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I.

Das Verlangen nach einer modernen positiven

Theologie.

Wenn der Thron seinen Inhaber wechselt oder aus anderen Anlässen geschieht es wohl, daß die alten Münzen eingezogen und umgeprägt werden. Ist die Umprägung vollzogen, dann gelten die alten Prägestücke nicht mehr. Das Goldstück hat seinen Wert nicht verloren, kann aber gleichwohl nicht mehr kursieren. Es hat seinen vollen Gehalt an Metallwert noch, aber für die Bedürfnisse des täglichen praktischen Lebens ist es wertlos geworden, weil es ein altes, im Handel nicht mehr gültiges Gepräge führt. Statt dessen bekommt es nun eine Bedeutung für Liebhaber und Sammler, einen antiquarischen Wert, der sich in der Regel beträchtlich höher beziffert als der frühere Wert in der Praxis; aber der praktische Wert selbst ist nicht mehr vorhanden.

Mit solcher Münze kann man alte dogmatische Formeln vergleichen, die in der Theologie gelten sollen, oder weiterhin auch die Theologie des alten Dogmas, deren Ergebnisse im religiösen Leben kursieren sollen. Das alte Dogma ist der mit einem bestimmten Gepräge versehene Glaube, und eine alte Theologie ist diejenige, welche diese Prägung als die allein richtige an

Beth, Die Moderne.

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sieht und weiter überliefert und in dieser alten Münze die einzig mögliche Form religiösen Kursmittels erblickt, unbekümmert darum, ob Ereignisse inzwischen eintraten, die jene Münze zur Umprägung einforderten.

Daß des Dogmas Gepräge alt ist, das ist ja eine einfache Tatsache. Es gibt derer genug, die um deswillen das alte Dogma ganz beiseite werfen wollen, nicht daran denkend, daß sie wertvolles Edelmetall preisgeben, das seinen vollen Metallwert hat. Sie meinen, die alte Prägung des Dogmas habe nie einen Wert gehabt, das Dogma sei von vornherein als eine Verfälschung des Evangeliums aufgetreten, indem der griechische Geist mit seiner Spekulation, die sie entweder als religiös indifferent oder als dem Christentum völlig unangepaßt beurteilen, das Gold des Evangeliums überzog. Und dabei wird oft die altkirchliche Fassung des christlichen Glaubens so betrachtet und behandelt, als sei auch unter der spekulativen Hülle das Gold nicht mehr vorhanden und es handle sich dort nicht nur um eine Prägung, sondern um eine materielle Änderung. Bei dieser Anschauung erscheint es leicht, dies Dogma überhaupt abzutun.

Wir sind andrer Meinung. Unsre Auffassung ist, daß das Gold des Evangeliums gar nicht überzogen wurde, sondern nur geprägt, so daß es im geistigen Leben der alten Christenheit kursieren konnte. So wie geistige Führer in den ersten christlichen Jahrhunderten die Prägung des Evangeliums vornahmen im Einklang mit der damals modernen Form geistiger Auffassung, so konnte es kursieren. Der Glaube, den das Evangelium Jesu Christi in die Welt gebracht, war es, dem das alte Dogma mit bestimmter Prägung einen notwendigen vorstellungs- und begriffsmäßigen Ausdruck gab; die alte Theologie arbeitete in diesem Sinne.

Jedoch seitdem ist der Kurs ein anderer geworden. Jenes Gepräge gilt heute nicht mehr ohne weiteres. Mit den Mitteln des modernen Geistes muß ein neues Gepräge für die alte evangelische Wahrheit hergestellt werden. Es ist dieselbe Wahrheit und es ist derselbe Dogmengehalt, der heute wie vordem als unvergängliches religiöses Kleinod zur Untersuchung und zur Aneignung bereit steht, und es ist auch derselbe menschliche Geist, der jene Arbeiten vollführt. Neu ist die Anschauungsform, die dem Menschengeist heute eignet, die moderne Erfassung der Welt. Die neue theologische Arbeit ist nicht Eines Mannes Sache und nicht Eines Tages Leistung. Wie man das köstlichste Goldstück, das die Menschheit besitzt, prägen will, darüber muß ernsthaft zu Rate gegangen werden. Langdauernde theologische Arbeit ist für solches Ziel erforderlich, und an eine umfassende Arbeit verflossener Generationen knüpfen wir an.

Die Erkenntnis von dieser Lage der Dinge darf man heute unter denen, die ihre Religion zum Gegenstand des Nachdenkens gemacht haben, als eine allgemeine betrachten. Ganz wenige und vereinzelte sind es, die sich ihr verschließen. Aus dieser Einsicht entspringt die Forderung einer neuen Form in der Theologie, das Verlangen nach moderner Theologie, und zwar einer solchen, die den alten Glauben des Evangeliums voll anerkennt, dessen eingedenk, daß es unstatthaft ist, mit den Mitteln des dem Glauben inkommensurablen Wissens

eine Änderung des Glaubensinhaltes selbst vorzunehmen. Diese Forderung einer ,,modernen positiven Theologie" steht in ihrer Forderung des modernen Gepräges auf einer Linie mit der allenthalben hörbaren Parole einer modernen Theologie, sie unterscheidet sich aber bewußt von denen, die, wie bemerkt wurde, den evan

gelischen Glauben in dem alten Dogma nicht zu finden vermögen und deshalb zur Beseitigung wichtiger Bestandteile des alten Dogmas schreiten. Sie entfernt sich von diesen vor allem, weil sie überzeugt ist, daß auf jenem Wege das Evangelium selbst nicht unangetastet bleibt und der alte Glaube selbst Einbuße leidet. Als vor fast einem Menschenalter die Theologie entstand, die man seit zwei Dezennien schlichthin als die moderne zu bezeichnen gewohnt ist, da ging man von der Voraussetzung aus, das alte Dogma sei unhaltbar, weil dem Geist der christlichen Religion inadäquat. Eben diese Voraussetzung können wir uns nicht zu eigen machen. Die moderne positive Theologie will das Gold des alten Glaubens und des alten Dogmas in seinem Vollwert erhalten und nicht Legierungen künstlich herstellen. Wir wollen das Wesen des alten christlichen Glaubens unangetastet lassen, und wir leben der Überzeugung, daß dieses Wesen auch in der Theologie des alten Dogmas einen sach- und zweckentsprechenden Ausdruck gefunden hat. Aber wir sehen anderseits ebenso deutlich, daß, was zu Zeiten einer alten Theologie wertvoll und lebenskräftig sein konnte, weil es damals,,modern" war und der allgemeinen geistigen Lage im wesentlichen entsprach, daß eben dies nicht für immer modern genug bleibt. Wir suchen nach neuer Fassung und Prägung, um zu erreichen, daß in unserer Zeit unter den edlen Menschen das Gold wieder mit anerkanntem Vollwert fürs praktische religiöse Leben seinen Kurs antreten möge.

Ist nun jene Einsicht in die theologische Lage der Gegenwart so überaus durchgedrungen, daß man sie mit gutem Grund eine allgemeine nennen kann, dann ist es nicht zu verwundern, daß der kühne und wohlüberlegte Zukunftsentwurf, den Reinhold Seeberg von

einer modernen positiven Theologie gemacht hat, von zahlreichen Theologen mit ungeheurer Spannung betrachtet wird von den einen mit dem Gefühl, daß hier weitgreifendes kraftvoll Neues geschaffen werden soll, das die großen Nöte, in denen die Wissenschaft vom Christentum heute sich befindet, mannhaft anpackt, um zur Linderung oder gar Beseitigung der mancherlei Trübungen und Unsicherheiten zu helfen; von den anderen mit der Erkenntnis, daß hier sehr viel Richtiges aus dem Munde eines Gegners gesagt wird und zugleich das Beste von dem, was sie selbst vertreten, seine vollständige Verwertung findet, während sie sich mit der positiven Stellung zum Alten, die hier befürwortet wird, nicht zu befreunden vermögen; schließlich von den Wenigen noch Übrigen in banger Besorgnis, was denn daraus werden solle, wenn nun auch die Vertreter des lutherischen Bekenntnisses anfangen, in der Theologie Modernität zu verlangen. Diese Letzteren stehen unserer ganzen Forderung verständnislos gegenüber und begreifen nicht die religiösen Bedürfnisse der Gegenwart. Seeberg hat sein bedeutsames Programm für die Zukunftstheologie gesprochen in seinem Buche „Die Kirche Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert. Eine Einführung in die religiösen, theologischen und kirchlichen Fragen der Gegenwart" (Leipzig 1903).') Nachdem er hier die Triebkräfte und Ziele der modernen positiven Theologie in großen, scharfen und sicheren. Zügen aufgezeigt hatte, hat er eine ins Einzelne gehende Ausgestaltung dieses Programms nicht mehr gegeben; aber er hat in seinen bereits 1902 erschienenen,,Grund

1) Diese Schrift zitiere ich nach der 2. Auflage von 1904, in welcher über die moderne positive Theologie zusammenhängend gehandelt ist S. 302-324.

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