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richtigere Anschauung, geht aber nach der verkleinernden Seite hin doch wieder zu weit. 'Schiller blickt mehr in die Höhe als in die Runde', heisst es hier. 61) Seine Freude sind erhabene, weitblickende philosophische Perspectiven, Speculationen über Kunst, über Würde und Bestimmung des Menschengeschlechts, mehr als das alltägliche Thun und Streben der Menschen... Und doch ist, recht betrachtet, kein Gegenstand trivial und bedeutungslos: jedes endliche Ding, könnten wir richtig sehen, ist gleichsam ein Fenster, durch welches ein erhabener Blick in die Unendlichkeit selbst eröffnet wird.' Für Schiller ist das Alltägliche immer nur das Unpoetische. Verwendet er es in seinen Dichtungen, so idealisirt er es mehr auf mechanischem als auf intuitivem Wege: nicht indem er in den alltäglichen Zügen neue Schönheit erschliesst, sondern indem er sie des Gewöhnlichen entkleidet und sie in einem höheren, fremden Lichte erscheinen lässt. Aber nicht in luftigen Abstractionen zeigt sich die poetische Kraft, sondern in dem klaren und liebenden Blick, mit dem man das irdisch verworrene Nahe erfasst. Das alles ist an sich richtig und mit Bezug auf Schiller wahr zu einem gewissen Theile, aber nicht in der absoluten Fassung Carlyles. Ein Dichter, wie er ihn hier schildert, wäre kein Dichter, wenigstens kein epischer oder dramatischer Dichter. Einen absolut idealistischen Epiker oder Dramatiker kann es nicht geben, da er unter allen Umständen die Wirklichkeit darstellen muss; und so gibt es denn in allen Schillerschen Dramen, mit den Räubern beginnend, eine Fülle von gesundem Realismus, das realistische Element der Darstellung wächst mit den Jahren, in Wallensteins Lager steigt es auf éin Niveau mit den Volksscenen eines Cäsar oder Coriolan, und in Tell hat es einen entscheidenden Sieg errungen. Wer darf also behaupten, dass Schiller die wesentlich-poetische Gabe realistischer Gestaltungskraft ganz gefehlt habe?

Dass Schiller wenig Witz und gar keinen Humor im engeren Sinne gezeigt hat 62), ist richtig. Aber der Witz

61) Essays 3, 125 f.

62) Ebenda 3, 127.

Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte II

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ist keine unentbehrliche und der Humor eine überhaupt sehr seltene poetische Gabe.

Die grössten Bedenken erregt aber die allgemeine Schätzung der dichterischen Bedeutung Schillers in dem. Essay, die von der in der Biographie vorgenommenen weit abweicht. Er kann das Leben nur in wenigen Formen darstellen, vorzugsweise der strengen und der pathetischen Gattung. Er spielt gewissermassen nur auf wenigen Tönen in einfachen Modulationen, eine volle Chorharmonie lässt sich nicht vernehmen. Seine Poesie erscheint mehr als das Product einer partiellen als einer universellen Begabung: mehr das Product einzelner Fähigkeiten als eine spontane Äusserung seiner Gesammtnatur. Oft erweckt es sogar den. Anschein, als ob die Poesie überhaupt nicht seine wesentliche Gabe wäre; als ob sein Genius noch mehr speculativ als schöpferisch, mehr philosophisch und rhetorisch als poetisch sei. Bis zuletzt ist eine Sprödigkeit, eine gewisse Unschmelzbarkeit in ihm. Sein Genius ist keine Äolsharfe, die eine wild und frei schweifende Melodie ertönen lässt; sondern eine wissenschaftlich construirte Harmonika, die, mit Kunst gespielt, volle Töne hergibt, wenn auch in beschränktem Umfange....63) Während in dem 'Leben der gewaltige Fleiss Schillers das naturgemässe Mittel war, die in ihn gelegte Gabe bis zu einer so hohen Stufe auszubilden, verdankt er jetzt alles, was er geleistet, nicht seinem Genius, sondern seinem Fleisse. Alles Geleistete ist erarbeitet. Während er dort auf eine Stufe mit Milton gestellt wurde, muss er jetzt tief unter ihn hinabsinken 64) Schiller unter Milton! Was hat die jetzige Welt, was werden spätere Jahrhunderte von Milton haben!

63) Ebenda 3, 123 f. In sein Tagebuch schreibt er am 23. Mai 1823 (Froude 1, 159), also während der Arbeit an der Biographie, ähnlich über Schiller: 'Er ist auf dem falschen Wege vieles ist erarbeitet, zum Theil affectirt, mager, bombastisch; zu oft bestrebt, kleine Gedanken in hochtrabenden Worten zu verbergen. Ich wünschte, ich wäre fertig damit'. Dieses particuläre Urtheil scheint vor der Gesammtbetrachtung des Dichters denn doch nicht standgehalten zu haben; wenigstens steht in der Biographie nichts Ähnliches.

64) Life of Schiller S. 54. 56. Essays 3, 128 f. 142.

war

Wir halten es lieber mit der in der Biographie gegebenen Schilderung der dichterischen Persönlichkeit unseres Schiller, die zwar auch gewisse Beschränkungen seiner Begabung nennt, im ganzen aber etwa das Gegentheil von den obigen Entwickelungen sagt: Schillers Poesie nicht eine, sondern viele Gaben; sie war, was wahre Poesie immer ist, die Quintessenz allgemeinen inneren Reichthums, das gereinigte Resultat von starker Intelligenz und Einbildungskraft, und von zugleich veredelter und machtvoller Empfindung. Ein Mann aber, der einen rastlos thätigen, umfassenden, weitschauenden Geist besitzt, eine Phantasie, die nie müde wird in der Erzeugung erhabener und schöner Gebilde; ein Herz vom edelsten Gepräge, weite und doch glühende Sympathien, Gefühle, heftig, stürmisch, aber voll von Liebe und Güte und zartem Mitgefühl; ein Mann, der mit Bewusstsein alle diese inneren Kräfte in schnelle und feurige Bewegung setzt und fähig ist, ihre Erzeugnisse geläutert und harmonisch, und mit unsterblichen Versen vermählt' darzubieten darf wohl ein Genie genannt werden. 65) Solche Männer sind die Blüthe dieser niederen Welt, durch die sie gewandelt sind in der ruhigen Majestät der Tugend; sie sind geheiligt in unserem Andenken nicht weniger um ihres Lebens als um ihrer Dichtungen willen. Auf solche Männer allein kann das Epitheton 'gross' in der ganzen Kraft seiner Bedeutung angewandt werden.66)

Und wir halten uns auch an jene schönen Worte aus Carlyles Biographie: 'Seine Werke werden einst in ferner Zeit sich erheben als eine ragende Landmarke in der Einöde der Vergangenheit, wenn die Entfernung die kleineren Leute, die ihn einst umgaben, zur Unsichtbarkeit herabgedrückt haben wird. ... Es ist wahr, er starb früh: aber 'war es nicht Lebens genug, wenn er Königreiche erobert hatte'? Die Königreiche, die Schiller eroberte, waren nicht für éine Nation, bezahlt mit den Leiden einer andern; sie waren von keines Patrioten Blut, von keiner Wittwe und

65) Life of Schiller S. 225. 227.

66) Ebenda S. 54.

Waise Thränen befleckt: es sind Königreiche entrissen dem unfruchtbaren Reich der Finsterniss, zu erhöhen das Glück, die Würde und die Macht aller Menschen; neue Formen der Wahrheit, neue Sätze der Weisheit, neue Bilder und Scenen der Schönheit; ein ziua es aici, ein ewiger Besitz für alle Geschlechter der Erde'.67)

Gross-Lichterfelde.

Hermann Conrad.

Christian Zyrls Salomon.

Von dem Weissenburger Schulmeister Christian Zyrl stammt ausser dem Joseph und einer Rebekka1) noch ein bisher ganz unbekanntes Drama Salomon.2) Es führt den Titel:

Vrteil Salomons | Ein new Schön | vnd liebliche Comedia In welcher die Weissheyt Salomonis | mit Neun Vrteiln sampt einem Herr | lichen Gespräch so der König Salomon mit der | Königin auss Reich Arabia helt / erweitert vnd gezieret würdt gantz lustig vnd lieb- | lich zu lesen vnd zu spielen. | Durch | Christianum Zyrln zu Weissenburg am Rhein von newem zugericht/ vnnd mit | einer Ersamen Burgerschafft daselb- | sten Agiert vnd gespielet. | [Holzschnitt] | Strassburg bey Jost Martin | MDXCII.

Die Vorrede des Stückes, das den 'Edlen vnnd Vesten Philipsen vnd Henrichen von Fleckenstein' gewidmet ist, trägt das Datum des 25. August 1591. Zyrl erklärt darin, dass er bereits 'etlich Comoedias componiert, zůgericht, auch mit seinen Schulkindern, (beiden Knaben und Töchterlein) agiert und gespielt habe'; einige dieser Komödien seien im Druck ausgegangen, unter welchen die 'Historia dess lieben Josephs' nicht die geringste sei. Dann fährt Zyrl

wörtlich fort:

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Vnd wiewol dieselbige vnder meinem namen aussgangen, so hat sich doch vngeacht der vorigen Edition, ein fauler Boss

67) Life of Schiller S. 237 f.

1) Goedeke 2, 390; A. v. Weilen, Der ägyptische Joseph S. 103. 2) Das einzige bis jetzt gefundene Exemplar verdanke ich der Güte H. Prof. J. Bächtolds.

mit namen Thomas Schmid, Steinmetz zu Heydelberg erfunden (welcher villeicht kaum recht lesen könen) der meine arbeit zů seinem nutz gewendet? Die Comediam Josephs so ich (wie gemelt) aussgehen lassen, vnter seinem namen, als ob er dieselbig zůgericht, von newem in Truck gegeben, Dem Durchleuchtigsten Hochgebor: etc. Ludovico Pfaltzgrauen vnd Curfürsten etc. Dediciert vnnd auff der Fürstlichen Schwedischen heimführung zů Heydelberg Agiert vnd gespielt.

Gestalt dann dieser Comedien Rapper, berürte Comediam, nicht dieser Intention vnd meinung, da er solche emendirn, augiern oder verbessern, sondern zů seinem nutz gebrauchen wöll, zu sich gezogen: Dann er diese meine Arbeit, ja auch zum wenigsten die Praefation uerbotim lassen pleiben, die Rytmas an jhren. Syllaben jetzt zů kurtz jetzt zů lang (acht wie ers verstanden) gesetzet, als hab ich jhme solchen Raub vnaussgeschrien nicht wöllen hingehen lassen.

Bereits Weilen (Joseph S. 118) hat den Joseph des hier genannten Thomas Schmid richtig qualificirt: aus unserm Vorwort sehen wir, dass das Vorgehen des letzteren auf energischen Protest stiess.

Als Quelle zu seinem Urtheil Salomons bezeichnet Zyrl den biblischen Text, den er noch durch acht Urtheile, 'die fast dess schlags, wie das erst Vrtheil', erweitert habe, versäumt aber, die Quelle dieser Urtheile mitzutheilen. Am 15. August 1587 sei die Comedia mit einer ehrsamen Bürgerschaft zu Weissenburg gespielt worden.

Diesem Vorwort schliesst sich ein zweites 'an den gütigen Leser' an. Zyrl meint, es könnte vielleicht befremden, dass 'der König in dieser Comedien an ettlichen orten sich selbs jrtzet, an ettlichen orten aber dutzet'; die Antwort darauf ist einfach: der König jrtzet' sich selbst gegenüber allen anderen, die 'minder standts personen' sind; nicht aber gegenüber Gott seinem Herrn, gegenüber David, seinem Vater und der Königin, die ihm ebenbürtig sei.

Dann nimmt Zyrl Veranlassung, über die metrische Form des Stückes einige Bemerkungen zu machen: 'Zum andern hab ich die Reimen, in diesem Spiel auff acht Syllaben gesetzt, aber in mittelmässigem gezänck Sechs, in ernstlichem hader und zancken vier, ja auch ettwa zwo genomen, Jedoch das die Reimen in jhren bünden ein gleich gemess vnnd zahl an den Syllaben behalten'.

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