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zu nehmen und einzuschließen in einen Pferch von Worten, ist eine Tyrannei mit längeren Händen als die der Giganten, die dem Himmel Knechtschaft drohten“ 157. Die prophetischen Geister fordern immer wieder zum z uversicht lichen Beten auf, das ohne allen Zweifel der Erhörung gewiß ist. Mit energischen Imperativen mahnt Jesus seine Jünger zur Gebetszuversicht.

,,Bittet und ihr werdet erlangen, suchet und ihr werdet finden, pochet an und es wird euch aufgetan" (Mt 7, 7). Jakobus fordert,,,daß man bitten solle, ohne allen Zweifel" (1, 5). Luther mahnt unzählige Male in seinen Schriften zum gläubigen Beten.,,Das rechte Gebet muß aus solchem Glauben und Vertrauen fließen, sonst ist es kein Gebet, es seien gleich die Worte so gut sie immer wollen." ,,Nicht das Gebet ist gut und recht, das viel ist, andächtig, süß, lang, um zeitlich oder ewig Gut, sondern das fest bauet und trauet; es wird erhöret um der wahrhaftigen Gelübde und Versprechung Gottes willen." ,,Wer im Herzen zweifelt und doch betet, der versucht Gott; denn er zweifelt an Gottes Willen und Gnade, darum ist sein Gebet nichts und tappet nach Gott wie ein Blinder nach der Wand.“ ,,Wer zweifelnd betet, kann nichts empfangen, er gleicht dem schwankenden Gefäß, in das man nichts einschütten kann ohne vorbeizugießen.“,,Beten und nicht gläuben heißt unseres Herrn Gottes spotten"258.

Der Widerspruch der Reformatoren richtet sich auch gegen das g esetzliche und verdienstliche" Beten, gegen die Auffassung des Gebets als eines Bußwerkes oder,,guten Werkes", einer in sich selbst wertvollen Leistung des Menschen an Gott, die diesen zu einer Gegenleistung verpflichtet (s. u. Kap. J). Sie erblicken hierin eine sündhafte Profanation des heiligsten Mysteriums der Frömmigkeit; das Ausschütten des Herzens', die traute Zwiesprache des Herzens mit dem Vater wird degradiert zu einem äußeren Kultakt, einer mechanischen Leistung, zu,,einem Werk oder einer Arbeit, dem Leibe auferleget".

Luther sagt von diesen Betern:,,Ihr Beten ist nicht ein Seufzen oder Begierde des Herzens, sondern eine lauter gezwungene Arbeit des Munds oder der Zungen; denn die denken nimmermehr darinnen Gott eine Not vorzutragen, sondern denken nicht anderes denn sie müssen's tun und Gott müsse solch Mühe und Arbeit ansehen." Sie denken,,nicht weiter denn ein gutes Werk zu tun, damit sie Gott bezahlen, als die nicht von ihm nehmen, sondern geben wollten." ,,Man macht aus dem Gebet ein lauter Werk, welches man nach der Größe und Länge achtet." ,,Aber die Gerechtigkeit des Gesetzes macht niemand vor Gott gerecht; wenn das Beten und Lesen ein bloßes Werk ist, so ist's nichts.",,Es wäre besser, du betest ein Vaterunser mit herzlicher Begierd und Meinung der Wort, daraus Besserung deines Lebens erwüchs, denn daß du aller Gebet Ablaß erwürbst" 259 Zwingli bietet eine scharfsinnige Kritik dieser Gebetsweise: ,,Wer hat je Betteln für einen Wert geschätzt? Daran man erlernen muß, daß unser Gebet gar nicht soll gerechnet werden als ein Wert. Denn so ich stets zu einem laufe: hilf mir da, leihe mir dort hundert Gulden! kann ich je dasselbe nicht für einen Wert schätzen, darum man mir etwas schuldig sei; denn ich tue nichts denn geilen und betteln; als aber leider etliche reden: Ich habe heute Gott in seine Leiden hundert Paternoster gebetet; Gott sei es nicht verwiesen! meinen, Gott solle ihnen um ein solch Werk viel gelten; denn sie haben ihn dadurch geehret, sie haben ihm etwas gegeben; darum sie Recht haben zu heischen oder abrechnen für ihre Sünde, wie teuer sie wollen, damit ihr Gebet eine Ware sei oder ein Wert, die man ihnen wieder vergelten müßte, welches alles nichts denn ein Falsch ist und Gleißnerei" 260. Mit beißendem Spott eifert Seb. Frank gegen jene, ,,die nach der Schnur viele und tausend Gebete tun, nachmals ihm aufopfern und vorschütten wie einem Rosse Hafer und aus dem Bettel einen Gottesdienst machen. Wenn sie immerzu an Gott liegen, geilen und betteln, so wollen sie Gott eine große Ehr getan haben und machen einen Gottesdienst daraus, welches die rechten Gotteslästerer sind, die Gott wie Judas mit dem Kuß verraten" 261.

Die positive Gebetsanleitung der Mystiker besteht in der sorgfältigen psychologischen Analyse der Gebetserlebnisse auf den verschiedenen Etappen. Sie enthält auch eine oft raffinierte psychotechnische Methode, durch deren Anwendung die sichere Basis für die mystischen Gebetserlebnisse geschaffen werden soll. Die prophetische Gebetsanleitung gibt keine Methode und keine Analyse, sondern besteht in einem schlichten ,,Also sollt ihr beten" (Mt 6). Wenn die prophetischen Persönlichkeiten eine nähere konkrete Anweisung zum Beten geben wollen, so nennen sie in Gebetsform jene Güter, um die der Mensch bitten soll. Wie die jüdischen Rabbinen, so gab auch Jesus seinen Jüngern eine solche Gebetsanweisung. Obgleich sie zum kostbarsten Bestand der christlichen Liturgie wurde, so ist sie doch kein bindendes Gebetsformular, sondern eine pädagogische Einführung in das christliche Gebetsleben. Die Vaterunserbitten wurden für die christlichen Frommen und Theologen, soweit sie nicht ausschließlich von mystischen Ideen bestimmt sind, zum Kriterium des echten Gebets. Unzählige Male ist in der Geschichte der christlichen Religion das Vaterunser kommentiert und im Anschluß daran ein christliches Gebetsideal gezeichnet worden.

Augustinus sagt in seiner Gebetsanleitung für die Witwe Proba:,,Wenn wir recht und in gebührender Weise beten, so werden wir um nichts anderes bitten als was in diesem Gebet des Herrn enthalten ist. Es ist uns wohl freigestellt, mit anderen, abweichenden Worten um dasselbe zu bitten, was im Gebet des Herrn enthalten ist; aber es ist uns nicht freigestellt, um andere Dinge zu bitten" 262. Luther sagt:,,Das Vaterunser ist das höchste, edelste und beste Gebet; alle anderen Gebete sollen verdächtig sein, die nicht dieses Gebets Inhalt und Meinung zuvor haben oder begreifen." Ein Christ hat überflüssig gebetet, wenn er das Vaterunser recht betete.",,Denn ich noch heutigen Tags an dem Vaterunser sauge wie ein Kind, trinke und esse wie ein alt Mensch, kann sein nicht satt werden, und ist mir auch über den Psalter, den ich doch sehr lieb habe, das allerbeste Gebet" 263 Calvin schreibt:,,Habemus quidquid a Deo petere debemus ac omnino etiam possumus, descriptum hac formula, et velut orandi regula ab optimo magistro tradita. Atque adeo numeris omnibus absoluta est haec oratio, ut quidquid illi extraneum alienumque additur, quod ad eam referri non possit, impium sit et indignum, quod a Deo concedatur. Hac enim summa praescripsit, quid se dignum, quid necessarium nobis sit, quid denique concedere ipse velit. Quamobrem qui ultro progredi audent, et praeter haec aliquid a Deo postulare, primum quidem sapientiae ex suo addere volunt deinde sub voluntate divina non se continent, sed ea contempta longius cupiditate evagantur. Postremo nihil umquam assequuntur, cum sine fide orent“ 14. Richard Rothe urteilt:,,Der Schule des Gebets des Herrn (dieses eigentlichen Mustergebets und Grundtypus alles christlichen Betens nach Inhalt und Form) wird keiner je entwachsen. Das Vaterunser wahrhaft beten zu können, ist die höchste Gebetsvirtuosität überhaupt, und indem es das von dem Erlöser selbst als dem Herzenskündiger aus der Seele des Menschen als Menschen herausgeredete Gebet ist, betet, wer es recht betet, im buchstäblichen Sinne im Namen des Erlösers"25. 9. Vergleich des mystischen und prophetischen Gebets.

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Der Unterschied des mystischen und prophetischen Gebets offenbart sich in jeder Hinsicht: im Motiv, in der Form, im Inhalt, in der Gottesvorstellung, in der Relation zu Gott, in der Gebetsnorm. Das mystische Beten wurzelt in der Sehnsucht des Frommen nach Vereinigung mit dem Unendlichen - das prophetische Beten quillt aus der tiefen Not

des Herzens und aus dem Verlangen nach Heil und Gnade. Das mystische Gebet ist kunstvoll präpariert durch die feine Psychotechnik der Meditation - das prophetische Beter bricht spontan und gewaltsam hervor aus den unterbewußten Tiefen der religiös erregten Seele. Das mystische Beten ist ein stilles, schweigendes Anbeten, Schauen und Genießen das prophetische Beten ein leidenschaftliches Rufen und Seufzen, ein ungestümes Klagen und Bitten. Das mystische Gebet ist eine feierliche,Erhebung des Geistes zum höchsten Gut — das prophetische Gebet ein schlichtes,Ausschütten des Herzens'. Das mystische Beten ist ein Heraustreten aus sich selbst und ein Eingehen und Einsinken in den unendlichen Gott - das prophetische Beten ist eine Aussprache der das Innerste bewegenden tiefen Not. Das mystische Beten ist ein langwieriges, stufenweises Emporklimmen zu den Höhen der Gottesschau und Gotteseinigung das prophetische Beten ein stürmisches Hinandringen an Gottes Vaterherz. Das mystische Beten stellt eine geradlinige Bewegung, einen kontinuierlich fortschreitenden Prozeß dar: Reinigung, Erleuchtung, Einigung - im prophetischen Gebet vollzieht sich eine innere Umwandlung, eine radikale Umwälzung: die bange, quälende Angst und das drängende Verlangen schlagen über in die ruhige, heitere Zuversicht und die gelassene, frohe Ergebung. Der Gott des mystischen Beters ist das unendliche Eine, das summum bonum, an das er sich ganz verliert der Gott des prophetischen Beters ist der lebendige Herr, dem er verhaftet ist mit der letzten Faser seines Wesens, der gütige Vater, an den er sich klammert in absoluter Zuversicht und unerschütterlicher Hoffnung. Das mystische Beten ist ein Sichverzehren im Feuer der Gottesliebe, ein Zerschmelzen in der Glut des Unendlichen, ein Zerfließen in der Flut des Unermeßlichen:,,mach mich zum Nichts" - das prophetische Beten ist ein kraftvolles Ringen mit dem fordernden und gebietenden Gotte:,,ich lasse dich nicht, du segnest mich denn". Das mystische Beten ist ein Vergehen vor Sehnsucht nach dem göttlichen Geliebten:,,kehre zurück“, und dann wieder ein wonniges Ruhen und trunkenes Schwelgen in der zarten Umarmung des himmlischen Bräutigams: „,ich bin dein und du bist mein" das prophetische Beten ist ein ehrfürchtiges Niedersinken vor der Majestät des ewigen Königs und Herrn:,,schau gnädig auf uns“, ein scheues Flehen des Schuldbeladenen vor dem strengen Richter: „Miserere mei",,,Gott, sei mir armen Sünder gnädig", ein herzliches und vertrautes Reden des Kindes zum liebevollen Vater:,,Vater unser, der du bist im Himmel". Das mystische Beten ist gegenüber dem primitiven Beten etwas absolut Neues: die völlige Loslösung vom eigenen Ich, das Aufgehen im summum bonum im prophetischen Beten erwacht das primitive Beten, zwar unendlich geläutert und veredelt, aber doch in seiner ganzen kraftvollen Leidenschaft, in seiner urwüchsigen Naivität, in seiner dramatischen Lebendigkeit; das prophetische Gebet ist genau wie das primitive Gebet wesentlich Aussprache der Not, Bitte um Heil und Seligkeit, Glaube an den erhörenden, helfenden Gott.

Aber trotz aller dieser Unterschiede zeigen beide Typen ein letztes Gemeinsames: Alles mystische Beten ist ein Aufsteigen zum höchsten

Gut; alles prophetische Beten gipfelt in der Bitte um das Kommen des Gottesreiches, d. h. um die Realisierung alles Wertvollen. Hierin liegt der gewaltige Unterschied des prophetischen Gebets vom primitiven, daß es genau wie das mystische nicht auf vergängliche Augenblickswerte, sondern auf einen letzten und höchsten Wert gerichtet ist. Aber in diesem Gemeinsamen enthüllt sich zugleich der innere Unterschied. Das mystische Gebet richtet sich auf einen Endgültigkeitswert, eine statische Größe: summum bonum das Ziel des prophetischen Betens ist ein Lebendigkeitswert, eine dynamische Größe: BaoLɛiα TOV Jεov (,die Königsherrschaft Gottes'). Der letzte Wert, den der Mystiker sucht, steht jenseits aller Wirklichkeit, jenseits aller Mannigfaltigkeit: tò ev, μóvov (,das Einsame') der letzte Wert, μόνον dem die prophetische Frömmigkeit nachtrachtet, beherrscht und durchdringt die ganze Wirklichkeit, offenbart sich in der Mannigfaltigkeit: 8 Jεòs пávτa iv nãow (,,Gott alles in allem") (1 Kor 15 28).

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G. Das individuelle Gebet großer Männer

(Dichter und Künstler).

Das Beten der religiösen Genien ist die lebendigste und kräftigste, tiefste und innigste Form des Betens; es ragt als Gipfelpunkt unter den mannigfachen Typen des Gebets empor. An seelischer Tiefe und ursprünglicher Gewalt steht ihm - wenn wir von dem altchristlichen Gemeindegebet absehen- am nächsten das Beten jener großen und schöpferischen Männer, deren Denken und Leben wie das der religiösen Genien einer höheren Sphäre von Werten angehört, jedoch einer anderen als der rein religiösen: der Dichter und Künstler, Staatsmänner und Feldherrn. Während beim religiösen Genius das geistige Leben, d. h. das Wertleben im Religiösen gipfelt oder ausschließlich auf dieses begrenzt ist, nimmt im Leben des Dichters, Künstlers oder Staatsmannes das Religiöse nicht die zentrale, beherrschende Stelle ein, sondern steht neben dem künstlerischen Schaffen oder dem politischen Gestalten. Darum besitzt auch das Gebet in ihrem Denken und Leben nicht jene dominierende Stellung wie im Leben der Propheten und Heiligen; es ist nicht wie bei diesen ein,,Beten ohne Unterlaß", ein stetes Gebetsleben. Dennoch kann es an Lebendigkeit, Frische, Spontaneität und Originalität mit dem Beten der großen religiösen Persönlichkeiten sich messen; es offenbart denselben kräftigen Individualismus, der das auszeichnende Merkmal des Betens der religiösen Genien bildet. Wie das Gebet für die großen Geister im Reiche der Frömmigkeit der Wurzelboden aller religiösen Erkenntnisse und Offenbarungen ist, so ist es auch für die Männer der dichtenden und bildenden Künste eine Hauptquelle ihres produktiven Schaffens, ein Born der künstlerischen Einfälle und Inspirationen. Wie im Beten der religiösen Genien, so treten auch hier ganz deutlich zwei Typen auseinander: eine kontemplativästhetische und eine affektiv-ethische Gebetsweise. Erstere berührt sich enge mit dem mystischen Gebetstyp. Die zweite zeigt eine ähnliche Struktur wie die prophetische Gebetsart; wie diese gleicht sie in ihrer Affektivität, Naivität und ihrem Realismus der Urform des Gebets. Beide Gebetsformen schließen sich jedoch nicht aus, sondern können in einer Persönlichkeit verbunden sein. So lassen sich beispielsweise beide in Beethovens Gebetsdokumenten aufweisen.

I. Der kontemplativ-ästhetische Typ.

Die ästhetisch-romantische Mystik' ist zweifellos nicht religiöse Mystik im eigentlichen Sinne des Wortes. Der tiefste Unterschied von dieser liegt darin, daß sie der aller echten Mystik wesentlichen Beschränkung auf das Religiöse entbehrt. Gleichwohl ist die Art und

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