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Subjektivismus verwirrt. Zur Anerkennung des kategorischen Imperativs sah man sich eben nicht im gleichen Maße genötigt! Zudem hat Kant nur die Autonomie in moralischer Hinsicht einer eigentlichen Prüfung unterworfen.

Schleiermacher hat den Wert des Individuums in sittlicher und religiöser Beziehung darin erblickt, daß jeder Mensch auf eigentümliche Art das Universum anschauen und auf eigene Art die Menschheit darstellen soll, damit auf jede irgend mögliche Weise Universum und Menschheit sich offenbare, religiöses Schauen und menschliches Sein wirklich werde in der Fülle der unendlich zahlreichen Möglichkeiten. Diesen Grundgedanken von Reden und Monologen hat er ja auch später nicht aufgegeben, aber wesentlich modifiziert.

Das Stürmische in Schleiermachers Jugendkonzeption ist, kann man sagen, das Vorahnen dessen, was im Selbstgefühl des Jahrhunderts sich durchzusetzen suchte und zu dem einen Grundtrieb der Moderne geworden ist. Der Schleiermacher der Reden und Monologen erscheint viel mehr als der Typus der modernen Persönlichkeitsautonomie denn Kant. Neben ihm sind es seine romantischen Freunde, die, den geraden Weg verlassend und die Objektivität der gewaltigen Realität Universum, die für Schleiermacher im Hintergrunde steht, verkennend, den Trieb zügellosen Subjektivismus hinzubringen. Auch bei ihnen war der Gedanke der Individualität zu jenem farblosen Subjektivismus umgeschmolzen, der seiner selbst nicht froh wird, weil er kein Prinzip besitzt, mittels dessen er sich in dem Gewirr von Meinungen und Hypothesen, Theorien und Systemen zurecht finden könnte. Die Entscheidung, die nun in den Problemen mit Intellekt und Gemüt wechselweise gefällt wird, ist schließlich

doch das Ergebnis von Stimmung und Erregung und hält bloß auf eine Frist an. Aus diesem Subjektivis

mus sich nicht herauszufinden, in Ermangelung einer an die Stelle der alten übermenschlichen Autorität zu setzenden neuen und gleichwertigen Autorität sich an die Eintagsgröße zu klammern das ist recht eigentlich der Moderne charakteristisch. Man kann gegen diese Betrachtung nicht etwa einwenden, so sei es nur in der Masse, das sei das populäre Bild und dies sei nicht maßgebend. Die Studierstube ist gewiß nicht so maßgebend wie das Volk. Das Volk ist die Stimme der Zeit, und nicht redet in dieser der Fürst der Wissenschaft als solcher. Nur soweit tut er's, wie in die Wissenschaft der Volksgeist samt Stimmung und Laune Einzug hält, und daß dies, wenn auch gemeinhin unbewußt und ungern eingestanden, nur zu sehr geschieht, das ist gerade zu beklagen.

Doch wir dürfen hierbei nicht stehen bleiben. Wir werden zu fragen haben, ob irgend wann in der europäischen Kulturwelt ein ähnlich verworrenes und mannigfach durchsetztes, ebenso emsig wie prinziplos verfochtenes, an philosophische Strebungen sich anlehnendes und solche hervorrufendes Gebilde von Autonomieglauben sich findet, das bei ähnlicher Gesamtauffassung von Welt und Leben seinerzeit modern war und das durch mancherlei Fäden bis in unsere Gegenwart hinübergeleitet sein kann. Wir greifen zu dieser Frage mit der anderen zurück: wann war das nicht so? Bis wie weit müssen wir den Weg der Historie zurückverfolgen, um einen Ort zu finden, da sicherlich diese Strömungen nicht als einflußreiche Kraft in einem weiteren Teile der Menschheit vorhanden waren?

Ich zeige sogleich diesen Punkt. Wir müssen bis in die Zeit vor der Renaissance zurückgreifen.

Denn bis in die Renaissance wird unsere Aufmerksamkeit durch allerlei grob und fein gesponnene Fäden hineingezogen, wenn wir die Motive der modernen Ausprägung des Individualismus durch leichten Wind in der selbstverfolgten Richtung rückwärts treiben lassen. Vor der Renaissance war eine ganz andere Zeit, da Kirche und Papst eine im wesentlichen unantastbare Macht bedeuteten, durch welche der Geist des Menschen so gebannt war, daß es überhaupt eine ,,Moderne" nicht geben konnte. Moderne entsteht wohl nie ohne Emanzipation, und damals befreite man sich vom knechtenden Geist der Kirche. Der deutsche Humanismus darf dabei nicht übersehen werden, und er hat für den in Rede stehenden Prozeß seine selbstständige Bedeutung, die weiter unten zur Sprache kommen soll. Allein der Renaissance kommt nicht nur die Priorität zu, sondern der Humanismus ist von ihr in den hier vor allem zu besprechenden Punkten beeinflußt gewesen.

Es hat nicht an Stimmen gefehlt, die in der Reformation den hauptsächlichen Hebel der Autonomieidee verkünden. Auf die weittragende Wirkung, welche die Reformation tatsächlich in dieser Hinsicht geübt hat, kommen wir hernach zu sprechen. Aber das leuchtet schon von vornherein ein, daß in der Reformation nimmermehr diejenige bestimmte Ausprägung des Autonomiegedankens gefunden werden kann, welche wir in der Moderne unserer Tage erkannten. Man kann sagen, daß innerhalb der germanischen Welt durch die Reformation Luthers der Gedanke der (in Gott) freien Persönlichkeit zu solcher Gewißheit durchgedrungen ist, daß er seine Wirkung nie mehr ganz verfehlen konnte und für alle Strebungen, die in irgend welcher Weiterbildung oder Verbildung die autonome

Persönlichkeit betonen, mit verantwortlich gemacht werden darf. Aber eben auch nur,,mit" verantwortlich. Denn trotz der Durchbrechung der kirchlichen Autorität galt doch der Reformation Gott als die alleinige Autorität in höchsten und letzten Fragen. Trotz der Kritik, die Luther selbst an der Bibel übte, war doch für ihn und sollte sein für seine Kirche die entscheidende Autorität über die einzelnen Teile der heiligen Schrift nicht die menschliche Subjektivität, sondern Christus (,,was Christum treibet"). D. h. Luther hielt eine bestimmte der historischen Vergangenheit und der übernatürlichen Sphäre angehörige Autorität fest, die von ihm im Sinne einer göttlichen und gegenwärtig mit göttlicher Kraft fortlebenden unverrückbaren Lebensenergie gedacht war. Da galt trotz der Betonung der persönlichen Erfahrung gegenüber dem Zwang unter Riten und Kirchendogmen und trotz der stabilierten Freiheit des Christenmenschen doch nicht Individualismus der Meinung, sondern Beugung unter das Wort Gottes, aber freilich eine ,,autonome" Beugung und nicht eine diktierte. Man wird, wie gesagt, diese Ideen Luthers in ihrem Verhältnis zur Moderne nicht zu gering veranschlagen dürfen. Aber man muß vor allem berücksichtigen, daß Luther selbst bereits von einer Moderne seiner Zeit nicht unberührt geblieben war, die für ihn Weg bereitend geworden war und der er, und mit ihm wir alle, unendlich viel verdanken. Das ist die Renaissance.

Ein gewaltiger Aufschwung menschheitlicher Gesinnung steht in Italien in Zusammenhang mit einer Erweiterung des Horizontes, die teils durch die Entdeckung neuer Welten, teils durch gewaltsame oder bei den schlechten Zeiten freiwillig vorgenommene

Exilierungen hervorgerufen wurde. Es entwickelt sich. aus diesem doppelten Anlaß ein Kosmopolitismus, der schon eine hohe Stufe des Individualismus ist. Förderlich war diesem aufkeimenden menschheitlichen Sinne der Ständeausgleich, der sich in den Staaten vollzog. Im Angesicht der Tyrannis ebenso wie im Angesicht der Demokratie tauschten sich die Stände gegenseitig aus und bahnten eine allgemeine Gesellschaft Bei solcher Emanzipation von altgewohnten Schranken erstarkten die Klassen und fanden sich die Individuen selbst. Eine neue Bildung und eine neue Art von Gelehrsamkeit stellte sich ein. Eine Epoche der Originalität und der Geistreichigkeit ist im Werden, voll von Charakteren, Überzeugungen, Ansichten und

an.

Witz.

Das Mittelalter war eine Zeit enzyklopädischen Wissens gewesen. Die Teile des Wissens waren nahe zusammengerückt und leicht in ein,,System" gefaßt; man eignete sich das gesamte Wissen wie ein Kompendium an, man,,lernte“ es. Im Italien der Renaissance aber traten Männer auf, die vermöge einer neuen Gesamtkonzeption das Wissen anders begriffen und in Kunst oder Literatur oder Philosophie oder Poesie oder Handel Neues schufen. Der Kaufmann ist nebenbei und doch oft nicht bloß dilettantisch Gelehrter oder Künstler. Es sind Leute, die im Gebiet des Idealen ihre neuen Lebenswerte suchen, und deshalb sind sie mit ganzer Seele dabei. Gelehrte Bildung wird weniger aus antiquarischem und formalem Interesse getrieben, sondern um Lebensphilosophie daraus zu ziehen. Erinnern wir uns nur des gewaltigen Polyhistors Leon Battista Alberti (1404-1472).

Die Renaissance ist Emanzipationstrieb. Die Erneuerung der klassischen Studien ist nur das Mittel, um

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