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Was mich dazu bestimmt hat, von dem Ritschl'schen System selbst abzusehn, ist die bisher noch zu wenig beachtete Thatsache, dass Ritschl in der 2. Auflage seiner christlichen Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung einen Wechsel seiner erkenntnistheoretischen Voraussetzungen vollzogen hat, welcher den Zusammenhalt des ganzen Lehrgebäudes erschüttert. Er ist von der Erkenntnistheorie Kants, welcher er in der 1. Auflage gefolgt ist, wonach „das Ding an sich" jenseits der Erscheinungen der natürlichen Welt zu suchen ist und keinerlei Gemeinschaft mit denselben unterhält, in der 2. Auflage zu derjenigen Lotzes übergegangen: „Wir erkennen in den Erscheinungen, welche in einem begrenzten Raume sich in begrenztem Umfange und bestimmter Ordnung verändern, das Ding als die Ursache seiner auf uns wirkenden Merkmale, als den Zweck, dem dieselben als Mittel dienen, als das Gesetz ihrer constanten Veränderungen." (p. 19). Hiermit ist die Möglichkeit gegeben, das Problem der christlichen Ethik: Wie kann Jesus als geschichtliche Einzelpersönlichkeit den Anspruch erheben, absolute Bedeutung zu besitzen, seiner Lösung entgegenzuführen, und insofern habe ich diese Schwenkung Ritschls als einen Fortschritt begrüsst. Da es aber, wie ich an einem andern Ort zu zeigen hoffe, in der 2. Auflage des R.'schen Werks zu keiner Umgestaltung des durch den Kant'schen Dualismus zwischen Natur und Geist, Erscheinung und Idee bestimmten Systems gekommen ist, so war es für den vorliegenden Zweck einerseits überflüssig, in eine Auseinandersetzung mit einzelnen Folgerungen des Systems einzutreten, so lange über das Princip keine Klarheit besteht; andererseits verbot sich eine ins Detail gehende Klarlegung des principiellen Gegensatzes, welchen die 1. Auflage des Werks zur 2. bildet, da eine solche das Interesse von dem in dieser Schrift verfolgten Endziel abgelenkt haben würde.

Sigmaringen, 16. September 1891.

Hans Gallwitz.

Inhalt.

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199.

VI. Die sittliche Aufgabe: Die sittliche Aufgabe als Teilnahme am Leben der umgebenden Welt durch Bildung der individuellen Anlagen 195. Hemmnisse der Entwickelung Paulsen's Versuch der Rechtfertigung des Bôsen 205. Der Abschluss der sittlichen Aufgabe bei Paulsen 216, bei Wundt 222. Unmöglichkeit, durch zusammenfassende Erkenntnis zum Abschluss der sittlichen Aufgabe zu Die Offenbarung der sittlichen Aufgabe in

kommen

226.

der Person Christi

worden 243.

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VII. Die Einzigartigkeit Jesu Christi: Er ist den Forderungen der Wirklichkeit in vollkommener Weise gerecht ge249. Die sittlichen Forderungen Christi Christi Lehre vom höchsten Gut 252. Die Idee des Reiches Gottes bei Kaftan 257. In Christus ist der Sinn der Welt offenbar geworden 261. Paulsens Einwände gegen die absolute Verbindlichkeit der christlichen Sittenlehre 272.

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Einleitung.

Der Begriff des Sittlichen.

Eine Untersuchung über sittliche Fragen hat bei der wechselnden Bedeutung des Worts,,sittlich" zunächst festzustellen, in welchem Sinne dasselbe gebraucht werden soll. Es ist im Lauf der Entwickelung der Sprache und der Moralphilosophie durch einen mehrfachen Gegensatz bestimmt worden.

Das griechische „Ethos“ bezeichnet im Gegensatz zu „Pathos“ alle diejenigen geistigen Zustände und Aeusserungen, welche unter Mitwirkung einer klaren, bewussten Geistesthätigkeit zu stande kommen. Damit trägt die specifisch-menschliche Aktivität, im Gegensatz zu welcher das tierische Triebleben als Passivität bezeichnet wird, nach dem Sprachgebrauch bereits den Charakter des sittlichen Thuns. Doch musste der Umfang dieses allgemeinen Gebiets menschlichen Handelns alsbald durch den Gegensatz zum Unsittlichen enger begrenzt werden. Danach ist dann Ethos dem Griechen die Sitte, das einmal als Gewohnheit Geltende und als Brauch Sanktionierte, andererseits bezeichnet es auch die sittliche Grundstimmung oder Gemütsart, die innere Charakterbeschaffenheit cf. Dorner, System der christl. Sittenlehre 11. Ebenso allgemein ist in der ältesten griechischen Ueberlieferung der Begriff,,Tugend". Er hat zum Inhalt die Tüchtigkeit und Tauglichkeit für Geschäfte des Krieges wie des Friedens, also die Bethätigung der allgemeinen menschlichen Funktion im weitesten Umfange cf. Wundt: Ethik 26. Je mehr durch die unbewusste Ausprägung der Gewohnheit und den Zwang staatlicher Gebote das menschliche Leben einen übereinstimmenden Inhalt seines Interesses und Handelns empfängt, um so mehr wird aber auch die Bezeichnung „,sittlich" mit einem bestimmten, durch die Sitte gegebenen und durch die allgemeine Anerkennung geheiligten Inhalt verbunden werden. Nach Wundt (26) vereinigt der Begriff der Tugend bei den Griechen von der frühesten Zeit an mit der persönlichen Leistungsfähigkeit des Subjekts das Gallwitz, Ethik.

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Ansehen und die Billigung, welche sein Thun bei Anderen finden. Dem Griechen genügt nicht das Ansehn der Person oder der Handlung an sich, beide müssen auch die ihnen gebührende Achtung in den Augen der Welt einnehmen.

Auch eine Untersuchung über Umfang und Inhalt des Sittlichen kann sich der Beeinflussung durch die thatsächlich herrschenden sittlichen Zustände und Anschauungen nicht erwehren; mag der Philosoph im Gefühl seiner Unabhängigkeit von der herrschenden Meinung und getragen von den Flügeln seines geistigen Schaffens auch glauben, aus den Principien seines eigenen Willens ein freies System sittlicher Pflichten aufbauen zu können, so muss er doch gewahr werden, dass er mehr als er denkt und vielleicht wünscht, ein Kind seiner Zeit ist und unter der Herrschaft der Sitte und Gewohnheit seiner geistigen Umgebung steht. Ohne eine breite, gemeinsame Basis sittlicher Anschauungen würde er sich weder als ein Glied seines Volks resp. der Menschheit fühlen, noch seine Zeit verstehen können. Wenn er vollends daran denkt, durch die Erzeugnisse seiner Geistesarbeit auf andre Menschen eine Einwirkung ausüben zu wollen, so muss er sich sagen, dass nur diejenigen Anschauungen in dem Gemüt seiner Leser oder Hörer sich eingliedern werden, welche dem jeweiligen Gebilde der inneren Gedanken, Stimmungen und Grundsätze irgend wie harmonisch oder ergänzend sich zugesellen. Einen schlechthin neuen sittlichen Gedanken hat es in der Geschichte der Ethik noch nicht gegeben, und wenn er je ausgesprochen wäre, so würde er nicht verstanden und daher nicht aufbewahrt und weiterüberliefert sein. Es kann daher die Aufgabe dessen, welcher über das Sittliche nachdenkt, nur diejenige sein, die ihm von seiner vernünftigen Umgebung dargebotenen Aeusserungen des sittlichen Lebens scharf und möglichst umfassend aufzufassen, einzelne Widersprüche herauszustellen, die seinem vergleichenden Blick sich darbietenden Mängel zu ergänzen und dadurch den eigentümlichen und wesentlichen Gehalt des Sittlichen deutlicher hervortreten zu lassen. Damit ist der weitere Satz gegeben, dass der Gehalt des sittlichen Handelns sich nicht in einer für alle Zeiten und Völker gleicherweise giltigen Formel ausdrücken lässt. Wie es in den Systemen der kirchlichen Sittenlehre als selbstverständliche Forderung gilt, dass die Ethik confessionell gefärbt sein müsse, so entspricht es den thatsächlichen Verhältnissen, dass jeder Moralphilosoph von seiner geographisch und zeitlich umgrenzten Umgebung den Inhalt dessen geliefert bekommt, was er als System sittlicher Gebote zusammenfasst und zur Nachachtung vorschreibt. Das Prädikat „sittlich" ist damit nicht auf einen fest begrenzten Kreis von Thaten und Motiven beschränkt, vielmehr liegt in der

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