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Vorwort zur 1. Auflage.

,,Beten ist ein seltsam Werk," hat einer der großen religiösen Genien gesagt, einer, der in der Welt des Gebets heimisch war. In der Tat gibt es im weiten Reich der Religion und Frömmigkeit kein seltsameres und wundervolleres Phänomen als das Gebet. Dem religiösen Menschen ist das Gebet das Alpha und Omega aller Frömmigkeit, die selbstverständlichste und notwendigste Lebensäußerung, die Quelle aller geistigen Freudigkeit und sittlichen Kraft.,,Eines Christen Handwerk ist Beten." ,,Du bist kein Christ, wenn du kein Beter bist," so lehren uns die großen Frommen. Dem von naturwissenschaftlicher Aufklärung und philosophischer Kritik gesättigten modernen Bildungsmenschen hingegen erscheint das Gebet als ein törichter, kindlicher Aberglaube, geboren aus der Unkenntnis der strengen Naturgesetzlichkeit und aus einem niederen selbstsüchtigen Verlangen, ein Aberglaube, den der geistig und sittlich Starke überwunden hat.,,Derjenige, welcher schon Fortschritte im Guten gemacht hat, hört auf zu beten," so hat der Philosoph von Königsberg geurteilt, den man als den größten Denker der Neuzeit zu preisen pflegt. So ist das Gebet jenes religiöse Phänomen, an døm sich die Geister scheiden. Hier wird die abgründige Kluft erkennbar, die zwischen der lebendigen christlichen Frömmigkeit und dem modernen Denken gähnt. Daß wir uns dieses fundamentalen Gegensatzes nicht klar bewußt sind, liegt vor allem daran, daß die Theologie beider Konfessionen das ernstliche Studium des Gebets allzusehr vernachlässigt hat. War es die bange Ahnung des unvermeidlichen Konfliktes mit der modernen Philosophie, die sie davor zurückschreckte? Besaß sie nicht den Mut, offen einzustehen für die irrationale Eigenart des Gebets, wider das Denken zu fechten für das Recht des Lebens? Oder trübte die alte Binde des Intellektualismus und Rationalismus ihren Blick, daß sie das im Gebet sich offenbarende Leben in seiner wunderbaren Urgewalt und geheimnisvollen Tiefe nicht zu schauen vermochte? Oder war es eine zarte Scheu, die sie davor zurückhielt, das Heimlichste und Heiligste, das Innigste und Persönlichste, das es in der Religion gibt, zum Gegenstand nüchterner wissenschaftlicher Untersuchung zu machen? Oder schreckten sie die Schwierigkeiten, die sich dem in den Weg stellen, der, von wissenschaftlichem Interesse getrieben, einzudringen sucht in die geheimnisvolle Welt des Gebets?

Diese Schwierigkeiten hat vielleicht niemand mehr gefühlt wie der Verfasser dieser Studie, als er, einer Anregung seines hochverehrten Lehrers Dr. Aloys Fischer, Professors der Philosophie und Pädagogik

an der Universität München folgend, sich an dieses kühne Unternehmen heranwagte. Das quellenmäßige Material ist unendlich reich und mannigfaltig und doch an den wichtigsten Punkten überaus spärlich und dürftig. Es war für den Verfasser eine lockende Versuchung, das wirre Vielerlei des Stoffes historisch zu begrenzen, indem er die Untersuchung auf ein ihm philologisch vertrautes Gebiet des Orients (das indische oder babylonische) oder eine Epoche der christlichen Religion einengte. Allein wie große Vorteile eine solche Spezialisierung der religionsgeschichtlichen Arbeit mit sich gebracht hätte, so wäre der religionswissenschaftliche Ertrag einer solchen Untersuchung ein relativ geringer gewesen; die Studie wäre über eine Zusammenstellung sporadischer und fragmentarischer Gebetsdokumente und eine Aufzeigung bestimmter geschichtlicher Zusammenhänge nicht weit hinausgekommen.,,Wer eine Religion kennt, kennt keine". Dieses Wort des bahnbrechenden Indologen und Religionshistorikers Max Müller hat hier volle Geltung. Die bunte Mannigfaltigkeit der Gebetstypen wie das Wesen des Gebets wird niemals an der Religion eines Volkes, einer Zeitepoche, einer religiösen Gemeinschaft ersichtlich. So blieb dem Verfasser nur der eine mühevolle Weg, auf dem unabsehbar weiten Felde der außerchristlichen und christlichen Religionsgeschichte die charakteristischen Typen des Gebets aufzusuchen, die mannigfachen Erscheinungsformen des Gebets überall dort zu studieren, wo sie uns in typischer Schärfe entgegentreten. Schwieriger noch als die Gewinnung und Sichtung der zerstreuten Dokumente war die psychologische Bewältigung und Durchdringung des vielgestaltigen Stoffes. Wenn es gilt, das tiefe und geheimnisvolle religiöse Erleben zu verstehen und verdolmetschen, dann versagen all die kunstvollen Methoden der empirischen Gesetzespsychologie. Die moderne Religionspsychologie hat, soweit sie nach,,exakter" Methode die religiösen,,Bewußtseinsvorgänge" erforschen wollte, uns keinen Schritt näher zum Verständnis der lebendigen Religion geführt. Die echte Religionspsychologie besteht nicht in einer gefühllosen Anatomie der religiösen Psyche, sondern in einem intuitiven Nachfühlen fremden religiösen Erlebens. Ohne persönliches religiöses Erleben und ohne feinste Empfänglichkeit für religiöse Werte ist eine fruchtbare religions psychologische Untersuchung unmöglich. Einem Religionsforscher, der seinem Forschungsgegenstand nicht wie einem Heiligtum mit den religiösen Urgefühlen der ehrfürchtigen Scheu und Bewunderung gegenübertritt, dem wird das Wunderland der Religion immer verschlossen bleiben. Die Eigenart der Religion ist es, die eine solche Einstellung zum wissenschaftlichen Erfordernis macht. Aber so notwendig es ist, daß der Religionspsychologe nicht als kühler Beobachter außerhalb der Religion steht, sondern in ihr lebt und mit ihr fühlt, ebenso notwendig ist es, daß er seinen Standpunkt in souveräner Freiheit über den einzelnen Religionen und Konfessionen nimmt. Das echte und tiefe Frömmigkeitsleben beschränkt sich nicht auf eine bestimmte christliche Konfession, ja nicht einmal auf die christliche Religion, sondern strömt kraftvoll und warm durch die ganze Christenheit, ja durch die ganze Menschheit. Nur der, welcher den mannigfachen Reli

gionen und religiösen Gemeinschaften in voller Unbefangenheit gegenübersteht, ist imstande, den individuellen Sondergeist, den das religiöse Leben in allen Religionen und Konfessionen offenbart, zu erfassen und zu würdigen. Es ging auch nicht an, die großen Beter nach konfessionellen Kategorien zu ordnen und die kanonisierten katholischen Heiligen von anderen Frommen, die christlichen Mystiker von den außerchristlichen, die alt- und neutestamentlichen Persönlichkeiten von den Reformatoren scharf zu trennen; der Wunsch einer solchen künstlichen Einteilung, der dem Verfasser wiederholt von katholischen Theologen geäußert wurde, durfte keine Beachtung finden. Die Klassifikation der Haupttypen der Frömmigkeit darf nicht auf Grund solcher äußerer Kriterien erfolgen, sondern muß sich ausschließlich auf innere psychologische Merkmale stützen. Weil es dem Verfasser einzig und allein darauf ankam, das Gebet in der Mannigfaltigkeit seiner Erscheinungsformen und in seinem tiefsten religiösen Wesensgrunde darzustellen, darum mußte er alle kirchlich-theologischen Gesichtspunkte mögen sie bei anders gestellter Aufgabe noch so berechtigt sein - fallen lassen. Weil sein Ziel kein anderes war als die lebenswahre und anschauliche Deskription des zentralen religiösen Phänomens, darum mußte er sich auf die geschichtliche und psychologische Untersuchung beschränken und ebenso auf eine apologetische Rechtfertigung wie auf eine philosophische Kritik des Gebets verzichten. Es gilt das religiöse Leben in seiner ursprünglichen Eigenart, seiner irrationalen Wertfülle und geheimnisvollen Wundermacht zu begreifen und selbst innerlich von ihm ergriffen zu werden. Indem der Verfasser diesem Ziele nachstrebte, glaubte er in gleicher Weise einer lebendigen Religion wie einer die objektive Erkenntnis der Wirklichkeit suchenden Wissenschaft zu dienen.

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Die gegenwärtig herrschende empfindliche Papierknappheit machte es nötig, alle mehr an der Peripherie des Themas liegenden Abschnitte auszuscheiden und einer späteren gesonderten Veröffentlichung vorzubehalten. Das umfangreiche Kapitel über den Zauberspruch, seine Formen, seine Entstehung und seine Beziehungen zum Gebet, schien im Zusammenhang der Typen des Gebets entbehrlich, da der Verfasser durch seine Untersuchung zu einer Ablehnung der modernen Theorien von der Priorität des Zauberspruches und der Genesis des Gebets aus dem Zauberspruch geführt wurde. Das Kapitel über die buddhistische Versenkung, eine Erweiterung eines in der Kuhn-Festschrift veröffentlichten Aufsatzes, dürfte sich besser für eine selbständige philologische Monographie eignen. Der Abschnitt über die Möglichkeit einer kausalpsychologischen Erklärung der seelischen Wirkungen des Gebets durfte von dieser Untersuchung losgetrennt werden, die ja den Hauptzweck hat, dem Leser einen lebendigen Eindruck von dem bunten Formenreichtum und der irrationalen Urgewalt des Gebets zu vermitteln. Durch die Ausscheidung dieser zur Randzone des Themas gehörenden Probleme und durch die straffe Konzentration auf die Darstellung der Haupttypen und des Wesens des Gebets dürfte das vorliegende Werk nicht nur nichts verloren, sondern sogar an innerer Geschlossenheit gewonnen haben. Die Fülle von Problemen, welche das Gebet, der

Mittelpunkt aller Frömmigkeit, der religionsgeschichtlichen und religionspsychologischen Forschung stellt, kann unmöglich in einem Werk erschöpfend behandelt werden; die vorliegende Untersuchung sollte vor allem die allgemeine Grundlage, die,Prolegomena' zu einer ins Detail eindringenden Geschichte des Gebets bilden, von der der Verfasser selbst bestimmte Teilgebiete (zunächst die christliche Gebetsfrömmigkeit des Mittelalters und die mystische Versenkung im Buddhismus) bearbeiten will. Nichts würde er mehr begrüßen, als wenn er anderen Forschern zur näheren Untersuchung des Gebets innerhalb ihres philologischen oder historischen Fachgebiets die Anregung und Handhabe geboten hätte.

Herrn Professor Dr. Aloys Fischer sage ich vielen Dank für die Veranlassung dieses Werkes sowie für die zahlreichen Anregungen, die ich in seinen Vorlesungen über allgemeine und spezielle Psychologie empfing. Wertvolle religionsgeschichtliche Fingerzeige für meine Untersuchung fand ich in den Schriften des großen schwedischen Religionshistorikers Nathan Söderblom. Viele sachliche Anregungen verdanke ich meinem Bruder Joseph Heiler.

München, 27. Januar 1918.

Vorwort zur 11. Auflage.

Früher, als es dem Verfasser wünschenswert war, wurde die Herausgabe einer Neuauflage des vorliegenden Werkes notwendig. Die Pläne einer umfassenden Erweiterung und durchgreifenden Ümarbeitung, mit denen ich mich trug, konnte ich in der kurzen Zwischenzeit der ersten und zweiten Auflage nicht verwirklichen. Doch habe ich (besonders in der Darstellung des mystischen und prophetischen Gebets) zahlreiches neues Material eingefügt und viele sachliche und formale Verbesserungen angebracht, so daß trotz häufiger Anwendung von Kleindruck diese Auflage einen Zuwachs von nahezu 90 Seiten erfuhr. Neu geschrieben wurden zahlreiche Absätze der Kapitel FI (Das Gebet der religiösen Genien) und F II (Allgemeine Charakteristik der beiden Haupttypen der persönlichen Frömmigkeit). Nicht entschließen konnte ich mich den geschichtlich-psychologischen Rahmen des Werkes zu überschreiten und meine persönliche religiöse Stellung zum Gebet in diesem Buche ausdrücklich auszusprechen bezw. religionsphilosophisch zu begründen, wie das manche meiner Leser offen oder heimlich wünschten. Doch habe ich - nicht ohne Bedenken eine in einer schwedischen Landgemeinde gehaltene Sonntagspredigt über ,,Das Geheimnis des Gebets" veröffent

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