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drängen kann. Das eigene Selbst nun besitzt aber in sich nicht einen solchen Wert, dass es es als Motiv auf den Willen zu wirken vermöchte. Es kann dem Bewusstsein wohl klar werden, dass eine That die normale Entwickelung des Charakters stört und für ihn Abfall von sich selbst bedeutet. Aus diesem Motiv wird die als ehrenrührig angesehene That vielleicht unterbleiben, aber eine sittliche Fortentwickelung findet nur dann statt, wenn ein neues Gut am Horizont der Seele aufgetaucht ist und für das Ich als wertvoll empfunden wird, welches aber nur aus der Kenntnis der Welt gewonnen werden kann. Wollte man Ernst damit machen, die sittliche Seite bei einer That von der technischen zu sondern und ihr Selbstzwecklichkeit d. h. soviel wie Weltabgezogenheit zuschreiben, so würde das vollkommene sittliche Handeln in der völligen Concentration des Ich in sich selbst und seinem systematischen Sichfernhalten von der Kenntnis der Welt bestehen. Es ist zwar in bedeutsamen geschichtlichen Erscheinungen dieses Ideal hervorgetreten: Im Buddhismus, dem orientalischen Mönchthum, in der Mystik des Mittelalters etc., aber eine besondere sittliche Vollkommenheit kann man diesen Richtungen bei aller Anerkennung ihrer individuellen Schönheit nicht zuerkennen, da sie die Voraussetzung des sittlichen Wachsthums und der Vollendung, nämlich die Entwicklungsfähigkeit aufheben.

Dem Grundsatz, dass der sittliche Wert einer That sich danach bemisst, dass ein bestimmtes Gut nicht nur gewollt, sondern auch wirklich erlangt werde, darf nicht das Sprüchwort entgegen gehalten werden: In magnis voluisse sat est. Dasselbe besagt nur, dass menschliches Handeln trotz aller Vorausberechnungen nie des wirklichen Eintretens des Erfolges sicher sein kann. Die Wirklichkeit lässt sich von der Vernunft nie soweit unter Gesetze befassen, dass nicht ein unbekannter Rest zurückbliebe, welcher dem Erfolg störend entgegenzutreten vermöchte. Je weitaussehender die Pläne sind, desto mehr muss dieser Faktor mit in Rechnung gesetzt werden. Dagegen will es nicht den allgemeinen Grundsatz umstossen, dass der Wille nur dadurch zu sittlichem Thun angeregt werden kann, dass ihm ein Gut vorschwebt, welches sich nach den ihm bekannten Bedingungen auch als ausführbar erweist. Wenn bedeutende Männer Grosses durchgesetzt haben, so war die bewirkende Ursache in ihnen nicht eine unvorstellbare, ungewöhnlich starke Willenskraft, welche unbeirrt durch die Eindrücke der Welt und unbekümmert um ihre Gesetze einen vorgefassten Plan durchgeführt hätte, vielmehr war ihr Blick tiefer als der anderer Menschen in die Zusammenhänge ihrer Gesetze eingedrungen und hatte von denselben das Gesetz ihres eigenen Wollens empfangen.

Sie sahen in der gegebenen Situation die Möglichkeit zu einer bestimmten That, wo der trübe Blick ihrer Umgebung nur ein wirres, planloses Durcheinander widerstrebender Kräfte wahrnahm. Die einheitliche, consequente, starke Willenskraft löst sich bei näherem Betrachten auf in die Gabe, das scheinbar beziehungslose äussere Geschehen zu zergliedern und überall dieselben gleichartigen Kräfte zu entdecken, welche zu dem in der Vernunft sich allmälig verdichtenden Zweck zusammenwirken. Der starke Charakter berechnet bei der Aufstellung eines Planes alle Hindernisse, welche demselben möglicherweise entgegentreten können, und erkennt von weitem, ob die Möglichkeit vorhanden ist, denselben mit den vorhandenen Mitteln zu begegnen. Nur dann, wenn er die Möglichkeit des Erfolges bis ins Einzelne ausgerechnet hat und die entsprechenden Mittel in seinem Besitz weiss, ist der Zweck für ihn ein wertvolles Gut und wird ein Bestandteil seines Willens, während er bisher nur wie ein Traumbild der Phantasie behandelt wurde. Der Zweck ist dann als ein objektiver und notwendiger erkannt, die Wirklichkeit hat selbst alle Bedingungen dafür bereitet; das Subjekt, welches dieselben zur Einheit des Willens zusammenfasst, sieht in dem eigenen Willen nur das ausführende Werkzeug im Dienst eines höheren Willens und hält darum mit unerschütterlichem Glauben an der Möglichkeit des Erfolges fest. Zeigt sich der eine Weg zur Erreichung des Zieles unpassierbar, so ist es gewiss, dass sich dennoch ein anderer, gangbarerer darbieten wird, ja auch dann, wenn es selbst durch den Tod oder irgend welche anderen Kräfte, deren Wirksam werden der menschlichen Vorausberechnung sich entzieht, an der Durchsetzung des Planes gehindert wird, so triumphiert es noch im Unterliegen, da es weiss, dass die Bedingungen des Gelingens vorhanden sind und durch seinen Vorgang andre aufmerksam gemacht werden, ihnen näher nachzuforschen und den ersehnten Schatz zu heben. Sittliches

Wollen darf nicht vom technischen Können losgelöst werden, es ist vielmehr die höchste und letzte persönliche Zusammenfassung des letzteren. Mag zum Zweck der Zergliederung der verschiedenen Beziehungen des menschlichen Handelns immerhin sittliches Thun und technisches Können unterschieden und in Gegensatz zu einander gestellt werden, so hat dies dieselbe Berechtigung, wie die Abgrenzung des Gebiets des Wollens von dem des Empfindens und Erkennens. Dagegen ist die Aufrichtung des Unterschiedes verwirrend, wenn nach dem Erkennungszeichen des sittlichen Handelns gefragt wird. Dasselbe umfasst das eine wie das andere. Der Ausschluss des technischen Könnens als eines bei der sittlichen Beurteilung nicht in Frage kommenden Faktors führt ebenso zur Verstümmelung

des Begriffs des Sittlichen, wie das Unternehmen, dem Sittlichen seinen Ort im Willen anzuweisen und es aus dem Gebiet des Empfindens und Erkennens auszuschliessen.

Wenn Kähler dem technischen Geschick bei der sittlichen Beurteilung des Handelns keinen Raum gewähren will, so führt uns dies, da technisches Können sich nur auf erfahrungsmässiges Erkennen resp. Wissen gründen kann, zu der von Kant vollzogenen Scheidung, wonach das reine Erkennen d. h. das Erkennen in seiner Isolierung vom Fühlen und Wollen nicht als Organ des sittlichen Handelns angesehen werden darf. dieser Kant'sche Dualismus die Entwickelung der neueren systematischen Theologie tiefer als irgend ein anderer philosophischer Grundsatz bestimmt hat, so muss dieses Verfahren einer eingehendern Prüfung unterworfen werden. Am schärfsten ist die Gegenüberstellung des reinen und des praktisch bedingten Erkennens bei Herrmann in seinem Buch: „Die Religion im Verhältnis zum Welterkennen und zur Sittlichkeit" vollzogen, dem wir daher hier folgen, zumal über Ritschl, von welchem Herrmann die Anregung zu seinen Untersuchungen empfangen zu haben bekennt, an einem anderen Orte die Rede sein wird.

Das reine Erkennen besteht in der Anwendung des Gesetzes der Causalität auf die Welt der Erscheinungen. Dieselbe ist ihrer Art nach grenzenlos, da die Vorstellungen über die Dinge, welche durch die Aussenwelt in uns gewirkt werden, von unendlicher Mannigfaltigkeit sind und ebenso in endlosen Variationen nach dem Gesetz der Causalität combiniert zu werden vermögen: „Die Erweiterung der Einsichten in der Mathematik und die Möglichkeit immer neuer Erfindungen geht ins Unendliche; ebenso die Entdeckung neuer Natureigenschaften, neuer Kräfte und Gesetze durch fortgesetzte Erfahrung und Vereinigung derselben durch die Vernunft", bei Herrm. p. 26. So lange nun das Subjekt in seinem Naturerkennen sich darauf beschränkt, alle Eindrücke der Aussenwelt, welche ihm in der Form der Vorstellungen gegeben sind, in einen geordneten und gesetzmässigen Zusammenhang zu bringen, bleibt es gegen die sittliche Aufgabe neutral. Es folgt interesselos dem sich bis ins Unendliche abspielenden Geschäft, die Vorstellungen seines Innern nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung zu verbinden. In diesem Processe findet es selbst die Einheit und Continuität seines Bewusstseins, während es zugleich zur beständigen Fortsetzung seines Verfahrens gezwungen ist, ohne je seinen Abschluss finden zu können. Von diesem reinen Erkennen behauptet nun Kant, dass es an sich nicht sittlich sei, sondern nur zum Sittengesetz als dem notwendigen Abschluss seiner Thätigkeit hinführe (185 f), während Herrmann die

Spannung zwischen dem theoretischen Erkennen und der praktischen Vernunft noch vertieft und die Geltung der Freiheit oder der Idee der selbstständigen Persönlichkeit im Gegensatz zu jeder Naturbestimmtheit allein in sich selbst begründet sein lässt (195 ff.). Das theoretische Erkennen oder, wie er auch sagt, das wissenschaftliche Naturerkennen bekümmert sich um die Dinge nur, insoweit sie Erscheinungen sind, d. h. soweit sie unter einander in Abhängigkeit stehen, oder soweit sie als Fälle eines Gesetzes gedacht werden und sich der Einheit des Bewusstseins des Erkennenden unterordnen (48/9.). Darüber, ob hinter den Erscheinungen noch etwas Anderes steckt, das Ding an sich, ein Inneres, welches dem Objekt eigentümlich wäre, wird hier keine Entscheidung gefällt. Es kommt Herrmann nur auf den Nachweis an, dass reines Erkennen sich um das innere Wesen der Dinge nicht kümmere: „Erscheinungen werden diese wirklichen Dinge im Raume genannt, weil sie dem Bewusstsein vollkommen durchsichtig werden können, d. h. weil sie nichts enthalten können als sinnlose Anschauung und Gesetze des Verstandes. Das „Innerliche der Materie", welches noch dahinter gesucht werden möchte, ist „eine blosse Grille" p. 48. Herrmann giebt zu, dass die Aussonderung des Begriffs des reinen Erkennens eine erkenntnistheoretische Abstraktion sei, aber eine sehr nützliche Abstraktion, da es Kant durch dieselbe gelungen sei, das fühlende und wollende Ich von der Verwirrung mit der Welt der Erfahrung zu befreien und somit die unerschütterliche Grundlage seiner Freiheit aufzudecken.

Dieses Zugeständnis Herrmanns ist ein wertvoller Stützpunkt, um hier den Hebel anzusetzen, welcher das auf die Zerreissung des einheitlichen, geistleiblichen Organismus aufgebaute Kant'sche System umzustürzen vermag. Wenn es sich darum handelt, den Inhalt irgend eines uns in der Erfahrung entgegentretenden Ausschnittes der Wirklichkeit zu bestimmen, so darf die Untersuchung der uns in unserer Empfindung und Vorstellung gegebenen Elemente durch keinerlei Voraussetzung oder Zweckbeziehung oder Abstraktion gestört werden; vielmehr ist es die Voraussetzung jeder wissenschaftlichen Untersuchung, dass zunächst der gegebene Thatbestand voll und unverkürzt anerkannt und dann erst darauf hin angesehen werde, auf welchen Zweckgedanken die Zusammenordnung desselben hinweise. Dass nun das von Kant beschriebene interesselose, unbegrenzte, fortgehende wissenschaftliche Naturerkennen das ursprüngliche und normale Verfahren sei, vermittelst dessen der Mensch die Natureindrücke in sich aufnimmt und ordnet, wird niemand zu behaupten wagen. Dass die uns von der Erfahrung gelieferten Vorstellungen nichts anderes enthalten sollen, als Anschauungen

und Gesetze des Verstandes, während von dem realen Inhalt der lebensvollen Wirklichkeit nichts in sie übergegangen ist, widerstreitet allen Beobachtungen, welche wir an uns selbst, wie an anderen anstellen. Die Eindrücke, welche auf uns einstürmen, sind ausnahmslos lebensvoll gefärbt, so dass sie deshalb auch das Centrum unseres Lebens mit Sympathie und Antipathie, Lust und Schmerz erfüllen. Wenn Kinder alle Gegenstände ihrer Umgebung als mit Leben und Empfindung beseelt anschauen und den Erdboden wieder schlagen, der ihnen bei ihrem Falle weh gethan hat, oder den Sternen zuwinken, weil dieselben ihnen entgegengenickt haben, so geben sie auf ihre Weise ein unverfälschtes Zeugniss für die Thatsache, dass jede Kenntnisnahme eines Stücks der Wirklichkeit uns mit einer bestimmten Empfindung erfüllt und dadurch nicht nur die Kraft des Verstandes, sondern auch des Willens in Bewegung setzt.

Zu der natürlichen Umgebung, auf welche unser Erkennen gerichtet ist, gehören auch andere Personen, ja je länger je mehr nimmt die Aufgabe, diese zu erkennen, um auf Grund unserer Kenntnis derselben mit ihnen in Verkehr zu treten, den breitesten Raum in unserer Interessensphäre ein. Den einzelnen Individualitäten gegenüber ist es aber vollends unmöglich, sie nach dem Kant'schen Recept als gleichgiltige Grössen zu behandeln, welche nur als Fälle eines allgemeinen Gesetzes oder als identische Exemplare des Begriffs Menschheit anzusehen sind, ohne dass der Einzelne ein besonderes Interesse auf sich zu ziehen vermag. Es wird dieser Satz als eine grobe Verkennung der Kant'schen Sittenlehre hingestellt werden, da Kant mit der grössten Energie behauptet hat: Das moralische Wesen, der homo noumenon, existiert als Zweck an sich selbst und darf niemals als Mittel zum Zweck erniedrigt werden. Aus diesem Wort hat man gefolgert, dass Kant die praktische Forderung gestellt habe, eine jede menschliche Persönlichkeit als selbstständigen Zweck anzusehen und sie im Verkehr niemals zum Mittel für andere Zwecke zu degradieren. Indessen begeht diese Folgerung die verhängnisvolle Verwechslung, den homo noumenon mit irgend einer individuellen Einzelpersönlichkeit zu identificieren. Das moralische Wesen, die autonome Natur ist Zweck an sich, ist Endzweck; aber ein solcher bedingungsloser Zweck hat innerhalb der Natur keine Statt. Können wir doch von einem Naturzweck überhaupt nur reden, sofern wir ein Ding seiner inneren Form nach beurteilen. Das ist aber etwas ganz anderes, als die Existenz dieses Dinges für Zweck der Natur halten. Das Gras sei dem Vieh, dieses dem Menschen nötig: warum ist es denn aber nötig, dass Menschen existieren?,,welches, wenn man etwa die Neuholländer oder Feuerländer in Gedanken hat, so leicht nicht zu beantworten

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