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Wir werden wohl in diesen Sagen den Einfluß der christlichen Lehre vom Ende der Welt nicht bestreiten dürfen, können sie also nicht als urgermanisch ansehen.

3. Die Religionen der Balten und der Slaven.

Auf einer tieferen Kulturstufe als die Normannen standen die Völker auf der Süd- und Ostküste der Ostsee und im Innern der betreffenden Länder, als das Christentum zu ihnen kam. Schon in vorchristlicher Zeit bildeten die Balten, zu welchen die Preußen, Litauer und Letten gehörten, eine besondere Völkergruppe zwischen Slaven und Germanen. Am meisten wurde bei ihnen der Donnergott Perkunas verehrt, daneben eine ganze Reihe von Geistern, Kobolden u. dergl., welche deivas genannt wurden, also ähnlich den daêvas im Awesta. Aber wir wissen sehr wenig über diese Religion.

Ebensowenig über die der slavischen Völker: Polen, Pommern, Wenden, Slowaken, Tschechen, Russen, Serben, Kroaten, Slowenen. Diese Völker haben auch sowenig als die germanischen eine Einheit gebildet. Im 7. Jahrhundert hatten sie sich am weitesten ausgebreitet, da sie viele in der Völkerwanderung von den Germanen verlassene Wohnsige eingenommen hatten. Später wurden sie von den Deutschen zurückgedrängt und teilweise germanisiert. Prokop (im 6. Jahrh.) sagt über die Slowenen, sie haben nur einen Gott, den Blizeschleuderer, ein Schicksal kennen sie nicht, Flüssen, Quellen und anderen Dämonen bringen sie Verehrung dar, und ihre Opfer seien zauberisch. Damit wäre die Religionsform bezeichnet, welche wir als die der unkultivierten Völker im allgemeinen kennen gelernt haben. Von dem wendischen Gott Swantowit berichtet Saro Grammaticus (im 13. Jahrh.) in seiner dänischen Geschichte, daß er sein Heiligtum mit einem vielköpfigen Bild in Arkona auf Rügen gehabt habe, das 1168 von den Dänen zerstört wurde. Man habe ihm jährlich ein Fest gefeiert, wobei der Priester aus der Flüssigkeit, welche seit dem vorigen Jahr im Trinkhorn übrig geblieben war, gute oder schlechte Ernte weissagte. Auch bei Kriegszügen habe der Gott durch das Pferd, auf welchem er nachts ausritt, Auspizien gegeben. Im Tempel mußten die Priester den Atem einhalten. Die Behauptung neuerer Historiker, Swan

towit sei gar kein heidnischer Gott sondern Sanctus Vitus, dürfte doch auf einer zufälligen Namensähnlichkeit beruhen. In Pommern und Brandenburg wurde ein dreiköpfiger Gott Triglav verehrt. Ein allgemein slavisches, auch bei den Russen gebräuchliches Wort für Gott ist Bog. Der russische Himmelsgott heißt Swarog, der Sonnengott Dajbog, der Feuergott Ogoni, der Windgott Stribog. Aber den ersten Plaz im Kultus nahm bei allen slavischen Völkern der Donnergott Perum ein. Daneben herrschte der Glaube an allerlei Geister.

Fünfter Abschnitt.

Die Grundzüge der israelitischen Nationalreligion. 1. Wirkliche Offenbarung und Religionsgeschichte.

Wir haben die Nationalreligionen in Asien und Europa der Reihe nach betrachtet, aber die israelitische bis zum Schluß dieses Teils zurückgestellt, denn, wie wir schon in der Einleitung (S. 19) bemerkt haben, glauben wir, daß dieselbe mit der allgemeinen religionsgeschichtlichen Entwicklung zusammenhängt, daß aber dadurch ihr Charakter als einer wirklich geoffenbarten Religion nicht beeinträchtigt wird. Wir müssen hierüber noch einige Worte zur Verständigung vorausschicken.

Die moderne Theologie und Philosophie sagt: „Wunder und Geschichte schließen einander aus; eine geschichtliche Darstellung muß alles aus dem Kausalitätsgesetz, aus dem Naturzusammenhang, erklären. Wenn in der israelitischen Geschichte Wunder vorkommen, welche nicht natürlich erklärt werden. können, oder Weissagungen, welche der Prophet nicht aus seinen Zeitverhältnissen voraussehen konnte, so beruht die Darstellung auf einer späteren Sage und hat keinen geschichtlichen Wert." Der alte Rationalismus hat offen gesagt: „Was unsre Vernunft nicht erklären kann, das glauben wir nicht." Die moderne Theologie beruft sich auf ihren erkenntnistheoretischen Standpunkt; sie will Offenbarung und Wunder nicht durchaus abweisen, beschränkt sie jedoch auf innere psychologische Erfahrungen. Allein das Ergebnis für die Bibelkritik ist kein anderes als beim alten Rationalismus. Man schlage z. B. in Kautschs

trefflicher Überseßung des Alten Testaments die Stellen auf, wo etwas Wunderbares erzählt wird oder eine Weissagung enthalten ist, welche der Prophet nicht mit seinem natürlichen Scharfblick aussprechen konnte (z. B. Jer. 29, 10 ff.; 31, 38 ff. 32, 2 ff.; 33, 2 ff.), so wird man am Rande, wo der Verfasser der Stelle bezeichnet wird, ein 3 d. h. „Zusaß“ finden, oder in den historischen Büchern eine sehr späte Quelle, auch wenn gar keine sprachliche oder sonstige Verschiedenheit vorliegt zwischen dem „Zusag“ und dem Kapitel, in welchem derselbe steht. Das kann man nicht grammatisch-historische, sondern nur dogmatische Kritik nennen.

Wir verlangen nicht, daß alle biblischen Bücher vollständig den Verfassern zugeschrieben werden, welchen sie die jüdische und christliche Tradition zuschreibt. Wir geben zu, daß z. B. im Buch Daniel grammatische und historische Schwierigkeiten sich finden, über welche auch ein gläubiger Schriftforscher nicht so leicht wegkommt, daß im zweiten Teil des Jesaja der Prophet vom Eril als seinem Standpunkt ausgeht, dasselbe nicht als ein zukünftiges Ereignis betrachtet; wir gestehen also auch im Alten Testament der Kritik ihr Recht zu, aber eine religionsgeschichtliche Vergleichung nötigt uns zu der Frage: Wo ist das Religionsbuch eines andern Volkes, das von der Kritik so zerzaust wird wie die Bibel? Wo Lesen die Gelehrten so wenig das, was dasteht, und lesen allerlei hinein was nicht dasteht? Wo wittern sie in allen geschichtlichen Darstellungen eine bes sondere Parteitendenz des Verfassers? - Wir geben ja zu, daß in den Büchern Mofis und in den Geschichtsbüchern verschiedene Quellen zusammengearbeitet sind, aber zu solchen Flickschneidern, die allerlei verschiedenartige Lappen zusammengearbeitet haben sollen, werden doch die religiösen Schriftsteller anderer Völker nicht gemacht. Homer und die Edda werden ja von der Kritik auch gehörig bearbeitet, aber so ins Kleinliche geht dieselbe kaum wie in der Bibel, und es ist nicht zu verwundern, wenn manchen Studierenden über solcher Kleinkrämerei und solcher Verwandlung der heiligen Schriften in parteiische Tendenzmachwerke das Studium der Theologie entleidet.

Wenn behauptet wird, die geschichtliche Entwicklung des Alten Testaments sei erst durch die Graf-Wellhausen'sche Schule dargestellt worden, die positive Theologie stehe noch auf

dem Standpunkt der alten Dogmatiker, so ist das unrichtig und rührt besonders wohl daher, daß Oehlers alttestamentliche Theologie von der jüngeren Generation nicht mehr gelesen wird, und daß Männer wie Schulz und Kautsch zur Wellhaufenschen Richtung übergegangen sind. Oehler hat die alttestamentliche Theologie als die „historisch genetische Darstellung der in den kanonischen Schriften des Alten Testaments enthaltenen Religion" behandelt (Dehler, A. T. 1. Theol. I, S. 7) und sagt: „Die besondere Gottesoffenbarung unterwirft sich, indem sie in die menschliche Lebenssphäre eintritt, den in der allgemeinen göttlichen Weltordnung begründeten Ordnungen und Gefeßen. geschichtlicher Entwicklung. Sie tritt nicht mit einem Schlage fertig und vollendet in die Welt ein, sondern von beschränktem und relativ unvollkommenem Anfange aus, in einem einzelnen Geschlecht und Volk sich partikularisierend, schreitet fie in einem dem natürlichen Entwicklungsgang der Menschheit entsprechenden und denselben in die Bahn der göttlichen Heilsordnung leitenden Stufengang zu ihrer Vollendung in Christo fort, um von hier aus die Gottesfülle, die Christus in sich trägt, wieder in einem geschichtlichen Prozeß an die Menschheit mitzuteilen" (a. a. D. S. 25).

2. Die Patriarchengeschichte und die Gotteserscheinungen.

Israel wird zur Nation durch die Gesezgebung. Aber die Geschichte seiner Väter, welche von der modernen Theologie nicht als Geschichte anerkannt wird, ist nach der Darstellung der alttestamentlichen Bücher keineswegs wertlos, vielmehr ist fie die Grundlage, auf welcher alle Führungen Gottes mit dem Volk beruhen. Die moderne Theologie hat das Dogma aufgestellt, wie es Valeton am deutlichsten ausspricht: „Kein einziges Volk kennt seine eigene Geburtsgeschichte“ (Chant. d. I. Sauff. I, S. 251). Diesem Saz möchten wir folgende, von der neueren Theologie unberücksichtigte Punkte gegenüberstellen:

1) ein einziges Volk sezt seine Entstehung selbst in eine so späte 3eit, in eine Zeit, da die Nachbarvölker bereits als große Völker, zum Teil als Völker mit überlegener Kultur dargestellt werden, während die Väter des

eigenen, jest ackerbautreibenden Volkes als heimatlose Nomaden dargestellt werden. In Israel hören wir nichts von einer Abstammung von Göttern oder Heroen, von einer Entstehung des Volkes im Anfang der Welt u. dergl., sondern die Geschichte seiner Väter ist eine einfach menschliche Familiengeschichte.

2) Rein einziges Volk hat eine Geschichtschreibung, in welcher dem eigenen Volk, seinen Vätern, seinen Führern, seinen Priestern und seinen Königen so wenig geschmeichelt wird wie das israelitische. Darum dürfte doch diese Geschichtschreibung gegenüber den Sagen anderer Völker eine größere Glaubwürdigkeit beanspruchen.

3) Selbst in bezug auf den Monotheismus, auf die Reinheit der Religion, beansprucht die israelitische Literatur kein besonderes Verdienst des Volkes, weder in der Zeit der Väter (Jos. 24, 2; 1 Mos. 31, 34), noch in späterer Zeit.

4) Daß auch in Palästina geschrieben worden ist schon vor der Einwanderung der Israeliten, beweisen die Berichte der ägyptischen Statthalter daselbst, welche in Tell Amarna gefunden wurden, daß also nicht so niedrige Kulturzustände sich dort fanden, wie man eine Zeitlang angenommen hatte. Daß die babylonische Kultur bis in eine Zeit vor Abraham hinaufreicht, beweisen die dortigen Ausgrabungen.

5) Die Völker sind doch aus Familien entstanden, und es wird uns hier ganz einfach erzählt, wie allerdings in einem entscheidenden Zeitpunkt durch wunderbares Eingreifen Gottes, aber im ganzen auf natürlichem Weg eine Familie und aus der Familie Stämme entstanden sind, und wie diese Stämme zu einem selbständigen Volk organisiert wurden.

6) Wenn man die Wunder der Bibel mit den Wundern vergleicht, welche in den buddhistischen Schriften von Buddha und sonst von andern Heiligen erzählt werden, so sind die Wunder der Bibel maßvoll. Sie treten nur ein, um die Macht des Gottes Ifraels über alle menschlichen Mächte und über die Götter der Heiden und die völlige Unfähigkeit des Volkes zur Selbsthilfe zu erweisen. Aber z. B. die Geburt und Errettung des Mose und seine Lebensschicksale bis zur Erscheinung Gottes am Horeb werden in einer Weise erzählt, daß niemand dieselben für unmöglich erklären kann. Daß anderswo auch ein Kind in ähnlicher Weise ins Wasser gesezt und später ein großer Mann geworden ist, kann geschehen sein,

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