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der gesetzmässigen Notwendigkeit der Welt zu vertiefen. Jene 2 Denker haben beide den Consequenzen ihres Systems auch in ihrem praktischen Leben Raum gegeben. Entsprechend ihrem Hauptverlangen, unverworren zu bleiben mit den Welthändeln, haben sie auf das Familienleben mit seinen durch Aufregungen zu erkaufenden Freuden ebenso wie auf verantwortliche Stellungen und politische Thätigkeit verzichtet. Ohne dass ihnen daraus ein Vorwurf gemacht werden darf, da sie ihre ganze Kraft an das Denken gesetzt und damit der Menschheit den höchsten Dienst geleistet haben, dazu sie imstande waren, ist doch zu sagen: An der Norm des Sittengesetzes in der bekannten Formulierung: „Handle so, dass die Maxime deines Thuns zugleich vernünftiges Princip des allgemeinen Handelns sein könne", darf ihr Verhalten nicht gemessen werden. Es ist nicht möglich, dass alle Menschen ebenso handeln und sich gleichermassen verhalten. Dass jene in Stille und Musse leben konnten, hatte zur Voraussetzung abgesehen von ihrer besonderen intellektuellen Begabung, dass andere Menschen mit ihren sinnlichen Anlagen und physischen Kräften für ihre materiellen Bedürfnisse sorgten. Die Geschichte würde stillstehen und die Welt aussterben, wenn jemals das Kant'sche Sittengesetz allgemeiner Grundsatz der Menschheit würde.

Für diejenigen Moralphilosophen, welche die Unbedingtheit und den Rigorismus des Kant'schen Sittengesetzes festhalten und hierin das Wesen der Sittlichkeit setzen, ist es eine schwierige Aufgabe, ein positives Verhalten zu den mannigfachen Culturaufgaben zu finden, zu welchen das wechselnde empirische Leben auffordert. Ein charakteristischer Versuch einer Vereinigung des Princips der Kant'schen Ethik mit der Idee der evolutionistischen Ethik der Gegenwart, welcher durch sich selbst den Beweis der Unmöglichkeit dieses Unternehmens liefert, findet sich bei Münsterberg: „Der Ursprung der Sittlichkeit". Freiburg i. Br. 1889. Er definiert im 1. Teil das Sittliche als diejenige Willensrichtung, welche einem Gebot folgt und eine entgegenstehende Neigung besiegt. Nicht nach dem objektiven Erfolg darf der sittliche Charakter einer That gemessen werden, sondern nur nach den subjektiven Elementen der Gesinnung oder nach ihrer Uebereinstimmung mit dem sittlichen Gebot. Ja eine That ist ihm um so wertvoller, „je mehr bei der Vorstellung des Erfolges die Unlust die Lust überwiegt". p. 27. Aber wenn er im 3. Cap. von dem Ursprung der sittlichen Gebote redet, weist er ihnen denselben nicht in einer apriorischen Vernunftanlage nach, sondern lässt sie von hervorragenden Männern, speciell Priestern gegeben und durch Lohn und Strafe und abergläubische Formen mit Autorität bekleidet sein. Auch diese sittlichen Heroen, die

reformatorisch und bahnbrechend gewirkt, haben die Erkenntnis der von ihnen geoffenbarten sittlichen Grundsätze nicht aus ihrer vernünftigen Natur entnommen, sondern überliefert erhalten: ,,Welchen andern Massstab aber konnte er (ein Reformator) dann haben, als eben den, dass seine Lehre der reinste Ausdruck für die in tiefster Seele lebendigen, d. h. in frühester Kindheit erlernten und eingeübten Gebote ist ?" 89. Damit ist die Frage nach dem Ursprung der Sittlichkeit zurückgeschoben, und das Rätsel durch das bequeme Wort der Vererbung und Anerziehung verschleiert.

Um ferner für die mannigfachen Motive, wie sie in der evolutionistischen Ethik Geltung haben, Raum zu gewinnen, sieht sich M. genötigt, neben dem subjektiven Motiv der Sittlichkeit, welches im eigentlichen Sinne allein diesen Namen verdient, 4 Beweggründe des objektiven sittlichen Lebens einzuführen: Das egoistische Interesse, das Neigungsgefühl, das Ehrfurchtsgefühl, das ästhetische Wohlwollen, und endlich wird über das kategorische Gebot der eigentlichen Sittlichkeit gar das Verdammungsurteil gefällt, dass sie durchaus nicht das wertvollste Gut im Menschenleben sei (107): Neigungstriebe seien oft weit wertvoller als opfermutige Gewissensthaten. Es sei zu vermuten, dass die specifische Sittlichkeit einst ganz aufhören und Neigungstrieben Platz machen werde, daher dürfe man den kategorischen Gewissensgeboten im Hinblick auf die Gesammtentwickelung der Welt auch nur den Wert einer vorübergehenden Episode beimessen, welche zu ihrer Zeit aber um der Erhaltung und Entwickelung des menschlichen Geschlechts notwendig sei resp. gewesen sei. Es ist hier der Kant'sche kategorische Imperativ einem beliebigen Strafgesetz gleichgesetzt; der Gehorsam gegen denselben wird als ein wertloser vorübergehender Akt von rein pädagogischer Bedeutung geschildert, der Gebildete ist zur freudigen Unterordnung unter diese Gebote nicht mehr verpflichtet, gleichwohl ist aber die Bezeichnung Sittlichkeit in specifischem Sinne für die Beugung unter diese Gebote beibehalten. verwirrende Spiel mit Begriffs und Namensumdeutungen ist die unausbleibliche Folge des Versuchs, aus einer vorausgesetzten sittlichen Qualität der menschlichen Anlage die Kette der concreten sittlichen Pflichten und das System sittlicher Güter zu gewinnen.

Dies

Es ist noch ein anderer Grund vorhanden, welcher verbietet, dass der Begriff,,sittlich" seinen charakteristischen Inhalt aus der besonderen Form der menschlichen Vernunftthätigkeit erhalte, aus welcher dies sittliche Handeln hervorgeht. Er liegt in der Unmöglichkeit, die menschliche Natur in zwei gegen einander disparate Hälften zu teilen, wie dies die Voraussetzung der

Kant'schen Philosophie bildet. Das intelligible, geistige Ich ist von dem empirischen, sinnlichen durch eine unüberbrückbare Kluft geschieden. Diese Zerreissung der menschlichen Anlage in zwei mehr oder minder beziehungslos nebeneinanderliegende Vermögen enthält eine petitio principii, entspricht aber nicht der gegebenen Wirklichkeit. Wir haben kein Recht, dem Menschen eine einheitliche Anlage abzusprechen, ihn uns etwa aus der Hinzufügung eines menschlichen Geistes zu einem tierischen beseelten Leibe entstanden und noch bestehend zu denken. Lotze hat im Mikrokosmus V, 1 eingehend die Unmöglichkeit eines derartigen Verfahrens dargethan. Unsere Erfahrung zeigt uns den Menschen als eine unzerreisbare Einheit. Wenn wir Leib, Seele und Geist, oder beseelten Leib und Geist als verschiedenartige Seiten des einen Menschen unterscheiden, so sind wir doch unvermögend, genau anzugeben, wo bei einem einzelnen Menschen die Funktionen des Leibes aufhören und die der Seele resp. des Geistes anfangen und umgekehrt. Der Leib in seinen edleren Organen, Gesicht und Hand, wird selbst vergeistigt, das Empfindungsvermögen der Sinne wird je länger je mehr für Eindrücke aufgeschlossen, welche nach dem Sprachgebrauch auf den vernünftigen Geist als Urheber zurückgeführt werden. Die menschliche Sinnlichkeit empfindet nicht nur die gröbsten Gegensätze von Wohl und Wehe, Lust und Schmerz, sie unterscheidet auch unmittelbar die Abstufungen der ästhetischen und ethischen Unterschiede von schön und hässlich, gut und böse. Die sinnliche Empfindung fällt unmittelbar ein Werturteil über die ihr durch den äusseren Eindruck gegebene Stimmung, an welcher der Geist nichts zu ändern oder hinzuzufügen vermag. Mag ein Mensch auch einen noch so wenig entwickelten Geist besitzen, so wird er doch nie der Stufe der Tiere angehören. Die Sprache, welche dem menschlichen Geschlecht als Kennzeichen seiner vernünftigen Begabung eignet, unterscheidet ihn auch von den höchst organisierten Tieren durch eine unüberbrückbare Kluft. Auch wo die Sprache infolge eines organischen Fehlers versagt, tritt darum doch keine grössere Annäherung an das Tierreich ein, vielmehr treten andere sinnliche Organe stellvertretend ein. Beim Fehlen des Gehörs vermögen Auge und Tastsinn die Reize, auf welche die Sprache die Reaktion bildet, zu vermitteln, und sind die Bedingungen zum Hervorbringen der Töne nicht gegeben, so vermögen abgemessene Bewegungen der Finger sowie ausdrucksvolle Blicke und Mienen die artikulierte Lautbildung zu ersetzen.

Andererseits ist es eine leere Abstraktion, wenn wir von einem Geist ohne Verbindung mit einer Leiblichkeit reden. Weder ist ein solcher in der Wirklichkeit gegeben, noch vermag

unsere Vorstellung, ein Bild desselben zu schaffen, da sie einer sinnlichen Substanz bedarf, um den Geist daran haftend zu denken. Ja wir müssen nach unserer Erfahrung urteilen, dass der Menschengeist selbst ohne die wirksamen Empfindungen und Aeusserungen der Sinnlichkeit weder zum Selbstbewusstsein erwachen, noch zu einer Aeusserung seines Lebens gelangen kann, und daher sittliches Leben in diesem Falle für ihn unmöglich ist. Damit ist freilich noch nichts darüber ausgesagt, ob der Gedanke als unzulässig abzuweisen ist, dass die höchste menschliche Lebensfunktion, welche wir Geist nennen, sich durch das Zusammenarbeiten mit den niederen sinnlichen Funktionen zu einer gewissen Selbstständigkeit emporarbeiten kann, so dass er schliesslich ein eigenes Dasein führt, auch ohne der Dienste fortdauernder sinnlicher Empfindungen zu bedürfen. Da erfahrungsgemäss in ihm die Erinnerungsbilder an die Aussenwelt fortleben, wenn diese bereits für ihn vergangen ist, so vermag er vielleicht ein Leben in einer Welt der Vorstellungen und Empfindungen weiterzuleben, und da durch vorgestellte Reize der Aussenwelt ebensogut wie durch wirkliche Eindrücke Triebe und Willensäusserungen aus dem geistigen Gesammtzustand sich auslösen, so würde diesem Leben auch der Charakter der Spontaneität nicht fehlen.

Wenn nun auch also ein Leben des Geistes nach dem Absterben des sinnlichen Organs nicht undenkbar und in manchen Erscheinungen des natürlichen Geisteslebens, z. B. dem Zustand des Träumens oder des Hellsehens vorgebildet scheint, so kann dies doch den für unsre Untersuchung giltigen Grundsatz, dass wir Geist nur in Verbindung mit beseeltem Leib zu denken haben, nicht umstossen. Es handelt sich um eine Untersuchung über das Gesetz der sittlichen Entwickelung und insoweit ein solches sich findet, hat der erwähnte Grundsatz seine ausnahmslose Geltung. Weder Leib noch Geist vermögen getrennt von einander zu einer menschlichen, vernünftigen Entwickelung zu kommen. Ist eine solche eingetreten, so hat es nichts Widersinniges, wenn nach dem Absterben der niederen Organe die höheren noch weiterdauern, nachdem sie den Ertrag der niederen zu dauerndem Besitz in sich aufgenommen haben. Freilich ist dann immer die Hauptentwickelung vorüber und die Zeit der Reife eingetreten. Auch im Pflanzenleben sterben nach einander Kelch und Blütenblätter, auch wohl Stengelblätter, Wurzeln und Ranken ab, während die Frucht ihren Saft in sich aufnimmt und fortfährt zu wachsen und zu reifen.

Die der ungeschulten Vorstellung geläufige Unterscheidung von Leib und Geist als zwei verschiedenen, gegeneinander beziehungslos zu denkenden Substanzen beruht auf der zu Grunde

liegenden Annahme, dass es eine allgemeine geistige, resp. leibliche Substanz gebe, zu welcher bei der Einzelerscheinung die individuelle Bestimmtheit oder die Form der Gestalt als das Besondere hinzukomme. In der wirklichen Welt finden wir indessen nirgends eine allgemeine Substanz getrennt von den Besonderheiten der individuellen Form der Existenz. Uns drängen sich unzählige einzelne Kraftcentra und organische Gebilde auf, welche, obwohl mit ihrer Umgebung, ja indirekt mit dem Universum in Wechselwirkung stehend, dennoch nur als in sich abgeschlossene Einzelwesen existieren. Das Bedürfnis, sie zu unterscheiden, zu benennen und einander unterzuordnen, zwingt uns, die einander ähnlichen Seiten der verschiedenen Erscheinungen als das Allgemeine, Gleiche zu setzen oder wenigstens so zu bezeichnen. Die leibliche Seite des Menschen wird mit der des Tieres unter dem gemeinsamen Namen: „Leib" zusammengefasst, da beide in vielen Aeusserungen übereinstimmen. Der nach festen Anschauungen und systematischer Gliederung der Welt begierige Verstand hat aber die Neigung, die geringe Uebereinstimmung zu verallgemeinern und zu reden, als wenn es eine dem Tier und Menschen gemeinsame Leiblichkeit gäbe, während das Mikroskop in jedem Tropfen Blut Verschiedenheit der beiderseitigen Bildung und Composition aufweist. Der durch Abstraktion gebildete und mit präsumptiver Allgemeinheit ausgerüstete Begriff wird nun als das den verschiedenen menschlichen und tierischen Bildungen ursprünglich zu Grunde Liegende gesetzt und als etwas Wirkliches behandelt, ihm selbst werden Eigenschaften als eigentümliche und notwendige Merkmale zugewiesen, welche nur zerstreut hie und da an Einzeldingen haften und dabei wegen ihrer Abweichungen von der allgemeinen Regel zu schärferer Beobachtung und eventuell zu passenderer Klassificierung und Benennung auffordern. Es wird hierüber der ursprüngliche Thatbestand vergessen, demgemäss es in Wahrheit für unsre Wahrnehmung nur individuelle Einzeldinge giebt, deren jedes seinen besonderen Gesetzen untersteht. Da jedes Ding nicht nur in einem Exemplar vorhanden ist, sondern mit anderen gleichartigen Exemplaren eine Gattung bildet, so mag es freilich mit denselben zu einer Einheit zusammengefasst werden. Aber je höher der Organismus eines Wesens steht, um so mehr ist es auch etwas Besonderes für sich selbst, und desto mehr widerstrebt es im Ganzen oder in einzelnen Teilen der Zusammen

fassung mit anderen. Bei den Exemplaren einer Tierklasse überwiegen die gleichen Eigenschaften noch derartig, dass man von den Unterschieden absehen und an jedem dieselben Beobachtungen anstellen kann. Das Einzelexemplar tritt in seiner Bedeutung zurück, und der Gattungscharakter zieht die aus

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