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schaft des Menschen über sie werden gleichbedeutend. Die Wissenschaft kommt zur Naturerkenntnis auf dieselbe Weise, wie die praktische Herrschaft des Menschen über die Welt zur Durchführung gebracht wird, durch Eingreifen in die Natur (dissecare naturam).

Es ist also meines Erachtens unumgänglich, die letzte Wurzel der beiden großen Hauptströmungen unserer Moderne in der Renaissancezeit zu suchen. So viel sich hernach geändert hat, und so gewiß erst Baco von Verulam den Sinn der Empirie wirklich erfaßte, so ist doch für dies alles der Grundtrieb bei den Renaissancemenschen gewaltig da. Die Reformation, innerhalb des Auslebens dieses Triebes entstehend, hat ihrerseits von demselben sich angeeignet und verwertet, was das recht verstandene Evangelium selbst forderte. Andere Triebe, die außerhalb des Evangeliums lagen und zum Teil ihm hinderlich werden sollten, wirkten hernach auf die beiden Grundtriebe ein, als sie ihren Entwicklungszug durch die Zeit, die Völker und die Individuen ausführten. Wie eng diese beiden Grundtriebe innerlich zusammengehören, das zeigt ihre gemeinsame Herkunft aus gleicher Zeit und gleichem Umstande. Das Selbstgefühl des Menschen, seine Autonomie und sein Herrschaftsgelüste führt zum Persönlichkeitssinn, zum Individualismus, ebenso wie zu der die praktische Beherrschung der Natur begründenden theoretischen Meisterung der Natur mittels Vernunft und vernünftig geleiteten Experimentes. Nicht ein Phantom will der Mensch meistern, sondern die Wirklichkeit.

Dieser Wirklichkeitssinn aber hängt ebenso wie der Individualismus mit der christlichen Religion zusammen mag das auch zunächst weniger aus der theoretischen Betrachtung des Christentums als aus der

historischen Abfolge der innerhalb der christlichen Welt ins Leben eintretenden Faktoren hervorgehen. Das Christentum ist in der neueren Theologie oft in einen unversöhnlichen Gegensatz zu dem Wirklichkeitssinn gestellt worden. Der eschatologische Zug genuiner christlicher Frömmigkeit ist dazu benutzt worden, dem ursprünglichen Christentum jeden Sinn für die Welt der natürlichen Wirklichkeit abzusprechen.') Es mag hier genügen darauf hinzuweisen, daß in letzter Zeit mehrfach der historische Nachweis erbracht ist, daß die Betrachtung der wirklichen Welt und das interessierte Verweilen bei ihr erst innerhalb der christlichen Menschheit entstanden und zur Blüte gekommen ist. Man braucht das, was in der Christenheit an Geistesproduktionen in die Erscheinung getreten ist, nur zu vergleichen mit der ästhetischen Betrachtung des Hellenismus oder mit der nihilistischen Stellung zur Naturwelt seitens des Brahmanismus und Buddhismus, um zu ermessen, in welchem Abstande sich hiervon der Geist des Christentums befindet. Und in der Tat ist es das Evangelium mit seinem weltoffenen Sinn, mit seiner optimistischen Lebensrichtung, die der Wirklichkeitsflucht feindlich ist das Evangelium ist es, welches. die Harmonie der Menschenscele mit der gegebenen

1) Daß ich mich in der Beurteilung des eschatologischen Zuges im Urchristentum anders stelle, als die gegenwärtig herrschende Auffassung in der Theologie es verlangt, ist mir von dem Rezensenten meiner Schrift,,Das Wesen des Christentums und die moderne historische Denkweise" (Leipzig 1904) in der ,,Deutschen Literaturzeitung" verdacht worden. Ich halte meinen dort (S. 102 f) eingenommenen Standpunkt in dieser Frage durchweg aufrecht, muß mir aber im obigen Zusammenhang die eingehende Erörterung dieser Frage versagen. Vgl. Paul Feine, Paulus als Theologe. Biblische Zeit- und Streitfragen II. Serie, 3. u. 4. Heft 1906, S. 41.

Wirklichkeit weckt. Wenn das von der ältesten Christenheit verkannt wurde, so ist das nicht Schuld des Evangeliums selbst, sondern das resultierte vor allem aus. dem pessimistischen Grundton, mit dem das Weltund Lebensverständnis der sterbenden Antike gestempelt war. Wir haben zu bedenken, wie sehr diese nach einem weltflüchtigen Zuge in der Religion verlangte, wie geringes Verständnis sie dem weltoffenen Geist des Christentums aus sich entgegenzubringen vermochte. Die christliche Religion selbst kennt die irdische Welt als den Schauplatz einer sittlich-religiösen Entwicklung. Wie aber die im Verlauf dieses Entwicklungsprozesses immer klarer hervorgetretene und geforderte Durcharbeitung der Welt, die Ausnutzung derselben für die verschiedensten Ziele, die entschlossene Betrachtung der wirklichen Welt als des Bodens für die menschliche Betätigung etwas Asketisches an sich haben soll, wie Troeltsch meint (vgl. oben S. 89 Anm.), das ist mir unerfindlich. Ich meine im Gegenteil, eine stärkere Bejahung der wirklich gegebenen Welt kann es kaum geben, als diejenige ist, welche in der Kultur des Protestantismus sich das allgemein anerkannte Existenzrecht erworben hat. Was ist in Vergleich hiermit das bloß ästhetische Lebensideal eines Menschen, der seine Freude an der Welt nur in der Hinnahme des Gegebenen bekundet? Dies letztere entspricht eben nicht dem protestantischen und auch nicht dem modernen Wirklichkeitssinn. Der in der religiösen Stimmung des Evangeliums begründete protestantische Wirklichkeitssinn schließt eben die Erarbeitung, Durchdringung, Belebung, Vervollkommnung der Wirklichkeit ein und rückt damit über das vorchristliche Ideal weit hinaus.

Es wäre ein Rückschritt, wollten wir diese Ausprägung des aktiven Wirklichkeitssinnes irgend als

asketisch bloßstellen.

Vielmehr werden wir sagen

müssen, daß sowohl diese bestimmt greifbare Prägung des Wirklichkeitssinnes als auch die Autonomie des Individuums in der aufgezeigten objektiven Form Faktoren sind, die innerhalb der christlichen Welt als Erzeugnisse der lebendigen christlichen Religiosität verstanden werden müssen, demgemäß, daß sie ihren Ursprung aus christlichem Geiste herleiten. So wird deutlich, daß diese Bildungsmomente der Moderne mit dem christlichen Geist in Einklang stehen und in der Theologie ihre positive Berücksichtigung verlangen.

Beth, Die Moderne.

III.

Was heißt moderne positive Theologie?

1. Moderne Theologie im allgemeinen.

Von moderner Theologie spricht man seit Dezennien. Es lohnte sich vielleicht zu untersuchen, ob man jemals in einer Periode seit der Scholastik des Mittelalters nicht davon geredet habe. Wurden doch schon von Luther die Nominalisten, bei denen er selbst in die Schule gegangen war, kurzweg die Modernen genannt und findet sich doch in Luthers Schriften der Terminus moderni als Bezeichnung der Vertreter nominalistischer Formalwissenschaft. Und Luther ist darin gewissermaßen vorbildlich, daß er, während der scholastisch interpretierte Aristoteles, das persönliche Prinzip der scholastischen Theologie und damit diese selbst, von ihm rundweg abgelehnt und der alte Philosoph von hm mit den schärfsten Ausdrücken bedacht wurde, mit den Modernen sich in weitgehender Übereinstimmung weiß.

Der gegenwärtige Begriff moderner Theologie ist nicht in Anlehnung an Luther gebildet, sondern unter Leitung der allmählich hervorgetretenen Einsicht, daß die Aufgaben der Wissenschaft überhaupt und die der theologischen im besondern mit den fortschreitenden Zeitaltern wechseln. Es wird ja kaum jemand heute

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