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Hafniae 1643. Ausser einer Sammlung der altnordischen Denkmäler finden sich hier Abhandlungen über die Götter, Heiligthümer und Begräbnissarten der alten Skandinavier. Für die Frage nach den Quellen von Gerstenbergs Skalden sind die Monumenta weniger wichtig. Gerstenberg führt sie zwar 12) in den Collectaneen einige Mal an, hat aber für die einschlägigen Fragen ein Werk benutzt, welches Worms Ansichten vielfach berichtigt hatte.

Es ist die Schrift des jüngeren Thomas Bartholin: Antiquitates Danicae de causis contemptae a Danis adhuc gentilibus mortis, Hafniae 1690. Wie man sieht, ist der Vorwurf von Gerstenbergs Skaldengedicht eine Illustration dieses Titels. Bartholin gibt auf Grund eines reichen und zuverlässigen Materiales eine Glaubenslehre der nordischen Völker von dem Leben nach dem Tode. Es werden Beispiele kühner Todes verachtung angeführt, Todesprophezeiungen mitgetheilt und die verschiedenen Arten der Bestattung beschrieben. Viele Stücke altnordischer Texte aus unedirten Handschriften machten Bartholins Werk für die altnordische Philologie wichtig. Bartholin wird von den Forschern des vorigen Jahrhunderts für alle Fragen, die er behandelt hat, stets als Hauptquelle angeführt. Wie viel Gerstenberg ihm in seinem Skaldengedicht verdankt, werde ich unten näher nachweisen. 13)

Zu dem Kreise des Ole Worm gehörte der Herausgeber des Saxo Grammaticus Stephanus Johannis Stephanius. Aus Stephanius Ausgabe des Saxo 14), erschienen Havniae 1644/5, stammen die fabelhaften Ideen von dem Asiatenkönig Odin, der ein grosses Reich in Scythien beherrscht, dann zur Zeit des Mithridates aus seinem Vater

12) Collectaneen 13 und 19, wo über die Form der Altäre und die Gesetze des Zweikampfes gehandelt wird.

18) Dem entsprechend wird auch Bartholin in den Collectaneen Gerstenbergs zum Skaldengedicht am meisten angeführt, nämlich unter 1 (wo auf den von Bartholin veröffentlichten Webegesang aus der Njalasage Bezug genommen wird), 5, 9 (mit einer Polemik gegen Bartholin), 12 und 18.

14) Saxo war zum ersten Male bereits 1519 zu Paris im Druck erschienen.

lande von Pompejus vertrieben, sich den ganzen Norden Europas unterwirft und schliesslich nach seinem Tode göttlich verehrt wird. Dieselbe euhemeristische Sagenauffassung vertritt das grosse Geschichtswerk Snorris, die Heimskringla, die 1697 von dem Schweden Peringskiöld herausgegeben wurde. 15)

Das wichtigste und epochemachende Ereigniss für die altnordische Philologie im siebenzehnten Jahrhundert war die Herausgabe der jüngeren und einiger Theile der älteren Edda durch Petrus Resenius, Kopenhagen 1665: es ist dasselbe Jahr, in welchem Franciscus Junius den codex argenteus veröffentlichte. Resenius machte fast die ganze jüngere Edda durch den Druck bekannt. 16) Der Hauptbestandtheil derselben bei ihm wird von 78 Dämesagen gebildet. Unter dieser Bezeichnung fasst er Gylfaginning, Bragaroedur und einige aus den Skaldskaparmal geschöpfte Erzählungen, wie die Sigurdsage, zusammen. An die Dämesagen, denen der Prolog der jüngeren Edda, Formali genannt, vorhergeht, schliesst sich eine aus den Kenningar stammende Aufzählung der Götter mit ihren verschiedenen Namen. Den Schluss der Ausgabe bildet ein alphabetisch geordnetes Verzeichniss der hauptsächlichsten Gegenstände aus der Edda mit ihren mannigfachen Bezeichnungen.. Grösseren Kreisen wurde das Verständniss erschlossen durch eine von älteren Gelehrten gemachte dänische und lateinische Übersetzung, welche Resenius dem altnordischen Texte jedesmal folgen liess. 17) Dasselbe geschah mit den

15) Gerstenberg benutzte die Heimskringla, wie er selbst bedauernd bemerkt, in der zu seiner Zeit erschienenen fehlerhaften dänischen Übersetzung von Anchersen; vgl. Collect. 1 u. ö. Auf Stephanius Saxoausgabe nimmt er ebendort oft Bezug.

16) Edda Islandorum an. Chr. MCCXV Islandice conscripta per Snorronem Sturlae Islandiae nomophylacem nunc primum Islandice Danice et Latine ex antiquis codicibus mss. bibliothecae regis et aliorum in lucem prodit opera et studio Petri Johannis Resenii.

17) Die ersten 68 Dämesagen in das Lateinische von Magnus Olai und in das Dänische von Stephanus Stephanius übersetzt. Beide Männer waren dazu von Ole Worm angeregt, der in seiner Litteratura Runica die jüngere Edda oft anführt. Der Rest der jüngern Edda war auf Resenius Wunsch von Torfaeus ins Lateinische übertragen. Ausser

Stücken der älteren Edda, die Resenius gleichzeitig veröffentlichte 18): der Völuspa, den Havamal und der Runa Capitule (Odins Runenlied). 19)

Lange war man einzig auf Resenius Ausgabe angewiesen, wenn man grössere Stücke der Edda kennen lernen wollte. Der Schwede Johannes Göransson begann zwar 1746 eine Ausgabe des Upsalaer Codex der Snorra - Edda, blieb aber in Gylfaginning stecken: von der SaemundaEdda gab er 1750 nur die Völuspa neu heraus. Da Göranssons Ausgabe ausserhalb Schwedens fast ganz unbekannt blieb, war Resenius Ausgabe nach wie vor gesucht und ist die Hauptquelle für die Kenntniss der Edda im 18. Jahrhundert geblieben. 20) Ihre Exemplare wurden zu Gerstenbergs Zeiten theuer bezahlt, da sie durch den Brand der Kopenhagener Bibliothek 1728 selten geworden waren.21) Lange seufzten die Gelehrten vergeblich nach einer neuen Ausgabe; denn der erste Band der bekannten grundlegenden Arnamagnaeischen Ausgabe, welcher die von Resenius dem verzeichnete Resenius die Abweichungen der lateinischen Übersetzung der Dämesagen von Stephanus Olai und gab Anmerkungen theils von Magnus Olai, theils von sich selbst.

18) Gewöhnlich mit der Ausgabe der jüngern Edda zu einem Bande vereinigt, obwohl die Völuspa und die Havamal gesondert erschienen: Philosophia antiquissima Norvego Danica dicta Woluspa quae est pars Eddae Saemundi, Eddâ Snorronis non brevi antiquioris, Islandice et Latine publici juris primum facta a Petro Joh. Resenio. Sodann: Ethica Odini pars Eddae Saemundi vocata Haavamaal una cum ejusdem appendice appellato (sic!) Runa Capitule a multis exoptata nunc tandem Islandice et Latine in lucem producta est per Petrum Joh. Resenium. Der Völuspa war die lateinische Übersetzung des Magnus Olai mit Anmerkungen und Noten des Gudmund Andreae beigegeben. Von wem die lateinische Übersetzung der Havamal stammt, sagt Resenius nicht.

19) Jetzt zu den Havamal gerechnet.

20) Von Gerstenberg wird Litt.-Briefe 1, 450 (Collect. 18) auf Resenius Völuspa-Ausgabe verwiesen. Mallet, Monumens Celtiques S. 26: L'édition de Mr. Göranson peu connue hors de la Suéde et incomplette comme elle est, n'a pu empêcher que l'Edda de Resenius ne continuât à être fort recherchée. Auch in der K. Bibliothek zu Berlin, die bis auf Biörners Nordiska Kämpa Dater sämmtliche sonst angeführte Werke besitzt, fehlt Göranssons Ausgabe.

21) Mallet a. a 0.

nicht herausgegebenen Theile der älteren Edda enthielt, erschien erst im Jahre 1787, die jüngere Edda aber wurde erst 1818 von Rask neu publicirt gleichzeitig mit dem zweiten Bande der Arnamagnaeischen Ausgabe.

Auf die angeführten Ausgaben und Werke des siebenzehnten Jahrhunderts gehen in erster Linie 22) die Darstellungen des nordischen Alterthumes zurück, welche zwei Zeitgenossen Gerstenbergs in die Welt schickten. Sie thaten es in der ausgesprochenen Absicht, die gebildete Welt für altgermanisches Wesen zu interessiren und fanden in ihrem Bestreben reichen Beifall. Es sind die beiden geistigen Antipoden: Gottfried Schütze und Henri Mallet. Bis um die Mitte des vorigen Jahrhunderts erschien eine Reihe von Schriften, welche sich mit der Urgeschichte keltischer und germanischer Völker beschäftigten. Die Verfasser, die meist französisch schrieben und ganz in der Aufklärung wurzelten, standen voll mitleidiger Verachtung den Schöpfungen des nordischen Alterthumes gegenüber und gaben. ihrer Ansicht offen Ausdruck.23) Dieser Richtung, welche in den alten Deutschen lediglich Barbaren der schlimmsten Art sah, hielt sich Schütze, Prediger in Altona, für berufen, mit einer Art zelotischen Eifers entgegenzutreten. Wie

22) Von den sonstigen Publicationen über das nordische Alterthum aus dem siebenzehnten Jahrhundert citirt Gerstenberg in den Collectaneen zum Gedicht eines Skalden (Nr. 19) noch die Schriften des Isländers Arngrim Jonsson über sein Vaterland (Crymogaea, Hamburgi 1610) und (Collect. 1 u. 14) die Hervararsaga in der Ausgabe des Schweden Olaus Verelius, Upsala 1672.

23) Vgl. beispielsweise die verächtlichen Bemerkungen über die Edda von Anton Banier in dem zweiten Bande seiner Erläuterung der Götterlehre und Fabeln aus der Geschichte' (deutsch von Johann Adolf und Johann August Schlegel, Leipzig 1756) S. 830. Andere wie Simon Pelloutier in seiner Histoire des Celtes, deux tomes, à la Haye 1750, vernachlässigten aus Grundsatz oder Unwissenheit die altnordischen Quellen und beschränkten sich lediglich auf die Berichte der antiken Historiker. Mehr als die beiden angeführten Männer bot Olaf Dalin in seiner Schwedischen Geschichte, Stockholm 1747 (ins Deutsche von Benzelstierna und Dähnert übersetzt, Greifswald 1756), der eine Götterlehre gab, sich aber vorzugsweise auf die Arbeiten schwedischer Gelehrter (Scheffer, Rudbeck, Verelius u. a.) stützt. Er wird getadelt wegen seiner unhistorischen Gründe von Gerstenberg Collect. 1 u. 12.

Resenius das ethische Interesse in der Vorrede seiner EddaAusgabe als Motiv angibt, das ihn zum Studium des Altnordischen getrieben hat, so Schütze, der sich als 'den Advocaten der alten Deutschen' betrachtet, dessen Aufgabe es sei, seine Vorfahren von allen angedichteten Schlechtigkeiten zu reinigen. Wir können heute nicht ohne Vergnügen dieser Mohrenwäsche des steiforthodoxen Eiferers zusehen. Aus den zahlreichen 'Schutzschriften' Schützes, die eine naive Art von historischer Kritik an den Tag legen, erfahren wir die wunderbarsten Dinge. Nicht nur von der moralischen Seite werden uns die alten Deutschen nahe gebracht 'einer war immer des andern Engel' sondern auch von der staatlichen. Das Unterrichtswesen unserer Vorfahren liess nichts zu wünschen übrig: Hierarchie und Schulwesen waren auf das schönste verbunden. Ich stelle mir die Sache so vor: dass die Druiden Rektores, die Wahrsager Conrektores, die Barden Subrektores und Collaboratores gewesen sind.' 'An Visitationen und anderer guten Aufsicht hat es auch nicht gefehlt. Es ist bekannt, dass die Druiden durch ihre Vorsteher, welche halbe Bischöfe und Superintendenten waren, regieret worden.' 'Hätte der berühmte Wolf zu ihren Zeiten gelebet, so glaube ich ganz gewiss, die Druiden würden recht strenge Wolfianer geworden sein.' An diesen herzerfreuenden Proben aus einer Schutzschrift des Jahres 1746 'von den weisen Schulanstalten der alten Deutschen' mag es genug sein.24) Man könnte sie leicht ins Unendliche vermehren aus den anderen Schutzschriften, die in den Jahren 17441753 herauskamen.25) Trotz der hirnverbrannten Thorheiten, welche sie ausnahmslos auskramen, hatten sie grossen Beifall: durch ihre paradoxen Behauptungen zogen sie die Aufmerksam

24) M. Gottfried Schütze, Evangelischen Predigers zu Altona, Drei kleine Schuzschriften für die Alten Deutschen, Leipzig 1746'. Die beiden andern Schutzschriften dieser ersten Sammlung waren überschrieben 'Beweis dass die alten Deutschen keine Cannibalen gewesen sind' und 'Von dem Hass der alten Deutschen gegen die Advocaten'.

25) In den Jahren 1773 und 1776 veranstaltete Schütze eine neue Gesammtausgabe seiner Schutzschriften, zwanzig an der Zahl, in zwei starken Bänden.

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