute', die völlige Resignation, die betrachtende Anbetung dürfen den Inhalt des Betens bilden. Das positive Gebetsideal, das die philosophische Kritik dem lebendigen Beten gegenüberstellt, erscheint dem religiösen Menschen ebenso wie dem Religionspsychologen als ein kahles Abstraktionsprodukt, als ein kümmerliches Surrogat. Selbst die reinste Form und schönste Blüte philosophischen Betens, Epiktets Ergebungsgebet und Hymnus, ist trotz des Anklanges an das Gebet der Mystiker nur der Schatten des wahren Gebets. Das Gebet des Philosophen ist kein realer, dramatischer Verkehr, kein Umgang mit Gott, kein persönliches Verhältnis, keine lebendige Gemeinschaft mit ihm.

Die abstrakte, ethisch-rationale Gebetsnorm ist nur eine Etappe im Auflösungsprozeß des Gebets. Das Gebet, das Herz und die Seele der Frömmigkeit, sinkt zu einem bloßen Hilfsmittel im Dienste der Sittlichkeit und Vernunft herab; aus dem Zentrum der Religion wird es in die Peripherie verdrängt. Es wird zu einem Erziehungsmittel degradiert, das der mündig und reif gewordene Mensch nicht mehr bedarf, es ist nur mehr eine Krücke, die der sittlich Starke von sich schleudert.,,Derjenige, welcher schon Fortschritt im Guten gemacht hat, hört auf zu beten, denn Redlichkeit gehört zu seinen ersten Maximen." 93 Kants ehrliches Wort zeigt in aller Schärfe die zersetzende Tendenz der philosophischen Gebetskritik und Gebetsnorm.

Das Gebet ist, wie wir in der Einleitung sahen, die,,wesentliche und charakteristische Äußerung des religiösen Bewußtseins". Die Eigenart der philosophischen Reformreligion offenbart sich nirgends so klar und unzweideutig wie in der Stellung zum Gebet; hier zeigt sich, daß sie in der Tat keine Religion ist. Auguste Sabatier sagt treffend: ,,Die natürliche Religion ist keine echte Religion. Sie beraubt den Menschen des Gebets; sie hält Gott und Mensch ferne voneinander. Es gibt keinen Herzensverkehr, kein innereres Zwiegespräch, keinen Austausch zwischen beiden, kein Handeln Gottes im Menschen, keine Rückkehr des Menschen zu Gott. Im Grunde genommen ist diese Religion nur Philosophie. Sie ist nie etwas anderes gewesen als eine Abstraktion. Die drei Dogmen, in denen sie sich zusammenfaßt, das Dasein Gottes, die Unsterblichkeit und die Verbindlichkeit der Pflicht, sind nur ein unorganischer Rest, das caput mortuum, der Niederschlag auf dem Boden des Schmelztiegels, in welchem alle positiven Religionen aufgelöst wurden. Eine künstliche und an sich tote Schöpfung, zeigt sie von den eigentümlichen Zügen der Religion fast keine Spur." 94

Das philosophische Gebetsideal ist nur in den engen Kreisen einer philosophischen Schule, aber niemals in weiten Volkskreisen zur Gebetspraxis geworden. Es besaß keine Lebenskraft; es konnte nur auf

lösend und zerstörend wirken. 95 Aber so wenig das Riten- und Zauberwesen das naive Beten ersticken konnte, ebenso wenig konnte es die philosophische Kritik ertöten. Das Leben in seinem irrationalen Trotz zeigte sich stärker als das Denken in seiner scharfen Konsequenz. Es besteht eine innere Nötigung des Menschen zum Beten;,,Mensch heißt nichts anderes als beten" (A. Kalthoff). 96 Die Nöte des Lebens sind zu schwer, der Wille zum Leben ist zu stark, die befreiende und tröstende Kraft der Gebetsaussprache zu wunderbar, als daß die Menschen mit dem kahlen philosophischen Gebetsideal sich hätten begnügen können. Das naive Beten ist unzerstörbar; mit seiner Leidenschaft und Kraft lebt es in der Volksfrömmigkeit aller Länder und Zeiten; noch wunderbarer und gewaltiger lebt es in der Frömmigkeit der großen religiösen Persönlichkeiten. Die Darstellung ihres Gebetslebens beleuchtet erst das philosophische Gebetsideal in seiner ganzen Unlebendigkeit, Kälte und Schattenhaftigkeit.

F. Das Gebet in der individuellen Frömmigkeit

der großen religiösen Persönlichkeiten.

I. Eigenart des Gebets der religiösen Genien. Das philosophische Denken zersetzt das naive Beten, indem es dieses einer außerreligiösen Norm unterwirft. Die philosophische Gebetskritik und das philosophische Gebetsideal rauben dem Gebet seine elementare Kraft. In dem schöpferischen Frömmigkeitsleben der großen religiösen Persönlichkeiten erwacht das naive Beten, das die Philosophie kritisiert und idealisiert, in seinem urwüchsigen Realismus, seiner unmittelbaren Kraft und dramatischen Lebendigkeit. Am deutlichsten treten die Züge des primitiven Gebets in dem prophetischen Frömmigkeitstyp hervor. Aber auch im Beten der Mystiker ist die Eigenart des echten Gebets unverkennbar; nur in bestimmten Formen und Zuständen der Mystik vollzieht sich eine Wandlung und Auflösung des Gebets, die freilich von ganz anderen Motiven bedingt ist als in der philosophischen Gebetskritik. Die Verschiedenheiten des mystischen und prophetischen Gebets erfordern eine gesonderte Darstellung. Wir müssen jedoch der Analyse dieser beiden Gebetstypen eine zusammenfassende Charakteristik der gemeinsamen Elemente vorausschicken. Die Ähnlichkeit wie die Verschiedenheit des individuellen Gebets vom primitiven, rituellen und philosophischen Gebet tritt dadurch in um so schärferes Licht.

Auf den Höhepunkten des persönlichen Frömmigkeitslebens ist das Gebet eine spontane und freie Äußerung tief aufwühlender Erlebnisse. Es steht jenseits aller philosophischen und religiösen Normen, ist nicht belastet durch intellektuelle Probleme, nicht beengt durch die Gebundenheit an traditionelle Gebetsregeln und -formeln. Sein tiefstes Motiv ist das brennende Heilsverlangen, das in der wonnevollen Vereinigung mit Gott oder in dem zuversichtlichen Vertrauen auf Gott zur Ruhe kommt im tiefsten Grunde also dasselbe, nur unendlich vertiefte, verfeinerte und geläuterte Sehnen und Verlangen nach Leben, Kraft und Seligkeit, das alle Äußerungen der primitiven Religion erzeugt.

Das Gebet des religiösen Genius teilt mit dem primitiven Beten den unbefangenen, durch rationales Denken ungetrübten Realismus, der die philosophische Kritik herausfordert. Gott trägt in der Vorstellung des Beters die klaren Züge der menschlichen Persönlichkeit: Denken, Wollen, Fühlen, Selbstbewußtsein. Nur das mystisch-kontemplative Gebet zeigt bald schwächer, bald stärker die Tendenz, die Gottesvorstellung zu entpersönlichen. Aller individuellen Gebetserfahrung ist wesentlich der primitive Glaube an die reale und unmittelbare

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