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Jefus Chriftus.

In der Wüste Juda hatte der Einsiedler Johannes den Ruf erhoben: Thut Buße, denn das Himmelreich ist nahe gekommen! Und nun klang der gleiche Ruf vom galiläischen See wieder: Das Reich Gottes ist herbeigekommen; thut Buße und glaubet an das Evangelium. Aber es war mehr als eine bloße Wiederholung der Johannespredigt. Das zeigte schon die Person dessen, der da predigte und die Umgebung, in der es geschah : Jesus, der Zimmermann von Nazareth, und die jungen Fischer, die sich als treue Begleiter ihm angeschlossen hatten, mitten unter dem Volk, das hier in rühriger Geschäftigkeit seinem Tagewerk nachging und nachdem einem jeden das Los gefallen - des Lebens Mühsal und Not trug oder am Sonnenschein des Daseins sich freute. Freilich wie wenige konnten dies in Wahrheit thun, denn lagen nicht selbst über dem sonnigsten Leben die dunklen Schatten drohender Gefahren, wie sie der mannigfache Druck, der auf dem Volksleben lastete, Tag für Tag neu heraufbeschwor? Das war es ja, was allenthalben in den Gemütern die Sehnsucht nach einem Messias, einem Erlöser weckte und nährte, und schon manche gewaltsame Empörung entflammt hatte. An fie alle wendet sich das Evangelium, die Frohbotschaft des nazarenischen Zimmermanns vom Himmelreich und das

Sehnen und Hoffen des Volkes schafft ihm allenthalben aufmerksame, empfängliche Zuhörer. Nicht nur in der Synagoge, in den hergebrachten Formen der Gesetzes= unterweisung läßt er seine Rede an sie ergehen, nein auch draußen unter Gottes freiem Himmel, am lachenden Seeufer oder an einem der Hügel, welche das zu einer freundlichen Ebene sich ausweitende Gestade bei Kapernaum umsäumen.

So erzählt der Evangelist: „Da er das Volk sahe, ging er auf einen Berg und setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. Und er that seinen Mund auf, lehrte sie und sprach: Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr." Welch' neuer Klang! Weit einem „Selig" hebt die Rede an, in dem einen Wort schon reichste Segensfülle ankündigend. Und wem? Seltsam genug, den Armen, den Geplagten, Gedrückten, die bisher am meisten von der Seligkeit entfernt schienen. Aller= dings spricht Jesus von den „geistlich Armen". Ihnen reiht er mit immer wiederholtem „Selig sind" an „die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden“, „die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden“ und läßt in diesem Zusammenhang. deutlich erkennen, wen er mit den geistlich Armen meint. Es sind diejenigen, die sich an ihrem innern Sein und Leisten nicht genügen lassen, die von Leid über die eigene Schwäche und Unwürdigkeit erfüllt, herzliches Verlangen tragen nach wahrer Rechtbeschaffenheit. Das Ziel ihres Strebens, Jesus hat es auch bezeichnet mit dem weiteren Wort: Selig sind, die reines Herzens find, denn fie werden Gott schauen." Und so ist dieses vierfache Selig: wohl zu verstehen als die Stufenleiter, auf der der Mensch, vom Verlangen nach Gott emporgeführt, von der Armut

des Anfangs schließlich zum höchsten Reichtum vollen Besizes gelangt. Die Seligkeit aber beginnt schon mit dem Verlangen, denn dies schon ist anhebende Gemeinschaft mit Gott. Und diese Gemeinschaft mit Gott, sie ist eben das Himmelreich, das Jesus den Menschen zeigt und öffnet mit dem Heilsruf zur Seligkeit. Aus der Gemeinschaft mit Gott fließt aber nun auch ein neues Leben in der Gemeinschaft der Menschen; auch hier nennt Jesus vier Stufen: „Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besigen; selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen; selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottes Kinder heißen; selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn das Himmelreich ist ihr." Zuerst also die Sanftmut, die Hader und Streit oder gar Haß und Zorn im Verkehr mit dem Bruder nicht aufkommen läßt; die Barmherzigkeit, die des leidenden Bruders innig sich annimmt; das Sorgen und Helfen zu seinem inneren Frieden; der standhafte Mut, der um die Güter des Himmelreiches selbst äußere Verfolgung und Not auf sich nimmt. So ist in diesen acht Sägen kenntlich genug umschrieben, wer als Bürger des neuen Reiches, zu dem Jesus einladet, anzusehen ist.

Und auch die übrigen Kennzeichen dieses Reiches treten deutlich hervor. Vor allem der Herr des Reiches. Daß es kein anderer sein könne als Gott selbst, das war wohl altjüdische Vorstellung, und um endlich einmal diesen Herrn und keinen sonst über sich zu sehen, so recht als seine auserlesene Schar, die er unter unmittelbaren eigenen Befehl gestellt, dazustehen, darum mühten sich und rangen die Pharisäer bis zur äußersten Anspannung aller Kräfte. Und doch war das im Grunde genommen nicht der Weg zu Gott, zur Gottesgemeinschaft, es war Gottentfremdung.

Denn es war ein Handeln mit Gott durch Äußeres um ein Äußeres. Es war eine Knechtschaft im übeln Sinne, wenn man meinte, Gott habe wie ein eigensinniger Despot dem Menschen hunderterlei geboten und tausenderlei verboten, um hiedurch seinen Gehorsam zu prüfen und ihm dann je nach Verdienst aus seiner Machtfülle Lohn oder Strafe zukommen zu lassen. So erschien in der That der Masse des Volkes der starke und eifrige Gott Israels, der da gesagt hatte, er wolle die Missethat der Väter rächen an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied, dessen Antlig vor Alters jedem, der es erblickte, den Tod brachte, und der auch noch durch den Mund eines Johannes mit der geschwungenen Art und mit dem verzehrenden Feuer drohte. Wohl hatten die Propheten und Psalmsänger das göttliche Wesen auch anders erkannt und hie und da war sogar von ihm als dem fürsorgenden Vater seiner Menschenkinder die Rede gewesen; aber das blieben doch hur vereinzelte Lichtblicke am wetterdunklen Himmel, dessen volle Klärung erst im erwarteten Zukunftsreich vor sich gehen sollte, wobei doch wieder hauptsächlich an äußeres Scheinen und Prangen gedacht wurde.

Mit einem großen Gedanken, mit einer tiefen Empfindung zieht nun Jesus all' das verdunkelnde Gewölk von diesem Himmel weg und giebt ihm seine ewigleuchtende, durch nichts mehr zu trübende Klarheit: mit dem Gedanken, der Empfindung Gott unser Vater. Denn damit ist das Grundverhältnis zwischen Gott und Mensch ein völlig neues. Der alte Bund war ein Vertrag zwischen Herr und Knecht, darin fest ausbedungen Leistung und Lohn, und bleibt das eine aus, so hört auch das andere auf, der Vertrag ist aufgehoben, das Verhältnis gelöst. Werdet ihr nun meinen Bund halten und meiner Stimme

gehorchen," so hatte Gott zu Mofes gesagt, „so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern" war das Volk ungehorsam, so gab er es preis. Und im Buch High wird ernstlich mit der Frage gerechnet, ob es einen Sinn habe, Gott weiter zu dienen, wenn der verheißene Lohn irdischen Wohlseins ausbleibe. Nun aber: Vater und Kind! Nicht irgend ein Vertrag, ein Übereinkommen hat sie zusammengebracht, sie gehören zu einander im Grunde ihres Seins, ein heiliges Band der Natur schafft zwischen ihnen einen unlöslichen Zusammenhang. Darum giebt es aber hier auch nicht Leistung von der einen, Lohn von der anderen Seite, vielmehr eine Liebesgemeinschaft, die aus innigstem eigenen Bedürfnis nichts anderes kann und kennt als gegenseitiges Sorgen, Helfen, einander Dienen. Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen," lesen wir im alttestamentlichen Psalm (50, 15). Jesus aber sagt: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern, wie die Heiden. Euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe denn ihr ihn bittet."

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nach dem Gesetze Zwar das Gesetz gekommen auf

Diesem himmlischen Vater kann man überhaupt nicht mehr allein so dienen, wie man Gott Mosis hatte gemeint dienen zu können. soll nicht aufgelöst werden: „Ich bin nicht zulösen," sagt Jesus, „sondern zu erfüllen." Wo wäre auch ein rechter irdischer Vater, der bei seinen Kindern nicht auf Gesez und Ordnung hielte? Aber doch hauptsächlich mit dem Endzweck, daß dem äußeren Rechtthun innere Rechtbeschaffenheit entspreche. Und so besteht denn nun die Erfüllung des Gesezes durch Jesus auch nicht darin, daß alles und jedes zu einem Gebotenen und Verbotenen gemacht werde, sondern daß jede Handlung quelle aus der rechten, lautern Gesinnung. „Ihr habt gehört, daß zu den

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