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beobachten. Denn eben seitdem der Christusglaube, den Kaftan selbst in der neugläubigen Theologie" vermißt, mehr und mehr sich verdünnt und schwindet, ist auch das Irrlichterlieren des modernen Geistes in religiösen Fragen zu einem immer unruhigeren Flackern geworden. Das Recht des positiven christlichen Standpunktes, des alten Christusglaubens, wird durch solche Erscheinungen im modernen Leben durchweg bestätigt. Es ist am Tage, daß die von der positiven Offenbarung abstrahierte moderne Religion dasselbe Schicksal hat, wie alle außerchristliche Religion, so erhaben sie an sich dastehen mag. War es denn nicht die stete Tragik, von der die Religionsgeschichte Blatt für Blatt redet, daß eben kein anderer Glaube, so lebensvoll er auch einsetzte, ungebrochen bleibt als der Christusglaube allein - weil eben eine wirkliche Gottesgewiß

heit von Kraft und Geist außerhalb der neutestamentlichen Offenbarung nicht zu Bestand und Wesen gelangt?

Die positive Theologie muß deshalb unter voller Würdigung aller modernen Religiosität und unter Anerkennung alles Ernstes und aller Innerlichkeit derselben doch bei dem Urteil stehen bleiben, daß auch diese Religion in sich den Keim des Vergehens trägt, der schon in ihrer mannigfachen Differenzierung oder vielmehr Zerfahrenheit zutage tritt, und daß dieser Keim zur vollen Entwicklung getrieben wird,,,wenn sich der alte Glaube, der Christusglaube auflöst“. Der religiöse Glaube außerhalb der Offenbarung in Jesus Christus ist Suchen und Sehnen, und sehr bezeichnend ist es, daß die mit ihm zu sehr sympathisierende moderne Theologie das Wesen der Religion im allgemeinen mit Vorliebe als Suchen und Sehnen, Haschen und Ahnen beschreibt und die Tatsachen, die im christlichen reli

giösen Empfinden von grundlegender Bedeutung sind, nicht als geoffenbarte, sondern als ,,Geheimnisse" hinzustellen pflegt. Es wird eben von der moderngläubigen Seite diese Definition der Religion gar zu leicht, von manchen mit Vehemenz auch auf die christliche Religion übertragen. Emil Fuchs steht nicht allein, wenn er sagt, die Religion ist als das „was sie sein soll, zitternde Ahnung des Gemütes von der ewigen Unzerstörbarkeit seines Wesens und der Verwandtschaft mit der in der Welt herrschenden unendlichen Macht“.')

Wie jede Religion, die ihren Grund außerhalb der einzig stichhaltigen Christusoffenbarung hat, ihren Halt schließlich verliert, so auch die moderne Religiosität in allen ihren Nuancen. Daher ist es zu beanstanden, wenn Kaftan an der beigezogenen Stelle fortfährt: ,,Nicht die Religion, nicht der Gottesglaube überhaupt, der christliche Glaube, das ist der Glaube an den lebendigen Gott, der unser aller, jedes Einzelnen Vater ist, uns in Gnaden die Sünde vergibt und in Kraft solcher Vergebung uns ewiges Leben schenkt, hier zeitlich und dort ewiglich der verliert seinen Halt, seinen Quell, seinen Lebensgrund, wenn sich die Gottesoffenbarung in Jesu Christo... als eine unserer schärferen und besseren Erkenntnis nicht stand haltende Illusion erweist.“ Nein, sagen wir, nicht nur der christliche Gottesglaube fällt dann. Es fällt überhaupt jede religiöse Gewißheit dahin, die, solange der Christusglaube besteht, seitens anderer Religiositäten von der christlichen Gewißheit gleichsam stückweis entlehnt wird und daher scheinbar in ihnen vorhanden ist. Was Kaftan hier über diese moderne Religion, die sich in Wahrheit als eine große Religionsmengelei darstellt,

1) E. Fuchs, Gut und böse. Wesen und Werden der Sittlichkeit. 1906. S. 159.

urteilt, das ist auf dem Boden moderner Unentschiedenheit und Unentschlossen heit erwachsen, steht aber sicherlich im Abhängigkeitsverhältnis zu dem von Kaftan als berechtigt bezeichneten modernen Bewegungen.

Th. Kaftan richtet an die Theologenwelt eine theologische Forderung, die darin gipfelt, die Theologie durch volle Anerkennung der historischen Kritik, beschränkte Zulassung der religionsgeschichtlichen Forschung, Lösung von der Metaphysik, Erledigung der Probleme mittels positivistischer Erkenntnis- und Denkmethode zur modernen Wissenschaft zu erheben. Es ist billig, wenn Traub, der sich auf seine Seite stellt, findet, daß dies alles schon prinzipielle Anerkennung und zum größten Teil Durchführung erfahren hat, und wenn er deshalb fragt,,,ob denn die Theologie, die er (Kaftan) fordert, etwas so Neues, bis jetzt nie Dagewesenes ist, ob nicht z. B. ein Buch wie die Dogmatik von Julius Kaftan in der Hauptsache dem entspricht, was Th. Kaftan verlangt".")

3. Moderne positive Theologie nach
Reinhold Seeberg.2)

Seeberg hat bisher nicht Gelegenheit genommen, sein Programm so ausführlich zu entwickeln, wie Kaftan

1) F. Traub, Aus der dogmatischen Arbeit der Gegenwart. Zeitschrift für Theologie und Kirche XVI (1906) Heft 6, S. 447. 2) Der Umstand, daß Seeberg seine hierher gehörigen Gedanken nur einmal in kurzem Zusammenhang dargelegt hat, und daß das genauere Verständnis derselben auch aus den übrigen Partien seiner Kirche Deutschlands" gewonnen werden muß, macht es notwendig, bei der Besprechung seiner prinzipiellen Stellung etwas anders wie bisher zu verfahren und ausführlicher zu referieren.

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es mit dem seinigen getan. Dafür aber hat er in den beiden im ersten Abschnitt genannten Büchern von großen Gesichtspunkten aus eine geschlossene Auffassung von der Entwicklung der Theologie und von den Aufgaben, die ihr nach der bisherigen Entwicklung geblieben sind, sowie von der Richtung, in welcher deren Erledigung zu erfolgen hat, dargelegt. Seine Prinzipien treten dort, obwohl sie nicht in systematischer Form vorgetragen sind, so klar hervor, daß über seine Forderung ein Zweifel nicht aufkommen kann. Dem gegenüber, daß Bousset in seinen schon mehrfach erwähnten Aufsätzen (in der Theol. Rundschau 1906, über Seeberg Heft 11 und 12) die Meinungen Seebergs nicht klar genug ausgesprochen findet, verweise ich auf den sehr interessanten Artikel von Christlieb in den ,,Protestantischen Monatsheften" 1904, der, trotz erheblicher Differenzen besonders hinsichtlich der Stellung zum überlieferten Christentumsbilde, in Seebergs „Kirche Deutschlands" das Programm der positiven modernen Theologie mit voller Klarheit entfaltet sieht und es außerordentlich lehrreich findet.,,Übereinstimmung und Gegensatz der beiden Richtungen kommen da in einer Klarheit zur Anschauung, die nicht häufig zu finden ist und es wohl verdient, aus dem Ganzen des Buches herausgehoben zu werden."1)

Seeberg ist von der Wahrheit des Evangeliums innerlich erfaßt und wissenschaftlich überzeugt. Seine Arbeit ist daher von dem festen Glauben an die unerschütterliche Kraft, die es zu allen Zeiten und in jeder Zeit besonders bewähren wird, getragen. Aber freilich schließt seine wissenschaftliche Überzeugung die Er

1) Max Christlieb, Moderne Weltanschauung und moderne Theologie bei Seeberg, Trümpelmann und Lepsius. Prot. Monatshefte 1904 S. 414 fl. Obiges Zitat S. 416.

kenntnis ein, daß nur dann diese Kraft sich voll bezeigen wird, wenn die Menschheit das Evangelium nicht still liegen und rostig werden läßt und wenn die theologische Wissenschaft das Ihre tut, um das alte Evangelium jung zu erhalten. Das ist leider ungebührlich verabsäumt.,,Nicht das alte Evangelium wurde alt; fürwahr nicht am Wein liegt der Fehler, sondern an den Schläuchen, in die er gefüllt wird; nicht Gottes Gedanken veralten, sondern nur unsere Begriffe und Formeln." (S. 210.)') Er sagt das in dem betreffenden Zusammenhang mit besonderer Beziehung auf die Predigt und fügt hinzu: „Ein neues Geschlecht ist herangewachsen, was bietet ihm die Predigt? Neue Gedanken, Empfindungen und Bedürfnisse sind da, was geschieht denn, auf sie einzugehen, Gottes Licht in sie einzuführen, das alte und ewige Evangelium auch diesen neuen Menschen verständlich und eindringlich zu machen?“

Damit ist die Forderung schon klar gelegt, in wiefern es eine positive, das alte Evangelium unverkürzt zum Ausdruck bringende, und zugleich moderne, auf den heutigen Menschen mit seinen durch die Zeitlage bestimmten Empfindungen und Bedürfnissen Rücksicht nehmende Theologie geben muß. Eine solche Theologie kann sich, wie Seeberg mehrfach betont, folgerechter Weise nicht in einen wirklichen Gegensatz zur Kirche stellen, da das Evangelium ein Bindeglied zwischen beiden ist, das nicht zerreißt, das auch in der Kirche nicht zerreißt, weil sie, mag sie auch noch so sehr ab und an die Klarheit des göttlichen Wortes verhüllt haben, doch in ihrem Prinzip dasselbe stets festhält und der von der Wissenschaft gebotenen Aufklärung

1) Seitenzahlen ohne nähere Angaben bedeuten im Abschnitt über Seeberg Zitate aus ,,Die Kirche Deutschlands im 19. Jahrhundert".

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