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tritt in der biblischen Offenbarungsreligion die überpersönliche eschatologische Hoffnung. Nicht auf die Seligkeit der Einzelseele richtet sich dieser prophetische Zukunftsglaube, sondern auf die ,Vollendung der Welt (apema anheuš urvaêsê in den zarathuštrischen Gâthas 188, συντέλεια τοῦ αἰῶνος Mt 13 4), auf das Kommen des großen Tages Gottes (jóm Jahwe, huέqa tov xvolov, Kšathra vairya im zoroastrischen Mazdaismus). Das Seligkeitsverlangen des Einzelnen tritt ganz zurück hinter der Hoffnung auf den Endsieg des Guten. Diese Erde, auf der Sünde und Leid, Tod und Teufel herrschen, wird in furchtbaren Katastrophen zu Trümmern gehen und an ihre Stelle wird eine neue Welt treten, in der alle Mächte des Bösen auf immer vernichtet sind,,,ein neuer Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt" (1 Petr 3 13). Die große göttliche Heilsgeschichte wird herrlich vollendet werden, alle Sünde und Bosheit wird ausgerottet, alle Tränen getrocknet, aller Hunger gestillt werden. Gott wird über seine Feinde triumphieren, er allein wird herrschen und König sein,,,Gott alles in allem" (1 Kor 15 28). Aber nicht in unendlich weiter Ferne erwartet der spätjüdische und urchristliche Glaube den Anbruch der Gottesherrschaft, sondern in unmittelbarer Nähe:,,Das Gottesreich ist nahe herbeigekommen." (Mk 115) Jesus, die Urgemeinde und Paulus sind unerschütterlich davon überzeugt, daß in kürzester Frist diese Welt vergehen und Gottes ewige Herrschaft anbrechen werde. Ihr Glaube an die Verwirklichung des Ideals, an den Triumph des Göttlichen über das Dämonische, an den Sieg des Guten über das Böse ist so gewaltig und stürmisch, daß er die Jahrhunderte und Jahrtausende überfliegt und das in nächster Nähe sieht und greift, was die spätere Christenheit erst in einer fernen Endzeit erwartete. Aber immer wieder standen in der Geschichte der christlichen Religion Männer und Gemeinden auf, die mit der Glut der Begeisterung die Nähe des Weltendes und Gottesreiches erhofften und verkündeten (vgl. o. S. 278). Ja selbst außerchristliche Propheten wie Mohammed waren vom Glauben an den baldigen Anbruch der Vollendung erfüllt. Dennoch ist für alle großen prophetischen Geister die Gottesherrschaft nicht eine ausschließliche Zukunftsgröße, sondern bereits etwas Gegenwärtiges. Schon in der Jetztzeit hebt sie an: in der Verkündigung, in den Wundern und Krafttaten, im charismatischen Enthusiasmus, im Glauben an das in Christus erschienene Heil wie im sittlichen Leben beginnt das Gottesreich sich zu verwirklichen;,,Gottes Reich wird hier angefangen und nimmt zu, es wird aber in jenem Leben vollbracht" (Luther) 189.

12. Monismus der Mystik-Dualismus der prophetischen Religion.

Das mystische Erleben besteht in der Vereinheitlichung und Vereinfachung des gesamten psychischen Geschehens, die durch Isolierung von der gegenständlichen Welt und die Unterbindung des emotionellen Lebens möglich wird. Die Schranken zwischen Gott und Mensch fallen im ekstatischen Erleben: der Mensch geht in Gott auf, verliert sich in

ihm oder verschmilzt mit ihm zur völligen Einheit. Alle Gegensätze, alle Mannigfaltigkeit, aller Dualismus löst sich in der mystischen Erfahrung auf. „Vorbei ist alle Zweiheit" (Ferîd-ed-dîn Attâr) 190. Die Unterschiede von Gott und Welt, Diesseits und Jenseits, Gegenwart und Zukunft hören auf, alle Seins- und Wertunterschiede werden aufgehoben, der Gegensatz von Gut und Böse ist dem Ekstatiker fremd. Der philosophische Monismus eines Šankara (advaita,,Nichtzweiheit') und Eckhart ist nur die konsequente metaphysische Fortbildung und Ausdeutung des aller dualistischen Spannung und Gegensätzlichkeit entbehrenden ekstatischen Erlebnisses.

Das prophetische Erleben hingegen offenbart einen Antagonismus von Gegensätzen, dramatische Spannung, dualistische Kraft. Furcht und Hoffnung, Angst und Zuversicht, Zweifel und Glaube ringen miteinander: der Gegensatz von sittlichem Wert und Unwert ist in dem prophetischen Bewußtsein stets lebendig. Durch die ganze Vorstellungswelt der prophetischen Religion zieht sich dieser mächtige Dualismus. Gott und Mensch vermischen sich niemals; der primitive Glaube an die Distanz von Gott und Mensch lebt hier, ethisch vertieft, fort.,,Gott ist im Himmel und du auf der Erde" (Ko 51). Voll Demut naht sich der Sünder dem heiligen Gott. Auch die kindliche Zuversicht Jesu zum Vatergott bleibt stets eine persönliche Gemeinschaft; sie bildet sich nie zur mystischen ,,Vereinigung" fort. Der kosmische Dualismus von Materie (Fleisch) und Geist, Leib und Seele, Mannigfaltigkeit und Einheit spielt auch in der Mystik eine Rolle. Aber der prophetische Dualismus ist universell, ethisch, persönlich erlebt, von aller Spekulation unbeeinflußt. Jahwe und die Ba'alîm, Ahura Mazda und Angra Mainyu, Gott und Satan, Engel und Teufel, Licht und Finsternis, Gottesreich und Satansreich,,dieser Äon' und,der kommende Äon', Gut und Böse, Rein und Unrein, Sünde und Gnade, Erlösung und Verdammung, Tod und Leben, Himmel und Hölle der ganze Vorstellungsschatz der prophetischen Religion offenbart in der antithetischen Paarung der Begriffe die dualistische Lebendigkeit dieses Frömmigkeitstyps. ,,Gottes Reich ficht mit des Teufels Reich ohn Unterlaẞ" (Luther) 191.

13. Schlußcharakteristik.

Die Mystik ist weder christlicher Herkunft noch eine Eigentümlichkeit des Christentums, obschon sie durch das Christentum die feinste Ausgestaltung und schönste Formung erfahren hat. Die Mystik ist vielmehr die höchste religiöse Schöpfung, die sich in der außerchristlichen Religion vollzog und für die eigentlich nur außerhalb des Christentums eine konsequente Durchbildung und reine Ausprägung möglich ist. In das Christentum ist sie (wie in das Judentum und in den Islam) erst von außen her eingedrungen: aus dem synkretistischen Mysterienwesen und der spätantiken religiösen Philosophie, zumal aus dem Neuplatonismus 192. Die Gnostiker und Alexandriner, vor allem aber Augustinus und der Areopagite waren die Einfallstore. Durch die Kreuzung mit der prophetisch-evangelischen Frömmigkeit hat die Mystik zwar ihre Reinheit

und Konsequenz eingebüßt, aber an Tiefe und Wärme, Innigkeit und Kraft gewonnen. Ein Werturteil ist durch die Aufdeckung des außerchristlichen Ursprungs der Mystik in keiner Weise gefällt. Es gilt nur in einer Zeit, da man den Wert der Mystik neu entdeckte, da man darum in ihr das Wesen des Christentums erblickte und die großen biblischen und christlichen Persönlichkeiten: die Propheten und Jesus, Paulus und Johannes, Luther und Kierkegaard zu Mystikern stempelt und umgekehrt die großen Mystiker: Seuse und Eckhart, Katherina von Genua und Teresa als genuin christliche Persönlichkeiten preist, diese beiden religiösen Lebensmächte: Mystik und prophetisch-biblische Religion klar und scharf auseinanderzuhalten. Gewiß ist die letzte psychologische Wurzel und die letzte ideelle Vorstellung beiden Typen gemeinsam: das Streben nach reinem Leben, nach Liebe und Seligkeit und der Glaube an ein Höchstes, Absolutes, Transzendentes, in dem dieses Sehnen zur Ruhe kommt. Gewiß sind die Gegensätze unzähligemale in der Geschichte überbrückt und gemildert worden, am großartigsten in Augustinus und Franziskus, aber sie lassen sich nicht aus der Welt schaffen. Persönlichkeitbejahende und persönlichkeitverneinende Religion, geschichtliche und geschichtslose Gotteserfahrung, Offenbarung und Ekstase, Prophetismus und Klosterwesen, Weltumgestaltung und Weltflucht, Evangelium und Beschaulichkeit die inneren Gegensätze sind zu gewaltig, als daß wir ein Recht hätten, eine Wesensidentität beider Typen zu behaupten. Mystik und Offenbarungsreligion sind die beiden Gegenpole der höheren Frömmigkeit, die sich in der Geschichte der Religion fliehen und doch immer wieder anziehen.

III. Das Gebet in der Mystik.

1. Vorbemerkungen.

Die Darstellung des mystischen Gebetstyps ist mit großen Schwierigkeiten verbunden, da er fast stets von der schlichten Volksreligion oder dem prophetischen Typ irgendwie beeinflußt ist oder das naive Beten und Bitten, wie es der primitiven Frömmigkeit ebenso wie der prophetisch-schöpferischen eigen ist, neben der spezifisch-mystischen Gebetsweise einherläuft. In dem Beten der christlichen (wie der sufistischislamischen) Mystiker tritt die prophetisch-biblische Gebetsweise bald stärker, bald schwächer hervor. Die christlichen Mystiker bedienen sich gerne des biblischen Wortschatzes und der biblischen Gebetsterminologie, die dem entgegengesetzten Frömmigkeitstyp entstammen. Die mystischen Gedanken werden so durch fremde Kleider verhüllt. Aber nicht nur die Gebetssprache, sondern auch die Gebetserlebnisse der christlichen (und der islamischen) Mystiker sind von dem prophetischen Frömmigkeitstyp beeinflußt; die eigentümlichen mystischen Erlebnisse der inneren Einheit und Ruhe, der Gelassenheit, der Indifferenz, der Liebe, der Sehnsucht nach dem Höchsten vermischen sich mit den prophetischen Grundgefühlen des Glaubens, Vertrauens, der Zuversicht und Tröstung; die prophetische Affektivität haucht der mystischen Affektlosigkeit Kraft und Wärme ein. Die mystischen Gebetsklänge verschmelzen mit den biblischen zu eigenartigen Akkorden und Harmonien. Aber der mystische Unterton ist stets kräftig genug, um von einem feinen Gehör deutlich wahrgenommen zu werden.

Mit dieser ersten Schwierigkeit hängt enge eine zweite zusammen. Die Kreuzung der mystischen Frömmigkeit mit der primitiv-volkstümlichen und der prophetischen Frömmigkeit bedingt das Entstehen einer Mannigfaltigkeit mystischer Richtungen, die gerade in der Gebetsweise erkennbar ist: wir treffen eine ekstatisch-visionäre Mystik (Upanischaden, Yoga, Mânikka-Vâšagar, Plotin, Sûfîs, Bernhard, Franz von Assisi, Seuse, Katherina von Genua, Teresa) und eine harmonische Mystik, in der alle irregulären Erlebnisse fehlen (Augustin, Thomas von Aquin, Eckhart, Tauler, Imitatio Christi, die Quietisten); eine warme affektive Mystik (die indischen Bhaktas, die Sûfîs, Plotin, Augustin, die meisten mittelalterlichen Mystiker, die Pietisten) und eine kühle affektlose Mystik (Upanischaden, Buddhismus, Eckhart, Angelus Silesius, die Quietisten); eine naive phantasiemäßige, dichtende Mystik (Sûfîs, Mânikka-Vâšagar, Bernhard, Franz von Assisi, Mechthild von Magdeburg, Seuse, Symeon der Neue Theologe) und eine reflektierende, verstandesmäßige, theoretisierende Mystik, welche entweder durch philosophische Spekulation (Upanischaden, šankara, Râmânuja,

Plotin, Augustin, der Areopagite, Eckhart) oder durch psychologische Analyse (Yoga, Buddhismus, Teresa, die Quietisten) das mystische Erlebnis zu bewältigen sucht; eine glühende erotische Mystik (die indische Krishna-Mystik, die Sûfîs, Bernhard, die mystischen Nonnen, die Herrenhuter Pietisten) und eine abgeklärte, geistige Mystik, deren Gottesliebe jeder Erotik ferne steht (Mânikka-Vâšagar, Augustin, Thomas von Aquin, Franz von Assisi, Tauler, Tersteegen); eine personalistisch-theistische Mystik, in der der Fromme zu Gott in ein trautes persönliches Verhältnis tritt (die indischen Bhaktas, die Sûfîs, die Mehrzahl der christlichen Mystiker) und eine impersonalistisch-monistische Mystik, in der die Einzelseele in der unendlichen, unpersönlichen Gottheit sich auflöst (Upanischaden, Sankara, Plotin, der Areopagite, Eckhart, Angelus Silesius); eine innige Gebetsmystik, in der der Verkehr mit Gott sich vorwiegend in dem schlichten Gebetsgespräch vollzieht (die Bhaktas, Sûfîs und meisten christlichen Mystiker) und eine reine Versenkungsmystik, der die lebendige Dramatik des Gebetslebens fremd ist (Upanischaden, Yoga, Buddhismus, Plotin, Tauler, Angelus Silesius, die Quietisten); eine kultische Mystik, deren anbetende Kontemplation an einem äußeren Kultobjekt sich entzündet (die indische BhaktiMystik, die synkretistischen Mysterienreligionen, die eucharistische Mystik des Mittelalters) und eine kultlose, unsinnliche Mystik, in welcher die mystische Gottesschau jeder äußeren Stütze entbehrt (Upanischaden, Plotin, Augustin, die evangelischen Spiritualisten, die Quietisten). Diese bunte Mannigfaltigkeit mystischer Erlebnisformen scheint eine einheitliche Darstellung des mystischen Betens auszuschließen. Und doch lehrt der Vergleich mit dem prophetischen Frömmigkeitsleben, daß hinter dieser Mannigfaltigkeit ein Gemeinsames steckt, daß das mystische Beten trotz seines Formenreichtums einen einheitlichen Typus bildet, der von dem prophetischen Gebetstyp sich scharf abhebt. Wir versuchen darum eine Gesamtdarstellung der mystischen Gebetsweise, die in erster Linie sich auf die Dokumente einer abgeklärten, personalistischen Gottesmystik stützt, aber auch die anderen Ausprägungen des mystischen Gedankens berücksichtigt. Hierauf soll gezeigt werden, wie in den von diesem Normaltypus abweichenden Formen der mystischen Frömmigkeit bestimmte in aller Mystik aufzuweisende Momente hervortreten.

2. Motiv und Zweck des Gebets.

Das Ziel, dem die Mystik nachtrachtet, ist die Isolierung und Vereinheitlichung des inneren Lebens: Abkehr von der Welt und Vereinigung mit Gott. Der Abwendung von der Sinnenwelt dient die Askese (via purgativa); sittliche und asketische Übungen ertöten die Sinnlichkeit. Die Vereinheitlichung des seelischen Lebens vollzieht sich im Gebet und in der das Gebet erzeugenden und nährenden Betrachtung, der Meditation (via illuminativa). Das Gebet bildet so die unmittelbare Vorstufe der vollen inneren Einheit, die als Einheit mit Gott erlebt wird (via unitiva). Die Askese ist das entferntere, das Gebet bzw. die Versenkung das nähere Mittel zur Erreichung dieses Zieles. Proclus,

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