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opfern; denn mit solchen Werkzeugen sei das Kanoe gebaut worden. Geschähe dieses nicht, so werde eine neue Flut kommen. Hat man ihm das Opfer gegeben, und haben sich Personen gestellt, welche zur Sühnung des Großen Geistes den furchtbarsten Martern an ihrem Körper sich unterziehen, dann überreicht er die von ihm mitgebrachte Friedenspfeife dem Leiter der Zeremonien, einem alten Medizinmann, der damit den am vierten Tage nochmals erscheinenden bösen Geist Ochkih-Häddäh besiegt und ihn seiner Kraft beraubt. Zugleich werden Tänze aufgeführt und die Martern an den Personen, die sich dazu dem Namank-Machana gestellt haben, vollzogen" (Lüken, Die Traditionen des Menschengeschlechts, S. 243 f.).

Die Friedenspfeifen werden von den Indianern jener Gegend von einem aus rotem Pfeifenton bestehenden Felsen westlich vom St. Anthony-Wasserfall geholt, der entstanden sein soll in der großen Überschwemmung, indem das Fleisch der Ertrunkenen sich in jenen Felsen verwandelt habe. „Nun sei nach Ablauf der Flut der Große Geist gekommen, habe sich auf den Felsen hingestellt und alle Völker dort versammelt. Und indem er aus einem Stück des Felsens eine große Pfeife gemacht und dieselbe nach allen vier Weltgegenden hin geraucht habe, habe er den Frieden verkündet und befohlen, daß Streitfeule und Skalpiermesser nie an diesem Orte erhoben werden sollten, und daß sie von diesem Felsen ihre Friedenspfeife nehmen und diese rauchend ihres Streits vergessen sollten" (Lüken, S. 244 f.). So sind in diese Flutsage originell indianische Züge verflochten, und wir können kaum annehmen, daß die Sage und das Fest erst nach der Bekanntschaft mit den Europäern entstanden sei.

Die ganze Natur denkt sich der Indianer wie der Neger von Geistern beseelt, und so tapfer er dem leibhaftigen Feind gegenüber ist, so erschricht er doch vor jedem Vorzeichen, das auf einen feindlichen Geist deutet. Darum sucht jede männliche Person zur Zeit der Mannbarkeit einen Schußgeist zu gewinnen. Durch strenges Fasten und allerlei Selbstpeinigungen muß er sich in der Einsamkeit darauf vorbereiten. Im Traum erscheint ihm der Schußgeist und offenbart ihm sein Schicksal. Da der Geist meistens in Tiergestalt kommt, wird das be= treffende Tier jezt von dem Jüngling verfolgt, erlegt, und seinen Balg führt er von da an mit sich als seinen Medizin

sack. Dadurch ist der Geist, welcher in dem Tier wohnte, jest sein Schußgeist (Réville, Les religions des peuples non civilisés 1, p. 244).

Die vertrauliche Stellung zu den Lieren und die Hochachtung derselben ist überhaupt ein Charakterzug der Indianerreligion. Die Menschenseelen können nach dem Tod in Tiere übergehen und umgekehrt. Sie haben also die Lehre von der Seelenwanderung, und den Indianern eigentümlich ist der sogenannte Totemismus, welchen manche neuere Gelehrte zu einer besonderen Religionsform machen und überall wittern, wo Tiere verehrt werden. Jedes Geschlecht hat ein Tier in seinem Wappen und betrachtet dasselbe als seinen Ahnherrn. Dieses Wappen wird bei den Algonkin Totem genannt, daher der Name Totemismus. Das betreffende Tier wird dann von diesem Stamm nicht getötet. Das Totem-Tier ist dem Wilden eine Bürgschaft da= für, daß nicht alles in der Welt gegen ihn ist, sondern daß es für ihn eine verwandte Macht gibt, mit der er sich zum Schuß und Trug verbinden kann" (Pfleiderer, Religionsphilosophie auf geschichtl. Grundlage, S. 17). Wenn Frazer und Robertson Smith die Anfänge der ägyptischen und der semitischen Religionen auch Totemismus nennen und damit viel Beifall unter den deutschen Gelehrten gefunden haben, so ist dabei das Charakteristische der Stammesgemeinschaft zwischen einem Tier und einem Volsstamm keineswegs nachgewiesen und deswegen der Name unberechtigt.

Daß die Tiere hochgeachtet sind und die Gottebenbildlichkeit des Menschen nicht erkannt wird, tritt auch in den Schöpfungssagen hervor, da dem Großen Geist, der selbst oft in Tiergestalt vorgestellt wird, Untergötter in Tiergestalt beigegeben werden. Auch in den Sternbildern sieht der Indianer Tiergestalten. Gewisse Tiere, welche besondere Klugheit verraten, wie der Biber, oder etwas Dämonisches haben, wie die Klapperschlange, wurden besonders verehrt. Man durfte sie daher nur mit einigen Höflichkeitsbezeugungen töten. Auch denjenigen Pflanzen, welche für das Menschenleben wichtig sind, wie Mais, Reis, Tabak, wird eine gewisse Beseelung zugeschrieben.

Im Kultus tritt der Große Geist, wie gesagt, hinter andern Geistern zurück. Bei den südlicheren Völkern findet sich ein Sonnen- und Feuerkultus. Im Kriege werden verschiedene

Geister angerufen und ihnen auch Menschenopfer dargebracht, ebenso im Frühling, um eine gute Ernte zu bekommen. Die Zuziehung der Medizinmänner bei Kasualfällen ist ähnlich wie im Fetischdienst der Neger. Auch an Amuletten fehlt es den Indianern nicht.

Das Jenseits wird als eine Fortseßung des Diesseits angesehen, sofern nicht eine Seelenwanderung eintritt. Daher werden dem Toten Waffen, Vorräte, Tabakspfeife u. dergl. bei der Bestattung mitgegeben. Die Irokesen ließen im Grab ein kleines Loch offen, damit die Seele einen Ausgang habe nach den glücklichen Gefilden. Denn sie kann auf ihren Wanderungen noch manchen Unfällen ausgeseßt sein, wodurch sie ein elendes Dasein bekommt.

Die Eskimo haben ihren Namen von den Indianern erhalten. Es bedeutet: Esser von rohem Fleisch. Sie selbst nennen sich Innuit, Menschen. Ihre Verwandtschaft mit den nordasiatischen Völkern tritt deutlicher hervor als bei den Indianern. Sie verehren den guten Gott des Himmels unter dem Namen Tomgarsuk und fürchten sich vor dessen Mutter oder Großmutter, der Erde, vor den Geistern des Meeres, der Berge, der Riesen und der Zwerge, dem Geist des Windes und anderen Dämonen. Der Geist Innertairsok offenbart den Zauberern (Angekok), was die Leute tun sollen. Die Geister sind hier keineswegs verstorbene Menschen, sondern durchaus Naturgeister.

3. Die Religionen der alten Mexikaner und Peruaner.

An die Stelle des Großen Geistes tritt bei den mittelamerikanischen Völkern der Sonnendienst. Die Einheit und Geistigkeit Gottes verliert sich mit dem Aufstreben der Nationen und ihrem selbständigen Dichten und Trachten. Die Merikaner haben ein Wort für Gott, das dem griechischen sehr ähnlich flingt: Teotl. Teokalli heißt Gotteshaus, und das Volk der Maja scheint wenigstens die Einheit des Sonnengottes festgehalten zu haben. Bei den Azteken dagegen finden wir die Bilder der beiden Hauptgötter Huitzilopotschtli und Tezkatlipoka in einem gemeinsamen Heiligtum in der Hauptstadt Mexiko neben einander.

Huizilopotschtli (der Name ist im Deutschen entstellt worden in Figlipugli) ist wahrscheinlich der kriegerische Stammgott der Azteken, dem sie die Führung ihres Volks nach dem schönen Meriko zuschrieben. Der Name bedeutet: „Kolibri links", und der Gott trägt am linken Fuß zum Schmuck eine Kolibrifeder. Er repräsentiert nach Révilles Deutung die jugendlich im Frühling geboren werdende, alle Vegetation hervorbringende und mit ihr im Herbst ersterbende Sonne. Der Kolibri soll mit seinen mannigfaltigen Farben die Sonne darstellen. Die Feste des Huigilopotschtli fielen auf die Wintersonnenwende, in den Mai, auf Ende Juli und in die Zeit, wo die Vegetation abstirbt. An diesem Feste bildete man aus allerlei Samen einen mit dem Blut von Kindern angefeuchteten Teig und formte denselben zu einem Bilde des Gottes. Dasselbe wurde von einem Priester des Quezalfoat mit einem Pfeil durchschossen. Dann schnitt derselbe ihm, wie man es bei Menschenopfern zu tun pflegte, das Herz aus. Der König aß das Herz, die Bewohner der Stadt die Teile des Leibes. So wurde der Gott gegessen und galt für tot, erschien aber im folgenden Jahre neu verjüngt. Das hölzerne, unförmliche, kolossale Bild des Huißilopotschtli hatte riesige, erschreckende Augen, war mit Edelsteinen, Perlen und goldenen Herzen geziert. Mit goldenen Schlangen war der Gott umgürtet, mit der einen Hand hielt er den Bogen, mit der andern vier Pfeile.

Neben diesem Bilde stand im Haupttempel ein ebenso großes mit der Schnauze eines Tapirs, aus glänzend schwarzem Stein gehauen, welches den Tezkatlipoka darstellte. Der Name bedeutet: „Glänzender Spiegel". Auch er führt vier Pfeile, und in seinem Spiegel sieht er alles, was die Menschen tun. Seine Feste fallen auch in den Mai und Dezember, außerdem in den Oktober. Er ist nicht der Kriegsgott, sondern der Gott der Rechtspflege. J. G. Müller nimmt an, daß er ursprünglich der Sonnengott eines anderen Stammes gewesen fei (I. G. Müller, Geschichte der Amerikanischen Urreligionen, S. 614). Wenn Huizilopotschtli stirbt, bleibt Tezkatlipoka und kommt mehr zu Ehren.

Ein dritter Gott, Quezalko atl, war die Hauptgottheit der Tolteken gewesen. Es wird viel von einem Priesterkönig Quezalkoatl erzählt, der mit seinem Volk aus

der östlichen Heimat Tlazallan (Rotland) gekommen sei und in Tula regiert habe. Er lehrte das Volk Ackerbau und gute Sitten. Er war gegen den Krieg und die Menschenopfer und verordnete, daß man den Göttern nur Früchte und Blumen darbringe. Unter seinem milden Regiment lebte man glücklich und im Frieden. Aber das goldene Zeitalter nahm ein Ende, als Tezkatlipoka in der Stadt sich einnistete und den Quezalfoatl bezauberte, daß er, von Sehnsucht nach der fernen Heimat ergriffen, die von ihm geschaffene Herrlichkeit selber zerstörte und mit den Singvögeln das Land verließ. Aber man erwartete, er werde wieder kommen und seine Verächter züchtigen. Er wird mit einem Sperlingskopf abgebildet und als die befiederte Schlange bezeichnet. Als Cortez an der Ostküste landete, glaubte Montezuma zuerst, der Weiße sei der Abgesandte jenes Gottes oder gar der Gott selbst.

Neben diesen drei Hauptgöttern fand man eine Menge von niedrigeren Göttern: Elalok, den Regengott, Centeotl, die Göttin des Mais, die Ernährerin der Menschen, und ihre Tochter Xilonen, die Blonde, die Jagdgöttin Mirko atl, die Schönheits- und Liebesgöttin Xoquiquezal und die Tepitoton, d. h. die ganz Kleinen, puppenartige Figuren, deren der König sechs, die Vornehmen vier, das übrige Volk zwei im Hause. haben durfte.

Das Hauptheiligtum (Teokalli) ift der Stadt Mexiko war eine Art babylonischer Turm mit fünf Stockwerken, so daß immer das obere um etwa drei Meter hinter dem unteren zurücktrat und Freitreppen auf die Stockwerke hinaufführten. Auf der obersten Fläche standen die Gößenbilder, durch eine Kapelle geschüßt. Der ganze Bau war von einem gewaltigen viereckigen Hof umgeben, an deffen Einfassung wieder Kapellen für einzelne Gottheiten standen. Dem Eingang zum Hof gegenüber stand eine Pyramide von Menschenschädeln, die auf 136 000 geschäßt wurden. Am Tag der Einrichtung dieses Heiligtums sollen über 62 000 Gefangene geschlachtet worden sein. Bei jedem Jahresfest der beiden Hauptgötter mußte mindestens ein Menschenopfer fallen. Auch untergeordneten Gottheiten wurden Menschenopfer dargebracht.

Die Priester standen in hohem Ansehen. Neben den Opferpriestern (Teoquixqui) gab es Mönche und Nonnen, welche Klöster bewohnten und Seminarien für die Jugend Wurm, Religionsgeschichte.

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