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der andern Form wird sie durch alle Zeit dauern
Wäre die Erinnerung an diesen Glauben noch so verdunkelt,
wie sie allerdings zu allen Zeiten die rohen Leidenschaften
und Vorstellungen der Welt in den Herzen der Meisten
fast auslöschen; so findet sie doch in jeder reinen Seele,
in jedem Dichter und Weisen einen neuen Missionär, einen
neuen Märtyrer, bis das grosse Buch der Weltgeschichte
endlich geschlossen und die Bestimmung des Menschen auf
dieser Erde erfüllt ist'.50)

Dieser Begeisterung für die christliche Idee steht bei Carlyle, wie bei Schiller und Goethe, eine absolute Gleichgiltigkeit gegen ihre kirchliche Darstellung und alle kirchlichen Formen gegenüber. Im Beginn des Londoner Aufenthaltes, so erzählt er selbst, hatte er sich einer Kirche anschliessen wollen und es zuerst mit der presbyterianischen, dann mit der Hochkirche versucht. In der ersteren fand er einen gemeinen, ungebildeten Mann, der offenbar von dem, was er sprach, nichts verstand; in der Hochkirche gefiel es ihm besser, aber der wohlerzogene Herr, der von der Kanzel eine wohlgefügte Rede ablas, schien ihm von der Sache doch genau ebenso wenig zu verstehen, wie jener andere. Emerson wirft er in seinen Briefen wiederholt einerseits seinen religiösen Transcendentalismus vor, andererseits sein Glauben und Halten an Dogmen und Formen, die das Wesen der Sache nicht ausmachten. In seinen autobiographischen Aufzeichnungen erzählt er, dass er im ersten Jahre seiner Verheiratung (1826) 'die bösen und niedrigen und seelenmörderischen Schlamm - Götter seiner Zeit überwunden; 'freien Geistes im ewigen Blau des Himmels geschwebt' und mit Mitleid auf die Schaaren seiner armen, sich in Stygischen Sümpfen wälzenden' Mitmenschen. hinabgesehen, aber an ihren Puseyismen, Ritualismen, metaphysischen Streitigkeiten und Spinnenwebereien (cobwebberies) keinen Theil gehabt habe.51)

Schiller geht indessen etwas weiter als Carlyle. 'Inner

50) Essays 2, 234 f. (Voltaire).

1) Reminiscences. Ed. by I. Anth. Froude. (2 Vols. London. Longmans, Green & Co. 1882) 1, 287 (Life of Irving, geschrieben 1866).

halb der ästhetischen Geistesstimmung', sagt er in einem Briefe an Goethe, 'regt sich kein Bedürfniss nach jenen Trostgründen, die aus der Speculation geschöpft werden müssen; sie hat Selbstständigkeit, Unendlichkeit in sich; nur wenn sich das Sinnliche und das Moralische im Menschen feindlich entgegen streben, muss bei der reinen Vernunft Hilfe gesucht werden. Die gesunde und schöne Natur braucht, wie Sie selbst sagen, keine Moral, kein Naturrecht, keine politische Metaphysik. Sie hätten ebensogut auch hinzusetzen können, sie braucht keine Gottheit, keine Unsterblichkeit um sich zu stützen und zu halten.52) Diesen Ausspruch, der sich selbstverständlich nicht gegen den Glauben an Gott und die Unsterblichkeit richtet, sondern nur das erreichbare Mass der sittlichen Kraft bezeichnet, deren eine ästhetisch höchstcultivirte, ideale Natur fähig sein würde, scheint Carlyle zu buchstäblich aufgefasst zu haben. Das scheint eine sonderbare Ansicht', sagt er dazu, 'und könnte beweisen, wenn es richtig wäre, dass Schiller selbst keine 'gesunde poetische53) Natur' war; denn unzweifelhaft waren ihm jene Punkte 'ernste Angelegenheiten und Bedürfnisse', wie viele Theile seiner Werke und verschiedene ganze Abhandlungen beweisen'. 54) Eben dieser Umstand hätte seine Auffassung klären sollen. Aber Carlyle hätte sich unter keinem Gesichtspunkte zu dieser Ansicht bekennen können. Er gibt wohl zu, dass 'Poesie nur eine andere Form der Weisheit, der Religion, ja, Weisheit und Religion selbst sei'. Er hätte indessen, wie Flügel55) richtig sagt, das Werth verhältniss umgekehrt und niemals die ästhetische Cultur als das höchste Entwickelungsziel hingestellt; er würde für die gesunde Moral und Religiosität die Wirkung der Kunst entbehrlich gefunden haben.

Carlyles Urtheil über Schiller ist nicht immer dasselbe geblieben. Als er seine Biographie schrieb. führten ihm Dankbarkeit und Begeisterung für eine Geistes- und

52) Briefwechsel, 9. Juli 1796.

53) So übersetzt Carlyle, wohl nicht ganz treffend, das 'schön' des Textes.

5) Essays 3, 141 (Schiller).

55) Flügel, Carlyle S. 176 f.

Herzensgrösse, wie sie für ihn in der neueren Litteratur unerreicht dastand, die Feder. Während der Arbeit aber machte er die Bekanntschaft eines Genius, der ihn erst in Erstaunen, in Verwirrung setzte mit der unerhörten Neuheit seiner Ansichten, dann aber bei erweitertem und vertieftem Studium ihm allmählich aufging als das Evangelium seines Lebens, in dem er alles, alles fand, was er mit verfinstertem Gemüth in Angst und Verzweiflung Jahre lang in den Litteraturen der Völker gesucht hatte, das ihn von dem nebelhaft dämmerigen Standpunkte glückloser 'Gleichgültigkeit, zu dem er aus der Nacht des 'ewigen Nein' gelangt war, emporhob zu dem vollen Tageslichte des 'ewigen Ja'. Vor dem Glanze dieses Genius schmolz die grosse, edle Gestalt Schillers zusammen zu einer Kleinheit, die vor dem Forum der Geschichte doch wohl immer als unverhältnissmässig gelten wird. In dem Aufsatze über Schiller, der, hervorgerufen durch die Veröffentlichung des Schiller-Goetheschen Briefwechsels, 1831 56) erschien, herrscht im Gegensatze zu der Biographie die Tendenz, früher gespendetes unbedingtes Lob einzuschränken und gegenüber den Vorzügen die Mängel seiner Begabung energisch hervortreten zu lassen ganz unzweifelhaft das Resultat der inzwischen unablässig betriebenen Goethe-Studien.

Über den Briefwechsel selbst ist Carlyles Urtheil so klar und schön, wie wir berechtigt sind, es von ihm zu erwarten: 'Eine werthvolle Eigenschaft zeigen diese Briefe Schillers und Goethes überall, die der Wahrheit: alles, was wir aus ihnen erfahren, ob in Gestalt von Thatsachen oder Meinungen, kann als echt geglaubt werden. Es ist ein Ton vollkommenster Aufrichtigkeit in jenem Stile; eine beständige ungesuchte Höflichkeit beschränkt nirgends die berechtigte Freiheit des Wortes und Gedankens; in der That schweben keinem der Schreiber andere als ehrenwerthe

56) Geschrieben war der Aufsatz schon im November und December 1829, also kurz nachdem die ersten 3 Bände der Correspondenz, welche die Jahre 1794-97 umfassten, erschienen waren (1828-29. Stuttgart und Tübingen). Er erschien in Nr. 14 des neubegründeten Fraser's Magazine (London) und ist abgedruckt in der Library Edition im 3. Bande der Essays S. 85–143.

Zwecke vor und das Bewusstsein wechselseitigen Interesses: so braucht sich keiner vor dem andern zu verschleiern, oder gar zu maskiren; die beiden Selbstportraits, soweit sie ausgemalt sind, darf man als vollkommen getroffen betrachten. Vielleicht würde in den Augen der meisten Leser eine ausgibigere Verwebung von häuslichen Interessen, von gewöhnlichen menschlichen Angelegenheiten, und den Hoffnungen und Befürchtungen, zu welchen diese Anlass geben, das Werk gehoben haben, das, wie es vorliegt, allerdings nicht ohne erfreuliche Ausnahmen, meist von Dichtungen, Veröffentlichungen, Philosophemen und dergleichen hohen Gegenständen handelt. . . . Es zeigt uns zwei erhabene, schöpferische, echt poetische Geister, die sich unermüdlich fortbilden, unermüdlich fortschreiten von einem Masse der Kraft und Klarheit zum andern; wodurch denen, welche in derselben Richtung, wenn auch nicht auf derselben Strasse wandern, die reichste psychologische und praktische Belehrung geboten wird.'57) Aber schon mit Bezug auf diesen Briefwechsel zeigt sich die Voreingenommenheit gegen Schiller. In ihm zeige sich, meint Carlyle 58), 'das treue und edle Herz Goethes, der doch hierbei wenig zu empfangen und alles zu geben hatte'. Das ist eine falsche Darstellung ihres Verhältnisses, und Goethe selbst, wenn er sie noch hätte lesen und darauf antworten können, hätte ein so übertriebenes Lob von sich abgewehrt.

Über die künstlerische Bedeutung der Schillerschen Dichtungen hat Carlyle sich nicht mehr vorgesetzt zu schreiben; aber einzelne Äusserungen zeigen doch, dass sich in dieser Beziehung seine Ansichten geklärt haben. Don Carlos wird nicht mehr ein Product der Reife, sondern richtig ein Übergangsdrama genannt. Wallenstein wird als Musterdrama bezeichnet, aber ohne Erwähnung der früheren Lieblingsfiguren, Max und Thekla, und daneben tritt Tell ebenfalls als eine Leistung ersten Ranges. Die Begeisterung für die Jungfrau von Orleans ist verstummt, und merkwürdigerweise wird die Sterbescene Talbots, ihres intimsten

57) Essays 3, 91 f.

58) Ebenda 3, 112.

Widersachers in geistigem und ästhetischem Sinne, übersetzt als ein Beispiel der dramatischen Kraft Schillers mit Recht; sie ist zweifellos die grösste Scene des ganzen Stückes. Interessant ist auch, dass Carlyle bei dieser zweiten Arbeit seinem früheren Urtheile über Posa das von Jean Paul entgegenstellt, der ihn mit einem Leuchtthurm vergleicht, so hochragend, weitscheinend und auch so kalt und leer! Dasselbe thut er in einer Anmerkung der zweiten Ausgabe seiner Schiller-Biographie.

Die letztere ist ein Dithyrambus auf die sittliche Grösse Schillers; diese wird auch den Worten nach in dem Aufsatze nicht geleugnet, aber die Schilderung wird doch nach einer Seite hingelenkt, wo gerade die Grösse verloren geht: Schillers Charakter ist jetzt 'nicht so sehr ein grosser als ein heiliger'. 59) Wenn das nicht ein blosses Spiel mit Worten sein soll und das dürfen wir bei Carlyle nicht

annehmen so liegt darin eine gewisse Passivität angedeutet, die absolut bestritten werden muss. Schiller war in Ansehung des Zieles, das er verfolgte, und der Mittel, mit denen er es verfolgte, ein Heiliger; in Ansehung der Energie seines Strebens ein grosser Charakter. Niemand wird heutzutage die allgemeine Überlegenheit Goethes leugnen; im Punkte des Charakters aber und der dramatischen Begabung war sie nicht vorhanden.

Es ist ganz richtig, dass bei Schiller die sinnliche Auffassung der Wirklichkeit nicht entfernt so stark zur Geltung kommt als bei Goethe; es fehlte ihm der 'realistische Tic', wie Goethe es nennt, und infolgedessen konnte seine Dichtung die gewaltigen, tiefen, nachhaltigen Wirkungen Shakespearescher oder Goethescher Poesie nicht erreichen. In der Biographie wird dieser Mangel zu einer Art von Vorzug gemacht; Schiller war zu erhaben, um vollkommen natürlich sein zu können 60) gewiss, wer die Jungfrau von Orleans für eine der grössten Dichtungen aller Zeiten hält, der hat keinen Anlass, auf Naturwahrheit grosses Gewicht zu legen. In der Abhandlung vertritt Carlyle eine viel

59) Essays 3, 119.

60) Life of Schiller S. 93.

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