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und Ägypten. Wir müssen nicht alte Denkmäler ausgraben, um dieselbe zu erforschen, sondern das Heidentum dieser Nationen hat sich bis auf unsere Zeit erhalten und seßt der christlichen Mission einen weit größeren Widerstand entgegen, als das Heidentum der unkultivierten Völker. Nicht erst im 19. Jahrhundert sind diese Völker mit dem Christentum in Berührung gekommen. Schon im Mittelalter sind die Nestorianer bis nach China vorgedrungen, was durch einen Stein bei Singanfu mit einer chinesischen und syrischen Inschrift aus dem 8. Jahrhundert bezeugt wird, und unter der Herrschaft der mongolischen Khane, welche gegen alle Religionen tolerant waren und von Rußland bis China im 13. Jahrhundert herrschten, konnten die Nestorianer sich ausbreiten. Aber ihre Gemeinden zerfielen, durch den politischen Umschwung von der übrigen Christenheit abgeschnitten, ehe sie auf das Volk einen größeren Einfluß gewonnen hatten. Im 16. und 17. Jahrhundert hatte die katholische Mission, welche durch Franz Xaver, den ersten Jesuitenmissionar, eröffnet worden war, großen Erfolg in China und Japan. Die beweglicheren Japaner schienen bereits für das katholische Christentum gewonnen zu sein. Da erhob sich die nationale Reaktion, und durch furchtbare Verfolgungen schien um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Japan das Christentum völlig ausgerottet zu sein, während es in China trog wiederholter Unterdrückung bis ins 19. Jahrhundert seine Organisation behielt. Beide Reiche schlossen sich von allem Verfehr mit Europa vollständig ab, bis im 19. Jahrhundert zuerst China und dann Japan den Forderungen der europäischen und amerikanischen Mächte nicht mehr widerstehen und zunächst einige Häfen für den Verkehr öffnen mußte. Nun zogen außer den katholischen auch evangelische Missionare durch die geöffneten Pforten ein. Das allerverschlossenste Japan wollte plöglich alle europäische Kultur sich aneignen und schickte. seine Leute nach Amerika und Europa zur Ausbildung. Die Überlegenheit Japans zeigte sich im Krieg mit China, und dieses so lange widerstrebende große Reich scheint nun infolge des Einmarsches der europäischen Truppen 1901 wenigstens einigermaßen dem Beispiel Japans folgen zu wollen.

Die Fortschritte des Christentums find in beiden Reichen nicht rasch. Aber die chinesischen Christen haben in den Verfolgungsstürmen sich bewährt, und die alten Religionen werden

ihren Einfluß auf das Volk im ganzen nicht behaupten können gegenüber der modernen Kultur. Immerhin wird man damit rechnen müssen, daß die Chinesen und die Japaner nicht so religiöse Völker sind wie die alten Ägypter und die Hindus. Im Ahnendienst und im Staatswesen geht ihre Religion auf. Pietät ist ihnen nicht abzusprechen, und diese Pietät ist ein heilsames Element für das sittliche Volksleben, aber sie geht vielfach in äußeren Dingen auf. Tiefere Sündenerkenntnis und persönliches Heilsverlangen sucht man dabei oft vergebens.

2. Die chinesische Religion.

a) Die chinesische Literatur, die alte Reichsreligion und die großen Lehrer.

Wenn man die chinesische Religion die Religion des Konfucius nennt, so bezeichnet man einen Mann als Religionsstifter, der allerdings in Tempeln verehrt wird als der Heilige des Volts, aber die Religion im eigentlichen Sinn weder gestiftet noch besonders gefördert hat, sondern nur als Moralphilosoph den größten Einfluß auf die ganze Denkweise des Volks gewonnen hat.

Das Studium des Chinesischen ist ein außerordentlich schwieriges, obgleich es sich nicht um Hieroglyphen oder Keilschriften eines untergegangenen Volkes handelt. Man muß Tausende von Schriftzeichen kennen, bis man lesen kann. Jedes Schriftzeichen bezeichnet eine Silbe, d. h. ein Wort, aber z. B. das Wort then hat eine verschiedene Bedeutung, je nachdem der Vokal in tieferem oder höherem Ton gesprochen wird, wird daher auch verschieden bezeichnet. Dazu kommt der Unterschied zwischen dem Bücherstil (Wen-li) und der volkstümlichen Ausdrucksweise, und noch die Verschiedenheit der Volksdialekte. Aber die Zeichenschrift hat dann wieder den Vorteil, daß dieselbe Schrift durch ganz China gelesen und verstanden werden kann. Wie der Deutsche die Ziffern 1, 2, 3: „eins, zwei, drei“, der Franzose dieselben Ziffern: »un, deux, trois« liest, so liest der Chinese die Schriftzeichen je nach seiner Mundart. Man hat in den evangelischen Missionen versucht, das Chinesische wie die afrikanischen Sprachen nach dem Lepsiusschen Standard Alphabet zu schreiben, so daß jeder Laut genau bezeichnet wird, natürlich nur in einem einzelnen Dialekt, aber die Chinesen wollen von

einer Lautschrift nichts wissen, und so kann dieselbe fast nur zum Unterricht von Mädchen verwendet werden, die sonst gar nicht lesen lernten.

Die chinesischen Klassiker *), die Bücher, welche größtenteils älter sind als Konfucius und von allen Beamten und Gebildeten für die berühmten Examen studiert werden müssen, geben wenig Aufschluß über die Religion. Es sind die fünf King:

1. Der Ji-king, das Buch der Wechsel oder Wandlungen. Es enthält 64 symbolische Strichfiguren mit Erklärungen, die dem König Wen im 12. Jahrhundert v. Chr. zugeschrieben werden, ein dunkles Buch, auf welches man allerlei Astrologisches und Philosophisches und das später noch zu besprechende System der Geomantie aufgebaut hat.

2. Der Schu-king, das Geschichtsbuch, das aber keine fortlaufende Geschichte enthält, sondern Reden der alten Fürsten und Staatsmänner, namentlich über die rechte Kunst des Regierens, aus der Zeit von 2350–650 v. Chr., aber nicht lückenlos, denn um 212 v. Chr. ließ der Kaiser, welcher die Tsin-Dynastie begründete und den Bau der chinesischen Mauer begann, die von Konfucius anerkannten kanonischen Bücher mit Ausnahme des Ji-king verbrennen, so daß nachher nur Fragmente gesammelt und mit Zutaten vermehrt wurden.

3. Der Schi-king, eine Liedersammlung, welche Konfucius aus einer viel größeren Zahl ausgewählt haben soll. Es sind wenige religiösen Inhalts. Sie besingen Regenten= tugenden, Tapferkeit, Frauenschönheit, Bruderliebe, Ahnenfultus u. dergl.

4. Li-ki, das Zeremonialgeset, nicht vorzugsweise für den Kultus, sondern für das tägliche Leben und die Politik. 5. Tschün-tsieu, Frühling und Herbst, eine von Konfucius verfaßte Chronik des Fürstentums Lu, seines Heimatlandes, für die Religion am wenigsten bedeutend.

Neben den fünf King werden die vier Schu, d. h. Schriften, als kanonisch angesehen: 1. Lün-ju, Gespräche des Kongtse mit seinen Schülern. 2. Ta-hio, die große Lehre,

*) Eine chinesische Ausgabe mit englischer Übersetzung hat der Londoner Missionar Dr. Legge seit 1861 herausgegeben unter dem Titel: The Chinese Classics. Derselbe Verfasser hat auch in den Sacred Books of the East einen Teil der chinesischen Klassiker überseht.

eine Art Methodik der konfucischen Schule aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. 3. Tschong-jong, die Lehre von der Mitte, eine spekulative Ausführung konfucischer Grundsäße aus dem 5. Jahrhundert. 4. Die Schriften des Meng-tse (Mencius), des angesehensten Vertreters der konfucischen Schule im 4. Jahrhundert v. Chr.

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Die altchinesische Reichsreligion fennt nur einen Gott: Ti Herr, oder Schang-ti höchster Herr. Ihm bringt heute noch der chinesische Kaiser jährlich einmal, gleichsam als Hoherpriester des ganzen Volkes, im stillen Hain bei Peking sein Opfer. Schang-ti hat keinen Leib, und es gibt kein Bild von ihm. Er umfaßt alle Menschen mit gleicher Liebe und vergilt Gutes und Böses in einer moralischen Weltordnung. Diese moralische Weltordnung schließt nach dem Glauben ́der jeßigen Chinesen eine persönliche Offenbarung, ein Reden Gottes mit den Menschen, aus. Allein V. v. Strauß und Torneh hat nachgewiesen, daß das nach den ältesten Liedern des Schifing nicht der Fall war, daß da Gott mit dem König Wên redet: 1. Der Herr, der sprach zu König Wên: Fern sei von dir Abfall, Gegenwehr, Und fern Gelüsten und Begehr!

2. Der Herr, der sprach zu König Wên:
Die echte Tugend halt ich wert,

Die groß Getön und Färbung gern entbehrt,
Die niemals Leidenschaft noch Laune nährt,
Die unerkannt und unverstanden

Nur nach des Herrn Gebot verfährt.

3. Der Herr, der sprach zu König Wên:
Ins Land des Feindes sollst du gehn,
Sollst deine Brüder dir gesellen,
Sollst deine Hackenleitern nehmen
Samt Sturmgerät und Wagentürmen,

Die Mauern Tschungs damit zu stürmen.

Hier ist noch von Offenbarung Gottes die Rede, aber später wird der Theismus immer mehr zum Deismus. Gott redet nicht mehr anders als durch Naturereignisse: Dürre, Hungersnot, Erdbeben u. dergl., und der Kaiser und die Beamten müssen ihn versöhnen, denn die chinesische Reichsreligion hat keinen besonderen Priesterstand: die weltlichen Beamten sind auch die Mittler für das Religiöse. Durch Konfucius wurde Wurm, Religionsgeschichte.

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an die Stelle des Schang-ti Thian, der Himmel, gesezt, von dessen Gesezen alles bestimmt wird. So ging die lebendige Anschauung vom Wirken Gottes immer mehr verloren, und um 1200 n. Chr. lebte der Philosoph Tschu-hi oder Tschu-fu-tse, welcher die dunkeln Stellen des Ji-king in pantheistischem Sinn deutete, und dessen Auslegung für die berühmten Examen maßgebend ist.

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Aber eine Mythologie haben die Chinesen niemals gehabt. Es findet sich im ganzen chinesischen Kultus nichts von jener Vergötterung der rohen Sinnenlust, durch welche in so vielen andern heidnischen Ländern die gröblichsten Ausschweifungen der menschlichen Natur gerechtfertigt und legitimiert, zugleich aber die Völker entnervt und die Herzen verunreinigt werden. Weder sind die philosophischen Spekulationen der Chinesen über das Doppelprinzip von Jin und Jang jemals ausgeartet in den schändlichen Lingadienst, wie ihn Indien hat, noch enthalten ihre Göttersagen ähnliche Liebesgeschichten wie die griechische und die indische Mythologie. Wohl sind die Chinesen ein leichtfertiges Volk in Wort und Tat; aber sie haben das Laster nie mit religiöser Weihe umgeben, sondern dasselbe wird so viel als möglich ebenso dem Blick entzogen, wie es außer dem Bereich der Religion bleibt, und es wird Keuschheit und Herzensreinheit angepriesen als Mittel, um Leib und Seele der höchsten Vollkommenheit näher zu bringen" (Lechler, Miss.-Mag. 1888, S. 115).

Derselbe Missionar Lechler, welcher 50 Jahre lang unter diesem Volk gelebt und gearbeitet hat, hebt noch einen andern. Faktor aus dem sittlichen Leben der Chinesen hervor, der zur Erhaltung des Volks mitgewirkt haben mag: die hohe Ehrfurcht, die dem Alter in China gezollt wird, und die Pietät der Kinder gegenüber den Eltern: „Sowohl die patriarchalischen Einrichtungen, welche bei der sehr mangelhaften Verwaltung in den Riß treten müssen, damit Ordnung gehandhabt und Recht geschafft werde, als auch die Familienverhältnisse, welche in China besser geordnet sind als in irgend einem heidnischen Lande, geben Zeugnis dafür, daß die Lehren des Konfucius in dieser Hinsicht nicht zur leeren Phrase herabgesunken sind, sondern ein lebendiges Element in dem chinesischen Volksleben bilden" (a. a. D. S. 116). Die „24 Beispiele" von Kindesliebe sind das klassische Büchlein der chinesischen Sitten

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