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das låstige abgezirkelte Hofceremoniell fühlte. Aber es war die jugendfrische Heiterkeit großer und reiner Menschen. Die wohl zu beachtende ausschlaggebende andere Seite dieser vielverschrieenen Genialitäten ist eine Einfachheit und Gesundheit des Denkens und Empfindens, des Lebens und der Zustånde, die wir jet kaum noch zu begreifen vermögen und die zumal in der Geschichte der Fürsten und Höfe völlig unerhört ist. Man denke an jenen unvergleichlichen Brief, welchen Karl August als regierender Herr am 17. Juli 1780 an Knebel (vgl. Knebel's Liter. Nachlaß. Bd. 1, S. 118) schrieb. Er lautet: »>Guten Abend, lieber Knebel! Es hat neun Uhr geschlagen und ich site hier in meinem Kloster mit einem Lichte am Fenster und schreibe Dir. Der Tag war ganz außerordentlich schön und der erste Abend der Freiheit denn heut früh verließen uns die Gothaer ließ sich mir sehr genießen. Ich war so ganz in der Schöpfung und so weit von dem Erdentreiben. Der Mensch ist doch nicht zu der elenden Philisterei des Geschäftslebens bestimmt; es ist einem ja nicht größer zu Muth als wenn man die Sonne so untergehen, die Sterne aufgehen, es kühl werden sieht, und fühlt, daß das Alles so für sich, so wenig der Menschen halber; und doch genießen sie's und so hoch, daß sie glauben, es sei für sie. Ich will mich baden mit dem Abendstern und neu Leben schöpfen. Der erste Augenblick darauf sei Dein. Leb wohl so lange. Ich komme daher. Das Wasser war kalt, denn Nacht lag in seinem Schooße. Es war als tauchte man in die kühle Nacht. Als ich den ersten Schritt hineinthat, war's so rein, so nächtlich dunkel; über dem Berg hinter Oberweimar kam der volle rothe Mond. Es war so ganz stille. Wedel's Waldhörner hörte man nur von Weitem, und die stille Ferne machte mich reinere Töne hören als vielleicht die Luft erreichten. Ganze Sommer verbringt der junge Herzog draußen in der grünen Einsamkeit des Parks im sogenannten Borkenhäus

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chen, dessen einziger Raum sein Wohn-, Arbeits- und Empfangszimmer und Schlafgemach zugleich war. Und auch Goethe ist es am wohlsten in seinem engen unscheinbaren Gartenhåuschen an den schönen Wiesen der Ilm, das er sechs Jahre lang Sommer und Winter bewohnte. Was ist es für ein entzückendes Bild reins ster einfachster Menschlichkeit und ureigenster deutscher Gemüthstiefe, wenn er kurz nach seinem Einzug in dieses Häuschen im Mai 1776 an Auguste von Stolberg schreibt: »Den ganzen Nachmittag war die Herzogin Mutter da und der Prinz und waren guten lieben Humors, und ich habe denn so herumgehausvatert, wie Alles weg war, ein Stück kalten Braten gegessen, und mit meinem Diener Philipp von seiner und meiner Welt geschwätt, war ruhig und bin's und hoffe gut zu schlafen zu holdem Erwachen. Aehnlich ein Lied aus dem Sommer 1777 an Frau von Stein: »Und ich geh meinen alten Gang, meine liebe Wiese lang, tauche mich in die Sonne früh, bad ab im Monde des Tages Müh, leb' in Liebes-Klarheit und Kraft, thut mir wohl des Herren Nachbarschaft, der in Liebes- Dumpfheit und Kraft hinlebt, und sich durch seltenes Wesen webt.«

Bald rief der Herzog seinen Freund auf zur Theilnahme an den öffentlichen Geschäften. Es geschah nicht ohne Schwierigkeiten. Nicht nur der Hofadel grollte, sondern auch die Beamtenwelt.

Das auf urkundliche Aufzeichnungen gestüßte Buch von C. v. Beaulieu-Marconnay »Anna Amalia, Carl August und der Minister von Fritsch. 1874. S. 140 ff.« bezeugt, daß es besonders der Minister von Fritsch war, welcher sich Goethe's amtlicher Anstellung sehr entschieden entgegenstellte; er drohte sogar mit einem Entlassungsgesuch. Und wer kann es dem geschulten und gewissenhaften Beamten, der seit langen Jahren an der Spitze der gesammten Verwaltung stand, verübeln, daß er Bedenken trug, einen jungen Mann, der sehr entfernt von bú

reaukratischer Gemessenheit war und der kein anderes Anrecht hatte als der persönliche Freund des Herzogs zu sein, mit der wichtigen Stellung eines Mitgliedes der höchsten Behörde betraut zu sehen? Aber der Herzog blieb unbeugsam. Am 10. Mai 1776 erließ er an den Minister die hochherzige Erklärung: »>Wåre der Dr. Goethe ein Mann eines zweideutigen Charakters, würde ein Jeder Ihren Entschluß billigen, Goethe aber ist rechtschaffen, von einem außerordentlich guten und fühlbaren Herzen; nicht allein ich, sondern einsichtsvolle Männer wünschen mir Glück, diesen Mann zu besitzen. Sein Kopf, sein Genie ist bekannt. Sie werden selbst einsehen, daß ein Mann wie dieser nicht würde die langweilige und mechanische Arbeit, in einem Landescollegio von unten auf zu dienen, aushalten. Einen Mann von Genie nicht an dem Orte zu gebrauchen, wo er seine außerordentlichen Gaben gebrauchen kann, heißt ihn mißbrauchen. Was aber den Einwand betrifft, daß durch den Eintritt viele verdiente Leute sich für zurückgesezt erachten würden, so kenne ich erstens Niemand in meiner Dienerschaft, der meines Wissens darauf hoffte, und zweitens werde ich nie einen Platz, welcher in so genauer Verbindung mit mir, mit dem Wohl und Wehe meiner Unterthanen steht, nach Anciennitåt, sondern nach Vertrauen vergeben. Was das Urtheil der Welt betrifft, welche mißbilligen würde, daß ich den Dr. Goethe in mein wichtigstes Collegium sehe, ohne daß er zuvor weder Amtmann, Professor, Kammerrath oder Regierungsrath war, dieses verändert gar nichts. Die Welt urtheilt nach Vorurtheilen; ich aber und Jeder, der seine Pflicht thun will," arbeitet nicht, um Ruhm zu erlangen, sondern um sich vor Gott und seinem eigenen Gewissen rechtfertigen zu können und sucht auch ohne den Beifall der Welt zu handeln«. Die Vermittlung der Herzogin-Mutter vermochte den Minister umzustimmen. Das Decret, welches Goethe unter dem Titel eines Geheimen Legationsrathes Sig und Stimme »im geheimen Consilio« gab, ist

vom 11. Juni 1776; am 25. Juni wurde. Goethe durch den Herzog selbst in sein Amt eingeführt. Es ist ein schönes Zeugniß für Goethe, daß er sich durch seinen reinen Willen, durch uneigennütiges Streben und durch tüchtige Leistungen bald Achtung und Anerkennung zu erzwingen wußte, obgleich Fritsch eine rauhe Natur und, wie Goethe in seinen Tagebüchern sagt, oft fatalen Hus mors war. Um 3. September 1779 erfolgte die Ernennung Goethe's zum Geheimenrath.

Das nahe Verhältniß zum Herzog gab Goethe den wichtigsten Einfluß auch in den Geschäften. Und Goethe war sich der schweren Verantwortlichkeit, welche ihm die bedeutende Stellung auferlegte, voll bewußt. Man sieht sein inneres Zagen, wenn er um diese Zeit an Lavater schreibt, daß er nun ganz auf der Woge der Welt schiffe; treu entschlossen, zu entdecken, zu gewinnen, zu streiten, zu scheitern oder auch mit mit aller Ladung sich in die Luft zu sprengen. Aber war es dem großen Menschen, der mit Recht von sich sagen konnte, daß er auch im geringsten Dorf und auf einer wüsten Insel von der unverbrüchlichsten Betriebsamkeit sein würde, weil ihn das Bedürfniß seiner Natur zu vermannichfaltigter Thätigkeit zwinge, zu verargen, wenn er feine reinen und hohen Menschheitsideale auch werkthätig in Leben und Wirklichkeit zu übertragen strebte? Volle zehn Jahre hat Goethe die Regierungsgeschäfte mit der gewissenhaftesten Pflichttreue und hingebendsten Liebe geführt. »Mir möchten manchmal die Kniee zusammenbrechen«, schreibt er am 30. Juni 1780 an Frau von Stein, »so schwer wird das Kreuz, das man fast ganz allein trägt, wenn ich nicht wieder den Leichtsinn håtte und die Ueberzeugung, daß Glauben und Harren Alles überwindet. Goethe war weit entfernt, in unzeitiger Großmannssucht als kleinstaatlicher Minister großstaatliche Politik

treiben zu wollen; ja aus seinen Briefen an Frau von Stein und an Knebel geht deutlich hervor, daß, als Karl August in den Jahren 1783-86 der Sache des unter Preußens Führung zu errichtenden Fürstenbundes die wärmste Theilnahme und den eingreifendsten Eifer zuwendete, Goethe diese Politik seines jungen fürstlichen Herrn mit entschieden ungünstigem Auge betrachtete. Er wollte nicht, daß sich der Herzog zersplittere und den Schwerpunkt seines Daseins anderswo suche als in seinem eigenen Lande. Goethe's Augenmerk ging hauptsächlich auf die Ordnung und Hebung der wirthschaftlichen Verhältnisse, zumal er 1781 auch die Leitung des Finanzwesens übernommen hatte. Die Wege- und Wasserbauten, die Domånenverwaltung, das Ilmenauer Bergwerk, waren seine unablåffige Sorge; überall suchte er mit eigenen Augen zu sehen, weil er die Ueberzeugung hatte, daß die Dinge unter der hergebrachten bureaukratischen Schablone meist falsch beurtheilt würden und daß man, wie er in einem Brief an Knebel (Briefwechsel. Bd. 1, S. 13) schreibt, um etwas zu nügen, sich gar nicht genug im menschlichen Gesichtskreis halten könne. Im Bild Lothario's im Wilhelm Meister finden wir viele jener Ueberzeugungen und Gesinnungen wieder, welche Goethe als Kammerpräsident gewann und zur Ausführung zu bringen strebte; Mißbilligung aller Privilegien, die dem Lande den Segen entziehen, Hinüberführung der alten feudalen Ueberlieferungen und Zustände in naturgemåße Freiheit und Gleichberechtigung, Erleichterung der Bauern und der gedrückten Volksklassen, die, wie er einmal so schön sagt, man die niederen nennt, die aber gewiß vor Gott die höchsten sind. Und angesichts so großartiger Thatsachen wagt man noch den albernen Sak zu wiederholen, Goethe sei ein herzloser Höfling gewesen? Grade in dieser Zeit sind Goethe's vertraute Briefe voll der erbittertsten Ausfälle gegen das gewöhnliche Fürsten- und Hoftreiben. Am 17. April 1782 schreibt Goethe an Knebel:

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