ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

der Bitte bilden: Leben, Gesundheit, Kinderreichtum, Glück auf Erden und im Jenseits.

5. Opfer, Opferspruch und Gelübde.

Das Gebet war ursprünglich eine selbständige, vom Opfer gänzlich unabhängige Größe und ist es noch immer dann, wenn im Augenblick übermächtiger seelischer Erregung ein Hilfe- oder Dankruf zu Gott emporsteigt. Wenn aber das Gefühl der Not und die Furcht der Inbrunst des Wunsches und der Glut der Hoffnung weicht, dann stellt sich im Menschen der Gedanke ein, die übermenschliche Macht, die ja so menschlich denkt und fühlt wie er selbst, durch ein Geschenk zu gewinnen. Er weiß ja, wie auch unter den Menschen Gaben und Geschenke die Herzen zu öffnen vermögen. Zu den Mächtigen dieser Erde pflegt er nicht mit einer Bitte zu treten, ohne gleichzeitig durch die Überreichung einer Gabe seine Geneigtheit zu erkaufen. Noch im heutigen Volkstum ist der Glaube tief eingewurzelt, daß man von niemand umsonst große Gunstbezeugungen und Gnadenerweise erhoffen dürfe. Was aber für den Verkehr mit den Menschen gilt, das gilt noch mehr für das Verhältnis zu den übersinnlichen Mächten.,,Nie sollt ihr euch Jahwe mit leeren Händen nahen!" lautet ein Spruch des Deuteronomiums 1, in dem der primitive Glaube an die Unerläßlichkeit des Opfers zur Erlangung der göttlichen Gunst klar ausgesprochen ist. Bei den Griechen war der Gedanke der Umstimmung der Götter durch Geschenke (ɛidew daga xai Jɛovs) geradezu sprichwörtlich 2, und auch der römische Dichter Ovid singt:

Munera, crede mihi, capiunt hominesque deosque;
Placatur donis Jupiter ipse datis3.

(,,Glaub mir, es werden durch Gaben die Götter und Menschen gewonnen, Opfer besänftigen selbst Jupiters zürnendes Herz.")

ihn

Der naive Mensch stellt sich eben seinen Gott als denselben auf Besitz und Genuß erpichten Egoisten vor, der er selbst ist. Darum gilt es, durch die Darbringung eines nützlichen oder wertvollen Gegenstandes in eine gebefreudige Stimmung zu versetzen, ihm, wie ein Ewepriester in seinem Gebet treuherzig heraussagt,,,die Brust warm zu machen" 4. So wächst aus dem Gebet das Opfer heraus, als ein Mittel, um ihm Nachdruck und durchschlagende Kraft zu verleihen 5. Jakob Grimm hat nicht mit Unrecht das Opfer als ,,ein mit Gaben dargebrachtes Gebet" definiert.,,Wo zum Gebet, da fand sich auch Anlaß zum Opfer." Köberle bezeichnet das Opfer als ,,ein versinnlichtes Gebet" ". Auguste Sabatier sagt: ,,Das Opfer war ursprünglich nur eine Form des Gebets." " Gebet und Opfer gehen eine enge Verbindung miteinander ein 8: fast alle Gebete der Naturvölker wie der antiken Völker werden von Opfern begleitet und unterstützt, oder es wird wenigstens für die Zukunft ein solches in Aussicht gestellt; nur die kurzen impulsiven Hilferufe und Angstschreie machen eine Ausnahme. Schon die Terminologie weist auf eine enge Verbindung von Gebet und Opfer hin. Im Griechischen λιτή, λίσσομαι = lateinisch litare

wechselt die Bedeutung,Opfer und,Gebet 9. Das hebräische ‘âtar ,beten bedeutet ursprünglich,opfern Im Arabischen bedeutet ‘aṣara

sowohl eine bestimmte Gebetszeit als auch,Gabe',,Geschenk' 10. Das hebräische mincha,Geschenk', ,Speiseopfer' wurde später als Bezeichnung für das Nachmittagsgebet verwendet 11.

Das Gebet ist eine der Wurzeln des Opfers und es ist zweifellos älter als dieses letztere. Es gibt noch unter den heutigen niederen Rassen solche (z. B. die australischen Euahlayi 12 und andere australische Stämme), in denen wohl das Beten, aber nicht das Opfern bekannt ist. Und es gibt göttliche Wesen, zu denen man wohl in Gefahr und Not betet, die aber keine Opfer empfangen; es sind dies jene rätselhaften, monotheistisch erscheinenden Ürväter und Schöpfer, die,high gods', wie sie Andrew Lang benannt hat, die bei vielen primitiven Stämmen keinen eigentlichen Kult besitzen und darum im praktischen religiösen Leben hinter die opferhungrigen Geister und Ahnen ganz zurücktreten. (S. u. S. 118 ff.)

Ursprünglich stand das Opfer ganz im Dienste des Gebets. „Das ist unser Gruß, mit dem wir bitten," heißt es von den Opfergaben in einem Batakgebet 13. Allmählich aber stieg es von der dienenden Stellung in die herrschende empor; schon bei manchen kulturarmen Stämmen, vor allem aber bei den antiken Kulturvölkern steht es im Zentrum der Religion, während das Gebet in eine periphere Stellung zurückgedrängt ist. Von den Batak auf Sumatra schreibt Warneck, daß das reiche Opferwesen,,der eigentliche Kern der Religion und des Kultus sei" 14. Wo aber das Opfer dominiert, ist eine Niveausenkung der Religion unvermeidlich. Das Gefühl der völligen Abhängigkeit von Gott, welches den Beter beseelt, wird durch den Gedanken einer Leistung an Gott, die diesen zu einer Gegenleistung verpflichtet, geschwächt; es wird gänzlich verdrängt durch den Glauben, daß die Götter vom Opfer der Menschen leben, also vom Menschen abhängig sind 15. So tritt im Opferhandel häufig an die Stelle der Unterordnung unter Gott die Gleichordnung mit ihm oder gar die Überordnung über ihn.

Das Opfer, von dem das Gebet begleitet wird, ist, wie schon in manchen Sprachen der Name sagt (assyrisch nindabû = Gabe, griechisch Sāgov, dwoɛá) eine Gabe, ein Geschenk des Menschen an Gott, das ihn zur Erfüllung des Gebetswunsches bewegen soll. Plato definiert: ,,Opfern heißt den Göttern Gaben bringen, Beten heißt die Götter bitten." 16 Ähnlich sagt der Anthropologe Tylor:,,Wie das Gebet eine Bitte ist, die man an die Gottheit wie einen Menschen richtet, so ist das Opfer ein Geschenk, das man der Gottheit darbringt, als ob sie ein Mensch wäre." 17

Die Gaben sind so verschieden und mannigfaltig wie die Lebensbedürfnisse des Menschen: alles, was der Mensch zum Leben braucht oder was sein Leben zu bereichern und verschönern imstande ist, wird auch den übersinnlichen Wesen dargebracht. Nirgends-im religiösen Kult spiegelt sich die materielle Kultur eines Volkes oder einer Zeit so deutlich wie in den Gegenständen des Opfers. Das häufigste und gebräuchlichste Opferobjekt ist Speise und Trank. Was der Mensch selbst geniesst, das bietet er den Göttern gleichfalls an. Stämme, die auf der Stufe des Pflanzensammlers stehen, bringen den höheren Geistwesen von den Pflanzen dar, die sie finden (Zwiebel, Knollen, Wurzeln, wilden Honig, Blätter von Pflanzen und Nüsse). Aber was man ursprünglich opferte, weil man nichts Besseres besaß, das pflegte man noch immer darzubringen, ais der Fort

schritt der äußeren Kultur auch das Opferwesen bereichert hatte. Die primitive Nahrungsweise lebt als heilig im Opferkult fort, nachdem sie längst aufgegeben ist. Nachdem der Mensch gelernt hatte, den Boden zu bebauen, setzte er den Göttern die Erzeugnisse des Ackers vor: Garben und Körbe voll Korn, Reis, Mais, Früchte in unzubereitetem Zustand, später auch in gekochtem Zustand. Jäger opferten von dem erlegten Wild, Fischer von ihrem Fischfang, viehzüchtende Stämme von ihren Rinder-, Schaf-, Schweine-, Ziegen- und Pferdeherden; die ältesten Opfer der antiken Kulturvölker (Chinesen, Sumerier, Ägypter, Semiten, Indogermanen) sind Haustiere. Auch das Fleisch der Tiere wird ursprünglich in der Form dargebracht, in der es die Menschen selbst verzehren. Das Verbrennen des Opfertieres oder das Ausgießen des Blutes sind jüngere, aus einem magischen Ritus übernommene Formen der Opferdarbringung. In jenen Stämmen, in denen die magische Vorstellung von der ,Lebenskraft' getöteter Menschen die Anthropophagie aufkommen ließ, wird den Göttern auch Menschenfleisch aufgetischt eine Sitte, die im Opferkult antiker Völker noch fortdauerte, als jener rohe Brauch längst verschwunden war. Aber nicht nur trockene Nahrung wird dem Gott vorgesetzt, sondern auch Trank, den man in Gefäßen darbringt oder auf den Boden ausgießt (assyr. nikû, oлový. libatio). Neben den natürlichen Getränken (den vηyáιoi oлovdai der Griechen): Wasser, Milch von Pflanzen und Tieren, die älter sind, stehen die mannigfachen Rauschgetränke, Bier, Met und Wein, die auf die verschiedenste Art zubereitet sind.

Der primitive Opferer ist, wenn er Speise und Trank dem Gotte bringt, von der Vorstellung beseelt, daß die Opfergabe wirklich von dem Gotte genossen wird. Die Götter verzehren die Hekatombe" (Ilias IX 535). Der gänzlich anthropomorph vorgestellte Gott teilt mit dem Menschen die elementaren sinnlichen Bedürfnisse, er hungert und dürstet; er hat,,Lust zu essen “1 (Xosakaffern) und,,Freude am Wein" (Ri 9. 13), darum kann ihn der Mensch am besten für seine Zwecke gewinnen, wenn er ihm ,,den Bauch füllt". Daß der primitive Mensch ganz naiv glaubt, die Götter verzehrten wirklich das Dargebrachte, geht, abgesehen von den unzweideutigen Opfersprüchen, schon aus der Tatsache hervor, daß man in alter Zeit die Gabe der Gottheit in derselben Form darbrachte, wie die Menschen sie genossen: das Korn als Brot, die Trauben als Wein, die Oliven als Öl, die Tiere geschlachtet und zubereitet. Aber auch die Reflexionen, die höher entwickelte Stämme über das Opfer anstellen, sind ein Beweis für die primitive Vorstellung des Opfers als einer Götterspeisung. Gewiß haben die Menschen ursprünglich den übersinnlichen Wesen Speiseopfer gebracht, ohne sich eine Vorstellung darüber zu machen, wie der Empfänger sie nehmen und benützen kann. In vielen Fällen war gar kein Anlaß zu irgendwelchen kritischen Überlegungen geboten. Die irgend einer Naturgottheit dargebrachten Speiseund Trankopfer werden ja tatsächlich von den Elementen verschlungen. Flüsse und Seen nehmen die Opfergabe in sich auf, das Feuer verzehrt sie, der Wind trägt sie fort, die in der Erde vergrabene, für die unterirdischen Mächte bestimmte Speise vermodert, die auf die Erde hingegossene Libation vertrocknet. Aber die auf dem Opferplatze hingestellten Nahrungsmittel und Getränke werden von den Göttern nicht berührt. Die ausgebildete animistische Weltanschauung, nach der jedes lebende und leblose Objekt eine übersinnliche Seelensubstanz von sublimer, aber doch materieller Beschaffenheit besitzt, lieferte dem fragenden Primitiven eine Erklärung. Die Geister und Götter verzehren nicht die äußere, grob-materielle Hülle, sondern nur das,Bild', die,Seele', den,Lebenshauch', die unsichtbare Quintessenz der Opferspeise und des Opfertrankes. Oder man beschränkt den Opfergenuß auf die sublimste Form des Genießens, auf den Geruch:,,Die Geister belecken das Fett und beriechen dessen Rauch", sagen die Xosakaffern 20. Auch Jahwe genießt nach althebräischer Vorstellung das Opfer, dadurch daß er seinen Duft riecht". Andere Stämme greifen zum Feuer, (das bei den Beschwörungsriten zur Abwehr dämonischer Mächte dient), und verbrennen das Opfertier ganz oder bestimmte Teile, damit der aufsteigende Rauch die,Seele' des Opfers emportrage zu den überirdischen Wesen. (Das Brandopfer ist jedoch gegenüber dem bloßen Hinstellen der Opferga ben sekundär.) Weil nach der Anschauung zahlreicher Völker das Blut der Sitz des Lebens ist, so empfangen die Götter das Leben eines Menschen oder Tieres dadurch, daß

man für sie das Blut ausströmen läßt. So bestand das altsemitische Opfer in dem ,,Hervorbrechenlassen des Blutes". Aber darüber kann kein Zweifel sein, daß nach primitiver Vorstellung das Speise- und Trankopfer dem realen Genusse durch den Gott dient.

Es gibt jedoch auch hohe Wesen, die nach der Aussage primitiver Stämme weder essen noch trinken und gleichwohl Opfer empfangen: die Urväter oder Schöpfergottheiten, die eine Sonderstellung in der religiösen Vorstellungswelt der Primitiven einnehmen. Die birmanischen Katchins stellen ihren Urvater Karai Kasang ausdrücklich in Gegensatz zu den opfergierigen niederen Geistern. Sie bringen ihm nur Früchte und Fische dar, aber schlachten ihm keine Tiere, weil er angeblich kein Fleisch ißt. Gleichwohl bringt man ihm Tiere dar, die man jedoch nicht tötet, sondern zum Zeichen, daß sie in seinen Besitz übergehen, frei laufen läßt". Hier kann darum nicht die Vorstellung, daß dem Gott menschliche Nahrung nötig und willkommen sei, wirksam sein. Hier ist das Opfer nicht eine Götterspeisung, die dazu dient, die mächtigen Wesen in gute Laune zu versetzen, sondern ein Huldigungsakt, ein Ausdruck der Verehrung, eine Anerkennung der Abhängigkeit von Gott. Gewiß sind auch hier eudämonistische Motive wirksam; trotzdem läßt sich der Unterschied zwischen Speise opfer und Anerkennungs opfer nicht verwischen: hier dient die Gabe nicht zur Befriedigung der Bedürfnisse der Gottheit, zum Kauf göttlicher Gunsterweise, sondern gilt mehr als eine Gott schuldige Pflicht der Verehrung. Das Nebeneinander beider Opferauffassungen zeigt sich sehr deutlich in den griechischen Opferbenennungen: den δώρα und δωρεαί stehen die τιμαί, χάριτες, γέρα gegenüber.

Weil die Götter menschlich vorgestellt werden, will ihnen der Mensch nicht bloß Speise und Trank bringen, sondern ihnen alle die Genüsse und Freuden verschaffen, die ihm selbst das Leben verschönern. Auf der tiefsten Kulturstufe freilich bilden Nahrung und Trank den einzigen Gegenstand des Opfers. Aber mit dem Fortschritt des materiellen Lebens nimmt der Umfang der Opfergegenstände immer zu. Schon primitive Stämme bringen den höheren Wesen Rauchopfer von Tabak und wohlriechenden Harzen, Blumen, Perlen, Muscheln, Federn, Kleider, Stoffe, Tücher, Waffen, Juwelen, Schmuckgegenstände, Silber und Gold. Noch häufiger sind solche Weihgeschenke (ávaðýuata) bei den antiken Kulturvölkern.

Das Opfer war ursprünglich ein Gelegenheitsgeschenk, allmählich wurde es zu einem regelmäßigen Tribut. In einigen der antiken Religionen, vor allem in der ägyptischen, aber auch in der römischen wird die Darbringung der Opfer zu einer vollständigen Verpflegung, Verköstigung und Bedienung des Gottes, die in den Händen der Priester ruht. Der in der Götterstatue gegenwärtig gedachte Gott führt dasselbe Herrenleben wie Pharao. Seine Diener, die Priester, besorgen die Toilette, servieren die auserlesensten Gerichte aus der Hofküche, die feinsten Weinmarken aus der Hofkellerei, und die Tempelsängerinnen als seine Haremsdamen musizieren dem Gott mit dem Sistrum etwas vor. Der sinnliche Realismus, der dem Gedanken der Götterspeisung zugrunde liegt, hat hier in Ägypten, wo die materielle Kultur eine staunenswerte Höhe erreicht hatte, ein umfassendes Kultwesen erzeugt.

Nicht immer ist der Mensch in der Lage, den hohen Wesen Opfer darzubringen; in vielen Fällen scheuen sich Stämme und Völker, die auf einer höheren Kulturstufe angelangt sind, die grausamen Opfer der alten Zeit fortzuführen, oder der Egoismus der Menschen will an den Menschen einsparen. Auch dämmert bei vielen Stämmen schon die Anschauung, daß die Opfer gar nicht zur Speisung der Götter dienen, sondern nur ein Zeichen der Ehrfurcht, Abhängigkeit und Dankbarkeit seien 24. Alle diese Motive erklären, daß an die Stelle älterer Opfer von Speisen, Getränken und sonstigen Wertgegenständen Ersatzopfer oder symbolische Opfer von geringerem Wert treten. Anstatt der Menschen werden Tiere oder Teile bzw. Ausscheidungen des Menschen dargebracht: Finger, Haare, Speichel, Blut, (Haare, Speichel und Blut sind Seelenträger darum besonders zum Ersatz geeignet) oder gar nur Bilder. Manche Stämme scheuen sogar vor einer Täuschung der Geister nicht zurück. Der Tami auf Neuguinea wählt die mindeste Opfergabe und versucht,,,ob er nicht den Geist wie einen dummen Teufel betrügen kann "25. Die Batak geben den gewöhnlichen Toten

geistern Opfer, die nicht eßbar sind, erklären ihnen beim Darbringen, es seien Wohlschmeckende Speisen. So sagt man, man bringe das Herz eines Tieres und gibt statt dessen eine Bananenblüte, man offeriert eine Leber, gibt aber Scherben; man erklärt einen weißen Büffel zu opfern, bringt aber nur ein Ei dar". Die Baronga dedizieren laut Opferspruch einen Ochsen, in Wirklichkeit ist es aber nur eine Henne, die sie opfern".

Auch beim Ersatzopfer ist der ursprüngliche Sinn des Opfers als Gabe, Geschenk an die Gottheit nicht verwischt. In diesem ursprünglichen Sinn lebt auch die Opferidee durch alle Jahrhunderte bis in die Gegenwart in der Volksreligion fort. Im alten Christentum brachte das Volk den Martyrern dieselben Gaben dar, die der antike Mensch seinen Göttern widmete 28. Allmählich aber sind die Objekte des Opfers andere geworden. Zwar lebt im europäischen Folklore noch heute das Speiseopfer in dürftigen Resten fort; Weihgeschenke schmücken noch heute die Wände der Wallfahrtskirchen. Aber die eigentliche religiöse Funktion des Opfers haben andere fromme Handlungen übernommen": der Kirchenbesuch, die Teilnahme an kirchlichen Kulthandlungen, die Wallfahrten, Schenkungen und Stiftungen an die Kirche (,Opferstock'), das Anzünden von ,Opferkerzen', das Beten bestimmter Formeln, das Fasten und das Spenden von Almosen, kurz alles was als verdienstliches Werk, als Leistung an Gott mit der Hoffnung auf Gegenleistung und Gebetserhörung geübt wird, ist Opfer im primitiven Sinne; auch wenn die äußeren Formen gänzlich andere sind, so sind doch die Meinungen und Absichten, die den naiven Frommen dabei beseelen, ganz dieselben, die den primitiven und antiken Menschen beim Opfern beherrschen. Die Lehre von der ‚Verdienstlichkeit der guten Werke' in den großen Gesetzesreligionen des Mazdaismus, Judentums, Islam und Katholizismus ist im Grunde nur eine Ethisierung und Sublimierung des primitiven Opfergedankens. Die wesentliche Idee einer positiven konkreten Leistung an Gott, die einen Anspruch auf eine Gegenleistung von seiten Gottes bedingt, ist dieselbe geblieben.

Die Idee der Gabendarbringung ist nicht die einzige, welche im primitiven und antiken Opfer wirksam ist; vielmehr verbindet sich mit ihr häufig die K o mmunionide e. Man bringt der Gottheit nicht nur Gaben dar, um ihre Huld zu erlangen und ihren Groll zu beschwichtigen, sondern man lädt sie auch als Gast zu dem gemeinsamen festlichen Mahle, das die Familie, die Sippe oder der Stamm ihr zu Ehren feiert. Die Festgenossen wollen durch dieses Zusammenessen und Zusammentrinken sich mit der mächtigen Gottheit vergemeinschaften, das innige soziale Band, das sie untereinander wie mit jener verknüpft, festigen, die geheimnisvolle Kraft der Gottheit durch das Essen von der heiligen Opferspeise in sich aufnehmen. Diese Opfervorstellung findet sich bei primitiven Stämmen und antiken Völkern", sie ist besonders ausgeprägt in der altsemitischen Religion". Sie ist aber der Idee der Gabendarbringung keineswegs entgegengesetzt. Wie bei der Darbringung von Speise und Trank handelt es sich auch beim Opfermahl um eine Speisung des Gottes; der Unterschied besteht lediglich darin, daß die Menschen mit ihrem Gotte zusammenspeisen und so seine Tischgenossen werden. Die mystische Kommunionidee schließt sich an die eigentliche Opferidee unmittelbar an; das Opfermahl ist eine Variante der bloßen Opferdarbringung. Es ist darum zweifellos unrichtig, im heiligen Mahl die Urform des Opfers zu erblicken, wie es Pfleiderer unter Berufung auf Robertson Smith getan hat; es handelt sich nur um eine Weiterbildung des schlichten Gabenopfers.

Weil das Opfer ganz im Dienste des Gebetes steht, darum wird in der dem Opfer vorausgehenden oder es begleitenden Bitte ausdrücklich auf die dargebrachte Gabe oder das veranstaltete Mahl Bezug genommen. Wohl gibt es Gebete, in denen auf das gleichzeitige Opfer nicht hin gewiesen wird 33, ja es gibt sogar Stämme, die stumm und wortlos, nur mit einer ehrfürchtigen und bittenden Geste ihre Gabe überreichen 34. Aber zumeist wird die Opferdarbringung ausdrücklich kommentiert. Warneck schreibt von den Tobabatak:,,Jedes Opfer, klein oder groß,

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »