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mitische Gedanke an Gott den Herrn noch stärker hervor. Nehemias betet:,,O Jahwe, du Himmelsgott, du großer und furchtbarer Gott! Laß doch dein Ohr aufmerksam und dein Auge offen sein, daß du das Gebet deines Knechtes hörest" (Neh 1 f.). Im Septuagintajudentum wird das Wort κύριος (,Herr') zur Gebetsanrufung καὶ ἐξοχήν, aus ihm drang es in die christliche Gebetssprache ein. Aber diese schlichte Gebetsanrede ist keine belanglose Redensart, sondern der bedeutungsvolle Reflex des religiösen Verhältnisses, in dem der Beter zu Gott steht. Auch die andere religiöse Relation, die uns im primitiven Gebet so oft begegnete, tritt in der Geschichte der israelitischen Gebetsfrömmigkeit immer stärker hervor: das Kindschaftsverhältnis zum Vatergott. Jahwe sprach zu Jeremia:,,Ich dachte,mein Vater' würdet ihr mich nennen und nicht davon ablassen mir nachzufolgen“ (319). Ein nachexilischer Frommer ruft in seinen Gebeten wiederholt: ,,Du, Jahwe, bist unser Vater" (Jes 63 17 f.; 64). Der Psalmist spricht: ,Mein Vater bist du" (89 27). Der Verfasser des Weisheitsbuches nennt Gott in einem zuversichtlichen Gebet,,Vater" (14). Das Nebeneinander beider Relationen, des Kindschafts- und Knechtschaftsverhältnisses, zeigt sich deutlich in der Gebetsanrufung des Jesus Sirach,,O Herr, Vater und Herr meines Lebens" (51 10) wie in dem Wort Jahwes an Malachias:,,Ein Sohn ehrt seinen Vater und ein Diener fürchtet seinen Herrn. Wenn ich Vater bin, wo ist meine Ehre ? und wenn ich Herr bin, wo ist die Furcht vor mir ?" (1). Während in der alttestamentlichen Gebetsfrömmigkeit das Knechtschafts-und Kindschaftsverhältnis sich ständig vermengen, spricht sich im Beten Jesu ausschließlich das Kindschaftsverhältnis zum Vater aus. In Jesu Gebetsleben bricht so das Urphänomen des Gebets in seiner höchsten Reinheit durch: das erste Gebet, das von eines Menschen Lippen sich losriß, war zweifellos ein schlichter Hilferuf: ‚Vater" (S. o. S. 91, 121). Alle die Gebete, die uns von Jesus überliefert sind, beginnen mit der anspruchslosen Anrede: ‚Vater'. (Nur am Kreuz, wo die Trostlosigkeit das eigene Wort ersterben ließ, ruft er seinen Vater mit dem Psalmwort ,,mein Gott!" an 238.) So gewaltig war der Eindruck dieser Gebetsanrede Jesu auf seine Jünger, daß die griechischen Evangelienverfasser den aramäischen Urlaut dieses Wortes,Abba' wiedergeben. In den Gebeten des Völkerapostels und seiner hellenistischen Christengemeinden hallt dieser aramäische Gebetsruf Jesu wieder (Roe 815; Gal 4 g). In der christlichen Gebetsterminologie steht die,Vater anrede neben der,Herr'anrede. Aber die philosophischen und mystischen Motive, die aus der spätgriechischen Welt in das Christentum einströmten, bedingten im christlichen Gebetsleben ein Zurücktreten des naiven Kindschaftsgedankens. Er tritt in seiner Urwüchsigkeit und Herzlichkeit wieder in dem Bibelchristentum der Reformatoren hervor. Schon der Vergleich der Lutherschen Gebetsanrede: Lieber Gott und Vater!',Lieber Vater!' Lieber himmlischer Vater!' 239 mit der mystischen Gebetsanrede: ,amor meus', ,amantissime,,dilectissime',,dulcissime',,sponse' offenbart deutlich die Verschiedenheit des sozialen Verhältnisses. Immer wieder betonen die Reformatoren, daß der Beter zu Gott in einem Kindschaftsverhältnis steht.

Das Gebet

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,,Die rechten Beter sind die, so nicht daran zweifeln, daß sie Kinder sind der Gnaden.",,Unser Gebet soll zu Gott gerichtet sein als zu unserm gnädigen, freundlichen Vater, nicht als einem Tyrannen oder zornigen Richter." „Bist du in Anfechtung und Leiden, wende dich zu Gott wie ein Kind zu seinem Vater." ,,Hast du einen Mangel oder Not, so dich drücket, so rufe nur zu ihm und tue den Mund getrost auf wie ein Kind gegen seinen Vater, welcher ihm läßt alles gefallen, was das Kindlein tut, so sich nur zum Vater hält." Gott selbst will, daß der Mensch ihn,,fröhlich seinen Vater nenne". Gott,,fordert von uns solche Ehre, daß wir von ihm sollen bitten als ein Kind von seinem Vater". ,,Nun ist kein Nam unter allen Namen, der mehr geschickt mache uns gegen Gott denn Vater. Das ist gar eine freundliche, süße, tiefe und herzliche Rede. Es wäre nicht so lieblich oder tröstlich, wenn wir sprächen Herr oder Gott oder Richter. Denn der Name Vater ist von Natur eingeboren und natürlich süß. Derhalben er auch Gott am allerbesten gefällt und uns zu hören ihn am allermeisten bewegt. Desselbengleichen wir uns in demselben bekennen als Kinder Gottes, dadurch abermal wird Gott gar innerlich bewegt; denn nicht lieblichere Stimme ist denn des Kindes zum Vater" (Luther) 40.,,Also kann kein Gebet sein, wo man nicht zu Gott also sicher und vertraut läuft als zu einem milden, natürlichen Vater" (Zwingli) 241.

Die Art des sozialen Verhältnisses zu Gott äußert sich in der Gebetsstimmung. Der Seher oder Prophet, den ein Freundesverhältnis mit seinem Gott verknüpft, zeigt trotz des Abhängigkeitsgefühls stolzes Selbstbewußtsein und Selbstvertrauen, männliche Freiheit und Offenheit, Ernst und Würde. Furchtaffekte sind ihm ebenso fern wie kindlichfrohe Zuversicht. Viel kräftiger ist das Gefühl der Abhängigkeit dort, wo Gott als „Herr“ und „König“ angerufen wird. Die Prädikate, welche die israelitischen Beter ihrem Jahwe beilegen:,,Herr der Heerscharen",,,Richter der ganzen Erde" (Gn 18 25),,,0 Herr, du großer und furchtbarer Gott" (Dan 9) sind die Korrelate zu den Affekten der bebenden Ehrfurcht und zitternden Scheu, die in ihnen beim Beten stets lebendig sind. ,,Gottesfurcht" ist für den alttestamentlichen Frommen synonym mit Religion und Frömmigkeit.

Die Demut und Ehrfurcht des Dienerverhältnisses paart sich mit der Unbefangenheit und Herzlichkeit des Freundesverhältnisses im religiösen Kindschaftsverhältnis. Der Beter ist durchdrungen von dem Gefühl der vollständigen Abhängigkeit, der eigenen Schwäche und Ohnmacht, er ist sich seiner Kleinheit, Armut und Hilflosigkeit bewußt und fühlt sich ganz auf die Güte des Vaters angewiesen. Nirgends ist die De mut, welche im Kindesgebet die eine Komponente der Gebetsstimmung ist, so wundervoll veranschaulicht als im Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner (Lk 18, ff.). Luther mahnt,,,daß man im Gebet in rechter herzlicher Demut von uns selbst falle und allein hange an der Verheißung der Gnade" 242. Mit der Demut verbindet sich der Freimut: Der Beter, der sich als Gotteskind fühlt, spricht offen, rückhaltlos vor dem Vater aus, was ihn innerlich bewegt. Für diese Unbefangenheit und Vertraulichkeit des Beters hat die jüdisch-urchristliche Frömmigkeit den plastischen Terminus raоonoía, ,Allessagen geprägt (Philo, Hebr. 416; 1 Jo 3 5 21; f.) 243. Der Vatergott hat ein offenes Herz für all die großen und kleinen Nöte des Menschen, ihm kann der Fromme sich völlig ausschütten. Darum sollen wir, wie Luther sagt,,,uns zum Gebet mutig und beherzt machen", „,es frisch und getrost wagen' ,,getrost und kecklich hinangehen",,,frei und gewiß vor Gott treten.

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,,den Mund unerschrocken auftun" 244. Demut und Freimut im Kindesgebet werden getragen und beseelt von der unerschütterlichen Z uversicht, die sich auf die Vatergüte Gottes stützt. Der Vater kann seine Kinder, wenn sie ihn anflehen, nicht abweisen: ,,Oder würde jemand unter euch, wenn ihn sein Sohn um Brot bittet, ihm einen Stein geben, und wenn er ihn um einen Fisch bittet, würde er ihm eine Schlange geben?" (Mt 7, ff.). Der Gedanke an Gottes Vatergüte hält die Zuversicht während des Gebetes lebendig; das Beten ist ein ,,Bitten im Glauben ohne allen Zweifel" (Jak 15). Luther umschreibt die zuversichtliche Stimmung des Kindesgebets durch eine Fülle treffender psychologischer Termini.

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,,Ein recht Gebet soll aus einem gläubigen Herzen kommen." Wir sollen,,mit aller Zuversicht vor Gott treten“, „fröhlich niederknien“, „beherzt, freudig und getrost beten". Du sollst,,dein Herz auftun und vor Gott ausschütten mit tröstlicher Zuversicht, daß er als dein treuer, himmlischer Vater in solchen Nöten helfen und raten wolle".,,Es ist not, daß man nicht zweifle, sondern mit rechtem Vertrauen bitte" 245. Die Stimmung des Beters ist auch nicht die eines Experimentators, der mit dem Gebet einen Versuch macht, begierig, ob er glücke; seine Zuversicht ist absolut, unerschütterlich. ,,Wenn jemand daran zweifelt oder es in ungewissen Wahn setzt und es auf Abenteuer wagt, so ist das Gebet nichts." ,,Das Wanken soll ganz und gar vom Gebet ausgeschlossen sein“ 246 Calvin sagt: „Hanc ergo obtinendi, quod petimus, securitatem. . utraque manu tenere nos oportet, si cum fructu orare volumus. Ea accepta Deo est oratio, quae ex tali, ut ita loquar, praesumptione fidei nascitur et intrepida spei certitudine fundata est" 246 b.

Diese feste und frohe Zuversicht stützt sich aber nicht auf das Bewußtsein der eigenen sittlichen Kraft und Würdigkeit, es ist nicht ein,,Bauen auf sich selbst", sondern wurzelt allein im Glauben an Gottes Güte; ,,es muß sich auf Wahrheit und Versprechen Gottes verlassen".

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,,Unser Gebet muß sich nicht gründen oder halten auf unsere Würdigkeit, sondern auf die unwankelbare Wahrheit göttlicher Zusagung." ,,Eben dadurch werden wir würdig zu bitten und erhört zu werden, daß wir gläuben, wir sind unwürdig und alleine auf die Treue Gottes uns tröstlich wagen." Gottes Verheißung ist das Hauptstück, Grund und Kraft aller Gebete.",,Denn so Gott nicht hätte heißen beten und Erhörung versprochen, vermöchten alle Kreaturen nicht ein Körnlein erbitten mit allen ihren Gebeten." (Luther.) 247

Die Art des sozialen Verhältnisses, in dem der Beter zur Gottheit zu stehen glaubt, variiert somit die Stimmung des Gebets. Die Wahl der Worte, die Klangfarbe der Stimme, das Mienenspiel wechseln je nach der durch das eigentümliche religiöse Verhältnis bedingten Stimmung. Eben deshalb, weil die Stimmung im lauten Gebet auch nach außen hin sich kundgibt, springt sie auf diejenigen über, welche dem Beter zuhören. Schon das naive Beten des primitiven Menschen macht auf den Augen- und Ohrenzeugen einen tiefen Eindruck. Europäische Ethnographen erzählen, wie sie beim Anhören der Gebete von Naturvölkern innerlich ergriffen wurden (S. o. S. 146f.). Noch tiefer und nachhaltiger muß der Eindruck sein, den jene gewonnen haben, die Zeugen des Betens der religiösen Genien waren. Leider besitzen wir keine

Zeugnisse über den Eindruck, den das Beten der größten prophetischen Persönlichkeiten auf ihre Jünger und Vertrauten machte. Nur über die Eigenart von Luthers Beten sind wir unterrichtet. Veit Dietrich schreibt:

,,Es hat mir einmal geglückt, daß ich ihn hörte beten. Hilf Gott! Welch ein Geist, welch ein Glaube war in seinen Worten! Er betete so andächtig als einer, der mit Gott, mit solcher Hoffnung und Glauben, als einer, der mit seinem Vater redet. Als ich ihn solche Worte mit heller Stimme von fern hörte beten, brannte mir's Herz im Leibe vor großer Freude, sintemal ich ihn so freundlich und andächtig mit Gott hörete reden; vornehmlich aber, weil er auf die Verheißungen aus den Psalmen so hart drang, als wäre es gewiß, daß alles geschehen müßte, was er begehrte" 248

7. Die Gebetsnormen der prophetischen Frömmigkeit.

Wie die Mystiker so erblicken auch die prophetischen Geister in ihrem eigenen Gebetsleben das Ideal des Gebets, das wahre, gottgewollte Gebet. Aber hierin liegt der Unterschied der prophetischen Gebetsnorm von der mystischen, daß die unter dem Niveau des idealen Gebets befindliche Gebetsweise nicht als bloße unvollkommene Vorstufe des reinen Herzensgebets betrachtet und gewürdigt, sondern als falsche und irreligiöse Gebetsform gebrandmarkt wird. Die prophetische Gebetsanweisung enthält stets eine polemische Spitze. Sie richtet sich auch im Gegensatz zu der mystischen Gebetsanleitung nicht bloß an Vertraute und geistesverwandte Seelen, sondern an alle Menschen ohne Unterschied. Das Gebetsideal erscheint als eine ausnahmslos gültige göttliche Forderung. Die prophetischen Geister staffeln auch nicht die Gebete und Gebetszustände nach Graden der Intensität und Reinheit wie die Mystiker; das absolut gültige religiöse Ideal kennt keine Abstufung, es ist ein unbedingtes,,du sollst", der heilige Wille Gottes. Die prophetische Gebetsanleitung ist darum ein Kampf für das Gebetsideal.

Dieser Kampf richtet sich in erster Linie gegen das aus irreligiösen Motiven geborene Beten. Das öffentliche Schaubeten,,,das Gebet im Schein" (Luther) 249, das nur auf Menschenlob berechnet ist, wird von Jesus als freche Heuchelei entlarvt. Nicht in der Öffentlichkeit, sondern im stillen Kämmerlein betet der wahre Fromme.

,,Wenn ihr betet, so macht es nicht wie die Heuchler, die mit Vorliebe in den Synagogen und an den Straßenecken sich hinstellen und beten, um von den Menschen gesehen zu werden; wahrlich ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin. Du aber, wenn du betest, geh in dein Kämmerlein, schließ die Türe zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen, und der Vater, der es im Verborgenen schaut, wird es dir vergelten" (Mt 6, 5). Diesem Herrenwort ähnelt die Mahnung eines jüdischen Frommen:,,Man stelle sich nicht auf freiem Felde zum Beten hin, wie es die Völker der Welt tun. Man stelle sich nicht auf offener Straße zum Beten hin wegen der Meinung der Leute. Man stelle sich nicht unter Frauen zum Beten hin wegen der Meinung der Frauen" (Seder Elia Rabba) “9 b.

Die innige Gebetsfrömmigkeit der prophetischen Naturen protestiert mit aller Schärfe gegen das seelen- und stimmungslose Beten, das mechanische und gedankenlose Herunterplappern von langen Gebetsformeln.

Jesaias eifert gegen das Lippengebet:,,Dieses Volk naht sich mir bloß mit seinem Munde und ehrt mich bloß mit seinen Lippen, sein Herz aber ist fern von mir!" (29, 13). Er verkündet den Israeliten Jahwes Wort:,,Wenn ihr noch soviel betet, so höre ich auf euch nicht“ (1, 15). Jesus Sirach mahnt:,,Wiederhole keine Worte beim Gebet" (7, 14). Jesus warnt:,,Wenn ihr betet, dann macht nicht viel Geplapper wie die Heiden; denn die glauben mit ihren vielen Worten

erhört zu werden; macht es nicht denen nach; euer Vater weiß ja, was ihr bedürfet, ehe ihr ihn bittet" (Mt 6, 7). Eine unermüdliche Polemik gegen das stimmungsund gedankenlose Gebet führten die Reformatoren. Luther schreibt in seiner derben Redeweise:,,Beten heißt nicht eine Anzahl Psalmen daherlesen" oder ,,in der Kirche brüllen und schreien“,,,einen Sack voll Worte murren oder tönen“, das,,Maul regen oder stracks in ein Buch sehen". Ein solches Beten ist ein,,äußerlich Mummeln und Pläppern mit dem Munde, ohne alle Acht“,,,allein eine Arbeit der Zunge",,,eine Büffelarbeit“, die,,ohne Herz, Verstand und Glauben“,,,ohne Verstand und Andacht geschieht". Das,,geistliche und wahrhaftige Gebet" ist vielmehr eine ,,Aufhebung des Gemüts oder Herzens zu Gott," ,,innerliche Begierde, Seufzen und Verlangen aus Herzensgrund".,,Darum betet der, der herzlich betet, und nicht der viel Blätter umschlägt und viel mit den Paternostersteinen klappert.",,Wenn du aus dem Herzen betest allein: ,dein Name werde geheiliget!', so ist's mehr denn daß du hundert Psalmen ohne Herz betest." ,,Ein recht Gebet denket fein aller Worte und Gedanken vom Anfang bis zum Ende des Gebets" 250 Zwingli sagt:,,Das Gebet ist nichts anderes denn ein Aufrichten oder Aufstehen des Gemüts zu Gott." ,,Ob die Worte mit der Begierde des Herzens laufen, ist nicht letz (falsch), aber die Worte sind ohne das Herz eitel.",,Mit wiedergeplapperten Worten währt die Andacht nicht lange. ,,Willst du mit dem Mund einen Psalm reden, schau, daß der Mund und das Gemüt miteinander ziehen" 251. Sebastian Frank schreibt:,,Der Mund und die Aufhebung der unschuldigen Hände, die Beugung der Knie sind nur Dolmetscher, Zeremonien, Zeugen und Ausrufer des Gebets. Wenn nun das Herz nicht ernstlich betet und zu Gott schreit, so ist der Mund, es sind die Knie usw. nichts als Heuchler und falsche Zeugen, welche Gott, als sähe er nicht im Grunde in das Verborgene, betrügen und mit dem Judaskuß verraten wollen" 252. Bunyan sagt:,,Da ist das Gebetsleben, wo in oder mit dem Geist ein Mann, der seine Sündigkeit fühlt, in der Kraft des Geistes kommt und ruft: ,Vater!' Das eine Wort, im Glauben gesprochen, ist besser als tausend sogenannte Gebetsworte, geschrieben und gelesen in formelhafter, kalter und lauwarmer Weise." Noch auf dem Sterbebette mahnt er: ,Wenn du betest, laß eher das Herz ohne Worte sein als die Worte ohne Herz" 253.

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Die prophetischen Beter erblicken das Gebetsideal in dem spontan aus dem Affekt quellenden, völlig freien Gebet. Spener wird nicht müde vor den Gebetsformeln und Gebetbüchern zu warnen. Er empfiehlt dringend, schon die Jugend an das freie Gebet zu gewöhnen.

,,Ein solches Gebet hat mehr Nutzen, als zwanzig andere, die aus Büchern rezitiert werden." ,,Man darf nicht einwenden, man könne keine Worte finden; man findet sie ja auch, wenn man mit den Eltern oder anderen Leuten redet und auf Wohlgeredenheit kommt es nicht an“. 254

In viel schärferer Weise wenden sich Bunyan und Fox gegen die Benützung von Gebetsformularen, vor allem des Common Prayer Book. ,,Nur der Geist kann uns lehren, wie wir beten müssen. Ohne diesen Geist wissen wir nicht, was wir beten sollen, selbst wenn wir 1000 Common Prayer Books hätten.",,Ihr widersteht dem Geist des Gebets durch die Form, die eines Menschen Erfindung ist.",,Es ist wirklich eine Gaukelei des Teufels, daß mensch liche Überlieferungen höher geschätzt werden sollten als der Geist des Gebets." ,,Ein tiefes Gefühl von der Sünde und vom Zorn Gottes mit einer Ermutigung von Gott, zu ihm zu kommen, ist ein besseres Common Prayer Book als das, welches aus dem päpstlichen Meßbuch herausgenommen ist." (Bunyan) 255.,,So du willst, daß ich nach etwas Hergesagtem bete, heißt das nicht die Lehre der Apostel mißachten und ihr Beten im Geist, der die Worte eingibt ?" (Fox) 256. Milton zeichnet im Jkonoklastes in prächtigen Worten das puritanische Gebetsideal der englischen Independenten.,,So viel ist gewiß, diejenigen, die sich keiner gebundenen Gebetsformel bedienen, nehmen die Worte aus ihrer andächtigen Hingebung, während die anderen ihre religiöse Stimmung nach einer gewissen Dosis vorbereiteter Redensarten richten müssen. Die zwei freiesten Dinge aber, unser Gebet und den göttlichen Geist, der uns dazu treibt, gewaltsam gefangen

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