der Edda (Hymiskvipa 8) ein Sohn des Riesen Hymir genannt, also gar nicht eigentlich zu den Göttern gerechnet. Ziu scheint bei den Bayern den Namen Er gehabt zu haben, der Dienstag den Namen Ertag. Auch Sarnôt soll ein Name für Ziu sein, und Irmin, dem die Irminsäule geweiht war, welche im Sachsenkrieg zerstört wurde, ebenso Fosite, der lokale Hauptgott der Friesen, welcher auf Helgoland ein gefeiertes Heiligtum hatte. Wodan (Wuotan, nordisch: Odin), dessen Name wahrscheinlich mit wehen" zusammenhängt, wird von Tacitus Merkur genannt, und seit dem 4. oder 5. Jahrhundert wurde der dies. Mercurii durch „Wodanes Dag“ überseßt. Die Übertragung dieses Namens hat nach E. H. Meyers Vermutung den Grund: „weil er mit einem Hut versehen war und Schäße und Spielglück spendete, die Schrift oder vielmehr Geheimzeichen erfand und die Seelen führte" (E. H. Meyer, a. a. D. S. 229). Vielleicht beobachteten aber die Römer im allgemeinen, daß die Germanen mit diesem Gott im lebendigsten Verkehr standen. Als Wind- und Sturmgott hat er neben dem Donnergott seine selbständige Bedeutung. Er erscheint mit dem wilden Heer, einem Heereszug oder einem Jagdzug, namentlich in bestimmten Nächten. Nach Tacitus war er der Hauptgott der Istävonen und der Chatten; später tritt er bei den Franken, Longobarden und Angelsachsen besonders hervor. Wenn der Bodensee von ihm den Namen hat, so rührt das vielleicht von den heftigen Föhnstürmen her, welche weiter nördlich nicht mehr so hervortreten. Der im Sturm daherfahrende Gott läßt aber auch das Korn wachsen. In einzelnen Gegenden von Niederdeutschland soll sich die Sitte erhalten haben, bei der Ernte ein Büschel Korn auf dem Felde stehen zu lassen mit der Begründung: „dem Woden für sein Pferd" (v. Orelli, S. 703). — Nach Tacitus wurden ihm regelmäßig Menschenopfer dargebracht, den andern Göttern nicht. Donar (nordisch: Thor), der Gewittergott, hat einen Hammer, eine Art Wurfart, dessen Geräusch den Donner verursacht. Sein Symbol ist das Hakenkreuz, das den gezackten Bliz vorstellen soll und auch in christlichen Zeiten noch vielfach angebracht wurde, um bösen Zauber in Segen zu verwandeln, ebenso der Trudenfuß. Er ist der Gott der Hochzeit, auch die Neugeborenen werden ihm geweiht, und die Toten ihm be fohlen. Ihm waren besonders die Eichen heilig, wie die von Bonifatius bei Geismar umgehauene. Das Julfest scheint besonders ihm geweiht gewesen zu sein, und die Bitte um Wachstum der Feldfrüchte mit den dargebrachten Opfern und den angezündeten Feuern verbunden gewesen zu sein (E. H. Meyer, a. a. D. S. 217). Man hat viel phantasiert über den Zusammenhang des Weihnachtsbaums mit dem Julfest. Allein das Julfest war ursprünglich am 1. Februar, nicht um die Zeit der Sonnenwende (Meyer, a. a. D. S. 217), und niemals werden Lichter an einem Baum als Julfeuer bezeichnet. Eher könnte der sogenannte Funkensonntag, die Feuer, welche am Sonntag Invokavit in manchen Gegenden auf den Höhen angezündet werden, damit zusammenhängen. Aber es finden sich in Süddeutschland überhaupt keine Erinnerungen an ein Julfest. Friia (Frigg und Freyja), die schöne, schnelle Wolken= göttin und Liebesgöttin, kommt im Merseburger Pferdesegen im Verein mit ihrer Dienerin Fulla und den Göttinnen Sol und Bil (welche Mondsphasen darstellen sollen, Meyer, a. a. D. S. 269), sowie mit Wodan und Phol vor. Daß unter dem Phol Balder zu verstehen sei, wird neuerdings bestritten, da sonst in Deutschland keine Spur von seinem Kultus sich findet. Die in den Märchen vorkommende Frau Holle oder Frau Berchta, d. h. die Leuchtende, oder die weiße Frau, gehört in diesen Götter und Elben verbindenden Wolkenkreis. b) Die nordische Mythologie. Die germanischen Stämme in Dänemark, Schweden, Norwegen und Island blieben bis gegen das Jahr 1000 heidnisch. Sie waren bei der Einführung des Christentums schon auf eine höhere Kulturstufe vorgeschritten als die in Deutschland, wenigstens weiter in der Welt herumgekommen. Die Normannen waren ja von 800 bis 1000 der Schrecken aller europäischen Küstenvölker gewesen durch ihre Raub- und Eroberungszüge und drangen bis nach Nordamerika vor. An ihren Fürstenhöfen fangen die Skalden die Taten der Helden und den Ruhm der Götter. Ihre Poesie war eine gelehrte und künstliche, eine Bilderjagd, so daß sie für eine Sache eine Menge von Umschreibungen gebrauchte (kenningar). Die Lieder wurden zuerst in Runen und nach Einführung des Christentums in lateinischen Buchstaben aufgeschrieben. Auch entstanden prosaische Stücke. Alles wurde erst in christlicher Zeit gesammelt, blieb aber Jahrhunderte lang in Vergessenheit, bis im 17. Jahrhundert der isländische evangelische Bischof Brynjolf Sweinsson die Handschrift auffand, welche jezt unter dem Namen codex regius in Kopenhagen aufbewahrt wird, und ihr den Namen: „Edda Sämunds, des Gelehrten" gab. Nach dieser poetischen wurde auch eine prosaische Edda aufgefunden, welche von dem isländischen Dichter Snorri Sturluson im 13. Jahrhundert zusammengestellt war und eigentlich den Titel Edda, d. h. Großmutter, führte, während derselbe der poetischen Sammlung erst zugeschrieben wurde, und Sämund auch nicht der wirkliche Sammler der letteren war. Man nennt gewöhnlich die poetische die ältere, die prosaische, welche aber auch viele Verse zitiert, die jüngere Edda. Diese Verse sind sogenannte Stabreime, so daß Anfangsbuchstaben von Wörtern in den Zeilen einander entsprechen. Bei der Edda dürfen wir, wie bei Homer, nicht vergessen, daß ihre Lieder nicht wie die indischen Weda-Lieder eigentliche Kultuslieder sind, also die mythologischen Darstellungen nicht ohne weiteres als nordischer oder gar als gesamtgermanischer Volksglaube anzusehen sind. Überdies hat in neuerer Zeit der Norweger Sophus Bugge nachzuweisen versucht, daß viele mythologische Züge der Edda von christlichen und klassischen Vorbildern beeinflußt, also nicht ursprünglich germanisch seien (S. Bugge, Studien über die Entstehung der nordischen Götterund Heldensage, übers. v. Brenner, München 1889), und damit auch in Deutschland manche Zustimmung gefunden. Aber es ist nicht zulässig, überall wo ähnliche Sagen vorkommen, Entlehnung anzunehmen, und H. Gering (Die Edda, übers. und erläutert, Leipzig und Wien 1893, Einl. S. 8) sagt gewiß mit Recht: „Die irischen Gewährsmänner der nordischen Wikinger müßten ebenso gelehrt gewesen sein wie Sophus Bugge selbst; sie müßten auch ihre ganze Gelehrsamkeit bei ihren Gesprächen mit den Piraten des Nordens (die doch nicht studierenshalber nach Britannien gekommen waren) fortwährend präsent gehabt haben". Damit soll jedoch nicht geleugnet werden, daß die christliche Weltanschauung schon auf die Edda eingewirkt haben kann, und das nordische Heidentum mit ähnlicher Tendenz aufgepußt wurde wie das griechische im Neuplatonismus. Das Eigentümliche der nordischen Mythologie ist, daß die Götter, die Asen, in einem beständigen Kampf stehen mit den Riesen, den Thursen, der gar nicht immer zugunsten der Götter ausfällt, und daß ein Weltanfang und ein Weltuntergang dargestellt wird, in welchen auch die Götter hineingezogen werden. Außer den Riesen werden auch die Wanen von den Asen unterschieden. Man vermutet darunter Götter, welche erst später von den füdgermanischen Stämmen nach Norden gekommen seien. In den Riesen und ihrer zeitweiligen Übermacht über die Götter wird man wohl die Übermacht des nordischen Winters über den Sommer suchen dürfen. Die nordischen Götter werden wie die homerischen menschenähnlich dargestellt mit ihren Königen, ihren Trinkgelagen, ihren Liebesabenteuern u. dgl., während die Riesen als Ungeheuer, zum Teil vielköpfig erscheinen. Aber so plastisch ausgeprägt wie die griechischen find die nordischen Götter nicht. Odin ist das Haupt der Asen, der Vater der Götter und Menschen. Er ist einäugig (sein Auge ist die Sonne), trägt einen breit über das Gesicht herabgehenden Schlapphut (die Wolken), einen himmelblauen Mantel, reitet das schnellste Roß, den achtfüßigen Hengst Sleipnir (den Sturmwind) und führt einen Speer (Sonnenstrahl). So wird die himmlische Gewalt nach verschiedenen Seiten ihm zugeschrieben. Er ist auch der Schlachtenlenker und herrscht vom höchsten Himmelsthron über der Welt. Zwei Raben, Hugin und Munin, melden ihm, was sie den Tag über bei ihrem Flug über die Welt gehört haben. Er ist der Weiseste unter den Asen, auch der Zauberei kundig, deren geheime Runen er versteht. Odins Gemahlin ist Frigg, die Göttin des Hauses, der Ehe. Sie wohnt in den Wolkensälen Fresalir. Von ihr verschieden und dann doch wieder manchmal an ihre Stelle getreten ist Freyja, Odins Buhlerin, die Göttin der Liebe, die mit allen Asen und Alfen gebuhlt hat. Sie hat ein Falkengewand und kann deshalb rasch an einen Ort fliegen. Wenn Odin die gefallenen Helden in Walhalla aufnimmt, so führt Frigg die Hälfte derselben in ihre Behausung Wingolf. Sie heißen dann Einherier (Gylfaginning 20, Gering a. a. D. S. 314). Freyjas Bruder ist Freyr, der Sohn des Wanen Njord und der Skadi, eine Wettergottheit jüngeren Datums, ein sentimentaler, verliebter Heros (Meyer, a. a. O. S. 224), der mit phallischen Symbolen und Aufzügen verehrt wurde. Seine Hauptwaffe ist das Schwert, welches er bei seiner Werbung um die Riesentochter Gerd hergeben muß, was er nachher be= reut. Sein Schiff Skidbladnir, das alle Götter faßt und stets guten Wind hat (die Wolke), kann er nach beendeter Fahrt zusammenlegen. Auf dem Eber Gullinbursti (goldborstig) fährt er daher, und ein Eber wurde ihm bei der Wintersonnenwende geopfert. Thor, der Donnergott, war in Norwegen und Island besonders verehrt. Er besigt drei Kleinodien: den von den Zwergen geschmiedeten Hammer (mjölnir), einen Kraft= gürtel (megingjardar), durch dessen Anlegen er seine Kraft verdoppelt, und eiserne Handschuhe (jarngreipr), mit denen er seinen Hammer faßt. Er fährt auf einem von zwei Böcken gezogenen Wagen. Seine Wohnung ist Trudheim (Welt der Stärke). Eine der anmutigsten Mythen ist in Thrymskvipa erzählt. Die Riesen haben dem schlafenden Thor seinen Hammer gestohlen und bei dem Riesen Thrym acht Meilen tief in der Erde vergraben. Loki macht das ausfindig und berichtet, daß Thrym denselben nur unter der Bedingung hergebe, daß er Freyja zur Frau bekomme. Nun geht Loki zum herrlichen Hofe der Freyja und spricht: „Schmücke dich, Freya, Mit dem Schleier der Braut, Aber in schrecklichem Zorn schnaubt Freyja, so daß das Brisingenhalsband, ein Kunstwerk der Zwerge, das sie trägt, zerbrochen niederfällt: Die männertollste Müßte ich heißen Die Asen alle Eilten zum Thingplay, Wie man Hlorridis (Thors) Hammer Holen könnte. Das Wort nahm Heimdall, Der weiseste Ase Reicht ihm den Ring Mit den rasselnden Schlüsseln, Und krönt den Kopf ihm Mit kunstvollem Puk." |