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schliessliche Aufmerksamkeit an sich, da die in ihm enthaltenen Prädikate ja auch den Wert jedes einzelnen Gattungsgliedes im Wesentlichen wiedergeben.

Bei den Menschen ist es infolge der bedeutenderen individuellen Verschiedenheit nicht mehr möglich, das Wesentliche und Wertvolle in einem Gattungsbegriff zusammenzufassen. Derselbe musste sich darauf beschränken, die formale Fähigkeit zu sprechen als das specifisch den Menschen Auszeichnende anzugeben. Dabei wird aber kein Glied des Menschengeschlechts sich zufriedengeben und meinen, dass mit dieser formalen Anlage die wertvollste Seite seines individuellen Wesens ausgesprochen sei. Die Menschheit zeigt gegenwärtig in ihren Gliedern nicht eine solche Uebereinstimmung der ihr charakteristischen Merkmale, dass wir, wenn von ihr als einer einheitlichen Gattung gesprochen wird, ein annähernd befriedigendes Bild von dem Wesen des Einzelnen daraus zu gewinnen vermöchten. Die Unterschiede der geistigen Begabung und Entwickelungsfähigkeit sind allzutiefgehend, als dass allgemeingiltige, gemeinsame Merkmale davon abstrahiert werden könnten. Die menschliche Gattung scheint noch in der Bildung begriffen. Erst nachdem die nicht culturfähigen Völker ausgestorben sein, und die überlebenden in allgemeinem Wechselverkehr ihre Anlagen ausgebildet und ergänzt haben werden, kann es möglich sein, dem jetzt leeren Begriff der menschlichen Gattung durch bestimmte Vorstellungen einen Inhalt zu geben. Dann mag auch die Aufgabe gestellt werden, wenn vom sittlichen Wesen des Menschengeistes die Rede ist, daraus eine Reihe positiver sittlicher Qualitäten zu entnehmen und umgekehrt aus dem Vorhandensein bestimmter Aeusserungen des Einzelnen zu schliessen, dass seine Person eine sittliche sei.

So lange die Menschheit wie jeder Einzelne der Entwickelung untersteht, ist es eine verhängnisvolle Annahme, dass es ein der Menschheit immanentes Urbild der Sittlichkeit gebe, welches in jede vernünftige Persönlichkeit eingesenkt sei und desto klarer heraustrete, je mehr die besonderen, individuellen Züge von der letztern abgestreift werden. Wir können daher auch nicht von einem bestimmten Begriff des Sittlichen ausgehen, sondern müssen das ganze weite Gebiet des menschlichen Lebens als den Schauplatz ins Auge fassen, auf welchem die Entwickelung des Sittlichen stattfindet. Diejenigen Systeme, welche a priori Bestimmungen über das Sittliche treffen und dasselbe bereits durch ihre Erkenntnistheorie, resp. ihre Voraussetzungen gegen die natürliche Welt abgrenzen, müssen principiell abgelehnt werden.

Das Organ des Sittlichen.

Die Frage nach dem Organ des Sittlichen sieht sich auf die menschliche Persönlichkeit als eine einheitliche Grösse gewiesen. Es ist eine präsumptive Entscheidung der Frage und daher eine Beschränkung der freien Aufgabe, wenn irgend eine bestimmte Funktion des menschlichen Geistes auf Kosten der übrigen als das specifische Organ des Sittlichen isoliert wird. Deshalb ist es auch zunächst nicht notwendig, in eine Untersuchung über die verschiedenen sinnlichen, seelischen und geistigen Funktionen des Menschen, welche von dem Selbstbewusstsein zu einer Einheit zusammengeschlossen werden, einzugehen. Es genügt hervorzuheben, was nie bestritten ist, dass alle in der Form der Thätigkeit im Gegensatz zum passiven Verharren vorzustellen sind, und ferner, dass bei einer jeden Funktion, welche als Ausdruck specifischer Thätigkeit zu gelten und sittlich zu heissen Anspruch erhebt, alle Seiten der Anlage, sinnliche, seelische und geistige, oder wieviele man immer unterscheiden mag, ausnahmslos in Wirksamkeit treten.

Angesichts der Thatsache des centralen Selbstbewusstseins kann es als Axiom aufgestellt werden, dass die menschliche Persönlichkeit als eine einheitliche Grösse fungiert, welche in ihrer durch die Wechselwirkung mit der umgebenden Welt bedingten Entwickelung alle ihre Eindrücke einem gemeinsamen Kraftcentrum zu unterwerfen sucht. Wenn sich, wie es thatsächlich häufig eintritt, Einseitigkeiten der Bildung und Verkümmerungen einzelner Organe vorfinden, so können diese Erscheinungen als Krankheitssymptome in dem Zusammenhang der gegenwärtigen Untersuchung übergangen werden, da es sich hier darum handelt, den Merkmalen einer normalen, gradlinigen sittlichen Entwickelung nachzuspüren. Innerhalb des Rahmens der Wechselwirkung zwischen dem Subjekt und der Aussenwelt findet sich nun eine unendliche Fülle individueller Verschiedenheit der Bildung, welche das Menschenleben weit über die gattungsmässige Gebundenheit der Tier- und Pflanzenwelt hinaushebt. So wenig freilich bei dem Menschengeschlecht der Typus der Gattung vollständig von der individuellen Besonderheit des Subjekts überwunden ist, ebenso wenig ist auf dem Gebiet des unpersönlichen organischen Lebens die Gattung die alleinige Realität, neben welcher das Einzelexemplar nichts Eigenes aufzuweisen hätte. Zweierlei wirkt zusammen, um auch hier kleine Abweichungen von dem identischen Gattungstypus hervorzubringen. Schon den

einzelnen Samenkeimzellen einer und derselben Pflanze scheint nicht ganz dieselbe Form und Triebkraft innezuwohnen: 2 Samenkörner, welche an demselben Stengel gereift und unter denselben Bedingungen gekeimt sind, werden dennoch nicht 2 völlig gleiche Gewächse hervorbringen. Das von Leibnitz hervorgehobene Princip der Individuation jedes Einzelwesens wird bereits auf der niedrigsten Stufe der organischen Bildung dem Auge erkennbar. In höherem Masse tritt es bei den höheren Tierarten zu Tage: Das Temperament sowie die Sinne zweier Hunde aus demselben Wurf sind von den ersten Regungen eigener Thätigkeit an verschieden. Zu der ursprünglichen Verschiedenheit der Anlagen tritt als zweites Moment der Differenzierung die Mannigfaltigkeit der äusseren Einwirkung, welche das Wachstum des Keimes bedingt. Es ist schon unmöglich, für 2 Samenkörner genau dieselben Verhältnisse der Entwickelung zu schaffen; nicht einmal in demselben Gewächshaus oder in demselben Topf ist die Garantie einer identischen chemischen Einwirkung auf jedes derselben gegeben. Bei den mit willkürlichen Bewegungen und Trieben ausgerüsteten Tieren ist die Möglichkeit der Abweichung von dem Durchschnittstypus darum eine noch viel grössere, oder vielmehr, da der allgemeine gleiche Typus nirgends als in der menschlichen Abstraktion und Ausdrucksweise existiert, ist zu sagen: Mit der Fähigkeit der willkürlichen Bewegung und der mannigfaltigeren Anwendung der Sinnesthätigkeit ist auch die Einwirkung der Aussenwelt auf die Einzelexemplare der Gattung eine mannigfaltigere.

Wenn nun beim Menschen als dem höchstorganisierten Wesen nach der durch alle Stufen des Geschaffenen hindurchgehenden Analogie auch der ursprüngliche Keim zu individueller Bildung am kräftigsten vorgebildet ist, so kommen seiner eigenartigen Entwickelung die Aufgeschlossenheit seiner Sinnesthätigkeit und seine weltbeherrschende Bewegungsfreiheit auch im höchsten Grade zu gute. Besteht nun die Entwickelung aus der Wechselwirkung des ursprünglichen Keimes mit seiner Umgebung, so folgt daraus, dass durch Veränderung der Umgebung die Bildung eines jeden in Bahnen gelenkt wird, die von denen verschieden sind, in welche er unter den früheren Bedingungen getrieben wäre. Dem entsprechend leitet ja auch die in der Gegenwart ungewöhnlich üppig emporwachsende pädagogische Wissenschaft das Recht ihrer Existenz von der Voraussetzung ab, dass es möglich ist, durch planmässige Veränderung der Umgebung die Bildung des Ich planmässig zu bestimmen.

Da die Fülle der gegebenen Eindrücke überwältigend ist, und je reicher das Culturleben durch den Wechselverkehr der Menschen sich gestaltet, die Sinnenreize, die fertigen und unfertigen Vorstel

lungen und Motive um so verwirrender und erdrückender auf das Ich einstürmen, so ergiebt sich die Notwendigkeit, eine Beschränkung des Stoffs eintreten zu lassen, um nicht die aktive Kraft des Subjekts durch den Wechsel der Reizungen zu zersplittern oder sie durch die Fülle derselben zu ersticken. Man hat daher diese oder jene Funktion der menschlichen Anlage als die specifisch sittliche ausgesondert oder auch umgekehrt diese oder jene aus der Sfäre des sittlichen Handelns ausgeschlossen und, indem man durch die Psychologie eine scharfe Scheidung unter den vernünftigen Organen des Menschen vornahm, die Grenze zwischen sittlich wertvollem und sittlich gleichgiltigem Thun als von der Natur selbst klar begründet nachzuweisen gesucht.

So unterscheidet Kähler (Wissenschaft der christlichen Lehre 132) am menschlichen Thun eine technische und eine sittliche Seite. Jene ist auf Beherrschung der Natur gerichtet und kann dieselbe nur dadurch ausüben, dass sie ihre Gesetze kennen lernt, um sie zu benutzen; dagegen hat die Sittlichkeit das Erkennungszeichen, dass ihr Thun nicht auf Nützlichkeit sich bezieht, welche sich die Regel ihres Wirkens von der Beschaffenheit der Dinge vorschreiben lassen muss, sondern auf die Person als Selbstzweck gerichtet ist. Sittlichkeit erklärt Kähler mit einem von ihm selbst gebildeten Worte als „Selbstzwecklichkeit". Diese Unterscheidung entspricht dem gewöhnlichen Urteil, dass der ethische Charakter einer That nicht abhänge von der technischen Gewandtheit und Einsicht, mit welcher ein Erfolg erreicht oder erreichbar sei, sondern von der Lauterkeit der Absicht oder der Trefflichkeit des gewollten Zweckes. Die Voraussetzung ist hier wie dort, dass sittliches Thun von dem Causalzusammenhange der Natur irgend wie frei sein müsse. Während die technische Leistung nur zustande kommt durch Hingabe an die Gesetze und Kräfte der Natur, soll die sittliche That frei sein von der Herrschaft des Naturgesetzes nicht nur in ihrem Motiv sondern auch in ihrer Ausführung. Beides ist aber gleicherweise unmöglich. Der Wille hat kein anderes Mittel, Inhalt zu gewinnen, als die Aufnahme der Dinge, welche die Aussenwelt ihm darbietet. Jede beabsichtigte That wird aus der Vorstellung von Gütern der Aussenwelt geboren und muss sich bei ihrer Ausführung nach den Verhältnissen richten. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, so ist die beabsichtigte That entweder eine leere Phantasie oder ein kindischer Eigensinn; beidemal wird der erstrebte Erfolg ausbleiben. Jedes Thun enthält einen Eingriff in die Aussenwelt, um eine Veränderung in derselben hervorzubringen. Dies gilt von dem sittlichen Thun nicht minder als von dem specifisch technischen, wenn es auch nicht mit gleicher Klarheit vor Augen liegt. Auch da, wo eine mechanisch

räumliche Veränderung nicht bewirkt wird, wie z. B. bei den erziehlichen Einwirkungen auf das persönliche Geistesleben des Nächsten, ist doch beabsichtigt, eine Veränderung in demselben hervorzubringen; ja auch bei denjenigen sittlichen Regungen, welche sich allein innerhalb der Grenzen des Subjekts abspielen, z. B. bei allen Akten der Selbstbildung und Selbsterziehung, bei bewusster Abkehr von einer Sinnesart, bei Reue, Bekehrung etc. findet eine planvolle Veränderung statt. Dieselbe kann auch als eine Veränderung der Aussenwelt betrachtet werden, denn indem das denkende und wollende Ich seinen eigenen Zustand empfindet und mit Unbehagen und Missbilligung ihn ins Auge fasst, unterscheidet es sich in seinen tieferen und besseren Regungen von demselben und betrachtet ihn als zur Aussenwelt, zum „Nicht ich" gehörig. Es ist jedem Erzieher bekannt, dass die Möglichkeit der Einwirkung auf den Zögling davon abhängt, dass er sich eine genaue Kenntnis der Anlagen, Gewohnheiten, Denk- und Empfindungsweise des letzteren angeeignet hat und durch dieselbe sich sein Verhalten gegen den Zögling vorschreiben lässt. Es wird mit Recht als die grösste pädagogische Weisheit gepriesen, wenn die leitende Hand des Erziehers sowenig wie möglich störend in die Charakterentwickelung des Zöglings eingreift, sondern ihn mit so feinem Verständnis regiert, dass derselbe glaubt, seine Anschauungen und Grundsätze seiner eigenen Wahl und Neigung zu verdanken, während es die überlegene, vorherschauende Einsicht des Erziehers gewesen ist, welche ihm zur rechten Zeit Güter gezeigt hat, welche die Herrschaft über ihn gewinnen und seinen Willen gestalten mussten. Weder stürmischer Eifer noch zärtliche Liebe vermag bei der sittlichen Kunst des Erziehens etwas auszurichten, sondern nur die durch sorgsame, liebevolle Beobachtung gewonnene Sachkenntnis. Wird dieselbe nicht angewendet, so darf das Verhalten des Erziehers auch nicht als ein sittliches bezeichnet werden. Ebenso liegt die Sache, wenn die Persönlichkeit ihr Bewusstsein auf ihr eigenes sittliches Wachstum richtet und einen Fortschritt darin erstrebt. Nur durch technische Einsicht in die eigene Natur, ihre Anlagen, Mängel und Bedürfnisse, sowie durch Verständnis der sittlichen Werte, welche an anderen Persönlichkeiten wahrgenommen werden, kann eine Umwandlung, die einen Fortschritt zum Bessern einschliesst, stattfinden.

Wenn die gewöhnliche Erfahrung dem Eindruck folgt, als finde bei sittlicher Besserung nur eine Abkehr vom Bösen und eine Rückkehr zu dem eigenen wahren Selbst statt, so ist dagegen zu bemerken, dass nach den Erfahrungen der Psychologie nur ein höheres, von dem Gefühl grösseren Wertes begleitetes Gut ein anderes aus seiner Herrschaft über den Willen verGallwitz, Ethik. 2

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