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1. Die höchsten Autoritäten des Volks in religiösen Dingen sind die Kirchenfürsten und Klostergeistlichen, die Swamis und Gurus. Sie müssen unverheiratete Sanjâsin sein. Wie im Buddhismus, so sind auch im neueren Brahmanismus die Klöster Site des Kirchenregiments. Die Aufgabe des Swâmi, des Abts, ist zugleich die des Bischofs für die Umgegend. Es gibt keine unabhängige Weltgeistlichkeit. Allerdings leben nicht alle Priester im Zölibat und im Kloster, aber der Swâmi macht Visitationsreisen, bei welchen Ausschließungen aus der Kaste und Wiederaufnahme u. dergl. stattfinden und der Swâmi mit seinem Gefolge glänzend bewirtet und beschenkt werden muß. Das Wort Guru bedeutet: „schwer, würdig", entspricht also dem hebräischen Rabbi. Die Gurus sind mit dem Unterricht der Bratmatschâris und sonstigen Angelegenheiten des Klosters beschäftigt. Der Guru soll als Sikschakarta (Herr der Unterweisung) in der Religion unterrichten und die Übertretung der Klostergebote bestrafen, als Ditschakarta (Herr der Einweihung) in die Geheimnisse einweihen, seinen Segen spenden, sein Fußwasser zum Trinken austeilen u. dergl.; als Môkschakarta kann er durch seinen Unterricht und seinen Weihespruch die Seele vollends von den künftigen Geburten befreien.

2. Die Purohitas oder Hauspriester sind in der Regel verheiratet und haben die Zeremonien zu verrichten für die übrigen Brahmanen, für Fürsten und reiche Kaufleute. Nur selten lassen sie ihren Segen auch bevorzugten Schûdra-Familien zukommen. Ihre Einkünfte sind so groß, daß ein gewöhnlicher Purohita, der in zehn bis zwölf Familien erblicher Hauspriester ist, als ein wohlversorgter Mann angesehen wird. Das Lesen der Wedas ist ihre Pflicht. Manche begnügen sich aber damit, außer ihren Ritualbüchern 20-30 liturgische Weda-Abschnitte auswendig zu lernen. Andere lesen täglich einen Abschnitt aus dem in der Familie vererbten Weda-Zweig. Den Mangel an Verständnis des Tertes erseßen dabei die vorausgegangenen Waschungen, die Haltung des Körpers beim Lesen, der näselnd fingende Ton u. drgl. Der Ehrentitel der Purôhitas ist Atschâri. Eigentlich gelehrte Atschâris oder Panditas finden sich am ehesten an Fürstenhöfen oder an Sißen von Swâmis. Die Purohitas wohnen besonders zahlreich an den heiligen Badeplägen (tîrthas) und in eigenen steuerfreien Brahmanendörfern (agrahara).

3. Die Dschiôtisch as oder Astrologen werden mit dem Titel Bhatta begrüßt und sind in jedem Dorf so unentbehrlich wie die nötigsten Handwerker, denn sie haben nicht nur den Kalender zu machen, sondern sind auch Hauspriester für die niedrigeren Kasten und haben namentlich bei jedem Unternehmen und jedem Ereignis anzugeben, ob die Planetenstellung eine günstige oder ungünstige sei.

4. Die Pudscharis oder Tempeldiener, welche die Opfer den Göttern darzubringen haben, gelten als die niedrigsten unter den Priestern. In vielen Tempeln werden dazu nicht einmal Brahmanen angestellt, namentlich in Kâlî-Tempeln. Der Pudschâri bekommt die Hälfte der Opfergabe, die andere Hälfte wird dem Opfernden als des Gottes Gnadengeschenk zurückerstattet.

Die Madhwer in Udapi machen eine Ausnahme in der Wertschäßung des Tempeldiensts, indem dort die Swâmis selbst die Opfer darbringen.

Abgesehen von der schon besprochenen konfessionellen Scheidung sind die Brahmanen auch national oder provin= ziell so geschieden, daß sie nicht miteinander effen. Die nördlichen Brahmanen werfen den südlichen vor, daß sie ihre Frauen und Töchter unverschleiert gehen lassen, die südlichen den nördlichen, daß sie Fische essen und der Kâlî blutige Opfer darbringen u. dergl.

Was den Kultus betrifft, so hat uns die niedrige Stellung der Pudschâris schon darauf hingewiesen, daß die gewöhnlichen Tempel in Indien eine untergeordnete Rolle spielen, daß überhaupt die Ortsgemeinde nicht als kirchliche Gemeinde abgegrenzt ist. Dagegen gehören die Wallfahrten nach den berühmten Heiligtümern und die dort gefeierten großen Feste (mêlas), welche zugleich die Jahrmärkte sind, zu den notwendigen Erfordernissen des religiösen Lebens in Indien. Die großen Tempel oder Pagoden bilden gewöhnlich ein längliches Viereck, von einem Wall und Vorhof umgeben. Ein großes Tor, über welchem sich ein hoher, mit Bildhauerarbeit geschmückter Turm in Form einer abgestumpften Pyramide erhebt, bezeichnet den Haupteingang. Im Vorhof steht der Gößenwagen, auf welchem der Gott bei den Festen hinausgeführt wird, da die Volksmenge nicht Plaz hätte innerhalb der Mauern. Der Tempel selbst, von vielen Steinsäulen getragen, ist ge=

wöhnlich kein großes Gebäude. Er enthält ein Heiligtum (sabhâ) und ein Allerheiligstes (garbagriha). Aber diese Teile sind nicht vor dem Volk abgeschlossen, wenigstens nicht vor den höheren Kasten, welche zunächst die mit Götterbildern geschmückte Veranda umwandeln, dann eintreten, indem sie an der Glocke am Eingang mehrmals anschlagen und an der Schwelle des Allerheiligsten dem diensttuenden Priester ihr Opfer von Blumen, Reis, Früchten u. s. w. darbringen. Sie werfen sich auf die Kniee, murmeln ein Gebet und gehen wieder nach Haus.

Die zu den Tempeln gehörigen Gebäude dienen häufig als Absteigequartier für Fremde ohne Unterschied der Religion. Viele Tempel haben ihre Tempeldirnen, welche durch Gesang und Tanz die Besucher fesseln sollen.

Die Feste dauern häufig eine ganze Woche. Sie haben ihre Bedeutung zum Teil in den Jahreszeiten (Frühling, Ernte u. dergl.), zum Teil in der indischen Sage (Geburtsfest des Krischna und anderer Götter) und bieten allerlei Vergnügungen für alt und jung.

In Bezug auf die Götterbilder, wie auch im Tempelbau, hat der Buddhismus weit mehr Geschmack gezeigt als der Brahmanismus. Die indische Maßlosigkeit tritt hier besonders in die Erscheinung durch die vielen Köpfe und Hände, mit denen die übermenschliche Größe des Gottes zum Ausdruck kommen soll. Die Frauen der Götter sind immer viel kleiner dargestellt als die Männer. Jeder bedeutende Gott hat sein Fuhrwerk oder sein Tier, auf dem er reitet (Brahma einen Schwan, Wischnu seinen Vogel Garuda oder seine Schlange, Schiwa seinen NandiStier, Indra seinen Elefanten, Kâma seinen Papagei u. f. f.). Die zu Hause verrichteten sakramentalen Handlungen umspannen namentlich in Brahmanenfamilien das ganze Leben. Schon vor der zu erwartenden Geburt eines Kindes werden zu drei verschiedenen Zeiten Opfer für dasselbe dargebracht, das vierte findet statt, wenn dem Neugeborenen mit einem goldenen Löffel geklärte Butter eingeträufelt wird, ferner die Namengebung, 12 Tage nach der Geburt; sodann wenn dem Kinde zum erstenmal Sonne und Mond gezeigt werden; weiter das Entwöhnen, die Durchbohrung der Ohren für den Goldschmuck, das Scheren des Haars mit Ansaß zum Brahmanenzopf, das Anlegen der heiligen Schnur, die erste Einweihung in die Wedas, die Trauung; endlich das Sterbsakrament, wobei der Sterbende

den Schwanz einer Kuh in die Hand nehmen muß, die Leichenbestattung, gewöhnlich Verbrennung der Leiche (von den Brahmanen werden nur die Sanjâsin - Gurus begraben, und ihre Gräber sind häufig Wallfahrtsorte) und das Totenopfer.

Selbst die Lingaitensekte, welche ihren Gott im Büchschen am Leibe trägt, hat bei ihrem häuslichen Gottesdienst eine völlige Priesterverehrung.

Das Gebet ist wie im Buddhismus zu einem völligen Mechanismus, zu einem maßlosen Plappern geworden. Die Rosenkränze finden sich in Indien früher als in Europa, und es werden mit ihrer Hilfe nicht nur kurze Gebete, wie die Gajatri, sondern auch bloße Namen möglichst oft hergesagt, 3. B. Râm, Râm! Râm, Sita! Die gewöhnliche schiwaitische Formel ist: »Namas Schiwaja!« (Verehrung dem Schiwa!), eine wischnuitische: »Om! Schri-Nârâjanâja namas!<< Die Schiwaiten haben Rosenkränze mit 32 oder 64 Beeren von der Rudrâtschaftaude (Elaeocarpus), die Wischnuiten mit 108 Knöpfchen von der Tulasipflanze (Basilienkraut).

6. Die Religion der Sikhs.

Eine Mischreligion zwischen Hinduismus und Islam müssen wir hier noch erwähnen, denn sie ist in einem indischen Stamm Volksreligion geworden: die Religion der Siths.

Zu Ende des 15. Jahrhunderts hatte der Islam nicht nur die politische Herrschaft über Nordindien erlangt, sondern auch etwa ein Drittel der Einwohner bekannte sich zur Lehre Mohammeds. Die in Persien entstandene mystische Richtung des Islam, der Sufismus, fand bei dem grübelnden Hinduvolk Anklang, denn der schon genannte Kabir (um 1450) hatte eine zum Monotheismus neigende Wischnu-Sekte gegründet. Da trat im Fünfstromland ein Mann auf, welcher Hinduismus und Islam zu einer Religion zu verschmelzen suchte.

Nânak wurde 1469 in Talwandi am Kawi geboren. Er war eine in sich gekehrte Natur, aber freundlich gegen jedermann und von heiligem Eifer beseelt, das in Unwissenheit und Aberglauben versunkene Volk zur Verehrung des höchsten einen Wesens zurückzuführen, man möge es Hari oder Allah nennen. In einem wunderlichen Aufzug, begleitet von seinem Spielmann Mardana, zog er durch das Land und erklärte sich für den

wahren Guru, der die, welche sich ihm anvertrauen, über den Ozean der Einzeleristenz hinüberzuführen versprach. Er wollte dabei den Brahmanismus nicht verwerfen. Aber durch den vierten Guru Râmdâz (1574—1581) bekam die Partei eine festere Organisation. Derselbe errichtete in der Mitte eines Teichs, den er Amritsar (Nektarteich) nannte, ein Heiligtum ohne Gözenbild. Die Stadt, welche um den Teich entstand, wurde der Mittelpunkt der Sekte. Der Gebildetste unter den Guru war Ardschun (1581-1616), der selbst viel gedichtet und das heilige Buch der Sekte, den Adi Granth, zusammengestellt hat. Dasselbe war in der Volkssprache, dem Pandschâbi oder Gurumukhi verfaßt und verdrängte allmählich den Weda. „Am Granth erhielten die Siths ihre Bibel, die jeder zu lesen und teilweise auswendig zu lernen verbunden war; davon bekam die Volkssprache eine feste, gültige Norm, die auf die Ausbildung derselben großen Einfluß ausübte" (Trumpp, Die Religion der Sikhs, S. 64). Unter den späteren Guru, namentlich unter Gowind Singh (1675—1708), wurde die Sekte allmählich ein kriegerischer Volksstamm, der seine besonderen Sagungen hatte. Troß den Kriegen mit dem Großmogul behaupteten sich die Sikhs als politische Macht bis zum Tode Randschit Singhs (1839). Zehn Jahre später kam das Land unter englische Herrschaft.

Die Religion der Sikhs ist durch Dr. E. Trumpp genauer erforscht worden, der im Dienst der Englisch-kirchlichen Mission in Pandschâb stationiert war.*) Nanaks Losungswort war: „Wisse, daß es zwei Wege gibt (Hinduismus und Islam), aber nur einen Herrn. Dieser eine Herr ist Schöpfer aller Dinge." Aber die Schöpfung wird dann doch wieder pantheistisch als Ausbreitung dargestellt. Von den strengen Denkern wird Gott als unpersönlich und unbewußt gedacht, aber dann wieder als Vater und Beschüßer angerufen. Der eine Gott wird auch mit den Hindunamen Hari, Brahm, Paramêsur bezeichnet und die Hindugötter nicht geleugnet, sondern wie im Buddhismus zu untergeordneten Wesen degradiert. Der Bilderdienst wird verworfen und verspottet, und die monotheistische Richtung hat im Kampf verschiedener Parteien doch den Sieg davongetragen.

*) Dr. E. Trumpp, The Adi Granth, translated from the original Gurumukhi. London 1877. Dr. E. Trumpp, Die Religion der Sikhs, nach den Quellen dargestellt. Leipzig 1881.

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